OGH vom 19.12.2005, 8ObA79/05h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuras und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Univ. Prof. Dr. J*****, vertreten durch Landsky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung eventu Kündigungsanfechtung (Streitwert EUR 144.900,-- sA) und EUR 33.730,08 brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 9 Ra 102/05v-16, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben die hier zugrundegelegte Vereinbarung über die Unkündbarkeit des Klägers durch die Beklagte bis zum 65. Lebensjahr, jedoch unter Aufrechterhaltung einer Auflösungsmöglichkeit unter Einhaltung von einer Frist von einem Monat im Falle einer dauernden Berufsunfähigkeit oder der trotz Mahnung und 14-tägiger Nachfrist aufrechten Pflichtenvernachlässigung als Einschränkung des Kündigungsrechtes der Beklagten, nicht aber des ihr zustehenden Entlassungsrechtes verstanden. Im Übrigen wurde in dem Vertrag auch auf die Bestimmungen des Angestelltengesetzes verwiesen. Dabei handelt es sich um eine Frage der Auslegung einer konkreten Vertragsformulierung im Einzelfall, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt (vgl dazu RIS-Justiz RS0042936 mwN ebenso RIS-Justiz RS0044358 mwN; Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3 uva). Eine Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste, ist nicht ersichtlich. Nimmt doch die vertragliche Vereinbarung nur auf die Kündigung Bezug („Kündigungsschutz").
Ausgehend davon, dass aber der konkrete Vertrag gar keine Einschränkung des Entlassungsrechtes nach dem Angestelltengesetz beinhaltet, sondern nur das Kündigungsrecht bis zum 65. Lebensjahr in spezifischer Weise einschränkt und modifiziert, stellen sich die von der Revision in diesem Zusammenhang relevierten Rechtsfragen zur Zulässigkeit einer solchen Einschränkung gar nicht (vgl in diesem Zusammenhang im Übrigen auch ausführlich OGH 8 ObA 12/04d).
Was die nun vom Kläger ebenfalls bekämpfte Annahme der Verwirklichung des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG anlangt, so kann diese ebenfalls nur anhand der ganz konkreten Umstände im Einzelfall erfolgen und stellt dem entsprechend regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, deren Beantwortung zur Rechtsentwicklung oder Rechtsvereinheitlichung besondere Bedeutung zukommen würde. Eine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen, die insoweit ein Aufgreifen durch den Obersten Gerichtshof erforderlich machte, vermag der Kläger aber auch in diesem Zusammenhang nicht darzustellen. Geht es doch beim Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 letzter Fall AngG darum, ob der Angestellte Handlungen oder Unterlassungen setzt, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens des Arbeitgebers unwürdig erscheinen lassen, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflicht nicht mehr getreulich erfüllen werde (vgl dazu RIS-Jusitz RS0029547 mzwN zuletzt 8 Ob 58/05w; zum mangelnden Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage bei der Beurteilung des Einzelfalles ).
Wenn die Vorinstanzen ausgehend von den Feststellungen, dass der Kläger, nachdem er am Vortag bereits wegen Alkoholgeruch in seiner Atemluft unter Hinweis auf dienstrechtliche Konsequenzen angesprochen worden war, in einem alkoholisierten Zustand operierte, in dem er schon beim Gehen massiv beeinträchtigt war und sich im Gebäude kaum noch orientieren konnte, von der Verwirklichung dieses Entlassungstagbestandes ausgegangen sind, so kann darin auch unter Berücksichtigung der etwa 8-jährigen Tätigkeit des Klägers als Abteilungsleiter - hier ist auch die entsprechende Vorbildwirkung und die besondere Verantwortung bei operativen Eingriffen zu beachten - keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.