OGH vom 25.11.1997, 10ObS380/97y

OGH vom 25.11.1997, 10ObS380/97y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter Edith Matejka und Peter Pieb (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Werner F*****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Dr.Paul Bachmann, Dr.Eva-Maria Bachmann und Dr.Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 157/97k-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cgs 350/95x-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Das Begehren des Inhalts, es werde festgestellt, daß beim Kläger seit Erwerbsunfähigkeit gemäß § 131c Abs 1 Z 3 GSVG vorliege, wird abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betrieb von 1960 bis 1990 ein Zimmer- und Gebäudereinigungsunternehmen als Geschäftsführer der F***** Gebäudereinigungsgesellschaft mbH; danach war er bis Angestellter dieser Gesellschaft. In diesem Betrieb waren zwischen 250 und 400 Dienstnehmer beschäftigt. Der Kläger legte die Gewerbeberechtigung mit still, nachdem er das Unternehmen im Jahr 1992 verkauft hatte.

Von der Arbeitszeit des Klägers entfielen 20 % auf die kaufmännische und je 40 % auf manuelle und organisatorische Tätigkeiten. Zu den manuellen Arbeiten gehörte auch die regelmäßige Mitwirkung des Klägers an der Gebäudereinigung, weil Dienstnehmer wegen Urlaubs, Krankheit oder sonstiger Verhinderungsgründe ausfielen, sodaß er einspringen mußte. Dabei verrichtete der Kläger alle anfallenden Arbeiten. So mußten zum Beispiel 10 bis 25 kg schwere Chemikalienbehälter, 60 bis 70 kg schwere Gerüstteile und 30 bis 50 kg schwere Reinigungsmaschinen gehoben, getragen oder geschoben werden. Während einzelne Arbeiten nur kurzfristig und fallweise anfielen, schob der Kläger bis zu 3 Stunden lang die 30 bis 50 kg schweren und zusätzlich noch mit 10 bis 20 Liter fassenden Kanistern bestückten Reinigungsmaschinen. Bei seiner Tätigkeit war der Kläger auch überdurchschnittlicher Staub- und Dampfbelastung sowie reizenden Gasen ausgesetzt. Die Reinigung erfolgte mit hochkonzentrierten chemischen Mitteln, sodaß der Kläger bei seiner Tätigkeit mit einer Gasmaske arbeiten mußte. Zu den organisatorischen Tätigkeiten des Klägers gehörten auch die Überwachung und Übergabe der Arbeiten, sowie die Einschulung des Personals, die der Kläger infolge der hohen Fluktation und der Aufteilung der Dienstnehmer auf Arbeitsgruppen von 2 bis 15 Mann neben anderen Dienstnehmern auch selbst vornehmen mußte. Bei der Einschulung hat der Kläger die für die Gebäudereinigung verwendeten technischen Geräte im Reinigungseinsatz vorgeführt.

Zufolge gesundheitsbedingter Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit ist der Kläger nur mehr in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten (zB Heben von Lasten zwischen 10 bis 25 kg, Tragen von Lasten zwischen 5 und 15 kg) zu verrichten, wobei ihm dauernder besonderer Zeit- und Leistungsdruck, ein häufiger Wechsel zwischen kalt und warm bzw feucht und trocken und eine überdurchschnittliche Staub-, Rauch-, Dampfbelastung sowie eine Belastung durch reizende Gase und Gerüche nicht mehr zumutbar sind. Der Kläger müßte bei Arbeiten mit solchen Stoffen einen Schutzhelm mit einem kompressorbetriebenen Hochfeinschutzfilterschutz gegen Schwefelsäure, Salzsäure, Laugen, alkalische Grundreiniger und sonstige Lösungsmittel tragen; eine Gesichtsmaske ist nicht ausreichend. Der Kläger ist nicht mehr imstande, die von ihm zuletzt durch zumindest 60 Monate ausgeübte Tätigkeit zu verrichten.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß bei ihm seit Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 131c GSVG vorliege. Zufolge der bestehenden Leidenszustände sei er nicht mehr in der Lage, der von ihm zuletzt durch 60 Monate ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit weiter nachzugehen.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Erwerbsunfähigkeit im Sinne der vom Kläger angezogenen Gesetzesstelle bestehe nicht.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Feststellung lägen vor, weil er nicht mehr in der Lage sei, jener selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die er zuletzt durch 60 Monate ausgeübt habe.

Das Berufungsgericht gab der nur auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Soweit die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel den Standpunkt vertrete, der Kläger hätte durch eine zumutbare Umorganisation des Betriebes, insbesondere durch Delegierung bestimmter Tätigkeiten an Mitarbeiter kalkülüberschreitende Arbeiten vermeiden können, mache sie erstmals im Berufungsverfahren eine schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflicht des Klägers geltend. Diese Ausführungen seien im Hinblick auf das auch in Sozialrechtssachen geltende Neuerungsverbot unbeachtlich. Da feststehe, daß der Kläger ohne Umorganisation die von ihm tatsächlich verrichteten Tätigkeiten nicht mehr ausführen könne, seien die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung erfüllt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

§ 133a GSVG wurde durch die 13.GSVGNov eingefügt. Begründet wurde die Schaffung der neuen Bestimmung damit, daß Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches aus der Pensionsversicherung nach dem GSVG ua die Erfüllung der besonderen Voraussetzung sei, daß am Stichtag die Berechtigung (Befugnis) zur Ausübung der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit bzw das Gesellschaftsverhältnis erloschen sei. Dement- sprechend habe der Pensionswerber zur Erfüllung der genannten Anspruchsvoraussetzung seine Berechtigung zurückzulegen, seine Befugnis aufzugeben oder aus dem Gesellschaftsverhältnis (als Geschäftsführer einer GmbH) auszuscheiden. Eine solche Maßnahme habe jedoch im Regelfall eine entscheidende Veränderung der wirtschaftlichen Stellung des Versicherten zur Folge und könne, wenn überhaupt, nur mit einem erheblichen Aufwand und mit nicht unbeträchtlichen Nachteilen korrigiert werden. Die Novelle verfolge das Ziel, den möglichen Eintritt dieser Nachteile von vornherein abzuwenden (ErlBem zur RV der 13.GSVGNov, zitiert in Teschner/Widlar GSVG MGA 47.ErgLfg 370/101).

Die Bestimmung des § 133a GSVG findet sich im Gesetz unmittelbar im Zusammenhang mit den Regelungen über die Erwerbsunfähigkeitspension gemäß §§ 132 ff. Fraglich könnte nun sein, ob deshalb und auch weil die Bestimmung zu einer Zeit eingeführt wurde, als § 131c GSVG noch nicht dem Rechtsbestand angehörte, § 133a GSVG nur auf § 133 Abs 1 und 2 GSVG zu beziehen ist, der die Definition der diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen für die in § 132 GSVG geregelte Erwerbsunfähigkeitspension enthält, oder ob auch die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG Gegenstand der Feststellung nach dieser Gesetzesstelle sein kann. Letzters ist zu bejahen. § 131c GSVG regelt die Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit und bestimmt in Abs 1 Z 3, in welchen Fällen die in der Überschrift genannte Voraussetzung der Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Die Erwerbsunfähigkeit in dem dort umschriebenen Sinne bildet auch hier eine Voraussetzung für den Anspruch auf die Leistung. Der Regelungsinhalt entspricht daher in diesem Punkt den Bestimmungen, die für die Erwerbsunfähigkeitspension in § 133 Abs 1 und 2 GSVG enthalten sind. Dies spricht für die Anwendbarkeit der in § 133a geregelten Feststellung auch auf Fälle des § 131c GSVG. Dem könnte entgegengehalten werden, daß das Fehlen einer selbständigen oder unselbständigen Beschäftigung nicht Voraussetzung für eine Leistung nach § 131c GSVG ist und daher der mit der Regelung des § 133a GSVG verfolgte Zweck gegen eine Anwendung dieser Bestimmung auch auf die Fälle der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit spreche. Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht.

Durch die 19.GSVGNov BGBl 1993/336 wurden die Bestimmungen über die Erwerbsunfähigkeitspension (§ 132 GSVG) dahin geändert, daß nunmehr auch bei dieser Leistung eine am Stichtag bestehende Pflichtversicherung dem Anspruch nicht mehr entgegenstand (Teschner/Widlar aaO 47.ErgLfg 370/7). Während im Zusammenhang mit der entsprechenden Regelung des ASVG betreffend die Invaliditätspension bzw die Berufsunfähigkeitspension (Wegfall der Anspruchsvoraussetzung des Fehlens einer versicherungspflichtigen Beschäftigung am Stichtag) durch das SozRÄG 1993/335 die durch das SozRÄG 1991 BGBl 1991/157 neu geschaffenen Bestimmungen der §§ 225a und 273a wieder eliminiert wurden (Art I Z 85 und 103 SozRÄG 1993 - siehe dazu SSV-NF 8/94), blieb § 133a GSVG durch die 19.GSVGNov unberührt. Ungeachtet des Umstandes, daß die Aufgabe der die Versicherung begründenden selbständigen Tätigkeit nunmehr keine Anspruchsvoraussetzung mehr bildete, stand den dem GSVG unterliegenden Personen weiterhin die Möglichkeit zur Verfügung, die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit zu begehren, obwohl für sie auch bei Weiterführung der selbständigen Tätigkeit die Möglichkeit bestand, einen Leistungsanspruch zu erheben; ob dem Feststellungsanspruch nach § 133a GSVG im Hinblick auf § 55 Abs 2 Z 2 lit a und b GSVG idF des Strukturanpassungsgesetzes BGBl 1996/201 nunmehr wieder vermehrte Bedeutung zukommt, ist hier nicht zu untersuchen. Es bestand jedenfalls durch etwa 3 Jahre (ab dem Zeitpunkt zu dem auch die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit geschaffen wurde) trotz Wegfalles der Gründe, die seinerzeit für die Schaffung des § 133a GSVG maßgeblich waren, weiter die Möglichkeit, die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit zu begehren. Der Umstand, daß nach § 131c GSVG die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit keine Anspruchsvoraussetzung ist, bildet daher kein Argument für eine teleologische Reduktion dahin, daß der Feststellungsanspruch nach § 133a GSVG nur auf die Erwerbsunfähigkeitspension nach den §§ 132, 133 GSVG zu beziehen wäre. § 133a GSVG gibt vielmehr einen Anspruch auf Feststellung auch der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG. Da der Gesetzgeber mit § 133a GSVG ausdrücklich einen Feststellungsanspruch einräumt und das Fehlen eines Leistungsanspruches (anders als in den aufgehobenen Bestimmungen des § 255a und 273a ASVG) nicht als Voraussetzung des Feststellungsanspruches normiert, kann auch der sonst von der Judikatur vertretene Grundsatz, daß bei Möglichkeit einer Leistungsklage die Fest- stellungsklage wegen Fehlens des rechtlichen Interesses unzulässig sei (Rechberger in Rechberger ZPO, Anm 11 zu § 228 ZPO mwH), dem Begehren des Klägers nicht entgegenstehen.

Unzutreffend ist die Entscheidung der Vorinstanzen vorerst deshalb, weil die Erwerbsunfähigkeit des Klägers zum festgestellt wurde. Bei der Entscheidung über ein Feststellungsbegehren nach § 133a GSVG ist nämlich nicht auf einen (in der Vergangenheit liegenden) Stichtag, sondern immer auf den Zeitpunkt der Entscheidung, im gerichtlichen Verfahren sohin auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz abzustellen (SSV-NF 8/94 - dort zu § 255a ASVG). Die Verhandlung vor dem Erstgericht wurde am geschlossen. Das ist daher der Zeitpunkt zu dem die Prüfung des Klagebegehrens vorzunehmen ist. Zu diesem Zeitpunkt stand aber § 131c GSVG in seiner durch das Strukturanpassungsgesetz BGBl 1996/201 geänderten Fassung in Kraft. Durch dieses Gesetz wurde die altersmäßige Voraussetzung für die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit dahin geändert, daß nunmehr männliche Versicherte erst dann Anspruch auf diese Leistung haben, wenn sie das 57.Lebensjahr vollendet haben; diese Bestimmung ist am in Kraft getreten (§ 266 Abs 1 Z 4 GSVG). Dies ändert allerdings im vorliegenden Fall nichts, weil der Kläger am das 57.Lebensjahr vollendete und daher bei Schluß der Verhandlung erster Instanz die altersmäßigen Voraussetzungen des § 131c GSVG auch in der neuen Fassung erfüllte.

Es ist daher zu prüfen, ob beim Kläger Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG vorliegt.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß es sich bei den Ausführungen der Berufung, mit denen die Frage der Umorganisation des vom Kläger geführten Betriebes releviert wird, um neues Vorbringen handle, ist verfehlt.

Es trifft auch nicht zu, daß damit die Mitwirkungspflicht des Klägers angesprochen wird. Die Judikatur zur Mitwirkungspflicht gründet sich auf den allgemeinen Grundsatz, daß ein Versicherter die Interessen des Sozialversicherungsträgers und damit auch die der anderen Versicherten in zumutbarer Weise zu wahren hat, will er seine Ansprüche nicht verlieren. In diesem Sinne ist er auch verpflichtet, eine notwendige Krankenbehandlung durchzuführen, die zu einer Heilung und Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit führen würde, sofern die Behandlung für ihn nicht mit unzumutbaren Gefahren verbunden ist (SSV-NF 2/33 = JBl 1988, 601 = SZ 61/84 uva). Vom Versicherten wird danach verlangt, alle zumutbaren Maßnahmen zu setzen, um die aktuell vorliegende Leistungsfähigkeit, die ihn von der Verrichtung in Frage kommender Arbeiten ausschließt, soweit zu bessern, daß er in die Lage versetzt wird, seine frühere Tätigkeit oder in Frage kommende Verweisungstätigkeiten zu verrichten.

Bei der hier zu lösenden Frage handelt es sich hingegen um die Auslegung des Begriffes "jener selbständigen Erwerbstätigkeit" in § 131c Abs 1 Z 3 GSVG. Wenn die beklagte Partei in ihrer Berufung ausführte, das Erstgericht habe bei seiner Entscheidung zu Unrecht auf die vom Kläger im Rahmen seines Betriebes tatsächlich verrichtete Tätigkeit abgestellt und die Frage der möglichen Umorganisation des Betriebes außer Betracht gelassen, erstattete sie damit kein neues Tatsachenvorbringen, das wegen des Neuerungsverbotes unzulässig wäre, sondern bekämpfte vielmehr in zulässiger Form die rechtliche Beurteilung. Den von der beklagten Partei in diesem Zusammenhang in der Berufung vorgetragenen und in der Revision wiederholten Argumenten kommt auch Berechtigung zu.

Als erwerbsunfähig galt nach § 133 Abs 2 GSVG idF vor der 19.GSVGNov auch der Versicherte, der das 55.Lebensjahr vollendet hatte und dessen persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, wenn er (sinngemäß zusammengefaßt) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage war, jener selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die er zuletzt durch 60 Monate ausgeübt hatte. Der Oberste Gerichtshof hat dazu ausgesprochen, daß sich in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige von unselbständig Beschäftigten Personen dadurch wesentlich unterschieden, daß sie ihr Unternehmen selbständig und eigenverantwortlich leiten, dessen Aufgaben planen und durchführen und deshalb auch ihren Betrieb selbständig organisieren können. Deshalb könne ein in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätiger, der das 55.Lebensjahr vollendet habe und dessen persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig gewesen sei, erst dann als erwerbsunfähig gelten, wenn er außerstande sei, jener selbständigen Erwerbstätigkeit auch unter Berücksichtigung, insbesondere wirtschaftlich zumutbarer Organisationsmaßnahmen nachzugehen (SSV-NF 3/71; in diesem Sinne auch SSV-NF 2/116 sowie - zur damals gleichlautenden Bestimmung des § 124 Abs 2 BSVG - SSV-NF 5/114).

Durch die 19.GSVGNov wurde für nach dem GSVG Versicherte, die das 55. Lebensjahr (seit das 57.Lebensjahr - § 266 Abs 1 Z 4 GSVG) vollendet haben, durch die Bestimmung des § 131c GSVG der neue Versicherungsfall der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit geschaffen. Nach dieser Bestimmung, die am in Kraft getreten ist, hat ein Versicherter unter den in dieser Gesetzesstelle weiter angeführten Voraussetzungen (§ 131c Abs 1 Z 1 und 2), die beim Kläger unbestritten vorliegen, dann Anspruch auf diese Leistung, wenn er aus gesundheitlichen Gründen außerstande ist, jener selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die er zumindest durch 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Vergleicht man diese Regelung mit der Vorgängerbestimmung des § 133 Abs 2 GSVG aF, so ergibt sich, daß sie mit dieser praktisch inhaltsgleich ist; lediglich das Erfordernis der Notwendigkeit der persönlichen Mitarbeit während des Beobachtungs- zeitraumes ist weggefallen. Die zur Frage der Umorganisation des Betriebes von der Judikatur entwickelten Grundsätze sind daher weiter anwendbar.

Wie bereits in der früheren Rechtsprechung ausgeführt, besteht ein Unterschied bezüglich der Voraussetzungen von Pensionsansprüchen wegen geminderter Leistungsfähigkeit älterer unselbständig erwerbstätiger Versicherter und solcher, die eine selbständige Erwerbstätigkeit verrichteten. Dieser Unterschied kommt auch im Gesetzestext zum Ausdruck. Während die entsprechende Leistung nach dem ASVG (§ 255 Abs 4 ASVG aF bzw nunmehr § 253d ASVG) zustand bzw zusteht, wenn die während des Beobachtungszeitraumes konkret verrichtete Tätigkeit nicht mehr verrichtet werden kann, nahm bzw nimmt das GSVG (§ 133 Abs 2 GSVG aF bzw nunmehr § 131c GSVG) auf jene selbständige Erwerbstätigkeit Bezug, die zuletzt durch zumindest 60 Monate verrichtet wurde. Damit stellt das GSVG zwar auf den vom Versicherten zuletzt geführten Gewerbebetrieb, anders als ASVG jedoch nicht aber auf die von ihm konkret verrichtete Tätigkeit ab. Diese Verschiedenbehandlung ist auch gerechtfertigt. Ein unselbständig Beschäftigter kann die Gestaltung seiner Tätigkeit kaum beeinflußen; er unterliegt der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers und es ist ihm regelmäßig nicht möglich, in seinen Arbeitsbereich fallende Arbeiten, die seine Leistungsfähigkeit übersteigen, zu vermeiden. Ist er nicht in der Lage, auch nur einen Teil von mit einem bestimmten Tätigkeitsbereich (auf den § 255 Abs 4 ASVG aF abstellte bzw § 253c ASVG abstellt) verbundenen Arbeiten zu verrichten, so kann er diesen Beruf überhaupt nicht ausüben. Ganz anders ist die Situation bei einem selbständig Erwerbstätigen, der Dienstnehmer beschäftigt. Dieser kann zumeist Arbeiten, insbesondere solche, die Anforderungen an die physische Leistungsfähigkeit stellen und die er vor Absinken seiner Arbeitsfähigkeit selbst verrichtete, weitgehend an Dienstnehmer delegieren und hat damit die Möglichkeit, unter Vermeidung von Arbeiten, die seine Leistungsfähigkeit überschreiten trotz gesundheitsbedingter Einschränkungen seine selbständige Erwerbstätigkeit weiter auszuüben.

Entscheidend ist daher nicht, ob der Kläger in der Lage ist, seine Tätigkeit in der früher tatsächlich ausgeübten Form weiterhin zu verrichten, sondern ob er unter Berücksichtigung der Einschränkungen seines Leistungskalküls in der Lage ist, seine selbständige Erwerbstätigkeit weiter auszuüben, wobei auch eine mögliche Umorganisation des Betriebes in Betracht zu ziehen ist. Kann er auf diese Weise Arbeiten, die er bisher verrichtete und die ihm nicht mehr möglich sind, vermeiden, so ist er weiterhin in der Lage, "jener selbständigen Erwerbstätigkeit" im Sinne des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG nachzugehen. Damit wird der älteren Versicherten nach dieser Gesetzesstelle eingeräumte Schutz nicht eingeschränkt, sondern nur der Besonderheit Rechnung getragen, daß selbständig Erwerbstätige durch die ihnen zur Verfügung stehende Möglichkeit, ihr persönliches Arbeitsgebiet durch Umorganisationen weitgehend selbst zu bestimmen, Arbeiten, die sie nicht mehr zu leisten imstande sind, an Mitarbeiter übertragen können. Gegenstand der dabei vorzunehmenden Prüfung ist aber - im Gegensatz zu § 133 Abs 2 GSVG (arg "einer selbständigen") - immer konkret die selbständige Erwerbstätigkeit, die im Beobachtungszeitraum des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG ausgeübt wurde.

Hier ergibt sich aus den Feststellungen, daß der Kläger im Hinblick auf die Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, die von ihm bisher verrichteten physischen Arbeiten zu verrichten. Er kann die Hebe- und Trageleistungen, die vorwiegend beim Transport und bei den Arbeiten mit größeren Maschinen sowie beim Transport von Reinigungsmitteln auftreten, nicht mehr leisten und es ist ihm nicht mehr möglich, Arbeiten zu verrichten, die mit überdurchschnittlicher Staub- und Dampfbelastung sowie Belastung durch reizende Gase, wie sie bei der Benützung von chemischen Reinigungsmitteln auftreten, verbunden sind. Im Hinblick darauf, daß im Betrieb 250 bis 400 Personen als Reinigungskräfte beschäftigt waren, ist aber die Verrichtung derartiger Arbeiten durch den Betriebsführer selbst in höchstem Maß untypisch. Bei einem Betrieb dieser Größenordnung kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß es möglich ist, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß die persönliche physische Mitarbeit des Klägers nicht erforderlich ist. Bereits eine im Hinblick auf die Betriebsgröße jedenfalls mögliche Personalreserve von einer Person hätte etwa ausgereicht, um auch für den Fall des überraschenden Ausfalles einer Arbeitskraft Vorsorge zu treffen und die Verrichtung der genannten physischen Arbeiten durch den Kläger zu vermeiden. Die Dienstnehmer des Klägers waren in Arbeitsgruppen von 2 bis 15 Personen aufgeteilt, die jeweils an einem Einsatzort tätig waren. Die Einschulung von neuen Reinigungskräften einschließlich der Erklärung und Vorführung der zum Einsatz kommenden Maschinen konnte jedenfalls den diesen Arbeitsgruppen vorstehenden Vorarbeitern bzw Objektleitern übertragen werden, so daß auch die vom Kläger in diesem Zusammenhang tatsächlich verrichteten physischen Arbeiten delegierbar waren. Die übrigen organisatorischen Aufgaben (Einteilung des Personals, Überwachung der von der Gesellschaft durchgeführten Arbeiten, Übergabe dieser Arbeiten) sowie die kaufmännischen Arbeiten sind dem Kläger aber auch unter Berücksichtigung der Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit möglich. Er ist damit weiterhin in der Lage, jener selbständigen Erwerbstätigkeit, die er zuletzt durch zumindest 60 Kalendermonate ausgeübt hat, nachzugehen.

Da die Voraussetzungen des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG daher nicht erfüllt sind, kommt seinem gemäß § 133a GSVG erhobenen Feststellungsbegehren keine Berechtigung zu. Die Urteile der Vorinstanzen waren daher im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil Kosten nicht verzeichnet wurden.