OGH vom 18.05.1999, 8ObA78/99z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Karl Heinz Kux und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Zehida B*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen Zustimmung zur Entlassung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 246/98w-14, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cg 32/98y-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist zutreffend, daß die Klage auf nachträgliche Zustimmung zur Entlassung einer schwangeren Dienstnehmerin, die beim Diebstahl eines Lippenstiftes ertappt und am Folgetag entlassen wurde, verspätet ist, wenn die Klage erst 14 Tage nach der Entlassung bei Gericht einlangte. Es genügt daher auf dessen rechtliche Beurteilung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Den Revisionsausführungen ist zu erwidern, daß das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, daß bei den besonders geschützten Personengruppen der Entlassungsschutz im wesentlichen gleich aufgebaut ist und nunmehr seit längerem, nämlich seit dem Inkrafttreten des arbeitsrechtlichen Begleitgesetzes zur Pensionsreform mit , auch bei Entlassung einer Schwangeren die gerichtliche Zustimmung zur Entlassung als Entlassungsvoraussetzung eingeführt wurde. Es entspricht den Intentionen des Gesetzgebers (RV 735 BlgNR 18. GP 23 f) und auch der höchstgerichtlichen Judikatur, daß für alle Personen, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen, gleiche Regelungen gelten sollen, soweit nicht sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung sprechen (ARD 4.959/1/98).
Nur bei zwei Entlassungstatbeständen, die inhaltlich im wesentlichen gleich sind, besteht die Möglichkeit der nachträglichen Einholung der Zustimmung des Gerichtes (§ 12 Abs 4 MSchG bzw § 122 Abs 3 ArbVG), dazu zählt der hier relevante Fall des § 12 Abs 1 Z 5 MSchG, der in § 122 Abs 1 Z 2 ArbVG sein Gegenstück hat. Eine bestimmte Frist zur nachträglichen Einholung der Zustimmung ist in beiden Normen nicht genannt. Einigkeit besteht aber darüber, daß die Klage auf Zustimmung ehebaldigst einzubringen ist (Knöfler, MSchG12, 225; Arb 10.785 mwN ua). Die Rechtsprechung zur Notwendigkeit der ehebaldigsten Klagseinbringung zu § 122 ArbVG kann daher auf das MSchG übertragen werden.
Die klagende Partei gesteht zu, daß § 12 MSchG einschließlich Abs 4 betreffend die Einholung einer nachträglichen Zustimmung zur Entlassung bei Begehung strafbarer Taten werdender Mütter § 122 ArbVG nachgebildet ist. Daß eine Frist von 14 Tagen nach Ausspruch der Entlassung bei einem Betriebsrat zu lang wäre, bezweifelt auch die klagende Partei nicht. Warum dies bei Schwangeren anders sein sollte, kann sie nicht sinnvoll erklären. In beiden Fällen ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Entlassung bereits erfolgt ist. Dieser Umstand muß zu einer Verkürzung der noch zu tolerierenden Frist zur Einholung der nachträglichen Zustimmung der bereits erfolgten Entlassung durch das Gericht gegenüber einer sonstigen Klage auf Zustimmung zur Entlassung führen. Ist der Sachverhalt bereits für die klagende Partei zum Zeitpunkt der Entlassung klar gewesen - ansonsten hätte es sie ja die Entlassung nicht ausgesprochen -, verkürzt sich die Frist zur Klagseinbringung um den Zeitraum, der sonst dem Arbeitgeber für die Ermittlung des Sachverhalts und Einholung einer Rechtsauskunft zugebilligt wird (Arb 9701; 10.785 ua jeweils mwN).
Das Argument der klagenden Partei, der Schwebezustand für schwangere Arbeitnehmerinnen sei "entschärft", weil diese von Beginn der Mutterschutzfrist ohnedies keine Tätigkeit ausübten und nach Ende der Karenzzeit unter Einhaltung der Schutzfrist gekündigt werden könnten, ist schlicht nicht nachvollziehbar.