OGH vom 22.07.2010, 8Ob66/10d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder 1.) M***** H*****, geboren am *****, und 2.) A***** H*****, geboren am *****, beide wohnhaft in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter M***** H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Mag. Johann Huber, Dr. Melanie Taufner, Rechtsanwälte in Melk, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 102/10p 82, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Beschluss betraute das Rekursgericht den Vater mit der Obsorge für die beiden minderjährigen Kinder. Den Antrag der Mutter, sie mit der Obsorge für beide Kinder zu betrauen, wies es ab. Die Mutter rügt in ihrem Rechtsmittel ausschließlich die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Rekursverfahren. Sie sei im Verfahren anwaltlich vertreten gewesen. Dennoch seien die Rekurse des Vaters und des Jugendwohlfahrtsträgers gegen den Beschluss des Erstgerichts ihrem Rechtsvertreter nicht zugestellt worden. Ihr sei daher die Möglichkeit genommen worden, eine Rekursbeantwortung zu erstatten.
§ 66 AußStrG zählt die Revisionsrekursgründe nunmehr taxativ auf. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt gemäß § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG einen Revisionsrekursgrund dar, der analog § 55 Abs 3 AußStrG auch von Amts wegen aufzugreifen ist. Der Anfechtungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs wirkt aber nicht wie etwa die Nichtigkeitsgründe der ZPO absolut. Er ist nur dann wahrzunehmen, wenn er Einfluss auf die Richtigkeit der Entscheidung haben konnte (§ 57 Z 4 AußStrG; RIS Justiz RS0120213).
Für ein Aufgreifen des geltend gemachten Verfahrensfehlers reicht es nicht aus, im Revisionsrekurs abstrakt auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs Bezug zu nehmen. Es wäre erforderlich gewesen darzustellen, welches ihr günstige Vorbringen der Mutter durch die Erstattung von Rekursbeantwortungen verwehrt blieb (5 Ob 1/09x). Die Mutter hat jedoch in ihrem Revisionsrekurs mit keinem Wort dargelegt, welche für die Obsorgeentscheidung relevanten Umstände sie in einer Rekursbeantwortung noch hätte vorbringen können oder wollen, um eine für sie günstige Entscheidung zu erwirken. Die Rüge ist daher nicht gesetzeskonform ausgeführt, sodass auch keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird.