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OGH vom 09.04.2019, 14Os32/19s

OGH vom 09.04.2019, 14Os32/19s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen Mario E***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 15, 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom , GZ 23 Hv 20/17x-94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen I./1./, 2./ und 3./, demzufolge auch im Strafausspruch einschließlich der Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB und der Vorhaftanrechnung sowie im Adhäsionserkenntnis betreffend die Privatbeteiligte U***** aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Ried im Innkreis verwiesen.

Mit seinen Rechtsmitteln wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mario E***** der Verbrechen der Brandstiftung nach § 15, 169 Abs 1 StGB (I./1./ bis 3./) und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB (II./) schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Danach hat er

I./ versucht, an fremden Sachen ohne Einwilligung der jeweiligen Eigentümer eine Feuersbrunst zu verursachen, und zwar

1./ am in A***** dadurch, dass er ein abgeerntetes Getreidefeld in Brand setzte, wodurch 5.000 m² Feld abbrannten, aufgrund des schnell wechselnden Windes sowohl eine angrenzende Siedlung, als auch der daneben befindliche Wald gefährdet waren und durch den Brand eine Fläche von 3 Hektar betroffen war;

2./ am in S***** dadurch, dass er einen 5.000 m² großen Schilfgürtel zum Nachteil der C***** in Brand setzte, welcher nur durch das rasche Einschreiten der Feuerwehr gelöscht werden konnte, wobei ein Schaden von zumindest 2.000 Euro entstand;

3./ am in S***** dadurch, dass er einen Holz und Geräteschuppen des Konrad H***** in Brand setzte, wodurch der daneben befindliche Wald gefährdet war und ein Schaden in Höhe von 35.064 Euro entstand;

II./ fremde bewegliche Sachen dadurch beschädigt, dass er sie in Brand setzte, wodurch er an diesen einen 5.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar

1./ am in S***** einen Mülleimer, wodurch der Gemeinde S***** ein Schaden von zumindest 100 Euro entstand;

2./ am in A***** einen in einem Geräteschuppen befindlichen Mülleimer des Kindergartens der Gemeinde A*****, wodurch der Gemeinde A***** ein Schaden von zumindest 1.000 Euro entstand;

3./ am in H***** eine im Wald befindliche Garage, indem er drei Brandherde legte, wodurch ein Schaden von zumindest 300 Euro entstand;

4./ in S***** zum Nachteil des Franz A*****

a./ am ein Kunststofffass mit darin gelagerten Gummi und Putzabfällen, wodurch eine Schlammpumpe zerstört wurde;

b./ am durch Inbrandsetzung zweier auf einer Holzpalette befindlicher Altreifen, wodurch eine Tür und ein daneben befindlicher Bürocontainer beschädigt wurden und ein Schaden von insgesamt 20.000 Euro entstand.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3 und Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Schuldspruch I./ – wie von der Generalprokuratur zutreffend aufgezeigt – der von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet.

Die Erfüllung des Tatbestands der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB erfordert in objektiver Hinsicht neben der durch die räumliche Ausdehnung bedingten Unlöschbarkeit eines Feuers mit gewöhnlichen Mitteln (RISJustiz RS0094944, RS0094805) eine zumindest abstrakte (RIS-Justiz RS0130775) Gefährdung für Leib oder Leben einer (nicht unbedingt größeren, aber nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, somit) unbestimmten Zahl von Menschen oder eine konkrete Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß (vgl 13 Os 93/15y mwN; RIS-Justiz RS0094935 [T6, T 7]).

In subjektiver Hinsicht hat sich der Vorsatz des Täters auf alle Tatbestandsmerkmale, somit auch auf die Herbeiführung der zuvor dargestellten Gefahr zu erstrecken (RIS-Justiz RS0094899 [insbes T 3]; 12 Os 125/16y und 11 Os 31/17v jeweils mwN; Murschetz in WK2 StGB § 169 Rz 11, 14).

Im vorliegenden Fall stellte das Erstgericht zur subjektiven Tatseite zu I./1./ fest, dass der Angeklagte „ohne den Eigentümer des abgeernteten Getreidefeldes zu fragen, (…) im Bewusstsein der örtlichen Gegebenheiten das Feld in Brand“ setzte, wobei er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, „dass das gesamte Feld samt angrenzendem weiteren Feld und dahinter liegender Wohnsiedlung sowie der Wald in Brand geraten und auch ein Feuerwehreinsatz notwendig wird“ (US 4). Zu I./2./ konstatierte das Gericht, dass der Angeklagte „im Bewusstsein der örtlichen Situation (…) eigenmächtig den dürren Schilfgürtel“ anzündete und es „ernstlich für möglich hielt, dass der gesamte Schilfgürtel in Brand gerät und das Feuer auf den Wald übergreift und auch ein Feuerwehreinsatz notwendig wird“ (US 4). Nach den Feststellungen zu I./3./ zündete der Angeklagte ohne Zustimmung von Konrad H***** „im Bewusstsein der örtlichen Situation (…) das im Schuppen gelagerte Stroh an“, wobei er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, „dass der gesamte Schuppen abbrennt, das Feuer auf den Wald übergreift und auch ein Feuerwehreinsatz notwendig wird“ (US 6).

Diese Urteilsfeststellungen decken zwar eine Vorsätzlichkeit des Brandlegungsakts (im engeren Sinn) ab, bringen aber nicht zum Ausdruck, dass sich der (zumindest bedingte) Vorsatz des Angeklagten auch auf die Herbeiführung einer zumindest abstrakten Gefahr für Leib oder Leben einer unbestimmten Zahl von Menschen oder einer konkreten Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß, somit auch auf den gemeingefährdenden Charakter des intendierten Schadensfeuers, bezog (vgl zuletzt 12 Os 19/18p). Die Feststellungen sind solcherart nicht geeignet, eine Subsumtion nach § 169 Abs 1 StGB zu tragen und lassen auch keine rechtliche Klarstellung in Bezug auf die Einordnung der Taten unter § 125 f StGB zu. Es waren daher der Schuldspruch zu I./ und daraus folgend der Strafausspruch einschließlich der Anordnung der Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB (§ 435 Abs 2 StPO) und der Vorhaftanrechnung sowie das Adhäsionserkenntnis zu I./3./ betreffend die Privatbeteiligte U***** aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Demnach erübrigt sich ein Eingehen auf die der Sache nach ausschließlich zu einem Teil des Strafausspruchs, nämlich der Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und war er mit seiner Berufung auf die Kassation zu verweisen.

Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (RISJustiz RS0101558), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00032.19S.0409.000

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