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OGH vom 28.11.2001, 9ObA220/01w

OGH vom 28.11.2001, 9ObA220/01w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Karl Lewisch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zivorad M*****, Hausbesorger, ***** vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Stanislava K*****, Ärztin in Ruhe, ***** vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 79.847,-- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 1/01w-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 32 Cga 196/98x-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.871,68 (darin S 1.145,28 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten bis als Hausbesorger beschäftigt; das Arbeitsverhältnis endete durch vorzeitigen Austritt. Sein monatlicher Bruttolohn betrug zuletzt S 3.891,50. Seit erhielt der Kläger keinen Lohn mehr. Mit Bescheid des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk vom waren die Geldansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten zur Hereinbringung von Abgabenschulden in Höhe von S 34.893 gepfändet worden. Dieser Bescheid wurde der Beklagten, welche seit 1991 oder 1992 Eigentümerin des Hauses ist, am zugestellt. Im relevanten Zeitraum ab Anfang April 1998 war der Kläger nicht nur bei der Beklagten beschäftigt, sondern stand auch in einem Arbeitsverhältnis zur E***** GmbH.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage den rückständigen Lohn für die Zeit vom bis einschließlich aliquoter Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung für die Zeit vom bis samt aliquoten Sonderzahlungen sowie Abfertigung und Urlaubsentschädigung.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete - soweit im Revisionsverfahren noch relevant - ein, dass der Austritt des Klägers unberechtigt erfolgt sei. Auf Grund der Gehaltspfändung durch das Finanzamt sei die Beklagte nicht mehr berechtigt gewesen, Zahlungen an den Kläger zu leisten. Insbesondere hätte sie mit einer Zusammenrechnung der beiden gepfändeten Forderungen des Klägers rechnen müssen (§ 292 Abs 2 EO iVm § 53 AbgEO); darüber hinaus habe der Kläger sein Haupteinkommen aus dem anderen Arbeitsverhältnis gezogen, sodass gemäß § 292 Abs 3 EO iVm § 53 AbgEO das Existenzminimum vom anderen Einkommen zu ermitteln gewesen sei. Dazu sei die Beklagte jedoch nicht in der Lage gewesen, sodass sie berechtigt und gegenüber dem betreibenden Finanzamt verpflichtet gewesen sei, fällige Lohnansprüche des Klägers einzubehalten.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes.

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Austritt des Klägers wegen unberechtigter Vorenthaltung des Entgelts berechtigt war, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 53 AbgEO sind im abgabenbehördlichen Forderungspfändungsverfahren die Bestimmungen der §§ 290 bis einschließlich 291a, der § 291d, 291e, 292, 292d, 292e, 292f, 292g, 292h Abs 1, 292j Abs 2 bis 5 und § 299a der EO anzuwenden. Soweit gemäß § 292 Abs 2 EO die Zusammenrechnung beschränkt pfändbarer Geldforderungen des Verpflichteten gegenüber verschiedenen Drittschuldnern stattfinden kann, ist für diese Entscheidung im Bereich der Abgabenexekutionsordnung die Abgabenbehörde selbst und nicht das Gericht zuständig (SZ 61/84). Da eine solche Zusammenrechnung nicht ex lege erfolgt und auch aus der der Beklagten zugestellten Exekutionsbewilligung eine solche Zusammenrechnung nicht hervorging, bestand für die Beklagte keine Veranlassung oder Berechtigung, in der Folge den unpfändbaren Freibetrag ("Existenzminimum") des § 291a Abs 1 EO einzubehalten. Die Vorinstanzen haben bereits zutreffend darauf verwiesen, dass der Lohn des Klägers, weil unter diesem Existenzminimum liegend, zur Gänze unpfändbar gewesen wäre.

Wenn somit eine Zusammenrechnung noch nicht vorgenommen worden war, erweist sich auch der Hinweis der Beklagten auf § 292 Abs 3 EO als nicht zielführend, weil diese Bestimmung nur im Falle einer bereits erfolgten Zusammenrechnung zum Tragen kommen kann.

Letztlich ist auch die von der Revisionswerberin gewünschte analoge Anwendung des § 292j EO nicht angezeigt. Abgesehen davon, dass § 53 AbgEO den ersten Absatz des § 292j EO von der Verweisung ausnimmt, ist nach den Materialien zu § 292j EO der Wille des Gesetzgebers dahin erkennbar, dem Drittschuldner dort entgegenzukommen, wo er auf Grund seiner üblicherweise voraussetzbaren Kenntnisse nicht in der Lage ist, in jedem Fall eine gesetzmäßige Aufteilung vorzunehmen (9 ObA 105/99b = DRdA 2000, 324 [Resch] ua). Diese Bestimmung hat somit das Rechtsverhältnis des Drittschuldners zum betreibenden Gläubiger, nicht jedoch sein Verhältnis zum Verpflichteten im Auge (Zechner, Forderungsexekution Rz 1 zu § 292j).

Wenn aber keine ungewollte Regelungslücke vorliegt, fehlt es an der Voraussetzung für eine Analogie.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.