OGH vom 28.03.2002, 8Ob65/02w

OGH vom 28.03.2002, 8Ob65/02w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Kuras und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. Herbert H*****, gegen die beklagte Partei Raimund P*****, vertreten durch Dr. Bernhard Gittler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 41 R 227/01p-23, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Bei der Beurteilung der im Revisionsverfahren strittigen Eintrittsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts iSd § 14 Abs 3 MRG ist auf die faktischen Verhältnisse abzustellen (vgl etwa zuletzt mwN = EvBl 2000/89 = immolex 2000, 40 = wobl 2001, 54). Ein gemeinsamer Haushalt besteht in einem auf Dauer berechneten gemeinsamen Wohnen und Wirtschaften (vgl ebenfalls mwN = Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 14 Rz 15; SZ 64/93; immolex 1988, 292 uva). Nun setzt zwar das gemeinsame Wirtschaften grundsätzlich voraus, dass die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung befriedigt werden. Jedoch wird die Annahme eines gemeinsamen Haushaltes durch den Umstand, dass ein Teil die gesamten Kosten trägt dann nicht gehindert, wenn ein großer Einkommensunterschied oder ein großer Altersunterschied vorliegt (vgl RIS-Jusitz RS0069759 mzwN etwa gerade hier maßgeblichen Verhältnis zwischen Großeltern und Enkelkindern ).

Auszugehen ist von den Feststellungen, dass der Beklagte bereits jahrelang bei seiner Großmutter wohnte, diese auch für ihn die Wäsche versorgte und kochte und auch er teilweise für sie kochte, jedoch sonst zu den Haushaltskosten nichts beitrug.

Wenn das vom Berufungsgericht abstellend auf die faktischen Verhältnisse im konkreten Einzelfall darauf aufbauend die Eintrittsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts von grundsätzlichen Rechtsirrtümern frei bejaht, so ist dies gemäß § 502 Abs 1 ZPO einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich (vgl mwN = wobl 2000, 268 = MietSlg 51.288; 9 Ob 280/99p). Der Revisionswerber vermag einen derart gravierenden Verstoß nicht aufzuzeigen. Auf die Einkommensunterschiede kommt es - wie bereits dargetan - im Hinblick auf den Altersunterschied auf das Verwandtschaftsverhältnis nicht allein an.

Nach der Rechtsprechung ist ein dringendes Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen im Sinne eines schutzwürdigen Interesses zu verstehen und nur dann zu verneinen, wenn ihnen eine andere ausreichende und angemessene Unterkunft zur Verfügung steht (vgl RIS-Justiz RS0069974). Auch dabei ist immer auf die Gesamtheit der vorliegenden Umstände des Einzelfalles abzustellen. Die Beurteilung der Dringlichkeit des Wohnbedürfnisses eines nahen Angehörigen an der aufgekündigten Wohnung hängt davon ab, ob der Eintrittswerber über eine eigene Wohnung verfügt oder ob er auf eine andere Wohnung verwiesen werden soll. Im ersten Fall ist auf die unbedingte Notwendigkeit abzustellen, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen, andernfalls muss es sich um eine ausreichende und gleichartige (rechtlich abgesicherte) Wohnmöglichkeit handeln ( mwN = 6 Ob 75/98t mwN uva; RIS-Justiz RS0069974; RS0069957).

Das Berufungsgericht gelangte in Anwendung dieser in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vertretenen rechtlichen Grundsätze zu dem Ergebnis, dass ein dringendes Wohnbedürfnis des Beklagten an der Wohnung seiner Großmutter besteht. Das Berufungsgericht hat mit seiner Rechtsansicht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Ein Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung liegt entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht vor. Die von ihm aufgeworfenen Fragen der Beweislastverteilung stellen sich gar nicht. Nach den Feststellungen verfügt der Beklagte, der in Wien arbeitet, über keine andere Wohnmöglichkeit als in der Wohnung seiner Großmutter. Er könnte nur allenfalls Aufnahme bei seinen Eltern im Waldviertel finden. Dies kann jedoch weder als gleichartige - rechtlich abgesicherte - noch als ausreichende Wohnmöglichkeit angesehen werden. Wäre doch ein allfälliges Benützungsrecht des Beklagten im Haus seiner Eltern wohl im Hinblick auf die Selbsterhaltungsfähigkeit als widerruflich anzusehen (vgl RIS-Justiz RS0069957 mwN insbes ) und schon im Hinblick auf die Entfernung zu seinem Arbeitsort auch keine ausreichende Alternative. Ein Vorbringen dazu, dass die Wohnung wegen verschiedener Rohrbrüche überhaupt unbenützbar gewesen wäre, hat der Kläger in erster Instanz gar nicht erstattet, sondern sich nur darauf berufen, dass der Beklagte von diesen wegen der schwerwiegenden Folgen hätte Kenntnis haben müssen. Im Übrigen kommt der Beurteilung der Frage, ob das dringende Wohnbedürfnis des Beklagten nach den im Einzelfall festgestellten Umständen zu bejahen ist oder nicht, keine über den Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zu (etwa mwN = MietSlg 38.316/19; 5 Ob 564/94 uva).

Die außerordentliche Revision war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.