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OGH vom 14.03.1990, 9ObA60/90

OGH vom 14.03.1990, 9ObA60/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Karl Amsz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann K***, Kraftfahrer, Innsbruck, Gerhart-Hauptmann-Straße 17 b, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) W*** & Co Gesellschaft mbH & Co KG, Internationale Transporte, 2.) W*** & Co Gesellschaft mbH, beide Innsbruck, Anton Rauch-Straße 23, beide vertreten durch Dr. Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 203.025,63 S brutto und 2.700 S netto sA sowie Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Gesamtstreitwert 211.725,63 S sA, Streitwert im Revisionsverfahren 161.075,91 S brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 5 Ra 124/89-40, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 45 Cga 1050/87-33, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird teilweise bestätigt, so daß es einschließlich des unangefochten gebliebenen Teiles und des unangefochten gebliebenen Teiles des erstgerichtlichen Urteils über die Ausstellung eines Dienstzeugnisses als Teilurteil zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters einen Betrag von 41.949,72 S brutto samt 4 % Zinsen seit sowie 2.700 S netto samt 4 % Zinsen seit zu zahlen und ihm ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes, mit 120 S Stempelmarken versehenes Dienstzeugnis auszustellen, all dies binnen 14 Tagen bei Exekution. Ein Mehrbegehren auf Zahlung eines Betrages von 147.491,87 S brutto samt 4 % Zinsen seit wird abgewiesen. Die Entscheidung über die Kosten des Teilurteiles wird der Endentscheidung vorbehalten".

Im übrigen (hinsichtlich eines Betrages von 13.584,04 S sA) wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen; die Kosten des Revisionsverfahrens sind diesbezüglich weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der erstbeklagten Partei, deren Komplementär die zweitbeklagte Partei ist, bis als Fernfahrer beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch Entlassung. Daß die Entlassung nicht zu Recht erfolgte, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Im Jahr 1986 bezog der Kläger einen Grundlohn von 13.300 S brutto monatlich und hatte bei einer Arbeitsleistung von über 12 Stunden pro Tag Anspruch auf Spesenersatz von 450 S. Eine Vereinbarung, daß mit dem Grundlohn auch Überstunden abgegolten werden sollten, steht nicht fest. Der Kläger hatte während der gesamten Dauer seines Dienstverhältnisses regelmäßig Lohnabrechnungen erhalten; die Aushändigung der Abrechnung erfolgte immer innerhalb von zwei Wochen des Folgemonates. Im Jahr 1986 konsumierte der Kläger Urlaub in der Dauer von 14 Werktagen. Er leistete im Jahr 1985 461,75 Überstunden, für die nach dem Kollektivvertrag ein Überstundenzuschlag von 50 % zusteht, und ferner 653,50 Überstunden, für die ein solcher von 100 % zusteht. Im Jahr 1986 leistete der Kläger insgesamt 230 Überstunden, für die ein Überstundenzuschlag von 50 % gebührt, davon 104 Überstunden ab ; ferner 279 Überstunden, für die ein Überstundenzuschlag von 100 % gebührt, davon 129,75 Überstunden ab . Nach Art 11 Z 6 des Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs muß der Dienstnehmer seine Ansprüche auf Überstundenentlohnung innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit bei sonstigem Verfall beim Dienstgeber schriftlich geltend machen. Als Fälligkeitstag gilt der Auszahlungstag jener Lohnperiode, in welcher der Anspruch entstand und dem Dienstnehmer eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung ausgefolgt wurde. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die gesetzliche dreijährige Verjährungszeit gewahrt. Mit Schreiben des Klagevertreters an die erstbeklagte Partei vom forderte dieser die beklagte Partei auf, sämtliche Ansprüche des Klägers, insbesondere die von diesem geleisteten 1.662 Überstunden, ferner die Sonderzahlungen, die Kündigungsentschädigung, die Urlaubsentschädigung, die Spesen und die Diäten abzurechnen und dem Kläger auszuzahlen. Zudem forderte der Klagevertreter die Ausstellung eines Dienstzeugnisses. Auf dieses Forderungsschreiben antwortete der Vertreter der beklagten Partei mit Schreiben vom , in dem zu den Ansprüchen des Klägers wie folgt Stellung genommen wurde:

"Die Deinem Mandanten bis zur gerechtfertigten fristlosen Entlassung zustehenden Ansprüche werden Deinem Mandanten unter Abzug der durch sein Verschulden entstandenen Mehrkosten meiner Mandantschaft abgerechnet und ausbezahlt werden. Was die Überstunden anlangt, so sind diese von meiner Mandantin derzeit nicht feststellbar, weil Dein Mandant trotz Aufforderung die Tachographenblätter, aus denen sich die Überstunden feststellen ließen, meiner Mandantin nicht zur Verfügung stellt. Ich fordere daher Deinen Mandanten auf, schon im eigenen Interesse zur Ermittlung der Überstunden die Tachographenblätter unverzüglich auszufolgen. Nach Ausfolgung derselben wird meine Mandantin auch die Abrechnung der Überstunden vornehmen. Das Dienstzeugnis wird Dein Mandant mit der Abrechnung zugestellt erhalten."

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 203.025,63 S brutto und 2.700 S netto sowie die Ausstellung eines Dienstzeugnisses, wobei das Zahlungsbegehren wie folgt aufgegliedert wurde:

a) Kündigungsentschädigung vom 14.7.

bis 13.936,02 S brutto

b) Sonderzahlungen für die Kündi-

gungsentschädigung 616,42 S brutto

c) Urlaubsentschädigung für 23

Werktage 23.839,73 S

davon erhalten 12.710,-- S

sohin 11.129,73 S brutto

d) Überstunden 1985 106.178,16 S brutto

" 1986 71.165,30 S brutto

e) Spesen Dezember 1985 2.700,-- S netto

Der Kläger führte dazu aus, er sei zu Unrecht entlassen worden.

Im Hinblick auf die Dauer des Dienstverhältnisses, das am begründet worden sei, sei der Anspruch auf die geltend gemachte Urlaubsentschädigung gerechtfertigt. Überstunden seien von der beklagten Partei nie gezahlt worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Die Entlassung sei zu Recht erfolgt, so daß die entlassungsabhängigen Ansprüche nicht zu Recht bestünden. Anspruch auf Überstundenentgelt bestehe nicht, weil mit dem monatlichen Bezug von 13.300 S sämtliche Überstunden abgegolten seien. Überdies sei die Überstundenforderung des Klägers nach dem Kollektivvertrag verfallen. Für die Berechnung der Urlaubsentschädigung sei davon auszugehen, daß das Dienstverhältnis am begonnen habe. Ein Zusammenhang mit einem früheren Beschäftigungsverhältnis, das der Kläger aufgekündigt habe, habe nicht bestanden.

Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers unter Abweisung des übersteigenden Mehrbegehrens im Umfange eines Teilbetrages von 180.617,67 S brutto und 2.700 S netto, jeweils sA, statt und verpflichtete die beklagte Partei zur Ausstellung des begehrten Dienstzeugnisses. Die Entlassung sei zu Unrecht erfolgt, so daß der Anspruch des Klägers auf Kündigungsentschädigung zu Recht bestehe. Es habe wohl ab ein Arbeitsverhältnis bestanden, doch sei dieses am beendet worden. Eine Urlaubsabfindung habe der Kläger aus diesem Arbeitsverhältnis nicht geltend gemacht. Der Bemessung der hier begehrten Urlaubsentschädigung sei ausschließlich die Dauer des Dienstverhältnisses zugrundezulegen, das am begründet worden sei. Ausgehend hievon bestehe nur Anspruch auf Urlaubsentschädigung für 16 Werktage, so daß unter Berücksichtigung des an den Kläger bereits ausgezahlten Betrages von 12.710 S brutto aus diesem Titel nur mehr eine Restforderung von 1.808,51 S brutto bestehe. Anspruch auf Überstundenentgelt bestehe für das Jahr 1985 in der geltend gemachten Höhe von 106.178,16 S brutto und für 1986 im Betrag von 60.170,81 S brutto. Der Verfallseinwendung der beklagten Partei komme auch hinsichtlich der länger als drei Monate ab der Geltendmachung zurückliegenden Überstunden keine Berechtigung zu; die beklagte Partei habe dadurch, daß sie in Beantwortung des Forderungsschreibens des Klägers diesen aufgefordert habe, die Tachographenblätter auszufolgen und die Überstundenabrechnung nach Vorlage dieser Unterlagen angekündigt habe, den Anspruch des Klägers auf Überstundenentlohnung anerkannt. Ungeachtet der Tatsache, daß aus der Zahl der Überstunden klar ersichtlich gewesen sei, daß diese einen weit in die Vergangenheit zurückreichenden Zeitraum betreffen, sei kein Vorbehalt wegen des Verfalles beigesetzt worden. Diese Erklärung sei als Anerkenntnis bzw als Verzicht auf die Einrede des Verfalls zu qualifizieren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, der Berufung der beklagten Partei hingegen teilweise Folge, verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung eines Betrages von 41.949,42 S brutto sowie 2.700 S netto sA und wies das Mehrbegehren ab; die Verpflichtung zur Ausstellung des Dienstzeugnisses war unangefochten geblieben. Aus dem Schreiben der beklagten Partei vom ergebe sich weder ein konstitutives noch ein deklaratives Anerkenntnis der Überstundenforderung des Klägers noch könne hieraus ein Verzicht der beklagten Partei auf die Geltendmachung des Verfalls von Ansprüchen auf die Entlohnung von Überstunden abgeleitet werden. Gemäß Art 11 Z 6 KV seien daher die vor dem geleisteten Überstunden verfallen. Der Kläger habe nur Anspruch auf Entlohnung der seither erbrachten Überstunden im Betrag von 27.680,82 S. Im Hinblick auf die Dauer des am begründeten Dienstverhältnisses sei der Anspruch des Klägers auf Urlaubsentschädigung auf den vom Erstgericht zuerkannten Betrag beschränkt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des gesamten Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Mit den Ausführungen zur Mängelrüge wendet sich der Revisionswerber gegen die Auffassung der Vorinstanzen, daß das am begründete Arbeitsverhältnis in der Folge beendet worden sei. Auf diese Ausführungen wird im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen sein.

Soweit das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangte, daß die erstbeklagte Partei die Forderung des Klägers weder anerkannt noch auf den Einwand des Verfalls verzichtet habe, ist die Begründung zutreffend. Es genügt diesbezüglich, auf die Ausführungen des angefochtenen Urteiles zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist hiezu auszuführen:

Eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung liegt vor, wenn aus ihr der Auszahlungsbetrag und dessen Zweckwidmung sowie die vorgenommenen Abzüge einwandfrei erkennbar sind. Die vom Kläger gewünschte Auslegung, daß eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung nur dann vorliege, wenn darin auch die Überstunden aufgenommen seien, kann mit der Bestimmung des KV, daß der Verfall der Überstunden eintritt, wenn diese nicht binnen drei Monaten ab Fälligkeitstag (Auszahlungstag der Lohnperiode, in welcher der Anspruch entstand und dem Dienstnehmer eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung ausgefolgt wurde) geltend gemacht werden, nicht in Einklang gebracht werden. Sind nämlich die Überstunden Bestandteil der Lohnabrechnung, so bedarf es einer besonderen Geltendmachung durch den Dienstnehmer nicht. Ein Verfall kann in diesem Fall nicht mehr eintreten; die Geltendmachung der ordnungsgemäß abgerechneten Überstunden unterliegt dann vielmehr nur der dreijährigen Verjährungsfrist. Die Bestimmung, die den Beginn des Laufes der Verfallfrist an die Ausfolgung der ordnungsgemäßen Lohnabrechnung knüpft, verfolgt vielmehr den Zweck, daß dem Dienstnehmer durch die Ausfolgung einer Abrechnung Klarheit darüber verschafft werden soll, welche Leistungen der Dienstgeber berücksichtigt hat. Ab diesem Zeitpunkt steht dem Dienstnehmer für die Geltendmachung von den in dieser Abrechnung nicht berücksichtigten Überstunden eine dreimonatige Frist offen, nach deren Ablauf Ansprüche auf Überstundenentlohnung verfallen sind. Daß der Kläger während der gesamten Dauer des Dienstverhältnisses regelmäßig jeweils innerhalb der ersten zwei Wochen des Folgemonates Lohnabrechnungen (ohne Berücksichtigung von Überstunden) erhalten hat, ist unbestritten. Die Voraussetzungen, die Art 11 Z 6 KV für den Verfall normiert, liegen daher hinsichtlich der vor dem geleisteten Überstunden vor.

Der Inhalt des Schreibens der erstbeklagten Partei vom kann nur dahin verstanden werden, daß diese die Überprüfung der Berechtigung der vom Kläger geltend gemachten Forderung nach Vorliegen der für die Überprüfung notwendigen Unterlagen zusagte. Damit hat sich die erstbeklagte Partei die Überprüfung in jeder Richtung vorbehalten. Auch eine Stellungnahme zum allfälligen Verfall von Ansprüchen konnte erst nach Feststellung der zeitlichen Lagerung der Überstunden erfolgen. Dem Umstand, daß die erstbeklagte Partei in dem allgemein gehaltenen Schreiben, das im wesentlichen nur eine Aufforderung zur Vorlage von Abrechnungsunterlagen (Tachographenblätter) zum Inhalt hatte, nicht darauf hinwies, daß die Ansprüche teilweise verfallen sein könnten, kann daher nicht die von den beklagten Parteien gewünschte Rechtsfolge beigemessen werden. Das Schreiben bietet keine Grundlage für die Annahme eines Anerkenntnisses oder eines Verzichtes auf die Geltendmachung des Verfalls.

Soweit der Kläger sich gegen die Auffassung der Vorinstanzen wendet, daß zur Beurteilung des erhobenen Anspruches auf Urlaubsentschädigung ausschließlich von einem am begründeten Dienstverhältnis auszugehen sei, sind seine Ausführungen hingegen berechtigt.

Der Kläger hat sein Begehren darauf gestützt, daß sein Dienstverhältnis ununterbrochen vom bis gedauert habe. Die beklagten Parteien bestritten dies und brachten (ON 18) vor, daß der Kläger am gekündigt habe und am wieder eingestellt worden sei, wobei dessen Wunsch, das Arbeitsverhältnis als ununterbrochen zu werten, abgelehnt worden sei. Dies wurde wieder vom Kläger bestritten. Den Urteilen der Vorinstanzen liegt die Feststellung zugrunde, daß das Dienstverhältnis am geendet habe. Dabei handelte es sich aber nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern um eine rechtliche Schlußfolgerung, für die die Tatsachengrundlage fehlt, zumal ausdrücklich festgestellt wurde, daß der Endigungsgrund nicht erwiesen sei. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang nur im Rahmen der Ausführungen zur Beweisrüge Erwägungen über die Wahrscheinlichkeit der von der beklagten Partei behaupteten Kündigung durch den Kläger angestellt. Feststeht, daß am ein Dienstverhältnis mit dem Kläger begründet und daß der Kläger am entlassen wurde. Die Behauptung, daß dieses Dienstverhältnis nicht ununterbrochen bestanden habe, wurde von den beklagten Parteien erhoben; sie sind daher für diese rechtsvernichtende Einwendung beweispflichtig. Zur Entscheidung der Rechtsfrage, ob das am begründete Dienstverhältnis des Klägers tatsächlich am endete, werden genaue Feststellungen über die Vorgänge in diesem Zusammenhang zu treffen sein. Sollte dies nicht möglich sein, wird nach der Beweislast zu entscheiden sein.

Der Kläger wendet sich auch zu Recht gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Höhe der zuerkannten Überstundenentlohnung. Die angefochtene Entscheidung leidet in diesem Umfang an einem Begründungsmangel, da die Berechnung des zuerkannten Betrages nicht nachvollzogen werden kann. Sollte das Berufungsgericht seiner Berechnung die in der Entscheidung anläßlich der Wiedergabe der Begründung des erstgerichtlichen Urteiles erwähnten kollektivvertraglichen Regelungen zugrunde gelegt haben, so sei darauf hingewiesen, daß diese zum Teil mit zwingenden gesetzlichen Bestimmungen in Widerspruch stehen und damit unwirksam sind.

Gemäß § 10 AZG gebührt für Überstunden ein Zuschlag von 50 %, wobei der Berechnung des Zuschlages gemäß § 10 Abs 2 der auf die einzelne Arbeitsstunde entfallende Normallohn zugrundezulegen ist. Bei der Auslegung des Begriffes Normallohn ist davon auszugehen, daß die Überstundenarbeit regelmäßig eine Fortsetzung jener Tätigkeit ist, die der Dienstnehmer in der Normalarbeitszeit verrichtet. Basis für die Berechnung ist also jenes Entgelt, das er zu bekommen hätte, wenn die Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit erbracht worden wäre (Grillberger, Arbeitszeitgesetz, 80 mwN). Wohl kann nach § 10 Abs 2 letzter Satz AZG durch Kollektivvertrag eine andere Berechnungsart vereinbart werden. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift spricht jedoch für ein enges Verständnis der kollektivvertraglichen Regelungsbefugnis. Nach der ursprünglichen Fassung des § 10 konnte durch Kollektivvertrag nämlich sowohl der prozentmäßige Zuschlag beliebig geregelt werden als auch eine andere Berechnungsart vereinbart werden. Seit der Novelle 1971 kann der 50 %ige Zuschlag durch Kollektivvertrag nicht mehr zu Lasten der Arbeitnehmer verändert werden. Wollte man den Begriff "Berechnungsart" weit auslegen, so käme dem Kollektivvertrag jedenfalls im Ergebnis wieder ein ganz erheblicher Einfluß auf die Höhe der Überstundenvergütung zu (Grillberger aaO 81). Dies ist mit der Zweckbestimmung des Gesetzes aber nicht vereinbar. Durch Kollektivvertrag kann weder die Berechnungsgrundlage abweichend vom Gesetz geregelt werden (es können also zB nicht bestimmte Entgeltbestandteile von der Einbeziehung in die Berechnungsgrundlage für den Überstundenzuschlag ausgeschlossen werden) noch kann die Höhe des Überstundenzuschlags unter den gesetzlichen Prozentsatz herabgesetzt werden (Cerny, Arbeitszeitrecht2, 101 f). Mit diesen Grundsätzen steht die im angefochtenen Urteil zitierte kollektivvertragliche Regelung, derzufolge der Überstundenzuschlag im Fall einer überkollektivvertraglichen Entlohnung auf der Basis des kollektivvertraglichen Normalstundenlohnes zu leisten ist, in Widerspruch. Normallohn im Sinn des § 10 Abs 2 AZG ist das gesamte Entgelt einschließlich aller Bestandteile. Eine Überzahlung gegenüber dem kollektivvertraglichen Lohn ist ein Teil des Normallohnes im Sinn dieser Bestimmung und ist bei der Ermittlung des Überstundenzuschlages zu berücksichtigen. Soweit der Kollektivvertrag in diesem Zusammenhang Bestimmungen enthält, welche die Rechtsstellung der Dienstnehmer gegenüber der gesetzlichen Norm des § 10 AZG verschlechtern, ist er nichtig (Strasser in Floretta-Strasser ArbVG-Handkommentar, 39). Den Dienstnehmern stehen jedenfalls die Ansprüche aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmung zu. Nur soweit im Kollektivvertrag über § 10 AZG hinaus Ansprüche festgelegt werden, etwa der Anspruch auf einen 100 %igen Überstundenzuschlag für bestimmte Überstunden, ist die Regelungsbefugnis nicht beschränkt. In diesem Umfang ist es auch zulässig, eine von § 10 Abs 2 AZG abweichende Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des Überstundenzuschlages zu statuieren, sofern dadurch der gesetzliche Mindestanspruch nicht unterschritten wird. Daß allenfalls im Fall der Leistung einer größeren Zahl von Überstunden, die nach dem Kollektivvertrag mit einem 100 %igen Zuschlag abzugelten sind, die Stellung des Dienstnehmers gegenüber den Bestimmungen des AZG günstiger ist, steht der Nichtigkeit der vom Berufungsgericht zitierten Bestimmungen des Art 6 Z 3 KV hinsichtlich der Regelung für "Normalüberstunden" nicht entgegen. Die Regelungen über die Entlohnung von Normalüberstunden und höherwertigen Überstunden müssen vielmehr getrennt beurteilt werden, da andernfalls in allen Fällen, in denen ausschließlich Normalüberstunden geleistet werden und der Dienstnehmer daher von der Begünstigung des Kollektivvertrages für höherwertige Überstunden ausgeschlossen ist, durch die kollektivvertragliche Regelung eine Verschlechterung gegenüber den günstigeren Ansprüchen gemäß § 10 AZG einträte.

Hinsichtlich eines Betrages von 9.321,22 S brutto an Urlaubsentschädigung, über den von den Vorinstanzen in abweisendem Sinn entschieden wurde, sowie hinsichtlich eines Betrages von 4.262,82 S brutto an restlichem Überstundenentgelt (in diesem Umfang wurde die Entscheidung des Berufungsgerichtes ausgehend davon, daß Anspruch auf Entgelt nur für die ab geleisteten Überstunden besteht, angefochten) erweist sich das Verfahren bzw die Entscheidung des Berufungsgerichtes als ergänzungsbedürftig. Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des Teilurteils auf § 392 Abs 2 ZPO, im übrigen auf die §§ 50, 52 ZPO.