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OGH vom 15.11.2005, 11Os74/05z

OGH vom 15.11.2005, 11Os74/05z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jenö K***** und andere Angeklagte wegen des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wolfgang W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom , GZ 15 Hv 10/05d-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Wolfgang W***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (ua) Jenö K***** der Finanzvergehen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG (I 1), des teils vollendeten, teils versuchten vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 44 Abs 1 lit a und 13 FinStrG (I 2) der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a (II 1 a) sowie der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II 2 a) und Wolfgang W***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II 1 c) und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (II 2 c) schuldig erkannt.

Danach haben, soweit hier von Bedeutung,

(I) Jenö K*****

(1) gewerbsmäßig eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig

(a) im Zeitraum von August 2003 bis in einer Vielzahl von Angriffen ins Zollgebiet verbracht und der zollamtlichen Überwachung entzogen, nämlich 502.660 Stück Zigaretten, und (b) am ins Zollgebiet zu verbringen und der zollamtlichen Überwachung zu entziehen versucht, nämlich 31.200 Stück Zigaretten, sowie

(2) zu seinem Vorteil vorsätzlich unter Verletzung des monopolrechtlichen Einfuhrverbots die zu Punkt I 1 des Schuldspruchs angeführten Zigarettenmengen „eingeführt" (I 1 a) und „einzuführen versucht" (I 1 b);

(II) im Zeitraum von Juni 2003 bis

(1) gewerbsmäßig vorsätzlich Sachen, hinsichtlich derer ein Schmuggel begangen worden war, in einer Vielzahl von Angriffen (a) Jenö K***** an sich gebracht und verhandelt, nämlich 849.200 Stück Zigaretten,

(c) Wolfgang W***** an sich gebracht, nämlich 308.000 Stück Zigaretten, sowie

(2) Monopolgegenstände, nämlich die zu Punkt II 1 des Schuldspruchs angeführten Zigarettenmengen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden war,

(a) Jenö K***** an sich gebracht und verhandelt,

(c) Wolfgang W***** an sich gebracht,

wobei die strafbestimmenden Wertbeträge sowie die Bemessungsgrundlagen hinsichtlich Jenö K***** gemäß §§ 35 Abs 4 und 37 Abs 2 FinStrG 232.684,16 EUR sowie gemäß §§ 44 Abs 2 und 46 Abs 2 FinStrG 217.642 EUR, hinsichtlich Wolfgang W***** gemäß § 37 Abs 2 FinStrG 52.737,25 EUR sowie gemäß § 46 Abs 2 FinStrG 50.020 EUR betragen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wolfgang W***** geht fehl. Die Tatsachenrüge erschöpft sich darin, aus den Umständen, dass keine Abnehmer des Beschwerdeführers ausgeforscht und in dessen Wohnung keine Zigaretten sichergestellt worden sind, sowie dem im finanzbehördlichen Vorverfahren geäußerten Vorhalt, unter dem Namen „Wolfi", der nach den tatrichterlichen Feststellungen und den Aufzeichnungen des Jenö K***** dem Beschwerdeführer zuzuordnen ist (US 11 f), seien im Mobiltelefon des Jenö K***** mehrere Nummern gespeichert (deren Zuordnung zu seiner Person der Beschwerdeführer im Übrigen teils zugesteht, teils nicht ausdrücklich in Abrede stellt - S 89), im Zusammenhalt mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, „zeitweise" in Ungarn zu wohnen, anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten. Sie ist solcherart nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffenlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Die Generalprokuratur weist zwar in ihrer Stellungnahme zur Nichtigkeitsbeschwerde (§ 35 Abs 2 StPO) zutreffend darauf hin, dass die Begehung des Finanzvergehens nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG durch den Entfall des Verbots der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zollrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet infolge Aufhebung des § 2 Tabakmonopolgesetz 1996 durch Art VII des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2002 BGBl I 2002/132 mangels eines akzessorischen Einfuhr-Tabakmonopols im Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz (§ 4 Abs 2 FinStrG) nicht (mehr) in Betracht kommt (11 Os 112/04, 14 Os 43/04). Fallbezogen ist diese Änderung der Gesetzeslage aber ohne Belang.

Der Schuldspruch I 2 des Jenö K***** erfolgte nämlich wegen des (teils vollendeten, teils versuchten) vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a (und § 13) FinStrG, also wegen der Verletzung (hier:) des Verbots des Handels mit Monopolgegenständen, nicht jedoch wegen monopolrechtswidriger Ein- oder Ausfuhr. Diese Subsumtion findet - mit Blick auf die Definition des Handels mit Tabakerzeugnissen als gewerbsmäßiges Inverkehrbringen von solchen Erzeugnissen im Monopolgebiet (§ 5 Abs 4 TabMG 1996) - in den diesbezüglichen (anklagekonformen - S 455) Urteilsfeststellungen Deckung (US 8 bis 10). Der Umstand, dass die Konstatierungen über den Handel mit den Monopolgegenständen im Referat der Tatsachengrundlagen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) nicht wiedergegeben werden (US 2), ist unter dem Aspekt eines allfälligen Vorgehens nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bedeutungslos, weil die rechtsrichtige Subsumtion an den in den Entscheidungsgründen als erwiesen angenommenen Tatsachen zu messen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 274; 13 Os 114/01).

Rechtlich verfehlt ist die Unterstellung der dem Schuldspruch II 2a des Jenö K***** zugrunde liegenden Handlungen unter den Tatbestand des § 46 Abs 1 lit a FinStrG, weil diese recte einen - hier nicht konstatierten - Eingriff in Monopolrechte als Vortat voraussetzt. Zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bietet dieser Rechtsfehler aber keinen Anlass, weil das gewerbsmäßige Inverkehrbringen (auch) der hievon umfassten Zigarettenmengen (US 9 f) ebenfalls dem - mit der gleichen Strafe wie das Finanzvergehen der Monopolhehlerei bedrohten - Tatbestand des § 44 Abs 1 lit a FinStrG zu subsumieren gewesen wäre.

Korrespondierendes gilt für den Schuldspruch II 2 c des Wolfgang W*****, der aber insoweit (mangels festgestellten seinerseitigen Inverkehrbringens) als Beitragstäter (§ 11 dritter Fall FinstrG) zum diesbezüglichen vorsätzlichen Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols durch Jenö K***** (§ 44 Abs 1 lit a FinStrG) anzusehen ist. Die unrichtige Annahme unmittelbarer Täterschaft anstelle Beitragstäterschaft bewirkt (mit Ausnahme gewisser - hier nicht aktueller - Konstellationen im Deliktsstadium des Versuchs - s Ratz, WK-StPO § 281 Rz 636) keine materiellrechtliche Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 646).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.