OGH vom 03.10.2019, 26Ds4/19s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Buresch und Dr. Wachter sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Univ.-Prof. Dr. Bydlinski in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ ***** des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer *****, über die Beschwerde der Zeugen Dusan J***** und Slobodan J***** gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** vom nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo. 2005 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte (ausdrücklich) der Vorsitzende eines Senats des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** (BS 2) die Gebühren von zwei in der Disziplinarverhandlung am erschienenen und vernommenen Zeugen mit insgesamt 145,56 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Den dagegen erhobenen, gemeinsam zur Ausführung gelangten Beschwerden der beiden Zeugen kommt, wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt, im Ergebnis Berechtigung zu.
Grundsätzlich steht gegen alle Beschlüsse des Disziplinarrats bzw seines Vorsitzenden, welche das Gesetz nicht ausdrücklich als unanfechtbar bezeichnet oder die nur prozessleitender Natur sind, eine Beschwerde offen (vgl RIS-Justiz RS0055849). Gemäß § 46 zweiter Satz DSt ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über solche Beschwerden berufen.
Das Rechtsmittelgericht kann einen Beschluss aufheben, den ein sachlich unzuständiger Disziplinarsenat oder sein Vorsitzender gefasst hat (§ 77 Abs 3 DSt iVm § 89 Abs 2a Z 1 StPO).
Das Disziplinarstatut enthält keine eigenen Bestimmungen über die Zuerkennung von Zeugengebühren. Diese sind ausschließlich im Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) enthalten. Da dieses auch im Strafverfahren Anwendung findet und somit die Strafprozessordnung insoweit ergänzt, wird es auch von der Verweisungsnorm des § 77 Abs 3 DSt erfasst. Die gebotene sinngemäße Anwendung des GebAG auf die Bestimmung der Gebühren der vom Disziplinarrat vernommenen Zeugen schließt es aus, dass der Vorsitzende des erkennenden Senats selbst die Gebühren bestimmt. Im gerichtlichen Strafverfahren sind solche Gebühren nämlich im Justizverwaltungsweg vom „Leiter des Gerichts“ zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden soll (§ 20 Abs 1 erster Satz GebAG). Dementsprechend kommt die Entscheidung über die Gebühr im Fall einer Beweisaufnahme vor dem Disziplinarrat gemäß § 5 Abs 2 DSt dem Präsidenten des Disziplinarrats und nicht dem Vorsitzenden des erkennenden Senats zu (zum Ganzen siehe 23 Os 1/16v).
Da fallbezogen die Zeugengebühren von *****, mag dieser auch Präsident des Disziplinarrats sein, ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des erkennenden Senats des Disziplinarrats bestimmt wurden, war der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben.
Anzumerken bleibt, dass in Ansehung der Bestimmung von Zeugengebühren der Rechtszug vom Präsidenten des Disziplinarrats an das Bundesverwaltungsgericht geht (§ 22 Abs 1 GebAG).
Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0260DS00004.19S.1003.000 |
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