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OGH vom 26.04.2011, 8ObA75/10b

OGH vom 26.04.2011, 8ObA75/10b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** L*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei w***** GmbH, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses (Streitwert 694 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 25/10p 21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 34 Cga 185/08m 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 225,07 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 37,51 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die klagende Partei begehrt die Feststellung des aufrechten Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten über den hinaus. Die Beklagte habe das bis zu diesem Zeitpunkt befristete Arbeitsverhältnis nicht verlängert und damit gegen § 13 GlBG verstoßen. Die klagende Partei sei während ihres Arbeitsverhältnisses fortlaufend sexuell belästigt worden. Ihr sei es als deutlich sichtbar weiblich orientierter Transgender Person verboten worden, die Damentoilette zu benutzen. Auf der Herrentoilette sei sie unangenehmen Bemerkungen und Blicken ausgesetzt gewesen. Dies wäre mit einfachsten Mitteln zu verhindern gewesen, weil vier Toiletten vorhanden gewesen seien; dennoch habe die damit konfrontierte beklagte Partei keine Abhilfe geschaffen. Vielmehr sei die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses eine Reaktion auf die Beschwerden der klagenden Partei. Es liege auch eine Diskriminierung gemäß § 3 GlBG vor, weil die klagende Partei eine Transgender-Person sei.

Die beklagte Partei wandte dagegen ein, dass das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Transsexualität der klagenden Partei beendet worden sei. Die klagende Partei, die zunächst als Mann aufgetreten sei, habe ab November 2008 begonnen, die Toilette für die weiblichen Mitarbeiter zu benutzen, was zahlreiche Beschwerden der Kolleginnen zur Folge gehabt habe. Der beklagten Partei sei gemäß § 33 Abs 2 AStV nicht gestattet gewesen, die Benutzung der Damentoilette durch die klagende Partei zu tolerieren. Sie habe vielmehr ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren weiblichen Arbeitnehmerinnen nachkommen müssen und daher der klagenden Partei die Benützung der Damentoilette untersagt. Eine sexuelle Belästigung der klagenden Partei durch männliche Arbeitskollegen auf der Herrentoilette sei nicht erfolgt. Die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses sei auf Defizite in der Leistung der klagenden Partei zurückzuführen. Insbesondere sei die klagende Partei in den letzten Monaten des Arbeitsverhältnisses gehäuft zu spät zum Dienst erschienen, die Verspätungen hätten zwischen 15 und 30 Minuten betragen. Auch habe die klagende Partei weiblichen Arbeitnehmern pornografische Zeichnungen gezeigt, wodurch diese mehr als peinlich berührt gewesen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Problematik transsexueller Personen Judikatur des Obersten Gerichtshofs fehle.

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts verneinte das Berufungsgericht jegliche Diskriminierung der klagenden Partei und auch die der Beklagten von der klagenden Partei unterstellten Motive für die Nichtverlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses. Letztlich ausschlaggebend für die Nichtverlängerung sei neben dem wiederholten verspäteten Erscheinen der klagenden Partei zur Arbeit vor allem der Umstand gewesen, dass die klagende Partei Kolleginnen mit pornografischen Zeichnungen konfrontierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei, die entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig ist.

Ausgehend von den dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen gehen die Revisionsausführungen zum weitaus größten Teil von vornherein ins Leere. Da nämlich nach diesen Annahmen die Motive der Beklagten für die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses weder die Transsexualität der klagenden Partei noch die Beschwerden der klagenden Partei über Belästigungen und auch nicht die Problematik der Benützung der Damentoilette durch die klagende Partei waren, sind weitere Ausführungen zu den zu diesen Themen in der Revision aufgeworfenen Fragen entbehrlich.

Die Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen ist in dritter Instanz nicht mehr möglich. Soweit die klagende Partei in ihrer Revision erstgerichtliche Feststellungen anders interpretiert, als das Berufungsgericht, handelt es sich um Fragen des Einzelfalls, die von vornherein die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen können.

Die vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Motive sind von vornherein nicht geeignet, die von der klagenden Partei geltend gemachten Tatbestände zu verwirklichen. Ihre wiederholten Verspätungen haben mit ihrer Transsexualität überhaupt nichts zu tun. Dass auf den von der klagenden Partei vorgewiesenen pornografischen Zeichnungen transsexuelle Personen zu sehen waren, ändert nichts daran, dass die aus diesem Anlass erklärte Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht wegen der Transsexualität der klagenden Partei als solcher, sondern wegen des keineswegs zwangsläufig mit Transsexualität verbundenen Vorweisens derartiger Zeichnungen erfolgte. Der Darstellung, dass die klagende Partei diese Zeichnungen nur auf Verlangen vorgezeigt habe, hat das Erstgericht keinen Glauben geschenkt.

Damit erweist sich die Entscheidung der zweiten Instanz schon wegen der der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Motive für die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses als zutreffend, sodass grundsätzliche Ausführungen zur Diskriminierung bzw zur Belästigung transsexueller Personen ebenso entbehrlich sind, wie die von der klagenden Partei vermissten Ausführungen zu dem von ihr behaupteten, durch „Benützungsregelungen“ oder Absperrungen zu sichernden Recht auf alleiniges Benützen einer Damentoilette.

Da somit Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität hier nicht zu beantworten waren, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen.