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OGH vom 10.10.2001, 9ObA214/01p

OGH vom 10.10.2001, 9ObA214/01p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1) W***** KG, *****, 2) Ing. Johann H*****, 3) Dr. Johannes M*****, vertreten durch Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei Slavica Z*****, Hausbesorgerin, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 132/01t-13, womit über Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 11 Cga 147/00t-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger kündigten das mit der Beklagten bestehende Hausbesorgerdienstverhältnis auf. Gleichzeitig boten sie der Beklagten an, die bisherige Hausbesorgerwohnung ab Beendigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses als Mietwohnung gegen einen Mietzins auf der Basis Kategorie D (S 8,60/m**2) plus Betriebskosten und Mehrwertsteuer weiterhin zu benutzen. Gemäß § 18 Abs 7 HBG sei im Hinblick auf dieses Angebot die Kündigung ohne Vorliegen der in § 18 Abs 6 HBG angeführten Gründe zulässig.

Gegen diese Kündigung erhob die Beklagte Einwendungen. Sie machte geltend, dass es sich bei der ihr angebotenen Hausbesorgerdienstwohnung nicht um eine entsprechende Wohnung iSd § 18 Abs 7 HBG handle. Die Wohnung sei feucht und schimmlig (teilweise die ganze Wand), weshalb sich immer wieder große Teile des Verputzes lösten. Ferner seien die Fenster alt und undicht, sodass Zugluft und Wasser eintrete. Die Holzböden seien löchrig, weshalb Sturzgefahr bestehe. Außerdem sei die Wohnung, in der die Beklagte mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern wohne, nicht einmal 30 m**2 groß. Die Wohnung entspreche daher weder den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften und reiche auch nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Beklagten und ihrer mit ihr im gemeinsamen Haushalt wohnenden Personen aus.

Dem hielten die Kläger entgegen, dass § 18 Abs 7 HBG dem Hausbesorger keinen Anspruch auf eine bessere und größere als die von ihm bisher bewohnte Wohnung verschaffe. Zudem seien die Behauptungen über den Zustand der Wohnung unrichtig. Es sei lediglich eine kleine Schimmelstelle aufgetreten, die bereits der Hausverwaltung bekannt gegeben worden sei und von dieser beobachtet werde. Sie werde selbstverständlich beseitigt werden. Jedenfalls entspreche die Wohnung den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften.

Das Erstgericht hob die Kündigung als unwirksam auf und wies ein (gar nicht erhobenes) Räumungsbegehren der Kläger ab. Aus dem Wortlaut des § 18 Abs 7 HBG, in dem von der Zurverfügungstellung einer "anderen" Wohnung die Rede sei, sei zu schließen, dass das Anbot der bisherigen Hausbesorgerdienstwohnung kein dem § 18 Abs 7 HGB entsprechendes Anbot sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes und berief sich dabei auf die Entscheidung NZ 1933, 211. Mit dem Abstellen auf das Anbot einer "anderen" Wohnung habe der Gesetzgeber sichtlich verhindern wollen, "dass auf dem Weg des Anbietens einer Dienstwohnung als Ersatzwohnung eine 'Versetzung' ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen dienstgeberseitig durchgeführt werden könnte". Zudem sei zu beachten, dass der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Erlangung eines Arbeitsplatzes unter Umständen eine den Wohnbedürfnissen nicht immer entsprechende Wohnung akzeptiere und sich mit Verhältnissen zufrieden gebe, "die ohne die Absicherung eines damit verbundenen Arbeitsplatzes bei einer bloßen Mietwohnung nicht mehr tragbar wären". Es entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, die (zufällig) von den Hauseigentümern nicht mehr als Dienstwohnung benötigte Hausbesorgerwohnung als Ersatzwohnung anzubieten. Für dieses Ergebnis spreche auch der Umstand, dass gemäß § 22 Abs 1 HGB bei der gerichtlichen Kündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses die Bestimmungen der §§ 562 bis 564 und 567 bis 575 ZPO sinngemäß anzuwenden seien. Zweck dieser Bestimmungen sei es, die Übergabe der Wohnung an den Hauseigentümer (bzw. Dienstgeber) zu erreichen. Die Anwendung dieser Bestimmungen auf einen Fall, in dem die bisher als Dienstwohnung genützte Wohnung als Ersatzmietwohnung weiter benützt werden solle, sei völlig widersinnig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger mit dem Antrag, es aufzuheben und dem Berufungsgericht oder dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Hilfsweise wird beantragt, das Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Der dem Hausbesorger durch § 18 Abs 6 HBG gewährte Kündigungsschutz ist davon abhängig, dass dem Hausbesorger eine Dienstwohnung zusteht. Ist das nicht der Fall, besteht auch kein Kündigungsschutz. Demgemäß kann gemäß § 18 Abs 7 HBG dem Hausbesorger ohne Vorliegen eines der in § 18 Abs 6 HBG genannten Gründe gekündigt werden, wenn ihm gleichzeitig vom Hauseigentümer "eine andere entsprechende Wohnung zur Verfügung gestellt wird, die den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entspricht und zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Hausbesorgers und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnenden Personen ausreicht" (Arb 11.971).

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 1208/32 (= NZ 1933, 211) die Rechtsauffassung vertreten hat, dass dem Erfordernis der Zurverfügungstellung einer anderen entsprechenden Wohnung (damals iS § 10 Abs 4 HBO) nicht entsprochen wird, wenn dem gekündigten Hausbesorger die bisherige Hausbesorgerwohnung als Mietwohnung überlassen wird. Dies wurde allerdings - auf der Grundlage der damals geltenden Rechtslage - mit dem Fehlen eines Kündigungsschutzes für die dem Hausbesorger als Ersatzwohnung angebotene Hausbesorgerdienstwohnung begründet. Bereits in der Entscheidung 4 Ob 140/60 (= SozM VIII B 133) hat der Oberste Gerichtshof aber diese vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung unter Hinweis auf das Inkrafttreten der diesen Kündigungsschutz gewährleistenden ersten KündigungsschutzDVO vom als überholt bezeichnet und im Übrigen festgehalten, dass auch durch Belassung der bisherigen Hausbesorgerwohnung als Mietwohnung dem Erfordernis des (damals maßgebenden) § 12 Abs 6 HBO entsprochen werden kann.

Von dieser zuletzt genannten Entscheidung abzugehen, besteht keine Veranlassung: Der Wortlaut des § 18 Abs 7 HBG steht der darin vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. Dass das Gesetz von der Zurverfügungstellung einer "anderen entsprechenden Wohnung" spricht, liegt primär wohl daran, dass der Fall der Zurverfügungstellung der bisherigen Hausbesorgerdienstwohnung nicht bedacht wurde. Im Übrigen bringt diese Formulierung nichts anderes als die an sich selbstverständliche Tatsache zum Ausdruck, dass - wie auch in der Revisionsbeantwortung (Pkt. 2) formuliert wird - Ersatzwohnung und Hausbesorgerdienstwohnung nicht ident sein können. Das ist aber im Falle der Zurverfügungstellung der bisherigen Hausbesorgerdienstwohnung als Ersatzwohnung nicht der Fall, weil mit der Beendigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses und der Zurverfügungstellung der bisherigen bewohnten Wohnung deren Widmung als Hausbesorgerdienstwohnung beendet und sie nunmehr eine "andere" Wohnung iS des § 18 Abs 7 HGB ist.

Vor allem aber ist den Revisionswerbern beizupflichten, dass die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung des § 18 Abs 7 HGB dem Zweck dieser Bestimmung nicht gerecht wird. Ziel der oben wiedergegebenen Regelung des Kündigungsschutzes ist der Schutz des im Falle der Kündigung von Obdachlosigkeit bedrohten Hausbesorgers (Tades, Hausbesorgergesetz4 unter Hinweis auf die EB zu § 18 Abs 6 und 7 HBG). Dieses Ziel wird aber auch dann erreicht, wenn dem Hausbesorger die bisherige Dienstwohnung als Mietwohnung erhalten bleibt, sodass keine Veranlasssung besteht, diese - mit dem Wortlaut des Gesetzes jedenfalls nicht unvereinbare - Möglichkeit als mit § 18 Abs 7 HGB als unvereinbar zu betrachten.

Nicht nachvollziehbar ist das dagegen in der Berufungsentscheidung vorgebrachte Argument, der Gesetzgeber habe deshalb von der Zurverfügungstellung einer "anderen" Wohnung gesprochen, um zu verhindern, dass "auf dem Weg des Anbietens einer Dienstwohnung als Ersatzwohnung eine Versetzung ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen dienstgeberseitig durchgeführt werden könnte". Damit bezieht sich das Berufungsgericht offenkundig auf eine entsprechende Formulierung in den EB zu § 18 Abs 6 und 7 (Tades, HBG4 66), die aber mit der hier zu beurteilenden Frage nichts zu tun hat, sondern den in § 18 Abs 7 letzter Satz geregelten Fall des Anbietens "einer mit einem anderen Hausbesorgerposten verbundenen Dienstwohnung", also das Anbieten eines anderen Dienstverhältnisses mit Dienstwohnung, betrifft. Argumente gegen die hier vertretene Rechtsauffassung können daraus nicht abgeleitet werden.

Dass nach § 22 Abs 1 HGB auf das Verfahren bei Auflösung des Hausbesorgerdienstverhältnisses die Bestimmungen der §§ 562 bis 564 und 567 bis 575 ZPO über das Verfahren bei Streitigkeiten aus Bestandverträgen sinngemäß anzuwenden sind, trifft zu. Weshalb diese Anordnung im Falle der Weiterbenützung der bisherigen Dienstwohnung als Mietwohnung "völlig widersinnig" sein soll, ist nicht erkennbar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man aus dem Verweis auf die genannten Verfahrensbestimmungen schließen wollte, dass in jedem Fall einer Kündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses die zwangsweise Räumung der bisher bewohnten Wohnung angeordnet werden müsste. Derartiges kann aber aus der Anordnung der sinngemäßen Anwendung von Verfahrensbestimmungen, die sich bei weitem nicht in Bestimmungen über die Anordnung der Räumung erschöpfen, nicht abgeleitet werden.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die Zurverfügungstellung der bisherigen Hausbesorgerdienstwohnung als Ersatzwohnung dem Zweck des § 18 Abs 7 HGB in jeder Hinsicht entspricht und dass die hier vertretene Auslegung dieser Bestimmung durch ihren Wortlaut nicht ausgeschlossen wird. Damit besteht aber keinerlei Veranlassung, von der Entscheidung SozM VIII B 133 abzugehen.

Dessen ungeachtet ist aber das Verfahren noch nicht spruchreif.

Ausgehend von ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung haben sich nämlich die Vorinstanzen nicht mit dem Einwand der Beklagten auseinandergesetzt, dass die ihr zur Weiterbenützung angebotene (ehemalige) Dienstwohnungen wegen ihrer Größe und einer Reihe von Mängeln nicht den in § 18 Abs 7 HBG normierten Anforderungen entspricht.

Schon das Erstgericht hat allerdings in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass dem Hausbesorger aus § 18 Abs 7 HGB nicht das Recht auf die Zurverfügungstellung einer größeren und "besseren" Wohnung erwächst. Dem ist grundsätzlich beizupflichten, zumal das Gesetz auf die Zurverfügungstellung einer "entsprechenden" Wohnung abstellt und Anhaltspunkte für einen Anspruch auf eine Besserstellung nicht bestehen.

Auch wenn in § 18 Abs 7 HBG von der Zurverfügungstellung einer Wohnung gesprochen wird, "die zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Hausbesorgers und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnenden Personen ausreicht", kann der Hausbesorger daher nicht darauf bestehen, eine größere als die von ihm bisher bewohnte Dienstwohnung angeboten zu erhalten.

Anderes gilt allerdings im Zusammenhang mit den Behauptungen der Beklagten über den gegen gesundheits- bzw. baupolizeiliche Vorschriften verstoßenden Zustand der Wohnung. § 18 Abs 7 HBG ordnet ausdrücklich an, dass die dem Hausbesorger angebotene Ersatzwohnung "den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften" entsprechen muss. Tut sie dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie auch dem bisher bestandenen Hausbesorgerdienstvertrag nicht entsprochen hat, aus dem dem (zur Beistellung einer Dienstwohnung verpflichteten) Arbeitgeber auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die Verpflichtung zur Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung erwächst, die den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entspricht. Bei Anbot einer Ersatzwohnung iS des § 18 Abs 7 HGB kann sich aber der Arbeitgeber nicht auf einen vertragswidrigen Zustand als Maßstab für den Zustand der Ersatzwohnung berufen. Die Ersatzwohnung muss daher in jedem Fall - auch wenn dem Hausbesorger die Weiterbenützung der bisherigen Dienstwohnung angeboten wird - den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechen.

Im hier zu beurteilenden Fall hat die Beklagte einen in diesem Sinn ordnungsgemäßen Zustand der Wohnung bestritten. Sie hat dazu auch schlüssige Prozessbehauptungen aufgestellt und Beweise angeboten. Ausgehend von der hier vertretenen Rechtsauffassung ist es daher erforderlich, die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen, dass das Verfahren durch Aufnahme der angebotenen Beweise zu ergänzen und auf der so gewonnenen Grundlage neuerlich zu entscheiden haben wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.