VfGH vom 21.09.1984, B607/80
Sammlungsnummer
10124
Leitsatz
StGG Art 9; Durchsuchen eines PKW - kein Durchsuchen einer "Räumlichkeit" iS des Gesetzes zum Schutze des Hausrechtes; keine Verletzung des Hausrechtes
Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In seiner auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde erachtet sich der Bf. durch die von zwei Organen der Bundespolizeidirektion Wien vorgenommene Durchsuchung seines PKW am in Wien 16, Lerchenfeldergürtel, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Hausrecht verletzt und beantragt, der VfGH wolle aussprechen, daß diese Verletzung stattgefunden hat, und möge die bel. Beh. zum Kostenersatz verhalten.
2. Die bel. Beh., vertreten durch die Finanzprokuratur, hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Aufgrund des Beschwerdevorbringens - soweit es für die Beurteilung des vorliegenden Falles von Belang ist - und der damit übereinstimmenden Sachverhaltsdarstellung in der Gegenschrift der bel. Beh. steht folgender Sachverhalt fest:
In den frühen Morgenstunden des (um etwa 2.40 Uhr) wurde der vom Bf. in Wien 16, Lerchenfeldergürtel, gelenkte PKW von zwei Organen der Bundespolizeidirektion Wien nach Waffen durchsucht. Die Durchsuchung verlief negativ. Der Bf. war den einschreitenden Beamten wegen eines seinerzeitigen Schußwaffengebrauchs gegen einen Sicherheitswachebeamten und mehrerer Verstöße gegen das Waffengesetz bekannt.
2. Das Durchsuchen eines PKW ist ein in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangener Verwaltungsakt, der in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift. Diese Maßnahme ist - da ein Rechtsmittel gegen sie gesetzlich nicht vorgesehen ist - nach Art 144 Abs 1 zweiter Satz B-VG beim VfGH bekämpfbar.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
3. Der VfGH geht in seiner Rechtsprechung bei Beurteilung dessen, was unter den Begriff "sonstige zum Hauswesen gehörige Räumlichkeiten" iS des Gesetzes vom 27. Oktober 1862, RGBl. 88, zum Schutze des Hausrechtes fällt, davon aus, daß dieses Gesetz offenkundig den Schutz der Intimsphäre des Inhabers jeder "Räumlichkeit" bezweckt, die einer Wohnung vergleichbar ist. Ein PKW unterliegt nur dann dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Schutz des Hausrechtes, wenn er seiner Bestimmung nach einer "Räumlichkeit" gleich verwendet wird, die nach der Rechtsprechung des VfGH vom Gesetz zum Schutz des Hausrechtes erfaßt wird (s. VfSlg. 9525/1982 und die dort angeführte einschlägige Judikatur).
Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, daß dies für den PKW des Bf. zutrifft. Es wurde somit hier keine "Räumlichkeit" iS des Gesetzes zum Schutz des Hausrechtes durchsucht.
Der Bf. wurde allein schon deshalb durch das Durchsuchen seines PKW nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Hausrecht verletzt.
4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist. Eine allfällige Verletzung des § 39a WaffenG, der zu Maßnahmen wie der hier bekämpften ermächtigt, wäre in Anbetracht der Gegebenheiten des vorliegenden Falles keineswegs so schwer, daß sie in die Verfassungssphäre reichen würde.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.