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OGH vom 18.12.2017, 9ObA59/17t

OGH vom 18.12.2017, 9ObA59/17t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. Bieta Sodeyfi und Gerald Fida als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Dr. Barbara Auzinger, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 21.800 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 123/16s-29, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 22 Cga 6/15k-25, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.489,86 EUR (darin enthalten 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO; RIS-Justiz RS0042392) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Nicht strittig ist, dass die Berechtigung der Kündigung des Klägers auf Basis des von der Beklagten behaupteten Kündigungsgrundes des § 32 Abs 4 VBG 1948 iVm § 48 Abs 2 lit g DO zu prüfen ist.

Die Frage, wann danach eine Änderung des Arbeitsumfangs, der Organisation des Dienstes oder der Arbeitsbedingungen eine Kündigung notwendig macht, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn grobe Auslegungsfehler oder eklatante Ermessensüberschreitungen vorliegen (8 ObA 10/11w; vgl auch RIS-Justiz RS0044088).

Der Kündigungsgrund ist dann zu bejahen, wenn die Organisationsänderung das Dienstverhältnis so stark berührt, dass die Kündigung die notwendige Folge ist. Dabei liegt die „Organisationshoheit“ beim Dienstgeber. Nur dieser entscheidet, ob die der Kündigung zugrunde liegende Umgliederung, Rationalisierung oder sonstige Neuorganisation notwendig oder auch nur zweckmäßig ist (RIS-Justiz RS0082449 [T4, T 7]). Durch diese Kündigungsmöglichkeit soll verhindert werden, dass überflüssig gewordene Dienstnehmer weiter im Dienst belassen werden müssen (Arb 9715; RIS-Jusitz RS0082463).

2. Nach den Feststellungen ist es in den letzten Jahren bei der Beklagten zu einem massiven Arbeitsrückgang bei verstärkter Konkurrenzsituation gekommen, dem die Beklagte durch umfassende organisatorische Änderungen, darunter Schließung von Filialen und Personalabbau von
200–300 Arbeitnehmern pro Jahr, zu begegnen versuchte.

Soweit die Revision argumentiert, dass die Beklagte den dadurch entstandenen Personalüberstand an unkündbaren Beamten durch Rückführung dieser Dienstnehmer an den Bund hätte abbauen können, ist sie auf § 17 Abs 1 PTSG zu verweisen. Danach werden die bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten auf die Dauer ihres Dienststandes den jeweiligen Nachfolgeunternehmen, darunter der Beklagten, zugewiesen. Wie sich aus den entsprechenden Bestimmungen des BDG 1979 ergibt (vgl etwa §§ 13, 15c) ist unter Dienststand die Zeit bis zum Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bzw den Übertritt in den Ruhestand zu verstehen. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hat die Beklagte daher keine Möglichkeit der einseitigen Beendigung der Zuweisung. Die in der Revision versuchte Gleichsetzung von „aktivem Dienst“ mit „Tätigkeit an einem bestimmten Arbeitsplatz“ findet weder im Gesetz noch im Sprachgebrauch Deckung.

3. Richtig verweist die Revision darauf, dass der konkrete Arbeitsplatz, an dem der Kläger zuletzt beschäftigt war, noch besteht. Eine bloße Austauschkündigung liegt im Fall des Klägers aber schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte keine neuen Mitarbeiter aufgenommen hat, sondern auf die Verringerung der Arbeitsplätze in der Verwendungsgruppe des Klägers durch Kündigungen und Umverteilung der für diese Arbeitsplätze angestellten Dienstnehmer reagierte, wobei der Arbeitsplatz des Klägers zunächst tatsächlich überhaupt nicht nachbesetzt wurde, sondern erst nach Ausscheiden einer weiteren Mitarbeiterin zwei im Wesentlichen unkündbare Mitarbeiter nachrückten.

4. Eine Veränderung des Personalstandes für sich alleine bildet noch keine Änderung der Organisation des Dienstes. Die personellen Maßnahmen müssen mit den organisatorischen Veränderungen Hand in Hand gehen und die ersteren in den letzteren ihre Ursachen haben.

Richtig ist, dass die Kündigung grundsätzlich dann ausgeschlossen ist, wenn die vom betreffenden Dienstnehmer bisher ausgeübte Tätigkeit nach wie vor erforderlich ist und geleistet werden muss (RIS-Justiz RS0082443). Wurde etwa eine Abteilung aufgrund des übergroßen Arbeitsanfalls in mehrere Abteilungen aufgesplittet, rechtfertigt dies nicht die Kündigung des Leiters dieser Abteilung (Arb 9715). Ist aber infolge der Auflassung von Abteilungen, deren Zusammenlegung, dem Übergang von einer dezentralisierten zu einer zentralisierten Geschäftsbehandlung und dergleichen die vom betreffenden Dienstnehmer bisher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nicht mehr im selben Ausmaß erforderlich, wird der Kündigungsgrund zu bejahen sein (RIS-Justiz RS0082470). Dabei ist bei Organisationsänderungen, bei denen etwa Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen zusammengeführt werden müssen, regelmäßig nicht nur eine Betrachtung des einzelnen Arbeitsplatzes, sondern des insgesamt betroffenen Bereichs geboten, etwa bei der Aufnahme einer Abteilung durch eine andere und damit notwendiger Neu- und Umverteilung der Arbeit oder Umstrukturierung der Arbeitsabläufe. Die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter der in diesem Rahmen erfolgten Zusammenführung bzw Umverteilung muss dabei dem Arbeitgeber vorbehalten bleiben (vgl 9 ObA 176/89).

So wurde beispielsweise bei Prozessoptimierungen in der Gruppe des gekündigten Arbeitnehmers, durch die der Mitarbeiterpool von 15,25 auf 11,7 reduziert wurde, der Kündigungsgrund als gegeben angesehen (8 ObA 8/13d), ebenso bei der Auflassung eines von drei, eine organisatorische Einheit bildenden Horten die Kündigung der dienstjüngsten und am wenigsten qualifizierten Leiterin (9 ObA 176/89). Der Kündigungsgrund wurde ebenfalls bei einer Vertragslehrerin aufgrund eines Rückgangs der Schülerzahlen bejaht, wobei, da die Lehrerin keinen Anspruch auf ausschließliche Verwendung an einer bestimmten Schule hatte, nicht auf die Verhältnisse in der Schule, in der sie tätig war, abgestellt wurde, sondern auf diejenigen im gesamten Schulbezirk (Arb 6542). In dieser Entscheidung wurde auch darauf verwiesen, dass es dem freien Ermessen des Dienstgebers überlassen bleiben müsse, welchen von den entbehrlich gewordenen Vertragslehrern er kündigt, weil für die Auswahl der Ausscheidenden verschiedene Gesichtspunkte maßgebend sein könnten.

Wenn das Berufungsgericht im vorliegenden Fall vom gesamten – in der Revision nicht bestrittenen – Einsatzgebiet des Klägers ausgehend, in dem die Anzahl der entsprechenden Vollzeitsarbeitsplätze der Verwendungsgruppe PT8 und PT9 nach der internen Bewertung verbunden mit der Auflassung und Zusammenlegung von Abteilungen und Filialen von 48 auf 30,3 sank und die Zahl der beschäftigten Personen von 55 auf 40 reduziert wurde, eine auch für den Arbeitsplatz des Klägers relevante Strukturänderung bejahte, ist das jedenfalls vertretbar. Dass dabei nicht zwischen den Verwendungsgruppen PT8 und PT9 unterschieden wurde, ändert letztlich nichts. Auch der Kläger behauptet nicht, dass im Bereich PT9 keine Änderungen erfolgten, solche wurden teilweise sogar ausdrücklich festgestellt (etwa Auflösung des Security-Dienstes).

5. Wenn die Revision des Klägers der Beklagten vorwirft, dem Kläger entgegen § 70 VBG 1948 keinen seiner Entlohnungsgruppe entsprechenden Ersatzarbeitsplatz angeboten zu haben, so trifft dies nicht zu. Nach den Feststellungen wurde ihm sogar ein höherwertiger Ersatzarbeitsplatz angeboten, den er jedoch ausschlug, weil er diese Arbeit nicht machen wollte. Auch in der Revision wird nicht behauptet, dass ein exakt seiner Entlohnungsgruppe entsprechender Arbeitsplatz in seinem Einsatzgebiet vorhanden gewesen wäre und ihm hätte angeboten werden können. Davon kann aufgrund der festgestellten Vollzeitarbeitsplätze und personellen Überkapazität auch nicht ausgegangen werden.

6. Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00059.17T.1218.000

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