OGH vom 22.02.2011, 8ObA73/10h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Umfahrer und Helmut Tomek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Angestelltenbetriebsrat der ***** Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, *****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert 21.800 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 14/10k 12, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom , GZ 27 Cga 77/09d 8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Der Schriftsatz der beklagten Partei vom wird zurückgewiesen.
II. Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Urteile, die in ihrem abweisenden Teil (Einreihung entsprechend der höherwertigen Tätigkeit bereits ab Beginn der Überlassung) als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben und die Arbeitsrechtssache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die S***** GmbH (in der Folge: GmbH) ist eine Tochtergesellschaft der vier beteiligten Sozialversicherungsanstalten (Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und Sozialversicherungsanstalt der Bauern). Ihr obliegt für die vier Gesellschafter das Facility Management, der Wirtschaftseinkauf und teilweise die IT (Helpdesk, EDV-Support).
Der beklagte Sozialversicherungsträger überlässt der GmbH Verwaltungsangestellte zur weiteren Dienstleistung in diesen ausgegliederten Bereichen. Grundlage für diese Arbeitskräfteüberlassung ist eine Dreiparteieneinigung zwischen dem Beklagten, dem zu überlassenden Dienstnehmer und der GmbH. Nach dieser Vereinbarung bleiben die Rechte und Pflichten der überlassenen Angestellten nach der Dienstordnung A (DO.A) für Verwaltungsangestellte, Pflegepersonal und zahntechnische Angestellte bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs in der jeweils geltenden Fassung unverändert. Der Überlassungsvertrag kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten gekündigt werden. Danach setzt sich für die Dienstnehmer das Dienstverhältnis zum beklagten Sozialversicherungsträger fort. Jedenfalls mit dem Zeitpunkt, zu welchem das Dienstverhältnis mit der beklagten Partei endet, endet auch die Überlassungsvereinbarung.
Der klagende Betriebsrat begehrte die Feststellung, dass die in die der GmbH überlassenen Angestellten, die eine höherwertige Tätigkeit verrichten und eine Verwendungszulage erhalten, Anspruch auf eine ihrer höherwertigen Tätigkeit entsprechende „Einreihung“ in der DO.A haben. Im Rahmen der Ausgliederung von Bereichen der EDV und der Wirtschaftsbereiche seien 44 Angestellte und 38 Arbeiter der Beklagten an die GmbH überlassen worden. Nach den Bestimmungen der DO.A sei ein Dienstnehmer, der nicht nur vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit leiste, in der Gehaltsgruppe höher zu reihen. Mehr als drei überlassene Angestellte hätten umgereiht werden müssen. Die Beklagte gewähre den Betroffenen lediglich eine Verwendungszulage. § 50 Abs 1 DO.A über diese Zulage sei nur im Fall einer vorübergehenden Verwendung anzuwenden, also wenn sich Verwendung von vornherein auf einen bestimmten, kürzeren Zeitraum beschränkt. Dies treffe auf die Tätigkeit in der GmbH nicht zu. Bei der beklagten Partei seien entsprechende Dienstposten gar nicht mehr vorhanden. Das rechtliche Interesse der betroffenen Angestellten an der Feststellung ergebe sich insbesondere im Hinblick auf Versetzungen oder das Jubiläumsgeld.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und brachte im Wesentlichen vor, dass es sich um keine dauerhafte Überlassung handle. Den überlassenen MitarbeiterInnen sei im Überlassungsvertrag ein einseitiges Kündigungs- und Rückkehrrecht eingeräumt worden. Die Überlassung von Angestellten an Dritte wie an die GmbH sei in der DO.A nicht gesondert geregelt. Die vorübergehende Verwendung bei einem „Nichtsozialversicherungsträger“ bewirke keine Umreihung nach den Einreihungsbestimmungen der DO.A (§§ 37 f). Es gebühre nur eine Verwendungszulage nach § 50 Abs 1 DO.A. Würden die überlassenen MitarbeiterInnen höher eingereiht und anschließend von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch machen und zur beklagten Partei zurückkehren, so wären dort, mangels entsprechender Aufgabenbereiche, keine dieser höherwertigen Verwendung entsprechenden Dienstposten vorhanden bzw könnten diese auch in anderen Bereichen nicht geschaffen werden. Dies würde zu einer permanenten Überzahlung dieser MitarbeiterInnen führen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und stellte fest, dass die in die GmbH überlassenen Angestellten, die eine höherwertige Tätigkeit verrichten und eine Verwendungszulage erhalten, ab Beginn des siebenten Monats dieser Überlassung Anspruch auf eine ihrer höherwertigen Tätigkeit entsprechende Einreihung in der DO.A haben. Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass die in die GmbH überlassenen Angestellten, die eine höherwertige Tätigkeit verrichten und eine Verwendungszulage erhalten, bereits ab Beginn dieser Überlassung Anspruch auf eine ihrer höherwertigen Tätigkeit entsprechende Einreihung in der DO.A haben, wurde abgewiesen.
Die Rechte und Pflichten der überlassenen MitarbeiterInnen für den Bereich der Verwaltungsangestellten seien nach der DO.A geregelt. Es handle sich um eine unbefristete Verwendung auf unbestimmte Zeit, die von jeder der drei Vertragsparteien unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist beendet werden könne. § 50 Abs 1 der DO.A regle den Fall, dass ein Provisorium zu einer Dauereinrichtung werde. Ab Beginn des siebenten Monats sei als Bezug der ständige Bezug gemäß § 35 Abs 2 Z 1 und 3 bis 5 DO.A anzunehmen, wenn die höherwertige Verwendung ununterbrochen länger als sechs Monate dauere. Wegen des allseitigen Kündigungsrechts der Überlassungsvereinbarung könne nicht von Anbeginn an von einer dauernden höherwertigen Verwendung gesprochen werden. Die Ausgliederung von Unternehmensbereichen dürfe nicht dazu führen, dass sich das Unternehmen auf unbestimmte Dauer die Einreihung eines Angestellten auf dem der höherwertigen Verwendung entsprechenden Dienstposten erspare. Die DO.A regle weder, was zu geschehen habe, wenn nach einem Jahr der höherwertigen Verwendung der Vertretene zurückkomme, noch, wenn nach einem Jahr der Überlassungsvertrag gekündigt werde. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, dass der ständige Bezug für die höherwertige Tätigkeit der überlassenen Arbeitskraft niemals zu zahlen sei. Bei der Verwendung der überlassenen Angestellten, die eine höherwertige Tätigkeit verrichten, handle es sich daher um eine vorübergehende Verwendung, die aber ab Beginn des siebenten Monats einer ununterbrochenen Verwendung entspreche.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge.
Gemäß § 50 Abs 1 DO.A gebühre einem Angestellten, dem vorübergehend (wegen Urlaubs, Krankheit, Schutzfrist, Karenz, Sonderurlaubs, Bildungskarenz, Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdiensts ua) Aufgaben übertragen werden, für die eine höhere als seine Einreihung vorgesehen sei, solange er nicht dauernd auf dem der höherwertigen Verwendung entsprechenden Dienstposten eingereiht werden kann, für die Dauer einer solchen Verwendung eine Verwendungszulage im Ausmaß der Differenz zwischen seinem Bezug und jenem Bezug, der sich bei der Einreihung aufgrund der höherwertigen Verwendung ergäbe. Dauere die höherwertige Verwendung ununterbrochen länger als sechs Monate, so gelte ab Beginn des siebenten Monats einer solchen ununterbrochenen Verwendung als Bezug der ständige Bezug gemäß § 35 Abs 2 Z 1 und 3 bis 5 DO.A. Bereits dem Wortlaut des § 50 Abs 1 DO.A sei zu entnehmen, dass sich die ununterbrochen länger als sechs Monate dauernde höherwertige Verwendung nur auf die Höhe der zu gewährenden Verwendungszulage ab dem siebenten Monat beziehe, ohne dass dies mit einem Anspruch des Angestellten auf eine Einreihung entsprechend seiner wenngleich ununterbrochen länger als sechs Monate dauernden, so doch lediglich vorübergehenden höherwertigen Verwendung verbunden wäre. Der Anspruch auf eine Verwendungszulage bleibe auf die Dauer der höherwertigen Verwendung beschränkt. Dies ergäbe sich auch aus den Erläuterungen zu § 50 DO.A. Wesentlich sei, ob die Überlassung von Angestellten der beklagten Partei an die Büromanagement GmbH nur als eine bloß vorübergehende Übertragung von Aufgaben zu qualifizieren sei oder ob eine dauernde Einreihung auf den der höherwertigen Verwendung entsprechenden Dienstposten geboten wäre. Nach den Erläuterungen zu § 50 Abs 1 DO.A sei eine vorübergehende Verwendung in der Regel dann gegeben, wenn sie auf einen von vornherein bestimmten, kürzeren Zeitraum beschränkt und eindeutig klargestellt werde, dass die Übertragung dieser Tätigkeit nicht endgültig ist. Dies lasse sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls prüfen. Bei einer unbefristeten Überlassung von Angestellten an die GmbH sei trotz Kündigungsmöglichkeit nicht von vornherein eindeutig klar, dass die Überlassung nicht endgültig ist. Nach § 36 Abs 5 DO.A seien die Angestellten aufgrund ihrer dauernden Verwendung einzureihen. Andernfalls würde eine bei der GmbH ausgeübte höherwertige Tätigkeit eine Einreihung gemäß § 36 Abs 1 DO.A generell ausschließen. Auch aus § 8 AÜG sei abzuleiten, dass die Überlassung einer Einreihung gemäß § 36 Abs 1 DO.A entsprechend der dauernden höherwertigen Verwendung nicht entgegen stehen könne. Der vom Erstgericht zugesprochene und von der beklagten Partei bekämpfte Teil des Feststellungsbegehrens die teilweise Abweisung des Begehrens sei in Rechtskraft erwachsen sei daher mit der Maßgabe zu bestätigen, dass sich das verbliebene Feststellungsbegehren auf der GmbH überlassene Angestellte der beklagten Partei beziehe, die dort gemäß § 36 Abs 1 DO.A eine höherwertige Tätigkeit dauerhaft verrichten.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, weil zur zu beurteilenden Frage keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt .
I. Unzulässig ist allerdings der ergänzende Schriftsatz der Beklagten (zur Einmaligkeit des Rechtsmittels: RIS-Justiz RS0041666). Dieser ist daher vorweg zurückzuweisen.
II. Die formellen Voraussetzungen für die hier vom Betriebsrat erhobene Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG sind unstrittig gegeben.
III. In der Sache selbst ist einleitend die Frage zu klären, auf welche Rechtsgrundlage der klagende Betriebsrat den Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf „Einreihung“ stützt, und zwar entweder auf den Kollektivvertrag (DO.A) oder auf die Überlassungsvereinbarungen. Der klagende Betriebsrat hat zwar primär auf die DO.A Bezug genommen, aber auch festgehalten, dass bereits in den Überlassungsverträgen die offenbar gemeint höheren entsprechenden Gehaltsgruppen und Dienstklassen festgehalten seien. So wird auch in den vorgelegten Überlassungsvereinbarungen auf bestimmte Einstufungen Bezug genommen. Im Ergebnis begehrt der Betriebsrat aber aufgrund der „höherwertigen Tätigkeit eine Einreihung in die DO.A“. Diese kann naturgemäß nur dann erfolgen, wenn auf diese Tätigkeit auch die DO.A zur Anwendung gelangt.
III.1. Es ist daher auf den Kollektivvertrag und dessen Anwendung einzugehen.
Dabei stellt sich die Frage, inwieweit dieser auf die Beschäftigung von Angestellten in anderen Unternehmen als jenen der Sozialversicherungsträger Anwendung findet.
Die zufolge § 43 ASGG von Amts wegen zu ermittelnde Bestimmung des § 1 der DO.A hat ua folgenden Wortlaut:
„§ 1. Anwendungsbereich
(1) Diese Dienstordnung findet auf die nachstehend angeführten, bei österreichischen Sozialversicherungsträgern beschäftigten Angestellten Anwendung:
1. auf die Verwaltungsangestellten (§ 37), ...
...
(6) Die Zugehörigkeit zu den in Abs 1 angeführten Angestelltengruppen richtet sich nach der aufgrund des Dienstvertrages ausgeübten Tätigkeit.
(7) Diese Dienstordnung findet keine Anwendung auf
1. Angestellte in selbstständigen Wirtschaftsbetrieben der Versicherungsträger, ...“
Die Anlage 12 der DO.A umfasst „Regelungen im Zusammenhang mit Überlassungen“. Der Geltungsbereich dieser Anlage des Kollektivvertrags wird in deren Z 1 ua wie folgt festgelegt:
„Die in den Punkten 2 bis 11 getroffenen Regelungen finden auf jene DienstnehmerInnen Anwendung, die im Sinne des AÜG befristet oder unbefristet überlassen werden. Überlassene Dienstnehmer verbleiben weiterhin in einem Dienstverhältnis zum Überlasserbetrieb.
Von der Anlage 12 sind nachstehende Bereiche folgender Sozialversicherungsträger erfasst:
a) IT-Bereich
aa) der Wiener Gebietskrankenkasse,
ab) der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse,
ac) des Hauptverbandes.
Als Beschäftigerbetrieb im Sinne der Anlage 12 gilt:
a) die IT-SV.“
Zu den Rechten und Ansprüchen der überlassenen Angestellten wird ua Folgendes in der Z 2 festgehalten:
„Die Überlassung erfolgt unter Wahrung erworbener Rechte und Ansprüche. Insbesondere werden Rechte, die sich aus Dienstordnung, allgemeinem Arbeitsrecht und speziell dem AÜG zwingend ergeben, nicht geschmälert. Für die freiwilligen sozialen Zuwendungen im Sinne der RFSZ gelten grundsätzlich die gleichen Regelungen wie für nicht überlassene Mitarbeiter. Durch Betriebsvereinbarung können Modifikationen und notwendige Anpassungen vorgenommen werden.“
In weiterer Folge wird den überlassenen Angestellten die Möglichkeit des Wechsels zum Beschäftigerbetrieb eingeräumt.
Für den Fall der Kündigung der Überlassungsvereinbarung durch den Angestellten werden umfangreiche Regelungen für die Rückkehr getroffen:
„5. Kündigung der Überlassungsvereinbarung durch den Dienstnehmer:
Die Angestellten können nur in den ersten fünf Jahren der Überlassung die Überlassungsvereinbarung aus einem wichtigen Grund (Bewerbung auf einen anderen Arbeitsplatz, wichtige objektiv nachvollziehbare persönliche Gründe) unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen. Im Falle der Bewerbung auf einen anderen Arbeitsplatz kann diese Frist verkürzt werden. Bei der Rückkehr in den Überlasserbetrieb gilt:
a) Die vor der Überlassung gebührende Einreihung bleibt jedenfalls gewahrt.
b) Dem/r Angestellten sind Umschulungsmaßnahmen anzubieten, um nach Möglichkeit eine mindestens gleichwertige Verwendung wie die zuletzt im Beschäftigerbetrieb ausgeübte zu erreichen. Sind Angestellte nicht zur Umschulung bereit, so kann die Differenzzulage gemäß lit c) wegfallen. Bei der Planung und Auswahl der Umschulungsmaßnahmen ist der Betriebsrat einzubinden.
c) Wird der/die Angestellte nach der Rückkehr in einer niedrigeren Einreihung verwendet, als in jener, in der er/sie zuletzt beim Beschäftiger eingereiht war, gebührt eine Differenzzulage im Ausmaß von 80 % des Gehaltsunterschiedes in der jeweiligen Bezugsstufe. Der % Satz dieser Differenzzulage wird nach jeweils einem Jahr um 16 %-Punkte reduziert.“
Die kundgemachten Erläuterungen (vgl zu deren Maßgeblichkeit etwa RIS-Justiz RS0054448) zur Anlage 12 halten Folgendes fest:
Zu Anlage 12
„1. Die Kollektivvertragspartner erachten die vorliegende Vereinbarung als beispielgebend für Auslagerungen im Bereich der österreichischen Sozialversicherung. Sollten sich die vorliegenden Regelungen bewähren, wird eine Ausdehnung auf andere Auslagerungen angestrebt.
2. Versetzungen im Zusammenhang mit Tätigkeiten für den jeweils angeführten Beschäftiger sind zulässig. Gesonderte Regelungen für Dienstzuteilungen sind daher nicht erforderlich.“
Die Auslegung normativer Bestimmungen eines Kollektivvertrags hat objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen (RIS Justiz RS0010088). Im Zweifel ist zu unterstellen, dass die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollten (RIS Justiz RS0008828; RS0008897).
Betrachtet man nun die vorliegende Überlassung, so scheint im Hinblick auf § 1 Abs 1 DO.A schon fraglich, ob der Kollektivvertrag überhaupt auf die im Rahmen einer Überlassungsvereinbarung mit dem Angestellten vereinbarte „Beschäftigung“ bei einem „anderen“ Unternehmen zur Anwendung gelangt. Stellt doch § 1 Abs 1 DO.A auf die bei Sozialversicherungsträgern „beschäftigten“ Angestellten ab. In § 1 Abs 7 Z 1 DO.A wird ausdrücklich angeordnet, dass der Kollektivvertrag keine Anwendung auf Angestellte in „selbständigen Wirtschaftsbetrieben der Versicherungsträger“ findet.
Dazu kommt, dass in der hier nicht unmittelbar zur Anwendung gelangenden Anlage 12 des Kollektivvertrags ausdrücklich die Geltung der Dienstordnung auch für überlassene Angestellte angeordnet wird. Dies spricht dafür, dass die Kollektivvertragsparteien davon ausgehen, dass ohne diese Anordnung die Rechte aus dem Kollektivvertrag eben nicht zur Anwendung gelangen.
III.2. Selbst bei Anwendbarkeit der DO.A und ausgehend davon, dass die Tätigkeit der Angestellten eine höherwertige ist, als dies der Einstufung vor der Überlassung entsprach, müssen die Erwägungen auch die Frage miteinbeziehen, ob nicht die DO.A weitere Voraussetzungen für die Einstufung in die höhere Verwendungsgruppe ausdrücklich festlegt, die durch die erheblich höherwertige Tätigkeit allein nicht ersetzt werden können (RIS-Justiz RS0054625). Solche zusätzlichen Einstufungskriterien sind beispielsweise das Vorhandensein einer bestimmten Fachprüfung (Arb 9510), ein ausdrücklich verlangtes Hochschulstudium (8 ObA 302/94) oder aber, soweit es sich um Leiter- oder Leiterstellvertreterfunktionen handelt, auch das Bestehen einer entsprechenden Organisationseinheit (zuletzt etwa 9 ObA 187/02v). Auch eines bestimmten Postens und des Akts der Bestellung bedarf es dort, wo es um den Leiter bzw den stellvertretenden Leiter einer Organisationseinheit geht (RIS-Justiz RS0054613 [T4, T 5]; RS0054625; siehe dazu auch die als einvernehmliche Auslegung durch die Kollektivvertragspartner geltenden Erläuterungen zu §§ 37A bis 37J DO.A, Z 2; vgl in diesem Zusammenhang im Übrigen auch das Erfordernis der Genehmigung bestimmter Dienstpostenpläne nach § 31 Abs 7 ASVG).
Hier hat aber der Betriebsrat die Feststellung des Anspruchs auf „Einreihung“ in die höhere Verwendung nach der DO.A völlig undifferenziert für alle Angestellten begehrt, und zwar allein aufgrund von deren „Verwendung“, ohne auf allfällige weitere „Einreihungsvoraussetzungen“ einzugehen.
IV. Der Oberste Gerichtshof darf die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen (RIS-Justiz RS0037300). All die hier aufgezeigten Aspekte wurden aber bisher mit den Parteien nicht erörtert. Auch wenn also vorweg die vorliegenden Verfahrensergebnisse dafür sprechen, dass die DO.A auf die Tätigkeit von Angestellten bei anderen als in der Anlage 12 erfassten Beschäftigerbetrieben gar nicht anzuwenden ist und darüber hinaus bei bestimmten Angestellten auch über die Tätigkeit hinaus noch weitere „Einstufungsvoraussetzungen“ gegeben sein können, so ist dies doch mit den Parteien zu erörtern. Auch wird zu erörtern sein, dass in den Überlassungsvereinbarungen für die Dauer der Überlassung nicht nur die „Rechte und Pflichten“ laut DO.A, sondern offensichtlich auch die (höhere) Tätigkeit (Verweis auf die Einstufung) zugesagt wurde, allerdings nur auf vertraglicher Grundlage und somit auch nur für die Dauer der Überlassungsvereinbarung.
Das Verfahren erweist sich daher im Ergebnis wegen der erforderlichen Erörterungen als ergänzungsbedürftig. Es war daher in Stattgebung der Revision wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
V. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.