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OGH vom 14.03.2018, 13Os14/18k

OGH vom 14.03.2018, 13Os14/18k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert S***** wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1, Abs 4 vierter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom , GZ 35 Hv 28/17t-50, und die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung von Probezeiten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert S***** der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A) und der fortgesetzten Gewaltausübung nach (richtig) § 107b Abs 1 StGB (B/I), des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1, Abs 4 vierter Fall StGB (B/II) sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er in F***** und an anderen Orten

(A) im September oder Oktober 2008 Dominika K***** am Körper verletzt, indem er ihr einen Faustschlag gegen das Gesicht und – nachdem sie zu Boden gestürzt war – Tritte gegen den Körper versetzte,

(B) gegen andere mit einer Regelmäßigkeit von zunächst einmal und in der Folge mehrmals pro Woche durch Schläge mit der flachen Hand, der Faust und einem Gürtel sowie durch im Urteil detailliert beschriebene, den Tatbeständen des § 105 Abs 1 StGB und des § 107 Abs 1 StGB entsprechende Drohungen fortgesetzt Gewalt ausgeübt, nämlich

I) gegen Dominika K***** vom bis zum und vom bis zum sowie

II) gegen die am geborene, sohin unmündige Sara K***** vom Herbst 2009 bis zum Spätsommer 2013, somit länger als ein Jahr, weiters

(C) am Dominika K***** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr im Weg einer Kurzmitteilung zumindest eine Körperverletzung ankündigte und ihr nahelegte, auf „sich und ihren neuen Lebensgefährten aufzupassen“.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus (richtig) Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Indem die Rechtsrüge Verjährung der Strafbarkeit (§ 57 StGB) der im September oder Oktober 2008 begangenen Körperverletzung (A) einwendet, ohne von den Feststellungen auszugehen, wonach der Beschwerdeführer im Anschluss daran laufend weiterdelinquierte (US 5 bis 11), verfehlt sie den Bezugspunkt materiellrechtlicher Nichtigkeit (RISJustiz RS0099810).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass der Beschwerdeführer nach den bezeichneten Konstatierungen vom bis zum und vom bis zum das Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB, vom Herbst 2009 bis zum Spätsommer 2013 das Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1, Abs 4 vierter Fall StGB und am das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB beging und eine staatsanwaltliche Antragstellung auf Durchführung von im 8. Hauptstück der StPO geregelten Beweisaufnahmen nach der Aktenlage erstmals am erfolgte (ON 1 S 1), womit die Verjährung der Strafbarkeit der vom Schuldspruch A umfassten Tat mit Blick auf die Bestimmungen des § 58 Abs 2 StGB und des § 58 Abs 3 Z 2 StGB nicht eingetreten ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Unter dem Aspekt amtswegiger Urteilsprüfung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) wird überdies festgehalten, dass der Beschwerdeführer durch die vom Schuldspruch B/I umfassten Taten (nicht bloß ein, sondern) zwei Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB begangen hat, weil er nach den Feststellungen des Erstgerichts vom Juni 2009 bis zum Oktober 2012 und vom Februar 2014 bis zum August 2015, nicht jedoch dazwischen, entsprechende Gewaltakte setzte. Das Tatbestandselement, „fortgesetzt“ Gewalt auszuüben, drückt aber das Erfordernis einer gewissen Regelmäßigkeit aus, womit Gewaltakte, die nach einer größeren zeitlichen Unterbrechung (hier rund eineinhalb Jahre) gesetzt wurden, nicht in eine iSd § 107b Abs 1 StGB gebildete Subsumtionseinheit aufzunehmen sind (vgl 12 Os 72/14a, SSt 2014/32; RISJustiz RS0129716, Schwaighofer in WK2 StGB § 107b Rz 23 sowie Winkler SbgK § 107b Rz 106). Da der aufgezeigte Rechtsfehler nicht zum Nachteil des Angeklagten wirkt, hat er aus dem Blickwinkel allfälligen amtswegigen Vorgehens auf sich zu beruhen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende Beschwerde gegen den Beschluss auf Verlängerung von Probezeiten kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00014.18K.0314.000
Schlagworte:
Strafrecht;

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Fundstelle(n):
SAAAE-04736