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OGH vom 07.10.1998, 9ObA210/98t

OGH vom 07.10.1998, 9ObA210/98t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter SR Dr. Elisabeth Kahler und Heinrich Dürr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Hermann S*****, Vertragsassistent, *****, vertreten durch Dr. Andrea Eisler, Sekretärin der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1010 Wien, Teinfaltstraße 7, diese vertreten durch Dr. Walter Riedl und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Weiterbestellung als Vertragsassistent, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 20/98h-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 42 Cga 273/97m-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.780,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stand seit als Vertragsassistent der L*****-Universität I***** in einem Dienstverhältnis zur Beklagten, das mit durch Zeitablauf endete. Mit Dienstvertrag vom wurde er neuerlich in ein zunächst bis befristetes Dienstverhältnis aufgenommen, das in weiterer Folge mehrmals auf bestimmte Dauer und schließlich mit einem 4. Nachtrag zum Dienstvertrag bis verlängert wurde. Während der gesamten Dauer der Beschäftigung des Klägers als Vertragsassistent wurden seine Bezüge aus Drittmitteln getragen. Am beantragte der Kläger seine Weiterbestellung als Vertragsassistent gemäß § 52a VBG. Obwohl er alle in der genannten Gesetzesstelle genannten subjektiven Voraussetzungen erfüllt, wurde diesem Antrag nicht entsprochen. Ein Antrag der Personalkommission der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität I***** auf Verlängerung des Dienstverhältnisses liegt nicht vor.

Der Beklagte begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihn über den hinaus als Vertragsassistenten gemäß § 52a VBG für die Dauer von 6 Jahren weiterzubestellen. Eventualiter begehrt er die Feststellung, daß er über den hinaus als Vertragsassistent gemäß § 52a VBG für die Dauer von 6 Jahren weiterzubestellen sei. § 52a Abs 1 VBG sei im Sinne eines gebundenen Ermessens dahin zu verstehen, daß der Vertragsassistent bei Erfüllung aller Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Verlängerung seines befristeten Dienstverhältnisses habe. § 51 Abs 6 VBG, wonach Vertragsassistenten, deren Personalaufwand von einem Dritten getragen werde, (nur) vorübergehend weiterverwendet, nicht aber neu aufgenommen werden dürfen, stehe der Verlängerung nicht entgegen, weil auch der Kläger mit seinem Begehren eine vorübergehende Weiterbeschäftigung anstrebe; daß die Weiterbeschäftigung nur kurzfristig sein dürfe, sei der genannten Gesetzesstelle nicht zu entnehmen. § 52a VBG unterscheide nicht zwischen Vertragsassistenten, deren Personalaufwand vom Bund, und solchen, deren Personalaufwand von einem Dritten getragen werde. Die Festlegung von Planstellen im Stellenplan dürfe die Rechtsbeziehungen der Streitteile nicht berühren. Die Personalkommission habe den Antrag auf Weiterbestellung des Klägers nur aufgrund einer unrichtigen Rechtsauffassung unterlassen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der gemäß § 41 Abs 2 UOG für eine Verlängerung des Dienstverhältnisses erforderliche Antrag der Personalkommission liege nicht vor. Angesichts der Planstellensituation habe ein solcher Antrag nicht gestellt werden können. Überdies stehe dem Begehren des Klägers eine Anordnung des Bundesfinanzgesetzes entgegen, wonach Vertragsbedienstete und Vertragsassistenten auf Planstellen der zweckgebundenen Gebarung nur bis zum Ende der Dienstverhältnisse auslaufend weiterbeschäftigt werden dürfen.

Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren des Klägers ab. Ein beim Bund privatrechtlich beschäftigter Dienstnehmer habe keinen Rechtsanspruch auf Abschluß eines bestimmten Dienstvertrages und damit auch nicht auf eine Weiterbestellung. Der vom Kläger ins Treffen geführte Grundsatz des gebundenen Ermessens gehöre zum Bereich der Hoheitsverwaltung.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. § 52a VBG schaffe lediglich die Möglichkeit einer Verlängerung des Dienstverhältnisses auf weitere 6 Jahre, begründe aber - auch bei Vorliegen aller dort genannten Voraussetzungen - keinen Rechtsanspruch darauf. Im übrigen ergebe sich aus dem Bundesfinanzgesetz 1997 und aus der auf dessen Grundlage eingeführten Bestimmung des § 51 Abs 6 VBG, daß bei Vertragsassistenten, deren Personalaufwand von einem Dritten getragen wird, nur eine vorübergehende Weiterbeschäftigung, nicht aber eine Neuaufnahme zulässig sei. Dem liege die Absicht zugrunde, daß zwar in bestehende Verträge nicht eingegriffen werde, daß aber derartige Dienstverhältnisse ehestens auslaufen sollten. Der für eine Weiterbeschäftigung des Klägers erforderliche Abschluß eines neuen Vertrages komme daher nicht in Betracht. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur hier wesentlichen Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Haupt-, allenfalls des Eventualbegehrens abzuändern.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber auch nicht berechtigt.

Die Absätze 1 und 2 des § 52a VBG haben folgenden Wortlaut:

"(1) Auf Antrag des Vertragsassistenten kann sein zeitlich befristetes Dienstverhältnis (§ 52) um sechs Jahre verlängert werden, soweit nicht § 51 Abs 3 Z 2 entgegensteht.

(2) Eine Verlängerung nach Abs 1 ist nur zulässig, wenn

1. der Antrag spätestens sechs Monate vor dem Ende des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses gestellt worden ist,

2. a) der Vertragsassistent das Doktorat einer der Verwendung entsprechenden Fachrichtung besitzt,

b) für künstlerische oder künstlerisch - wissenschaftliche Fächer, für die ein Erwerb des Doktorates nach lit a nicht vorgesehen ist oder auf Grund der Verwendung des Vertragsassistenten nicht in Betracht kommt, die Feststellung durch das zuständige Kollegialorgan getroffen ist, daß der Vertragsassistent eine dem Doktorat gleichzuwertende künstlerische oder künstlerisch - wissenschaftliche Eignung besitzt,

3. der Vertragsassistent zusätzlich zu Z 2 lit a oder b eine mindestens vierjährige Dienstzeit gemäß § 52 aufweist und

4. der bisherige Verwendungserfolg des Vertragsassistenten in der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben in Forschung (Erschließung der Künste), Lehre und Verwaltung diese Verlängerung sachlich rechtfertigt."

Soweit der Revisionswerber diese Vorschrift dahin interpretiert, daß die Beklagte bei Vorliegen der in Abs 2 genannten Voraussetzungen zur Weiterbeschäftigung des Vertragsassistenten verpflichtet ist und sich dabei auf den Begriff des "gebundenen Ermessens" beruft, verkennt er die Bedeutung dieses Begriffes. Unter Ermessenstatbeständen iS Art 130 Abs 2 B-VG werden nur Regelungen verstanden, deren Sinn darin liegt, daß der Verwaltung in der Hauptsache ihrer Entscheidung ein Freiraum für alternatives Verhalten nach eigener Wertentscheidung eingeräumt wird (Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 119). Auch der Begriff des "gebundenen Ermessens", mit dem gegenüber dem Begriff des "freien Ermessens" ein geringerer Spielraum der Behörde zum Ausdruck gebracht wird (zur Problematik dieser Begriffe: Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 253), hat einen solchen Freiraum der Behörde für alternatives Verhalten zur Voraussetzung. Der Kläger interpretiert aber § 52a VBG gerade nicht iS eines Ermessenstatbestandes, sondern - da er bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 2 leg. cit. jeden Spielraum der Beklagten verneint und von ihrer unbedingten Verpflichtung zur Verlängerung des Dienstverhältnisses ausgeht - iS der uneingeschränkten Gebundenheit (Koja, aaO 251) der Beklagten.

Die Verwendung des in § 52a Abs 1 gebrachten Wortes "kann" ist aber geradezu typisch für die Einräumung von Ermessen. Allerdings ist richtig, daß nicht jede "Kann" - Bestimmung Ermessen des Normadressaten bedeutet; "kann" drückt oft auch ein "Müssen" oder "Dürfen" aus. Welche der Bedeutungen dieses Wortes im Einzelfall zum Tragen kommt, ist durch Auslegung zu ermitteln (Adamovich/Funk aaO 121; Koja aaO 254). Im Sinne eines "Müssens" wird die Verwendung des Wortes "kann" aber nur dann verstanden werden können, wenn das Verhalten des Entscheidungsträgers sehr eingehend geregelt ist, etwa iS der Anführung aller denkmöglichen Kriterien, die als Voraussetzung für eine Rechtsfolge in Betracht kommen (Koja, aaO 254). Gerade letzteres ist aber hier nicht der Fall: § 52a Abs 2 VBG nennt nur die subjektiven Voraussetzungen, die beim Vertragsassistenten vorliegen müssen, damit seine Verlängerung überhaupt "zulässig" ist; andere für die Weiterbestellung maßgebliche Kriterien (wie etwa der Bedarf oder die Finanzierung) werden hingegen nicht erwähnt, sodaß jeglicher Anhaltspunkt für die vom Kläger gewünschte Interpretation fehlt. Gerade die Kombination des in Abs 1 verwendeten Begriffes "kann" mit dem in Abs 2 verwendeten Begriff "zulässig" zwingt vielmehr zur Annahme, daß § 52a VBG der Beklagten die Weiterbestellung des Vertragsassistenten um sechs Jahre ermöglicht und daß er ihr dabei eine Entscheidungsfreiheit einräumt, die nur insofern beschränkt ist, als eine Verlängerung nur zulässig ist, wenn die genannten subjektiven Voraussetzungen gegeben sind.

In diesem Sinne verstanden, kann aber aus § 52a VBG als an den Bund als privatrechtlichem Dienstgeber gerichteten Vorschrift der vom Kläger behauptete Rechtsanspruch auf Verlängerung des Dienstverhältnisses nicht abgeleitet werden, sodaß - ohne daß es der Erörterung der weiteren Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes bedarf - der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.