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VfGH vom 07.12.2002, B592/02

VfGH vom 07.12.2002, B592/02

Sammlungsnummer

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Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.142,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer bezieht neben seinem Ruhegenuß eine Versehrtenrente nach dem B-KUVG.

Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die von der ihm gewährten Versehrtenrente - seines Erachtens: zu Unrecht - einbehaltene Lohnsteuer gem. § 240 BAO zu erstatten, in letzter Instanz als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gem. Art 144 Abs 1 B-VG, worin die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt.

3. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G85/02, hat der Verfassungsgerichtshof das Wort „einmalige“ sowie die Wortfolge ", soweit nicht Ansprüche auf laufende Zahlungen abgefunden werden," in § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 idF des Euro-Steuerumstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 59/2001, als verfassungswidrig aufgehoben, somit jene Teile dieser Gesetzesbestimmung, durch die Versehrtenrenten aus einer gesetzlichen Unfallversorgung von der Einkommensteuerfreiheit ausgenommen werden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde liegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Dem in Art 140 Abs 7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet wurde, sind all jene Fälle gleichzuhalten, die zu Beginn der mündlichen Verhandlung (sollte eine solche nicht stattfinden: zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986, 11.711/1988).

2. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G85/02 begann am . Die vorliegende Beschwerde war vor diesem Zeitpunkt (nämlich am ) beim Verfassungsgerichtshof eingelangt, also zu Beginn der mündlichen Verhandlung schon anhängig. Nach dem soeben Ausgeführten steht der Fall daher einem Anlaßfall gleich.

3. Die belangte Behörden hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

4. Der Kostenspruch stützt sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 327,-- sowie der Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von @ 180,-- enthalten.

5. Dies konnte gem. § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Fundstelle(n):
WAAAE-04551