OGH vom 13.11.2001, 10ObS357/01z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf und Mag. Waltraud Bauer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerdalinde F*****, Pensionistin, *****, vertreten durch DDr. Heinz Mück und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Höhe der vorzeitigen Alterspension, wegen Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 235/01k-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 18 Cgs 91/00v-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom wurde der Klägerin ab eine vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von S 9.125,50 brutto monatlich zuerkannt. Dabei wurden für die Berechnung der Pensionshöhe unbestritten 353 in Österreich erworbene Versicherungsmonate (davon 157 Monate nicht deckende Kindererziehungszeiten), eine Bemessungsgrundlage (§ 113 BSVG) von S 23.776,--, eine Gesamtbemessungsgrundlage (§ 116 BSVG) von S 16.899,-- und ein Steigerungsbetrag von 54 % zugrundegelegt. Weiters wurde ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage und Kinderzuschuss abgelehnt.
Nur gegen die Höhe der Pension richtet sich die fristgerechte Klage mit dem im Verlauf des Verfahrens ausgedehnten Begehren auf Zuerkennung einer Pension in Höhe von S 12.839,04 brutto monatlich. Bei Berechnung der Bemessungsgrundlage seien gemäß § 113 BSVG die 180 höchsten monatlichen Beitragsgrundlagen heranzuziehen; daraus errechne sich eine Bemessungsgrundlage von unbestritten S 23.776,-- und bei einem Steigerungsbetrag von 54 % ein Pensionsanspruch in der eingeklagten Höhe von S 12.839,04. Die Kindererziehungszeiten seien bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen, weil die Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten von monatlich S 8.312,-- wesentlich niedriger sei als die "bereinigte" Bemessungsgrundlage von S 23.776,-- monatlich auf Grund der 180 besten Versicherungsmonate.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und verwies darauf, dass in den von der Klägerin insgesamt erworbenen und für die Leistung wirksamen 353 Versicherungsmonaten 157 Monate für Zeiten der Kindererziehung enthalten seien. Diese Kindererziehungszeiten seien mit einer eigenen Bemessungsgrundlage in Höhe von S 8.312,-- monatlich zu berücksichtigen, sodass die Bemessungsgrundlage von S 23.776,-- lediglich mit der Anzahl der restlichen 196 Versicherungsmonate zu vervielfachen sei. Für die Berechnung des Steigerungsbetrages nach den §§ 130 ff BSVG sei eine Gesamtbemessungsgrundlage im Sinne des § 116 BSVG zu bilden. Diese Gesamtbemessungsgrundlage sei die Summe der Bemessungsgrundlagen aller für das Ausmaß der Pension zu berücksichtigenden Versicherungsmonate, geteilt durch die Summe der Versicherungsmonate.
Die Gesamtbemessungsgrundlage errechne sich daher wie folgt:
S 23.776,-- x 196 = S 4,660.096,--
S 8.312,-- x 157 = S 1,304.984,--
S 5,965.080,-- : 353 Versicherungs-
monate = S 16.899,--.
Auf Grund des Steigerungsbetrages von 54 % errechne sich eine monatliche Bruttopension in der zuerkannten Höhe von S 9.125,50.
Das Erstgericht erkannte der Klägerin die Leistung, welche dem - durch die Klage zur Gänze außer Kraft getretenen - Bescheid entspricht, neuerlich zu und wies das Mehrbegehren ab. Es teilte die Rechtsansicht der beklagten Partei und erachtete die im angefochtenen Bescheid errechnete Pensionshöhe für richtig. Die Bemessungsgrundlage nach § 113 Abs 1 BSVG, für welche die fixe Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten keine Rolle spiele, dürfe nicht mit der Gesamtbemessungsgrundlage nach § 116 BSVG verwechselt werden. Letztere sei die Summe der Bemessungsgrundlagen (§§ 113, Abs 1, 114, 117) aller für das Ausmaß der Pension nach diesem Bundesgesetz, dem ASVG, dem GSVG und dem FSVG zu berücksichtigenden Versicherungsmonate, geteilt durch die Summe der Versicherungsmonate. Wie dem Gesetzestext, insbesondere auf Grund des Verweises auf § 114 BSVG, klar und deutlich zu entnehmen sei, seien die Kindererziehungszeiten entgegen der Ansicht der Klägerin für die Bildung der Gesamtbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und hielt den Berufungsausführungen noch entgegen, dass auf Grund des klaren Wortlautes des § 116 BSVG die Kindererziehungszeiten auch dann für die Bildung der Gesamtbemessungsgrundlage zu berücksichtigen seien, wenn die 180 höchsten monatlichen Versicherungszeiten der Gesamtbeitragsgrundlage durch Pflichtversicherungszeiten bereits abgedeckt seien. Der Einwand der Klägerin, wonach sich bei nicht gleichzeitig erwerbstätigen Müttern der Effekt zeige, dass sich die Bemessungsgrundlage durch die zusätzlich zu berücksichtigenden Versicherungsmonate verringere, sei richtig. Der Oberste Gerichtshof habe jedoch in seiner zur Parallelbestimmung des § 240 ASVG ergangenen Entscheidung 10 ObS 146/00v festgestellt, dass dies durchaus dem Willen des Gesetzgebers entspreche, da sich durch die infolge der Kindererziehungszeiten erhöhte Zahl von Versicherungsmonaten letztlich auch der Steigerungsbetrag entsprechend erhöhe. Auch eine fiktive Pensionsberechnung für die Klägerin auf Basis einer Gesamtbemessungsgrundlage von S 23.776,-- und einem Steigerungsbetrag von rund 28 % (also ohne Berücksichtigung des Steigerungsbetrages für die Kindererziehungszeiten) zeige, dass die Klägerin durch die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten nicht benachteiligt, sondern gegenüber Personen, die Kindererziehungszeiten nicht angerechnet bekommen, begünstigt sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die durch die 18. Nov. zum BSVG (BGBl 1993/337; vgl auch SRÄG 1993 - BGBl 1993/335 und 19. GSVG-Nov-BGBl 1993/336) neu geschaffenen und seither novellierten Bestimmungen zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten (§§ 107a und 107b BSVG) sehen vor, dass bei einer (einem) Versicherten, die (der) ihr (sein) Kind tatsächlich und überwiegend erzogen wird, die Zeit dieser Erziehung im Inland im Ausmaß von höchstens 48 Kalendermonaten, gezählt ab der Geburt des Kindes, als Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung gelten. Darüber hinaus haben Kindererziehungszeiten in der Regel auch Auswirkungen auf die Pensionshöhe. Für die Honorierung von Kindererziehungsmonaten wurde in § 114 Abs 1 BSVG (vgl auch die gleichlautenden Bestimmungen in § 239 Abs 1 ASVG und § 123 Abs 1 GSVG) eine gesonderte (pauschale) Bemessungsgrundlage vorgesehen. Überschneiden sich Zeiten der Kindererziehung mit anderen Versicherungszeiten, insbesondere Pflichtversicherungszeiten, wird in der Regel gemäß § 114 Abs 3 BSVG für die Honorierung dieser Monate die (normale) Bemessungsgrundlage gemäß den §§ 113 bzw 117 BSVG um die Bemessungsgrundlage gemäß § 114 Abs 1 BSVG erhöht. Es erfolgt somit in diesem Fall eine Zusammemzählung der normalen Bemessungsgrundlage und der Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung, wodurch sich eine höhere Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Steigerungsbetrages und damit eine höhere Pension ergibt.
Für die Berechnung des Steigerungsbetrages (und damit auch der Pensionshöhe) gemäß den §§ 130 ff BSVG ist nämlich gemäß § 116 BSVG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201, eine Gesamtbemessungsgrundlage zu bilden, welche die Summe der Bemessungsgrundlagen (§§ 113 Abs 1, 114, 117) aller für das Ausmaß der Pension nach diesem Bundesgesetz, dem ASVG, dem GSVG und dem FSVG zu berücksichtigenden Versicherungsmonate geteilt durch die Summe der Versicherungsmonate ist. Die Gesamtbemessungsgrundlage ist auf volle Schilling aufzurunden.
Nach § 113 Abs 1 BSVG ist Bemessungsgrundlage für die Leistungen aus der Pensionsversicherung die Summe der 180 höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen (§ 118 bzw § 118a) aus dem Zeitraum vom erstmaligen Eintritt in die Versicherung bis zum Ende des letzten vor dem Stichtag oder dem Bemessungszeitpunkt gemäß § 134 liegenden Kalenderjahres, geteilt durch die um ein Sechstel erhöhte Zahl dieser Gesamtbeitragsgrundlagen. Für die Bildung der Bemessungsgrundlage nach § 113 Abs 1 BSVG sind somit nur Beitragsmonate heranzuziehen, und zwar die 180 Beitragsmonate mit den höchsten Beitragsgrundlagen. Die Bemessungsgrundlage nach § 113 Abs 1 BSVG ist für alle Versicherungsmonate anzuwenden, sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird (§ 113 Abs 3 BSVG). Diese Bemesungsgrundlage gilt daher nicht für Kindererziehungszeiten (§§ 107a und 107b), für die in § 114 BSVG eine einheitliche, von den Einkommensverhältnissen unabhängige feste Bemessungsgrundlage festgesetzt wurde.
Für die Pensionsberechnung (Berechnung des Steigerungsbetrages) ist nach der bereits zitierten Bestimmung des § 116 BSVG nur mehr die Gesamtbemessungsgrundlage heranzuziehen. Die Gesamtbemessungsgrundlage ist ein (gewichteter) Durchschnitt der "Bemessungsgrundlage zum Stichtag" (§§ 113 bzw 117 BSVG) und der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten (§ 114 BSVG) im Verhältnis der zu berücksichtigenden Versicherungsmonate. Sie ist in der Praxis nur dann zu berechnen, wenn Kindererziehungszeiten vorliegen. Gibt es diese nicht, so entspricht die Stichtagsbemessungsgrundlage (§ 113 Abs 1) der Gesamtbemessungsgrundlage (Teschner-Widlar, MGA BSVG 37. Erg-Lfg Anm 5 zu § 116). Die Revisionsausführungen der Klägerin unterstellen, dass Kindererziehungszeiten bei ihr nicht vorlägen und daher die Bemessungsgrundlage gemäß § 113 BSVG mit der Gesamtbemessungsgrundlage ident sei. Liegen jedoch - wie im Falle der Klägerin - Kindererziehungszeiten vor, sind diese bei der Bildung der Gesamtbemessungsgrundlage nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 116 BSVG zu berücksichtigen. Es ist in diesem Fall die Summe der auf die einzelnen Leistungsmonate entfallenden Bemessungsgrundlage (§§ 113 bzw 117 und 114) durch die Summe der Leistungsmonate zu teilen, wobei das Ergebnis, aufgerundet auf volle Schilling, die Gesamtbemessungsgrundlage ergibt. Heranzuziehen sind hiebei alle für die Leistung zu berücksichtigenden Versicherungsmonate bis zum Stichtag (Bemessungszeitpunkt). Zu beachten ist hiebei, ob sich Kindererziehungszeiten mit anderen Versicherungsmonaten überschneiden und ob für diese Monate die Bemessungsgrundlagen (§§ 113 bzw 117 und 114) zusammenzuzählen sind (vgl Radner und andere, BSVG3 Anm 2 zu § 116 mit Berechnungsbeispiel; Marek, Pensionsberechnung leicht gemacht für Arbeiter und Angestellte, Gewerbetreibende, Bauern 1999, 194 mit Berechnungsbeispiel).
Die von der beklagten Partei unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten vorgenommene Berechnung der Gesamtbemessungsgrundlage mit dem Betrag von S 16.899,-- und daraus resultierend der Pensionshöhe der Klägerin mit S 9.125,50 brutto entspricht den dargelegten Grundsätzen (vgl auch 10 ObS 288/01b). Es trifft zwar zu, dass im vorliegenden Fall die Gesamtbemessungsgrundlage damit niedriger ist als die normale Bemessungsgrundlage (§ 113 BSVG), weil sich die Kindererziehungsmonate nicht mit anderen Versicherungsmonaten decken. Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 10 ObS 146/00v ausgeführt hat, zeigt sich bei nicht gleichzeitig erwerbstätigen Müttern der Effekt, dass sich die Bemessungsgrundlage durch die für die Zeiten der Kindererziehung zusätzlich berücksichtigten Versicherungsmonate verringert, was aber durchaus dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Dem steht nämlich gegenüber, dass sich der Steigerungsbetrag jedenfalls um die nicht deckenden Kindererziehungszeiten erhöht. Nicht zielführend ist deshalb die Argumentation der Klägerin, bei Berechnung der Pensionshöhe zunächst die Kindererziehungszeiten aus der Bemessungsgrundlage zur Gänze auszuklammern, bei der Ermittlung des Steigerungsbetrages hingegen wieder voll zu berücksichtigen. Für die Frage einer allfälligen nachteiligen Auswirkung der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten kann nicht allein die Höhe der Bemessungsgrundlage maßgebend sein, sondern es muss vielmehr die Auswirkung auf die Höhe der Pension entscheidend sein. Die Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Klägerin durch die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten im Ergebnis nicht benachteiligt, sondern begünstigt ist, wird auch in den Revisionsausführungen nicht in Zweifel gezogen.
Auf Grund dieser Erwägungen musste der Revision ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.