OGH vom 28.08.2018, 11Os68/18m

OGH vom 28.08.2018, 11Os68/18m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Antonio G***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom , GZ 22 Hv 104/17v-291, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der Angeklagte Antonio G***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (1./), des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (2./), des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (3./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (4./) und des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB (5./) schuldig erkannt.

Demnach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz zusammengefasst wiedergegeben – in T***** und andernorts

1./ am Reinhard S***** durch Verabreichen des medikamentösen Wirkstoffs „Brotizolam“ aus der Gruppe der Benzodiazepine (Schlaf- und Beruhigungsmittel) im hochtoxischen, potentiell komatösen Bereich sowie lang andauerndes Strangulieren vorsätzlich getötet;

2./ …;

3./ am mit Gewalt gegen die Person des Reinhard S***** diesem mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen weggenommen, nämlich zwei PKW im Gesamtwert von 45.000 bis 46.000 Euro sowie weitere im Urteil näher bezeichnete Gebrauchs- und Wertgegenstände des S***** und der Christina S*****, indem er S***** an Händen und Füßen fesselte, ihm Schläge gegen die Brustkorbaußenseite und in das Gesicht versetzte, ihm den medikamentösen Wirkstoff „Brotizolam“ aus der Gruppe der Benzodiazepine im hochtoxischen, potentiell komatösen Bereich verabreichte und lang andauernd strangulierte;

4./ …;

5./ ….

Die Geschworenen bejahten – soweit im Folgenden von Bedeutung – die anklagekonforme Hauptfrage in Richtung Mord nach § 75 StGB (1), verneinten jedoch die Hauptfrage in Richtung schwerer Diebstahl nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB (4) und bejahten die für den Fall deren Verneinung gestellte Eventualfrage nach Raub (§ 142 Abs 1 StGB).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Antonio G***** stützt sich auf § 345 Abs 1 Z 4 und 13 StPO.

Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet eine nichtigkeitsbegründende Verletzung des § 310 Abs 4 StPO durch Ablehnung des Antrags auf Stellung einer Eventualfrage zur Hauptfrage nach Mord „dahingehend, dass der Angeklagte Reinhard S***** ausgeraubt und dadurch fahrlässig seinen Tod herbeigeführt hat“ (ON 290 S 44).

Der Nichtigkeitswerber verkennt, dass § 310 StPO ausschließlich die Verletzung des Gebots, die an die Geschworenen zu richtenden Fragen zu verlesen, mit Nichtigkeit bedroht (Abs 1 zweiter Satz, Abs 3 zweiter Satz). Allfällige andere Verstöße gegen Bestimmungen des § 310 StPO führen nicht zur Nichtigkeit aus Z 4 des § 345 Abs 1 StPO (RIS-Justiz RS0100429; Lässig, WK-StPO § 310 Rz 8).

Gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge – worauf das Rechtsmittelvorbringen inhaltlich abzielt – verlangt vom Beschwerdeführer die deutliche und bestimmte Bezeichnung der vermissten Fragen und jenes Sachverhalts, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen, somit des in der Hauptverhandlung vorgebrachten (ie vorgekommenen) HB die begehrte Eventualfrage indizierenden Tatsachensubstrats (RIS-Justiz RS0119417; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23).

Mit dem Hinweis, dass von den Zeugen Sameh Z***** (ON 290 S 16 ff) und Emel Ö***** (ON 290 S 21 ff) ebenfalls eine – vom Angeklagten jedoch bestrittene (ON 290 S 26 ff) – Verabreichung betäubender Mittel an sie durch den Rechtsmittelwerber vermutet wurde und auch anlässlich von Vorverurteilungen des G***** dessen Opfer durch Schlafmittel betäubt worden waren, dieser dabei aber keine letalen Dosen angewendet habe, spricht der die Tötungshandlung und jegliche Gewaltanwendung insgesamt bestreitende (ON 289 S 6 ff; ON 290 S 45 f) Beschwerdeführer ein prozessual beachtliches HB Indiz in Richtung einer bloß fahrlässigen Herbeiführung des Todes im Zug des Raubes nicht an. Die Beschwerde ist solcherart einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich (RIS-Justiz RS0120766, RS0117447, RS0100860).

Indem die Sanktionsrüge (Z 13) bloß die Berücksichtigung weiterer Milderungsgründe, nämlich des Bedauerns des Angeklagten über den Tod des Opfers, die beabsichtigte Entschuldigung bei dessen Witwe „stellvertretend für die von ihm belasteten Personen“ und die „verlockende Gelegenheit der Erlangung zweier Fahrzeuge“ reklamiert, erschöpft sie sich im Berufungsvorbringen (RIS-Justiz RS0099920, RS0116960).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00068.18M.0828.000

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