TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 26.01.2006, B574/04

VfGH vom 26.01.2006, B574/04

Sammlungsnummer

17748

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Löschungs- und Auskunftsbegehrens hinsichtlich bei einem Gendarmerieposten in einer Kartei geführter personenbezogener Daten; Verkennung der Rechtslage im entscheidungswesentlichen Punkt der Frage der inneren Organisation der Behörde; Bezirkshauptmannschaft und nicht Landesgendarmeriekommando als Auftraggeberin der Datenanwendung im Sinne des Datenschutzgesetzes anzusehen und daher zutreffender Adressat des Löschungs- und Auskunftsbegehrens

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Spruchpunkt 2. des Bescheids weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Über Anzeige seitens des Gendarmeriepostens Vösendorf kam es zu einer Einvernahme des Beschwerdeführers durch die zuständige Untersuchungsrichterin am seinerzeitigen Jugendgerichtshof Wien. In der Folge legte die Staatsanwaltschaft im August 2000 die Anzeige zurück und teilte der Untersuchungsrichterin unter Bezugnahme auf § 90 Abs 1 StPO mit, dass kein Grund zu einer weiteren Verfolgung gefunden wurde. Im Juli 2003 richtete der Beschwerdeführer an das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich ein Ansuchen auf Löschung sämtlicher zu seiner Person in diesem Zusammenhang verarbeiteten Daten. Dieses Begehren wurde mit Schreiben vom Juli 2003 abgelehnt.

1.2. Über die im August 2003 gegen das Landesgendarmeriekommando Niederösterreich an die Datenschutzkommission erhobene Beschwerde hat diese wie folgt entschieden:

"1. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und dem belangten Auftraggeber aufgetragen, binnen zwei Wochen

a) die Karteikarte mit den personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers in der Indexkartei des Gendarmeriepostens Vösendorf, welche auf die im Juni 2000 gegen den Beschwerdeführer geführten Ermittlungen hinweist, sowie

b) die Eintragungen betreffend die im Juni 2000 geführten Ermittlungen zu GZ. P 5314/00, P 5323/Kr/00 und P 5784/00 im Protokollbuch des Gendarmeriepostens Vösendorf

dahin gehend zu ergänzen, dass gemäß § 90 Abs 1 StPO die vom Gendarmerieposten Vösendorf an die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien erstattete Strafanzeige zurückgelegt und die beim Jugendgerichtshof Wien zur Zahl 13 Vr 424/00 eingeleiteten gerichtlichen Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer eingestellt wurden.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§1 Abs 3, 27 Abs 1 und 3 sowie 58 DSG 2000; §§10 und 13 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl Nr 566/1991 idF BGBl I Nr 104/2002."

"In rechtlicher Hinsicht" wird die Entscheidung wie folgt begründet:

"§1 Abs 3 Z 2 DSG 2000 lautet (auszugsweise):

'(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

[...]

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.'

§ 27 Abs 1 und 3 DSG 2000 lauten:

'§27. (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar

1. aus eigenem, sobald ihm die Unrichtigkeit von Daten oder die Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung bekannt geworden ist, oder

2. auf begründeten Antrag des Betroffenen.

Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. [...] Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, daß ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und daß der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist, [...].

(3) Eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ist ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zuläßt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.'

§ 58 DSG 2000 lautet:

'§58. Soweit manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführte Dateien für Zwecke solcher Angelegenheiten bestehen, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung Bundessache ist, gelten sie als Datenanwendungen im Sinne des § 4 Z 7. § 17 gilt mit der Maßgabe, daß die Meldepflicht nur für solche Dateien besteht, deren Inhalt gemäß § 18 Abs 2 der Vorabkontrolle unterliegt.'

§ 10 SPG lautet:

'Landesgendarmeriekommanden, Bezirksgendarmeriekommanden

§10. (1) In Angelegenheiten des Sachaufwandes, in Personalangelegenheiten sowie in den übrigen die Organisation und Führung betreffenden Angelegenheiten unterstehen die Landesgendarmeriekommanden unmittelbar dem Bundesminister für Inneres (Gendarmeriezentralkommando).

(2) Die Angelegenheiten des inneren Dienstes der Landes- und Bezirksgendarmeriekommanden werden von diesen selbst besorgt. Ihnen obliegt die Organisation des Streifendienstes innerhalb des Landes oder des Bezirkes. Soweit sie für den inneren Dienst automationsunterstützt Daten verarbeiten, sind sie Auftraggeber (§3 Z 3 des Datenschutzgesetzes).'

Gemäß § 13 SPG ist die formale Behandlung der von den Sicherheitsdirektionen, den Bundespolizeidirektionen und der Bundesgendarmerie zu besorgenden Geschäfte vom Bundesminister für Inneres jeweils in einer einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen; hiebei ist auch zu bestimmen, in welchem Umfang diese formale Behandlung automationsunterstützt erfolgen darf.

Die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetz[es], BGBl Nr 566/1991 idF BGBl I Nr 104/2001 (SPG), über das Verwenden personenbezogener Daten im Rahmen der Sicherheitspolizei (4. Teil SPG, §§51 bis 80 SPG) sind im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da es sich bei den beschwerdegegenständlichen Dateien um solche für Zwecke der formalen (kanzleimäßigen) Behandlung der von der Bundesgendarmerie zu besorgenden Geschäfte (Kanzlei- und Büroorganisation, Aktenführung) handelt, die in § 13 SPG bzw. den dort vorgesehenen Ausführungsbestimmungen geregelt sind.

Es finden daher nur die Bestimmungen des DSG 2000 Anwendung.

Nach der vorliegenden Beschwerde sowie dem festgestellten Sachverhalt lassen sich unterscheiden:

1. Die den Beschwerdeführer betreffenden Papierakten

2. Die Steckzettel und die Protokolleintragung

Zu 1.) Papierakten:

Die Datenschutzkommission vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, 'dass ein behördenüblicher Papierakt weder eine automationsunterstützt geführte Datenanwendung noch eine manuelle Datei bildet, es daher keinen Anspruch auf Löschung von Daten aus einem solchen Akt, etwa durch Entfernen und Vernichten von einzelnen Blättern oder durch Unkenntlichmachung von einzelnen Schriftpassagen gibt'. Dies wurde zuletzt in den Bescheiden K120.828/002-DSK/2003 und K120.846/007-DSK/2003, jeweils vom , ... (mit weiteren Nachweisen) ausgesprochen. In diesen Entscheidungen hat die Datenschutzkommission auch bereits ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer angeführte Rechtsprechung des EGMR nichts an ihrer ständigen Rechtsprechung ändert, handelt es sich doch im einen Fall Amann gegen Schweiz (Urteil vom , Nr. 27798/95) um eine 'Indexkartei' der Schweizer Bundespolizeibehörde und keinen Papierakt und im anderen Fall ... Rotaru gegen Rumänien (Urteil vom , Nr. 28341/95) um über Jahrzehnte aufbewahrte Informationen des rumänischen Geheimdienstes 'Securitate' aus der Ära der kommunistischen Diktatur (Verstoß gegen Art 8 MRK).

Es ergibt sich also weder aus § 1 Abs 3 Z 2 noch aus § 27 Abs 1 DSG 2000 ein Recht auf 'Löschung' eines Papieraktes, sodass die Beschwerde hinsichtlich der Papierakten abzuweisen war.

Zu 2.) Steckzettel und Protokolleintragung:

Die Datenschutzkommission hat bereits in ihrem, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden, Bescheid vom , GZ. K120.754/006-DSK/2003, ... ausführlich begründet, dass sich aus den §§10 und 13 SPG und der darauf beruhenden Kanzleiordnung der Bundesgendarmerie die Zugehörigkeit der Dokumentation im Protokoll und die Führung der Steckzettelkartei zum inneren Dienst der Bundesgendarmerie und damit die - vom belangten Auftraggeber auch ausdrücklich in Anspruch genommene - Auftraggebereigenschaft des Landsgendarmeriekommandos für diese manuellen Dateien ergibt. Weiters wurde ausgeführt, dass aus § 58 DSG 2000 die Anwendbarkeit des § 27 DSG 2000 auf diese Dateien folgt.

In Fortführung dieser Überlegungen 2003 hat die Datenschutzkommission in den unter Pkt. 1. zitierten Bescheiden vom weiters ausführlich - hinsichtlich inhaltlich entsprechender Bestimmungen in der Kanzleiordnung der Bundespolizeidirektion Wien - dargelegt, dass sowohl die Eintragung im Protokollbuch als auch die Führung der Indexkartei lediglich einen behördeninternen Dokumentationszweck, und zwar die reine aktenmäßige Protokollierung eines unwidersprochen stattgefundenen Verwaltungshandelns, nämlich eines Ermittlungsverfahrens, erfüllen. Sie dienen nicht zur inhaltlichen Verwendung der Daten, sondern lediglich zur Dokumentation bzw. zur Wiederauffindung der entsprechenden Papierakten. Für eine Verwendung der Daten für andere Zwecke reicht dementsprechend § 13 SPG nicht aus, eine solche wäre nur möglich, wenn die Daten für eine andere der Behörde übertragene Aufgabe, etwa Ermittlungen im Dienst der Strafrechtspflege, notwendig sind und eine Interessenabwägung gemäß § 7 Abs 3 DSG 2000 durchgeführt wurde.

Somit steht der Dokumentationszweck dieser Daten gemäß § 27 Abs 3 DSG 2000 erster Satz einer Löschung entgegen. Es liegen jedoch auch im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 27 Abs 3 DSG 2000 zweiter Satz für eine Richtigstellung durch zusätzliche Anmerkungen vor. Somit war der Beschwerde insoweit Folge zu geben, dass der belangte Auftraggeber im Protokoll und in der Indexkartei die im Spruch bezeichneten Anmerkungen vorzunehmen hat. Das darüber hinaus gehende Begehren auf (vollständige) Löschung war abzuweisen."

1.3. Mit seiner auf Art 144 B-VG gestützten, wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte erhobenen Beschwerde wird der Bescheid der Datenschutzkommission im Spruchpunkt 2. bekämpft. Unter "Beschwerdepunkte" wird in der Beschwerde ausgeführt wie folgt:

"A. Steckzettel [&] Protokolleintragungen

Die [belangte Behörde] bB weist den Antrag des Bf auf Löschung der Daten mit dem Hinweis ab, dass sie in ihren Bescheiden vom zu den GZ K120.828/002-DSK/2003 bzw. K120.846/007/2003 dargelegt habe, dass sowohl die Eintragung im Protokollbuch als auch die Führung der Indexkartei lediglich einen behördeninternen Dokumentationszweck, und zwar die reine aktenmäßige Protokollierung eines unwidersprochen stattgefundenen Verwaltungshandelns erfüllen. Durch diesen Verweis auf die (ausführliche) Begründung in den Vorbescheiden[.] ist es angezeigt, sich mit dieser hier auseinander zu setzen.

Die bB führt darin aus, dass eine kanzleimäßige und damit 'formale' Dokumentation des Verwaltungshandelns datenschutzrechtlich nicht unzulässig sei[.] und daher die Voraussetzungen zur Löschung der Daten nicht vorlägen (K120.828/002-DSK/2003 ...).

Diese Begründung ist unverständlich.

Der Bf hat nie behauptet, dass 'eine kanzleimäßige und damit 'formale' Dokumentation des Verwaltungshandelns datenschutzrechtlich unzulässig' wäre. Selbstverständlich ist eine solche Dokumentation zulässig.

Aber auch die bB selbst erkennt ausdrücklich an, dass Daten nur solange verwendet werden dürfen als sie noch benötigt werden (K120.828/002-DSK/2003 ...; § 6 Abs 1 Z. 5, 7 Abs 3 DSK; § 63 SPG; § 1 Abs 1 und 2 DSG; Art 8 EMRK). Werden die dokumentierten Daten nicht mehr benötigt, so trifft dies auch auf die Dokumentationsdaten zu, die dann ebenfalls zu löschen sind. Der Dokumentationszweck einer Datenanwendung schliesst eine Löschung ja nicht absolut aus, sondern nur 'soweit [er] nachträgliche Änderungen nicht zuläßt' (§27 Abs 3 DSG). Werden die dokumentierten Daten nicht mehr benötigt, so lässt der Dokumentationszweck die Löschung dann eben zu. Eine andere Interpretation der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 27 (3) DSG wäre mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gem. § 1 Abs 1, 2 DSG und Art 8 EMRK unvereinbar.

Die den Bf betreffenden Daten werden nicht mehr benötigt.

Das Verfahren gegen den Bf ist eingestellt worden, weil sich die Unschuld des Bf herausgestellt hat, welche Einstellung, ebenso wie ein Freispruch, in Rechtskraft erwachsen ist (§§90, 363 StPO). Es steht daher fest, daß der Bf niemals eine strafbare Handlung intendiert hatte, woran keine staatliche Behörde mehr Zweifel äußern darf (EGMR: Asan Rushiti vs. A, ; Lamanna vs. A, ). Hat der Bf aber nie eine strafbare Handlung auch nur intendiert, so werden die Daten nicht mehr (weiter) benötigt (weder für sicherheitspolizeiliche noch für kriminalpolizeiliche Zwecke) (§63 SPG, § 27 DSG 2000, § 1 Abs 3 Z. 2 DSG 2000), weshalb sie zu löschen sind. Daran kann auch § 36 der Kanzleiordnung für die Bundesgendarmerie nichts ändern, denn mit 'besonderer Regelung' im Sinne des § 63 Abs 1 SPG kann wohl nur eine gesetzliche Regelung (wie jene des § 63 SPG selbst) gemeint sein, jedenfalls aber keine interne (im übrigen auch nicht kundgemachte) Kanzleiordnung (Weisung) ohne Verordnungsqualität, die im Außenverhältnis zu den Rechtsunterworfenen keinerlei Rechtswirkungen zu erzeugen vermag (so auch Hauer/Keplinger, SPG2, § 13 SPG Anm. B.1.). Schon gar nicht kann diese Kanzleiordnung verfassungsgesetzliche Löschungsverpflichtungen außer Kraft setzen (§1 DSG 2000; Art 8 EMRK).

Erfolgt diese Löschung nicht, so verletzt dies den Bf in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gem. § 1 DSG und Art 8 EMRK (EGMR: Amann vs. CH , par. 78ff; Rotaru vs. ROM [GC], ; , B1117/99). In Fällen, in denen trotz Einstellung infolge erwiesener Unschuld eine kriminelle Energie und damit eine weitere Gefahr konstatiert werden kann (freiwilliger Rücktritt vom Versuch, absolut untauglicher Versuch, Unzurechnungsfähigkeit, Unmündigkeit u.ä.), werden die Daten weiter benötigt und ist eine weitere Speicherung gerechtfertigt. Das ist aber beim Bf, der niemals einen Straftatbestand (zu dem alle objektiven und subjektiven Tatmerkmale gehören) setzen wollte, nicht der Fall.

Die Ansicht, daß die Weiterverarbeitung der Daten notwendig sei (wohl für allfällige künftige gerichtliche Vorerhebungen; wofür sonst?; Dokumentation ist ja kein Selbstzweck), ist mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten des Bf unvereinbar (§1 DSG 2000, Art 6 (2), 8, 14 EMRK; Art 7 B-VG, Art 2 StGG), darf der völlig unschuldige Bf doch nicht lediglich deshalb gegenüber anderen völlig unschuldigen Staatsbürgern, die ebenfalls niemals eine strafbare Handlung intendierten und niemals vertretbaren Verdacht auf sich zogen, (durch Vorrätighalten seiner Daten für allfällige künftige Strafverfahren, in denen diese Daten dann zu seinem Nachteil Verwendung finden) benachteiligt werden, weil er - anders als die anderen völlig unschuldigen Bürger - das Pech hatte, unschuldig (und unvertretbar) in Verdacht zu geraten und unschuldig (und unvertretbar) angezeigt zu werden (vgl. die obigen Judikaturnachweise).

Werden die Daten nicht mehr benötigt, so wäre nicht lediglich die Einstellung anzumerken, sondern sind die Daten zu löschen:

'Über die Verpflichtung zur Aktualisierung der ... Daten

hinaus besteht aber gemäß § 63 Abs 1 SPG auch eine Verpflichtung der

Sicherheitsbehörden zur Löschung der entgegen den Bestimmungen des

SPG ermittelten und gespeicherten Daten. ... § 63 Absl SPG sieht vor,

dass personenbezogene Daten zu löschen sind, sobald sie für die

Erfüllung der Aufgabe, für die sie verwendet worden sind, nicht mehr

benötigt werden, es sei denn, für ihre Löschung wäre eine besondere

Regelung getroffen worden. ... Daher besteht ... dann die

Verpflichtung zur Löschung der ... Daten, wenn die Speicherung als im

Dienste der Strafrechtspflege nicht mehr erforderlich anzusehen ist.'

()

Diese Löschungsverpflichtung ist auch durch die Notwendigkeit der Auffindbarkeit des Kopienaktes der sicherheitsbehördlichen Vorerhebungen ... nicht ausgeschlossen, weil der Kopienakt selbst nicht mehr benötigt wird und daher zu vernichten (oder zumindest zu anonymisieren) ist (§63 SPG; § 27 DSG 2000, § 1 Abs 3 Z. 2 DSG 2000). Ist schon die weitere (unanonymisierte) Aufbewahrung des Kopienaktes über die sicherheitsbehördlichen Vorerhebungen unzulässig, so gilt dies umsomehr für die Steckzettel und Protokolldaten, die der Auffindung dieses Kopienaktes dienen, zumal berechtigten Belangen der Kriminalstatistik auch durch anonymisierte Dokumentation der (bezüglichen) Aktenvorgänge Genüge getan werden kann.

Was die 'Nachvollziehbarkeit der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns' betrifft, so setzt sich dieser Rechtfertigungsversuch der bB ... in Gegensatz zur gesetzlichen Anordnung der §§63 SPG und 6 Abs 1 Z. 5, 7 Abs 3 DSG 2000. Mit der von der bB (in dem von ihr herangezogenen Vorbescheid) vorgebrachten Begründung wäre jede Löschung in diesen Fällen ausgeschlossen; sogar auch in Fällen wie jenen, die den o.a. Entscheidungen des EGMR zu Grunde lagen. Darüber hinaus ist die Nachvollziehbarkeit auch nach Löschung der Personenbezogenheit der Daten möglich. Die Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns, etwa einer Festnahme, hängt ja nicht vom Namen des Betroffenen sondern von den Umständen des behördlichen Handelns (Tatverdacht, Haftgründe etc.) ab, die auch bei Anonymisierung des Aktes weiterhin dokumentiert bleiben.

Schließlich ist der Name des Bf auch für die 'Nachvollziehbarkeit des Aktenlaufes' und 'die Wiederauffindung des Kopienaktes' mittels der Steckkarten und Protokolle nicht erforderlich. Der Name des Bf tut doch in diesem Zusammenhang nichts zur Sache. Akten können etwa auch anhand der Aktenzahl aufgefunden werden, Aktenläufe auch so nachvollzogen werden. Im übrigen ist jedenfalls für die Sicherstellung dieser Zwecke die Angabe (auch) des Deliktes, dessen der Bf verdächtigt wurde, auf der Steckkarte und im Protokoll nicht erforderlich. Zur Sicherstellung der Auffindbarkeit und zur Nachvollziehung des Aktenlaufes genügt die Aktenzahl vollauf. Wenn das LGK Nö die Akten (primär) nach Delikten oder Namen und nicht nach Aktenzahl ordnet und aufbewahrt, so ist dies als reine Frage der internen Organisation irrelevant, zumal angesichts der Verpflichtung zur Anwendung des gelindesten Mittels (§1 DSG 2000, Art 8 EMRK) und der Anweisung des BMI, daß sich der Sachverhalt (Akteninhalt) (damit etwa auch der Verdachtsgrund) im einzelnen erst bei Durchsicht des Aktes und nicht schon bei Einsicht in das Protokoll ergeben solle und die Dichte der verwendeten Daten auf den Zweck der Protokollierung zu beschränken sei (Erlaß , Zl. 94.762/15-GD/93, in Hauer/Keplinger, SPG2, § 13 SPG A.3.; beachte auch die dortige Anführung der Auffindbarmachung der Akten nach der Aktenzahl).

Im übrigen kann auch allfälligen berechtigten Belangen der Kriminalstatistik durch anonymisierte Dokumentation der (bezüglichen) Aktenvorgänge Genüge getan werden [...].

Sollte der zur Begründung herangezogene Akt nicht nur den Bf betreffen sondern auch die Dokumentation sicherheitsbehördlicher Ermittlungen gegen andere Personen beinhalten, so könnte die Ansicht vertreten werden, daß die darin enthaltenen personenbezogenen Daten des Bf (etwa seine Einvernahmeprotokolle) für die Evidenthaltung dieser Dokumentation hinsichtlich der anderen Personen weiter benötigt werden[.] und daher der Akt weder als Ganzes vernichtet noch hinsichtlich des Bf anonymisiert werden kann. Ob dies zutrifft, wäre allerdings einer genauen Prüfung zu unterziehen, und scheidet vor allem dann aus, wenn das Verfahren gegen sämtliche Verdächtigte mit einer rechtskräftigen Einstellung oder einem rechtskräftigen Freispruch endete, was zu prüfen wäre. Denn dann darf an der Unschuld sämtlicher betroffener Personen nicht mehr gezweifelt werden, und ist daher die Verarbeitung der Daten hinsichtlich aller dieser Personen nicht mehr notwendig (Judikaturnachweise oben). Diesbezügliche Feststellungen der bB fehlen jedoch völlig. Sie ignoriert diese Frage.

Selbst wenn der Verdacht hinsichtlich einzelner Betroffener aufrecht ist, was die bB infolge ihrer verfehlten Rechtsansicht nicht geprüft hat, und der Papierakt aus diesem Grund weder vernichtet noch hinsichtlich des Bf anonymisiert werden könnte, ist nicht zu ersehen, warum der Akt dann weiterhin nach dem Namen des (unschuldigen) Bf auffindbar sein sollte. Für die Dokumentationszwecke hinsichtlich der weiterhin verdächtigen (oder gar verurteilten) Personen genügt doch wohl die Auffindbarkeit nach deren Namen auf Grund der sie betreffenden Indexblätter ('Steckkarten').

Für allfällige Wiederaufnahmeverfahren (die Einstellung ist ja in Rechtskraft erwachsen: §§90, 363 StPO)[.] genügt (ebenso wie für die 'Nachvollziehbarkeit der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns') der Gerichtsakt völlig. Der beschwerdegegenständliche polizeiliche Papierakt ist ja nur ein bei der Sicherheitsbehörde verbliebenes Duplikat.

Unbeachtet ließ die bB auch, dass - wie das OLG Wien festgestellt hat (Beschluß vom , 21 Bs 348/00) - gegen den Bf überdies zu keiner Zeit ein Tatverdacht bestand; daß die sicherheitsbehördlichen Ermittlungen gegen den Bf unvertretbar waren und er die ihm erwachsenen Verteidigungskosten im Amtshaftungswege vom Bund erstattet erhalten hat (Finanzprokuratur GZ SM/210/3a; BMJ GZ 39.408/3-IV 3/02).

Obwohl der Bf darauf ausdrücklich hingewiesen hat, trifft die bB zu diesem wesentlichen Umstand keinerlei Feststellungen; ignoriert diese bedeutsame Frage. Nach § 1 DSG 2000 (iVm Art 8 Abs 2 EMRK) dürfen Sicherheitsbehörden personenbezogene Daten nur auf Grund gesetzlicher Ermächtigungen verarbeiten. Die Ermittlung und Verarbeitung von Daten im Zuge von (wie vom OLG Wien im vorliegenden Fall festgestellt: mangels jeden begründeten Tatverdachts) unvertretbar geführten Ermittlungen im Dienste der Strafjustiz ist unzweifelhaft rechtswidrig (vgl. insb. §§51ff SPG). Ihre Verarbeitung ist daher unzulässig, weshalb dem Bf ein Recht auf Löschung dieser Daten zukommt (§1 Abs 3 DSG 2000, § 27 DSG 2000, § 63 Abs 1 SPG). Eine weitere Verarbeitung und die Verweigerung der Löschung der Daten knüpft an die seinerzeitige Grundrechtsverletzung (unvertretbare Ermittlungen, Inhaftierung[.] und Strafverfahren ohne Anfangsverdacht; Art 3, 5, 6 EMRK) nun weitere für den Bf negative Folgen (Nichtlöschung und weitere Verarbeitung), was mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten des Bf unvereinbar ist (vgl. EGMR: Thlimmenos v. Greece , insb. par. 44, 47).

Der Bf wurde durch die Verweigerung der Löschung durch das LGK Nö in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (gem.

§1 Abs 3 Z. 2 DSG, Art 8 EMRK; Art 2 StGG; Art 7 B-VG) verletzt, woraus folgt, dass die bB die auf Löschung gerichtete Beschwerde nicht abweisen und lediglich die Anmerkung der Einstellung anordnen hätte dürfen, sondern die Löschung anzuordnen gehabt hätte. Dadurch dass sie dies nicht getan und damit im Effekt die Zulässigkeit der weiteren Verarbeitung der Daten bestätigt hat, hat sie selbst diese Rechte verletzt ().

B. Kopienakt

Recht auf Löschung (§1 Abs 3 Z. 2 DSG, Art 8 EMRK)

Die Ausführungen der bB zum 'Datei'begriff des § 1 Abs 3 DSG gehen schon deshalb ins Leere, weil die in den Kopienakten und den Protokollen und Steckzetteln enthaltenen personenbezogenen Daten als Gesamtheit zu sehen sind. Die Protokolle und Steckkarten dienen nach den Ausführungen der bB ja der Wiederauffindung der Kopienakten. Damit handelt es sich aber bei den personenbezogenen Daten (auch) in den Kopienakten um (Teile) eine(r) strukturierte(n) Sammlung, die (durch die Steckkarten und Protokolle) nach mindestens einem Kriterium (hier etwa dem Namen des Bf) zugänglich sind (§4 Z. 6 DSG). Die von der bB vorgenommene Trennung der personenbezogenen Daten im Kopienakt einerseits und den Protokollen und Steckkarten andererseits ist künstlich und entspricht nicht dem Schutzzweck des Gesetzes. Im übrigen kann die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs 3 DSG nicht anhand der einfachgesetzlichen, niederrangigeren Bestimmung des § 4 Z. 6 DSG ausgelegt werden, würde doch dann der einfache Gesetzgeber den Inhalt von Verfassungsnormen bestimmen. Der Begriff 'Datei' in § 1 Abs 3 DSG ist verfassungsautonom am Prinzip der Grundrechtseffektivität auszulegen und umfasst daher auch Kopienakte.

Darüber hinaus hat sich der Bf für seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Anspruch auf Löschung nicht nur auf § 1 (3) Z. 2 DSG berufen, sondern vor allem auch auf Art 8 EMRK, welche Verfassungsbestimmung jedenfalls einen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Anspruch auf Löschung (auch) unstrukturiert (konventionell) verarbeiteter Daten verleiht (vgl. EGMR: Amann vs. CH , par. 78ff; Rotaru vs. ROM [GC], ). Auch die einfachgesetzlichen Bestimmungen des § 63 SPG und des § 6 Abs 1 Z. 2 und Z. 5 DSG sind nicht auf personenbezogene Daten in Dateien beschränkt.

Der Kopienakt wird nicht mehr benötigt (siehe oben A.).

Der Bf wurde durch die Verweigerung der Löschung (Skartierung, Anonymisierung) durch das LGK Nö in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (gem. § 1 Abs 3 Z. 2 DSG, Art 8 EMRK; Art 2 StGG; Art 7 B-VG) verletzt, woraus folgt, dass die bB die auf Löschung gerichtete Beschwerde nicht abweisen hätte dürfen, sondern die Löschung anzuordnen gehabt hätte. Dadurch dass sie dies nicht getan und damit im Effekt die Zulässigkeit der weiteren Verarbeitung der Daten bestätigt hat, hat sie selbst diese Rechte verletzt ().

Recht auf eine wirksame Beschwerde (Art13 EMRK)

Das rechtsstaatliche Prinzip verlangt, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein effizientes System von Rechtsschutzeinrichtungen Gewähr dafür bietet, dass nur solche Akte in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe gesetzt werden (). Ein Rechtsschutzsuchender darf nicht generell einseitig mit den Folgen einer potentiell rechtswidrigen Entscheidung belastet werden (ebendort).

Genau das bewirkte aber die Rechtsansicht der bB.

Gem. dieser Rechtsansicht hat der Bf keinerlei Möglichkeit, [gegen] eine Rechtswidrigkeit der weiteren Verarbeitung/Evidenthaltung des Kopienaktes vorzugehen, die Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Da die Verweigerung der Löschung seitens des LGK Nö auch verfassungsgesetzlich gewährleistete subjektive Rechte unmittelbar verletzte, die sich aus der EMRK ergeben (Art8), muss dem Bf auch gem. Art 13 EMRK eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz eingeräumt sein.

Der bekämpfte Bescheid verletzte den Bf daher auch in seinem Recht auf eine wirksame Beschwerde gem Art 13 EMRK."

1.4. Die Datenschutzkommission hat die Akten vorgelegt und führt zur behaupteten Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten in der Gegenschrift aus:

"Steckzettelindex und Protokollbucheintragung am Gendarmerieposten Vösendorf

Das gesamte Datenschutzrecht, auch die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000, fußt auf der grundlegenden Einsicht, dass die Verarbeitung von Daten immer für einen bestimmten Zweck erfolgt, welcher gemäß § 6 Abs 1 Z 2 DSG 2000 festgelegt, eindeutig und rechtmäßig sein muss. Eine Änderung bzw. Erweiterung des Zwecks kann nur rechtmäßig sein, wenn auch der neue bzw. erweiterte Zweck diesen Anforderungen genügt. Als Konsequenz dieses Grundgedankens der Zweckbindung (Mayer-Schönberger/Brandl, Datenschutzgesetz 2000 19;

25) ist gemäß § 4 Z 12 DSG 2000 jede Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet desselben Auftraggebers bereits eine Übermittlung und muss den Voraussetzungen dafür (§6 Abs 1, §§7 und 8 DSG 2000) genügen.

Der grundlegende Irrtum in den Beschwerdeausführungen zu den Daten der Steckzettelkartei und des Protokollbuches liegt nun darin, dass behauptet wird, Dokumentation sei kein Selbstzweck. Es ist jedoch für jeden mit der Organisation eines Büros Vertrauten evident, dass es auch Einrichtungen bedarf, die ein vergangenes Verwaltungsgeschehen schlicht und einfach nachvollziehbar machen, es also dokumentieren, ohne irgendeinen anderen Zweck zu verfolgen. Genau das ist mit der Formulierung 'kanzleimäßige und damit 'formale' Dokumentation des Verwaltungshandelns' gemeint, die vom Beschwerdeführer als unverständlich bezeichnet wird. Derartige Daten mit Dokumentationszweck behandelt § 27 Abs 3 DSG 2000, der diesen Zweck damit ausdrücklich anerkennt und unter Rücksicht darauf ihre Löschung ausschließt. Die Verwendung des Wortes 'soweit' erklärt sich lediglich daraus, dass Daten manchmal neben dem Dokumentationszweck auch noch andere Zwecke erfüllen. In solchen Fällen sind sie eben soweit nicht zu löschen (sondern zu ergänzen), als der Dokumentationszweck dadurch beeinträchtigt würde. § 27 Abs 3 DSG 2000 anerkennt nicht mehr und nicht weniger als das Interesse an der späteren Nachvollziehbarkeit eines Handelns (insbesondere behördlichen Handelns), welches das Interesse des Einzelnen an der Löschung dieser Daten überwiegt. Gleichzeitig setzt er durch die Anordnung der Anmerkung von Richtigstellungen, wie sie von der Datenschutzkommission auch im vorliegenden Fall angeordnet wurden, angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen fest. Es kann nicht bestritten werden, dass Akten, auch wenn sich ein in ihnen enthaltener Verdacht als unbegründet erweist, auffindbar sein müssen, etwa für Maßnahmen der internen Revision, für Zwecke einer Kontrolle durch den Rechnungshof, für die nachträgliche Überprüfung des Handelns der behördlichen Organe (zB nach den §§43 und 44 BDG 1979) uä. Es handelt sich bei dieser Bestimmung damit um eine nach § 1 Abs 4 iVm Abs 2 DSG 2000 zulässige Einschränkung des Rechts auf Löschung nach § 1 Abs 3 Z 2 DSG 2000.

Der Begriff 'formale Behandlung' in § 13 SPG umfasst (unter anderem) die reine Aktenverwaltung und formularmäßige Protokollierung von Vorgängen (in der Art des Protokollbuches, also eine bloße chronologische Auflistung von Amtshandlungen) bei den dort genannten Einrichtungen. Diese 'formale Behandlung' ist von dem im 4. Teil des SPG geregelten Verwenden personenbezogener Daten 'im Rahmen der Sicherheitspolizei' streng zu unterscheiden. Daher ist auch das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. G94/00, welches sich mit § 63 Abs 1 SPG befasst, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Daten, die auf Grundlage des § 13 SPG verarbeitet werden, dürfen keineswegs ohne Hinzutreten weiterer Umstände im Rahmen des 4. Teils verwendet werden. Eine spätere Verwendung für diese Zwecke ist zwar nicht unter allen Umständen ausgeschlossen, dürfte allerdings, wie im angefochtenen Bescheid bereits ausgeführt, nur erfolgen, wenn eine Interessenabwägung nach § 7 Abs 3 DSG 2000 dies zuließe, womit jedenfalls dem Verhältnismäßigkeitsgebot des § 1 Abs 2 DSG 2000 Genüge getan ist.

Die auf Grundlage des § 13 SPG verarbeiteten Daten des Protokollbuches sowie des Steckzettelindex haben also Dokumentationszweck und unterliegen damit § 27 Abs 3 DSG 2000. Dem Löschungsbegehren des Beschwerdeführers konnte daher nur insoweit nachgekommen werden, als im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides eine Ergänzung ausgesprochen wurde. Das darüber hinaus gehende Löschungsbegehren war abzuweisen.

Alle Beschwerdeausführungen, die einen anderen Zweck der Daten in Protokollbuch und Steckzettelindex des Gendarmeriepostens Vösendorf behaupten, entbehren jeglicher Grundlage und gehen daher ins Leere.

Papierakt

Die belangte Behörde bleibt bei ihrer Rechtsauffassung, dass ein Papierakt weder eine automationsunterstützte Verarbeitung personenbezogener Daten noch eine manuelle Datei darstellt. Somit fällt er ebensowenig in den Anwendungsbereich von § 1 Abs 3 Z 2 DSG 2000 wie in jenen der einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmung des § 27 DSG 2000, sodass eine Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Löschung nicht in Betracht kommt.

Zur vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Rechtsprechung des EGMR wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen, wo bereits dargelegt wurde, dass es sich um nicht vergleichbare Sachverhalte handelt."

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen.

2.1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass dieser Beschwerde auch hinsichtlich der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht entstanden.

2.2. Der Beschwerdeführer hat sein Löschungsbegehren hinsichtlich der beim Gendarmerieposten Vösendorf manuell gespeicherten Daten an das Landesgendarmeriekommando Niederösterreich gerichtet. Die Datenschutzkommission hat mit Spruchpunkt 1. des bekämpften Bescheides zwar für die Karteikarte des Beschwerdeführers in der Indexkartei des Gendarmeriepostens und hinsichtlich der den Beschwerdeführer betreffenden Eintragungen im Protokollbuch die Ergänzungen angeordnet, dass die Strafanzeige zurückgelegt und die Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer eingestellt wurden. Im Übrigen wurde - so der allein angefochtene Spruchpunkt 2. - die Beschwerde abgewiesen und damit keine Löschung angeordnet.

2.3. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem über Beschwerde desselben Beschwerdeführers ergangenen Erkenntnis

B1158/03 vom - auf das verwiesen wird - erkannt hat, kann die in Protokollbuch und Indexkartei erfolgte Eintragung einer Person, auf die sich die polizeiliche Arbeit bezieht, nicht dem inneren Dienst zugerechnet werden. Auftraggeber war damit im vorliegenden Fall nicht eine ehemalige Gendarmeriedienststelle sondern die Bezirkshauptmannschaft Mödling als Sicherheitsbehörde.

2.4. Dadurch, dass die Datenschutzkommission der Löschungsbeschwerde gegen das unzuständige Landesgendarmeriekommando Niederösterreich nicht stattgegeben hat, hat sie den Beschwerdeführer, dem gegenüber dem Landesgendarmeriekommando ein Löschungsanspruch nicht zustand, in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

4. Der Ausspruch über die Kosten stützt sich auf § 88 VfGG. Kosten an die belangte Behörde als Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes waren nicht zuzusprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (VfSlg. 15.727/2000, 16.080/2001).