OGH vom 16.12.2016, 13Os114/16p

OGH vom 16.12.2016, 13Os114/16p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richters Mag. Vorderwinkler als Schriftführer in der Strafsache gegen Orhan A***** und andere Beschuldigte wegen Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB, AZ 12 St 56/16h der Staatsanwaltschaft Feldkirch, über den Antrag des Beschuldigten Samir J***** auf Erneuerung des Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss vom (ON 115) verfügte das Landesgericht Feldkirch die Beschlagnahme mehrerer Kleidungsstücke und eines Mobiltelefons mit der Begründung, dass diese Gegenstände im weiteren Verfahren als Beweismittel erforderlich sein werden (§ 109 Z 2 lit a StPO iVm § 115 Abs 1 Z 1 StPO).

Der dagegen in Bezug auf einen Gürtel und ein T Shirt erhobenen Beschwerde des Beschuldigten Samir J***** (ON 122) gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom (ON 135) nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Der hinsichtlich dieser Entscheidung erhobene Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens des Beschuldigten Samir J***** ist unzulässig.

Bei einem – wie hier – nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag handelt es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf. Demgemäß gelten alle gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK sinngemäß auch für solche Anträge (11 Os 132/06f, SSt 2007/79; RIS Justiz RS0122737).

Diesen Anfechtungsrahmen verlässt der Erneuerungsantrag, weil er bloß allgemein einen „Grundrechtseingriff“ behauptet, sich also nicht auf ein bestimmtes Konventionsrecht bezieht, und solcherart die Opfereigenschaft (Art 34 MRK) nicht schlüssig und substantiiert darlegt (15 Os 168/09h, RIS Justiz RS0124359 [T1]).

Sollte der Satz „Dies stellt die einzige Begründung dar, die das Gericht zweiter Instanz liefert, um dem Beschuldigten sein Eigentum vorzuenthalten“ als Einwand der Verletzung des Art 1 des 1. ZPMRK zu verstehen sein, genügt der Hinweis, dass ein gleichartiger Einwand in der Beschwerde (ON 122) gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom (ON 115) nicht vorgetragen worden ist, womit es insoweit an der Zulässigkeitsvoraussetzung der horizontalen Erschöpfung des Instanzenzugs (Art 35 Abs 1 MRK) mangelt (12 Os 125/08m, EvBl 2009/49, 325; RIS Justiz RS0122737 [T13]).

Nach der angefochtenen Entscheidung hat der Beschuldigte Samir J***** die in Rede stehenden Kleidungsstücke während der präsumtiven Tat getragen, aus welchem Grund das Beschwerdegericht die Zulässigkeit der Beschlagnahme auf § 115 Abs 1 Z 1 StPO stützte (BS 3). Eine Begründung dafür, warum die sichergestellten Kleidungsstücke – insbesondere mit Blick auf die Anordnung des § 253 StPO, Beweisgegenstände im Rahmen der Hauptverhandlung vorzulegen – nicht voraussichtlich im weiteren Verfahren als Beweismittel erforderlich sein werden, enthält der Erneuerungsantrag nicht. Damit lässt er aber auch nicht erkennen, warum § 115 Abs 1 Z 1 StPO hier nicht als Eingriffsnorm im Sinn des Art 1 des 1. ZPMRK heranzuziehen sein soll. Auch unter diesem Aspekt wird somit die Opfereigenschaft (Art 34 MRK) nicht deutlich und bestimmt dargelegt (vgl 13 Os 51/15x, 13 Os 90/15g, 13 Os 64/16k).

Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens war daher gemäß § 363b Abs 1 und 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung als unzulässig zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00114.16P.1216.000