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OGH vom 24.08.1998, 8Ob55/98s

OGH vom 24.08.1998, 8Ob55/98s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Konkurssache der Schuldnerin Erna H*****, Masseverwalter Dr.Harald Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Weisung betreffend die Pensionsbezüge der Schuldnerin, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Konkursgläubigerin B*****, vertreten durch Dr.Hans Peter Ullmann und Dr.Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 53 R 390/97b-32, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom , GZ 40 S 51/96-23, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Auf Grund eines Antrages der nunmehrigen Rekurswerberin, die Gläubigerin der nunmehr 91-jährigen Schuldnerin ist, die sich für Kredite ihres Sohnes verbürgt hatte, wurde am über das Vermögen der Schuldnerin der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr.Berger zum Masseverwalter bestellt. Die Schuldnerin bezieht eine Pension von S 28.951,28 vierzehnmal jährlich und lebt in einem Pensionistenheim, dessen Kosten zur Zeit des erstgerichtlichen Beschlusses durchschnittlich monatlich S 22.200,- betrugen.

Die Forderung der Rekurswerberin in Höhe von S 550.619,95 wurde vom Masseverwalter als Konkursforderung anerkannt. Einige Zeit später behauptete die nunmehrige Rekurswerberin, ihr seien die Pensionsbezüge der Schuldnerin mit Urkunde vom verpfändet worden, stellte einen Anspruch auf Ausfolgung all jener Bezüge, die von ihrem vertraglichen Pfandrecht umfaßt seien und ersuchte ihr Absonderungsrecht anzuerkennen. Gleichzeitig wandte sie sich auch an die pensionsauszahlende Stelle und ersuchte um Überweisung der pfändbaren Beträge.

Mit Schreiben vom beantragte die pensionsauszahlende Stelle "den Erlag gemäß § 307 EO" mit der Begründung, einerseits durch das Schreiben des Masseverwalters vom verpflichtet zu sein, den vollen Versorgungsbetrag auf das Massekonto zu überweisen, andererseits aber auch von der nunmehrigen Rekurswerberin aufgefordert worden zu sein, ihr Zahlungen auf Grund ihres vertraglichen Pfandrechtes zu leisten, weshalb sie das Konkursgericht "auf Grund dieser unklaren Sach- und Rechtslage um Bekanntgabe ersuche, an wen das Geld zu überweisen sei"; ab werde sie die unpfändbaren Bezüge an den Masseverwalter überweisen, die pfändbaren Bezüge hingegen bei Gericht hinterlegen.

Am beantragte der Masseverwalter die pensionsanweisende Stelle anzuweisen, die Heimkosten für die Schuldnerin direkt an das Pensionistenheim sowie an die Konkursmasse beginnend mit November 1997 monatlich einen Betrag von S 2.000,- als Taschengeld für die Schuldnerin zu überweisen. Das von der Rekurswerberin behauptete Absonderungsrecht bestritt er, weil nach seiner Meinung die behauptete Abtretungserklärung nicht rechtswirksam sei. Hierüber ist derzeit beim Landesgericht Salzburg ein von der Rekurswerberin angestrengtes Verfahren gegen den Masseverwalter anhängig, indem diese vorerst S 140.000,- begehrt und über das noch nicht rechtskräftig entschieden wurde.

Mit den angefochtenen Punkten I und III des Beschlusses vom , ON 23, wies das Erstgericht die bezugsanweisende Stelle an, zur Deckung der Altersheimkosten monatlich S 22.200,- an das Pensionistenheim, beginnend mit November 1997 und den darüber hinausgehenden Betrag auf das Massekonto zu überweisen; der Rechnungsführer wurde angewiesen, den von der bezugsanweisenden Stelle eingezahlten Betrag von S 14.142,18 auf das Massekonto zu überweisen. Es begründete seinen Beschluß damit, daß gemäß § 5 Abs 1 KO dem Schuldner das, was er durch eigene Tätigkeiten erwirbt, zu überlassen sei, soweit es zu einer bescheidenen Lebensführung notwendig sei; dies sei im Hinblick auf die hohen Heimkosten der gesamte Pensionsbezug.

Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs der Konkursgläubigerin und angeblichen Absonderungsberechtigten wurde vom Rekursgericht als unzulässig zurückgewiesen, ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes des Rekursgerichtes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Als tragenden Zurückweisungsgrund führte das Rekursgericht an, daß es sich bei dem angefochtenen Beschluß des Erstgerichtes inhaltlich um eine Weisung an den Masseverwalter bzw um die Genehmigung der Rechtshandlungen des Masseverwalters handle, gegen die gemäß § 84 Abs 3 zweiter Satz KO ein Rechtsmittel unzulässig sei.

Der gegen diesen Beschluß gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Rekurswerberin ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ein Rechtsmittel gegen einen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz auf Zurückweisung eines Rekurses ist ein Revisionsrekurs iSd § 528 ZPO, der nur unter dessen Voraussetzungen anfechtbar ist. Soweit er nicht nach § 528 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist - was hier wegen des S 50.000,- übersteigenden Wertes des Entscheidungsgegenstandes nicht der Fall ist -, ist er nur unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO wegen Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage anfechtbar (JBl 1994, 264 mit ausführlicher Stellungnahme zu den divergierenden Ansichten der Lehre; zuletzt 8 Ob 29/98t; Kodek in Rechberger, Komm ZPO § 526 Rz 5; § 528 Abs 1).

Diese Voraussetzungen liegen hier insofern vor, als - soweit ersichtlich - oberstgerichtliche Rechtsprechung zum tragenden Zurückweisungsgrund, nämlich zur Frage fehlt, ob es sich bei dem erstgerichtlichen Beschluß, mit dem die bezugsanweisende Stelle angewiesen wurde, zur Deckung der Alterheimkosten monatlich den Betrag von S 22.200,- an das Pensionistenheim, sowie den darüber hinausgehenden Betrag und den von der bezugsanweisenden Stelle beim Rechnungsführer erlegten Betrag auf das Massekonto zu überweisen, im Zusammenhang mit seiner Begründung, es handle sich hiebei um den dem Schuldner gemäß § 5 Abs 1 KO zu überlassenden, für eine beschiedene Lebensführung notwendigen Unterhaltsbetrag, und um eine § 84 KO zu unterstellende Maßnahme, die aus diesem Grund unanfechtbar sei.

Die Revisionsrekurswerberin stützt ihr Rekursrecht hauptsächlich auf ihre angebliche Stellung als Absonderungsgläubigerin. In dieser Funktion kommt ihr jedenfalls kein Rekursrecht zu, sodaß der Revisionsrekurs aus diesem Grund mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig wäre: Absonderungsansprüche unterliegen weder dem Anmeldungszwang noch dem Prüfungsverfahren. Ihre Geltendmachung ist, soweit sie nicht ohne dies erlöschen (hier nach § 12a Abs 1 KO binnen zwei Jahren nach Konkurseröffnung), nicht befristet und es kann zu ihrer Geltendmachung auch keine Frist bestimmt werden, wie dies bezüglich bestrittener Konkursforderungen in § 110 Abs 4 KO vorgesehen ist. Da aber durch die Unterlassung der Geltendmachung von Absonderungsansprüchen das Konkursverfahren nicht aufgehalten werden darf, muß gerade aus dem Umstand, daß vom Gesetz ein Zwang auf die Geltendmachung dieser Ansprüche nicht ausgeübt wird, gefolgert werden, daß im Bestreitungsfall auf diese Rechte im Konkursverfahren kein Bedacht zu nehmen ist, solange sie nicht rechtskräftig festgestellt sind (SZ 21/101). Hieraus folgt, daß dem angeblich Absonderungsberechtigten, solange der nicht anerkannte Absonderungsanspruch im Prozeßweg nicht rechtskräftig festgestellt ist, ebensowenig wie dem Aussonderungsberechtigten, dessen nicht anerkannter Aussonderungsanspruch noch nicht rechtskräftig festgestellt ist (EvBl 1964/35), ein Rekursrecht zukommt (8 Ob 29/98t), mag er auch ebenso wie der Aussonderungsberechtigte wirtschaftlich von der Entscheidung des Erstgerichtes indirekt betroffen sein.

Die Rechtsmittelwerberin erhob ihren Rekurs aber auch als Gläubigerin einer nicht bestrittenen Konkursforderung.

Daß dem einzelnen Konkursgläubiger im allgemeinen ein Rekursrecht im Zusammenhang mit der Überwachung des Masseverwalters nicht zusteht, ist durch oberstgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem IRÄG 1982 hat zwar § 84 Abs 3 KO idF des IRÄG 1982 dem einzelnen Konkursgläubiger ein Beschwerderecht gegen eine Maßnahme oder das Verhalten des Masseverwalters eingeräumt und bestimmt, daß über solche Beschwerden das Konkursgericht entscheide, zugleich aber kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung zugelassen. Der Rechtsmittelausschluß wurde als ausreichend angesehen, Verfahrensverzögerungen zu unterbinden (AB 1147 BlgNR 15. GP 11 und 23). Diesem Anliegen wurden der Vorrang vor einer Verbesserung des Rechtschutzes für den einzelnen Konkursgläubiger eingeräumt, denn es liegt auf der Hand, daß der durch die Verfahrensverzögerung drohende Nachteil oft schwerer wiegt als das Bedürfnis des beschwerdeeinbringenden Konkursgläubigers. Das Gesetz sieht daher nur vor, daß die Überwachung der Tätigkeit des Masseverwalters und das Weisungsrecht durch ein Beschwerderecht ergänzt werden. Über diese Beschwerde entscheidet aber das Konkursgericht unanfechtbar (EvBl 1986/22 = JBl 1986, 56; WBl 1987, 315; ebenso Bartsch/Heil, Insolvenzrecht4 RZ 270). Gleiches gilt, wenn das Konkursgericht in Ausübung seiner Überwachungsfunktion nach § 84 KO unmittelbar bindende Anordnungen trifft, zB, daß eine geltend gemachte Forderung nicht als Masseforderung zu befriedigen sei; auch für diesen Fall gilt der Rechtsmittelausschluß des § 84 Abs 3 KO (SZ 61/200).

Bleibt zu prüfen, ob dieser Rechtsmittelausschluß auch dann gilt, wenn das Konkursgericht mit dem Beschluß im Ergebnis über die Höhe des Betrages abspricht, der gemäß § 5 Abs 1 KO vom Masseverwalter dem Schuldner aus seinem selbst erworbenen Erwerbseinkommen, dem sein Pensionseinkommen gleichgestellt ist (SZ 55/140), als zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und für diejenigen, die gegen ihn einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt haben, als unerläßlich zu überlassen ist (dazu Bartsch in Bartsch/Pollak, KO, AO3 I 63 f; Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 229 ff; Bartsch/Heil aaO Rz 193, 198, 201).

Dagegen spricht vordergründig, daß der Oberste Gerichtshof Konkursgläubigern gegen Ausscheidungsbeschlüsse nach § 119 Abs 5 KO ein Rekursrecht zugestanden hat (MietSlg. 38.869) und daß die Konkursgläubiger auf das, was dem Gemeinschuldner zu seinem Unterhalt überlassen wird, nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung auch dann nicht greifen können, wenn es über das in § 5 Abs 1 KO genannte Ausmaß (mehr als das was für eine bescheidene Lebensführung unerläßlich ist) hinausgeht (SZ 41/53 = EvBl 1968/384; EvBl 1969/243 ua).

Eine nähere Überprüfung spricht jedoch auch hier für einen Rechtsmittelausschluß des einzelnen Konkursgläubigers. Zu bedenken ist, daß die Ausscheidung nach § 119 Abs 5 KO eine gänzlich andere Funktion hat (die Verwertung soll dadurch erleichtert und beschleunigt werden, daß unbedeutende Sachen und Forderungen, deren Eintreibung keinen ausreichenden Erfolg verspricht, ausgeschieden werden) und daß die Ausscheidung dort nur unter bestimmten formellen Voraussetzungen (Beschluß des Gläubigerausschußes und Genehmigung durch das Konkursgericht) möglich ist, sodaß sich eine analoge Behandlung der Rekurslegitimation nicht aufdrängt, zumal es näherer Überprüfung bedürfte, ob dieses Rekursrecht des einzelnen Gläubigers im Hinblick auf die Entwicklung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu den §§ 116 und 117 KO (ecolex 1991, 847 = EvBl 1992/9; SZ 69/124) aufrecht erhalten werden könnte.

Um den Schuldner zu einer Tätigkeit zu ermuntern (Petschek/Reimer/Schiemer aaO 229), ist ihm dasjenige, was er durch eigene Tätigkeit erwirbt, zu überlassen, soweit es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und für diejenigen, die gegen ihn einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt haben, unerläßlich ist. Der Schuldner hat in diesem Umfang einen Anspruch auf sein eigenes Erwerbseinkommen (dem - wie erwähnt - Pensionsbezüge gleichgesetzt werden). Eines formellen Beschlusses bedarf es nicht: Der Masseverwalter hat ihm diesen Betrag zu überlassen; dies kann ausdrücklich oder auch stillschweigend geschehen. Das Konkursgericht braucht nicht eingeschaltet zu werden (- lediglich hinsichtlich des dem Gemeinschuldner aus der Masse allenfalls zu gewährenden Unterhalts, der aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das eigene Einkommen der Schuldnerin nicht zur Debatte steht, bedarf es gemäß § 5 Abs 2 KO der Zustimmung des Gläubigerausschusses -). Die Überlassung des notwendigen Einkommens gehört zu den Obliegenheiten des Masseverwalters (§ 83 KO). Es genügt, daß die diesen Obliegenheiten entsprechenden Handlungen des Masseverwalters, auch wenn dieser dem Schuldner einen angeblich zu hohen Teil seines Erwerbs- oder Pensionseinkommens überlassen hat, im Wege des § 84 KO überprüft werden: Dem einzelnen Konkursgläubiger wird ein Beschwerderecht an das Gericht eingeräumt, der darüber ergangene Beschluß des Gerichtes ist aber unanfechtbar. Alles, was oben im allgemeinen zum Beschwerde-, aber mangelndem Rekursrecht des einzelnen Konkursgläubigers ausgeführt wurde, gilt auch hier. Es wäre unzweckmäßig, das Konkursverfahren durch die Möglichkeit, die Höhe des vom Masseverwalter dem Schuldner zu überlassenden Unterhaltsbetrages, der individuell zu bestimmen ist (die Untergrenze wird durch die Höhe jener Einkommensteile bestimmt, die der Exekution nicht unterworfen sind [Bartsch/Heil aaO Rz 193]), im Rechtsmittelverfahren überprüfen zu lassen, zu verzögern, zumal sich die Bedürfnisse jederzeit (zB durch Krankheit) ändern können.

Eklatanten Mißbräuchen kann mit Schadenersatzansprüchen gegen den Masseverwalter bzw allfälligen Amtshaftungsansprüchen gegen das Konkursgericht hinreichend begegnet werden. Von einem solchen kann im vorliegenden Fall keinesfalls gesprochen werden: daß eine 91jährige Person meist in einem Altersheim versorgt werden muß, entspricht ebenso der allgemeinen Lebenserfahrung, wie der Umstand, daß Heimkosten hoch sind; die hier auflaufenden Kosten halten sich durchaus im Rahmen des üblichen.

Soweit die Revisionsrekurswerberin meint, das Erstgericht wäre gar nicht als Konkursgericht, sondern als Erlagsgericht iSd § 307 EO tätig geworden, ist ihr entgegen zu halten, daß im Fall eines Konkurses die einschlägigen Bestimmungen der EO durch die KO verdrängt werden, sofern nicht ausdrücklich - wie zB im § 119 KO - auf die EO verwiesen wird. Hievon ging offensichtlich auch die Drittschuldnerin, nämlich die pensionsanweisende Stelle aus, ersuchte sie doch das Konkursgericht um Weisung, wie sie mit den Pensionsbezügen in Zukunft zu verfahren habe.