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OGH vom 29.05.1996, 9ObA2023/96g

OGH vom 29.05.1996, 9ObA2023/96g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Anton Liedlbauer als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1.) Anna R*****, Pensionistin, ***** 2.) Aloisia A*****, Pensionistin, *****

3.) Margarete L*****, Pensionistin, ***** und 4.) Bruno S*****, Pensionist, ***** sämtliche vertreten durch Dr.Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei A.G*****-AG, ***** vertreten durch Dr.Rainer Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.) S 7484,-- brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000,--) 2.) S 7.131,-- brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000,--), 3.) Feststellung (Streitwert S 15.000,--) und 4.) S 6.891,-- brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 46/95-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 25 Cga 151/93w-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im noch streitverfangenen Umfang der Stattgebung der Klagebegehren aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird in diesem Rahmen an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Sämtliche Kläger waren zumindest 25 Jahre bei der beklagten Partei beschäftigt. Die Erstklägerin ist seit , die Zweitklägerin seit , die Drittklägerin seit und der Viertkläger seit im Ruhestand. Nach ihrer Pensionierung bezogen sie bis Mai 1992 der Höhe nach unterschiedliche Lebenshaltungskostenzuschüsse, die auf Vereinbarungen zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat in den Jahren 1956, 1962 und 1963 zurückgingen. Die Höhe der Zuschüsse ergab sich aus einer diesen Vereinbarungen angeschlossenen Tabelle.

Mit den vorliegenden Klagen begehren sie die Differenzbeträge zu ihren Betriebspensionen und die Feststellung, daß ihnen ab ein der Höhe nach bestimmter Zuschuß gebühre, der jährlich um den Prozentsatz der Erhöhung der Kollektivvertragsgehälter nach dem Kollektivvertrag der Handelsangestellten anzuheben sei. Die beklagte Partei habe ihre Zuschüsse seit Mai 1992 nicht mehr valorisiert und die Zuschüsse selbst ab um ein Drittel gekürzt. Zu dieser Vorgangsweise sei die beklagte Partei nicht berechtigt gewesen, weil die Kläger einen unwiderruflichen einzelvertraglichen Anspruch auf die schon jahrelang anstandslos ausgezahlte Betriebspension erworben hätten.

Die beklagte Partei beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Aus Punkt 7 der Betriebsvereinbarung vom ergebe sich einerseits, daß die aus der Betriebsvereinbarung ersichtlichen Leistungen keineswegs vorbehaltlos zugesagt worden seien und andererseits, daß dem Betriebsrat ausdrücklich Vollmacht erteilt worden sei, auch die Pensionisten des Betriebes bei Verhandlungen über diese Leistungen zu vertreten. Mit Betriebsvereinbarung vom sei vereinbart worden, die Valorisierung der Zuschußleistung für das Jahr 1992 auszusetzen. Die Kläger hätten durch die vorbehaltlose Entgegennahme der nicht valorisierten Leistung dieser Maßnahme konkludent zugestimmt. Aufgrund des in Punkt 7 der Betriebsvereinbarung vom verankerten Rechts der beklagten Partei auf Kürzung der Zuschüsse sei ungeachtet des Umstandes, daß der Betriebsrat dieser weiteren Maßnahme nicht zugestimmt habe, der Lebenshaltungskostenzuschuß ab Februar 1993 bis Jänner 1996 wirksam um ein Drittel gekürzt worden. Die wirtschaftliche Lage der beklagten Partei habe sich so wesentlich verschlechtert, daß ihr die vollständige Aufrechterhaltung der in der Betriebsvereinbarung vom zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden könne.

Das Erstgericht gab den Leistungsbegehren zur Gänze und den Feststellungsbegehren dahin statt, daß der Lebenshaltungskostenzuschuß jeweils jährlich um den Prozentsatz "der Erhöhung oder Verminderung der Kollektivvertragsgehälter nach dem Kollektivvertrag der Handelsangestellten zu verändern" sei. Das nur auf eine prozentmäßige Erhöhung des Zuschusses gerichtete Mehrbegehren wies es ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Geschäftsleitung und der Angestelltenbetriebsrat der Rechtsvorgänger der beklagten Partei schlossen mit Wirkung vom eine Vereinbarung über die Zuerkennung eines Lebenshaltungskostenzuschusses, die auszugsweise lautet wie folgt:

1.) Angestellte, die nach 25-jähriger ununterbrochener Zugehörigkeit zu einer der beiden Firmen wegen Erreichung der Altersgrenze, wie sie im ASVG einschließlich der 8.Novelle vorgesehen ist, aus dem Dienste scheiden, erhalten die ihnen nach den Bestimmungen des Angestelltengesetzes in der jetzt gültigen Fassung gebührende Abfertigung in 12 gleichen Monatsbeträgen, welche monatlich im vorhinein zur Auszahlung gelangen .....

3.) Die Gesellschaften verpflichten sich, den Angestellten, welche nach 25-jähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit wegen Erreichung der Altersgrenze aus dem Dienst ausscheiden, einen Lebenshaltungskostenzuschuß bis zum Lebensende des Empfängers auszubezahlen. Dieselbe Verpflichtung wird auch für den Fall der Berufsunfähigkeit unter der Voraussetzung übernommen, daß der Anspruchsberechtigte ebenfalls mindestens 25 Jahre ununterbrochen in den Diensten einer der beiden Gesellschaften gestanden ist und von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten als berufsunfähig erklärt wird....

4.) Der erste Lebenshaltungskostenzuschuß ist in jedem Fall 12 Monate nach dem Ausscheiden des anspruchsberechtigten Angestellten aus dem Dienstverhältnis zu leisten. Der Zuschuß wird monatlich im vorhinein ausbezahlt, jeweils am 1.Juli und am 1.Dezember eines jeden Jahres erfolgt die Auszahlung eines zusätzlichen Zuschußbetrages.

5.) Die Höhe des Zuschusses ergibt sich aus der beigefügten Tabelle, welche einen Bestandteil dieser Vereinbarung bildet. Die in dieser Tabelle ausgewiesenen Beträge, erhöhen oder vermindern sich automatisch um jenen Prozentsatz, um den sich die kollektivvertraglichen Gehaltssätze der Handelsangestellten der bezüglichen Beschäftigungsgruppe gegenüber dem Stand verändern.

6.) Bei Ableben des anspruchsberechtigten Angestellten erhalten der Gatte oder die Gattin beziehungsweise die minderjährigen Kinder den Zuschuß für den Sterbemonat und für 4 darauffolgende Monate. Diese Summe kann von den vorstehend angeführten Personen auch in einem Betrag verlangt werden, um die Beerdigungskosten zu bestreiten.

7.) Die Geschäftsleitung und der Betriebsrat verpflichten sich, Verhandlungen mit dem Ziele, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, aufzunehmen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, daß ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann....

8.) Prinzipiell kann der männliche Angestellte nach den Bestimmungen der 8. Novelle des ASVG mit 60 Jahren, bzw die weibliche Angestellte mit 55 Jahren in den Ruhestand treten, wenn der Stichtag im Jahre 1966 oder in den folgenden Jahren liegt. Hierauf basieren die in der angeschlossenen Tabelle festgesetzten Zuschußbeträge. Für jedes Jahr, das ein Angestellter (eine Angestellte) später in Pension geht, ist der in der angeschlossenen Tabelle festgesetzte Zuschußbetrag um 3 %, höchstens aber um insgesamt 15 % zu erhöhen.

9.) Die vorliegende Vereinbarung tritt an die Stelle derjenigen vom einschließlich der in der Verhandlung vom getroffenen ergänzenden Bestimmungen.

Mit Vereinbarung vom wurde "in Wiederholung der am getroffenen Vereinbarung nunmehr nochmals schriftlich folgendes festgestellt":

1.) Angestellte, die nach 25-jähriger ununterbrochener Zugehörigkeit zu einer der beiden Firmen wegen Erreichung der Altersgrenze, wie sie im ASVG einschließlich der 8.Novelle vorgesehen ist, aus dem Dienste scheiden, erhalten die ihnen nach den Bestimmungen des Angestelltengesetzes in der jetzt gültigen Fassung gebührende Abfertigung in 12 gleichen Monatsbeträgen, welche monatlich im vorhinein zur Auszahlung gelangen.

2.) Stirbt der Anspruchsberechtigte vor der völligen Auszahlung der ihm nach Punkt 1) dieser Vereinbarung zustehenden Abfertigung, so sind die gerichtlich ausgewiesenen Erben berechtigt, die sofortige Auszahlung des Restbetrages zu verlangen.

3.) Die Gesellschaften verpflichten sich, den Angestellten, welche nach 25-jähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit wegen Erreichung der Altersgrenze aus dem Dienst ausscheiden, einen Lebenhaltungszuschuß bis zum Lebensende des Empfängers auszubezahlen....

4.) Der erste Lebenhaltungszuschuß ist in jedem Falle 12 Monate nach dem Ausscheiden des anspruchsberechtigten Angestellten aus dem Dienstverhältnis zu leisten. Der Zuschuß wird monatlich im vorhinein ausbezahlt, jeweils am 1.Juni und am 1.Dezember eines jeden Jahres erfolgt die Auszahlung eines zusätzlichen Zuschußbetrages.

5.) Die Höhe des Zuschusses ergibt sich aus der beigefügten Tabelle, welche einen Bestandteil dieser Vereinbarung bildet. Die in dieser Tabelle ausgewiesenen Beträge erhöhen oder vermindern sich automatisch um jenen Prozentsatz, um den sich die kollektivvertraglichen Gehaltssätze der Handelsangestellten der bezüglichen Beschäftigungsgruppe gegenüber dem Stand verändern......

7.) Die Geschäftsleitung und der Betriebsrat verpflichten sich, Verhandlungen mit dem Ziele, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, aufzunehmen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, daß ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann.

8.) Prinzipiell kann der männliche Angestellte nach den Bestimmungen der 8.Novelle des ASVG mit 60 Jahren, bzw die weibliche Angestellte mit 55 Jahren in den Ruhestand treten, wenn der Stichtag im Jahre 1966 oder in den folgenden Jahren liegt. Hierauf basieren die in der angeschlossenen Tabelle festgesetzten Zuschußbeträge. Für jedes Jahr, das ein Angestellter (eine Angestellte) später in Pension geht, ist der in der angeschlossenen Tabelle festgesetzte Zuschußbetrag um 3 %, höchstens aber um insgesamt 15 % zu erhöhen.

9. Die vorliegende Vereinbarung tritt an die Stelle derjenigen vom einschließlich der in der Verhandlung vom getroffenen ergänzenden Bestimmungen.

Auf der Basis dieser "Betriebsvereinbarung" erhielten die Kläger seit ihrer Pensionierung zu ihren ASVG-Pensionen von etwa S 11.000,-- bis S 15.000,-- netto den Lebenshaltungskostenzuschuß, der 1992 zwischen S 2.225,-- und S 2.748,-- brutto betrug, bis Mai 1992 in ungeschmälerter Höhe ausgezahlt. Es bedurfte keiner Antragstellung; die Pensionisten erhielten lediglich ein Schreiben oder eine mündliche Mitteilung, daß nach Ablaufen des Abfertigungszeitraumes ein Lebenhaltungskostenzuschuß gezahlt werde. Ein Widerrufsvorbehalt war darin nicht enthalten. Die Auszahlung des Zuschusses erfolgte in der Regel an der Hauptkasse des Unternehmens. Dem lag die Intention zugrunde, daß die Pensionisten die Zuschußleistung wenigstens zum Teil durch Einkäufe wieder ausgeben sollten.

Aufgrund einer Richtlinie der Muttergesellschaft K*****, daß alle Firmenpensionen zu kürzen seien, kam es vorerst zur Betriebsvereinbarung vom . Nach dieser Betriebsvereinbarung wurde für 1992 die Valorisierung ausgesetzt, so daß für 1992 die Werte des Jahres 1991 maßgeblich waren. Mit Schreiben vom April 1992 ersuchte die Leiterin des Personalwesens die Bezieher eines Lebenshaltungskostenzuschusses um Verständnis für die zufolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten getroffene Maßnahme und forderte diesen Personenkreis auf, die Kopie des Schreibens zum Zeichen der Zustimmung unterfertigt an die Konzern-Personalleitung zurückzusenden. Der Viertkläger sandte dieses Schreiben mit der Bemerkung zurück, daß er die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht verursacht habe und daher mit einer Aussetzung nicht einverstanden sei. Die Erst- und Drittklägerin zeigten keine Reaktion. Lediglich die Zweitklägerin sandte die Kopie des Schreibens unterfertigt zurück. Ab Mai 1992 gewährte die beklagte Partei nur mehr den nicht valorisierten Zuschuß, der jenem des Jahres 1991 entsprach.

Mit Schreiben vom teilte die beklagte Partei den Empfängern des Lebenshaltungskostenzuschusses mit, daß nach der Aussetzung der Valorisierung für 1992 noch ein neuerlicher Gesundungsbeitrag zu leisten sei. Es werde daher vorgeschlagen, für die Zeit vom Februar 1993 bis Jänner 1996 vorübergehend freiwillig auf ein Drittel des Zuschusses zu verzichten. Ab Februar 1996 werde der Anspruch wieder in voller Höhe aufleben. Der Viertkläger widersprach ausdrücklich; die übrigen Klägerinnen unterfertigten die beigelegte Zustimmungserklärung nicht. Dennoch kürzte ihnen die beklagte Partei den Zuschuß mit Februar 1993 um ein Drittel.

Eine Zustimmung des Betriebsrats zu dieser weiteren Kürzung lag nicht vor. Die Betriebsratsvorsitzende hatte ein diesbezügliches Ansinnen aufgrund von Medienberichten, nach denen der Generaldirektor des K***** erklärt hatte, daß sich "der G*****" im Zusammenhang mit einem Kaufanbot für das Warenhaus "S*****" einen entgangenen Zinsgewinn von monatlich rund S 11 Mio leisten könne, abgelehnt.

Die beklagte Partei zahlte an Pensionsleistungen jährlich S 7,785.119,--; davon entfielen auf leitende Angestellte S 1,182.000,--. Der Reinverlust 1991 betrug S 22,448.031,61. 1992 bestand ein Jahresverlust unter Berücksichtigung der Auflösung unversteuerter Rücklagen von 23,2 Mio S. 1993 betrug der Jahresverlust S 18,546.876,98. Für 1994 lag noch kein Geschäftsergebnis vor. Für 1995 wurde ein positives Ergebnis erwartet. Die beklagte Partei konnte 1991 durch Personalabbau 14 Mio S und 1992 und 1993 7,3 Mio S an operativen Personalkosten einsparen. Durch die Aussetzung der Valorisierung der Treueprämie für ca 850 aktive Arbeitnehmer wurde eine Einsparung von rund S 500.000,-- erzielt. Das Aussetzen des Jahressprunges und der Valorisierung erbrachte 1993 eine Ersparnis von 1,1 Mio S. Neben kleineren Einsparungen wurden für 959 Arbeitnehmer die freiwilligen Sozialleistungen in der Größenordnung von 3 bis 5 Mio S gestrichen. Ab neu eintretende Arbeitnehmer kamen nicht mehr in den Genuß der Pensionsregelung nach der "Betriebsvereinbarung" aus dem Jahre 1963.

Von der Kürzung der Lebenshaltungs- kostenzuschüsse sind 295 Pensionisten betroffen. Ihre Pensionseinkünfte verringerten sich dadurch insgesamt um mehr als 10 bis ca 20 %. Die auf einzelvertraglichen Regelungen beruhenden Vorstandspensionen wurden nicht gekürzt.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Betriebsvereinbarung vom der Vorschrift des § 97 Abs 1 Z 18 ArbVG zu unterstellen sei. Daraus folge, daß Regelungen zugunsten ausgeschiedener Mitarbeiter, die auf einer früheren Betriebsvereinbarung beruhen, durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung nicht mehr abgeändert werden können. Die Betriebsvereinbarung vom bleibe daher ohne Auswirkung auf die Ansprüche der Kläger. Im Augenblick ihres Ausscheidens aus dem Betrieb habe sich die als Inhaltsnorm wirkende Ruhegeldzusage in der Betriebsvereinbarung in einen vertraglichen Anspruch der Pensionisten gegen den ehemaligen Arbeitgeber umgewandelt.

Der Betriebsvereinbarung vom sei kein Widerrufsvorbehalt zugunsten der beklagten Partei zu entnehmen. Die Ruhegeldzusage könne daher selbst bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht einseitig abgeändert werden. Eine konkludente Zustimmung der Kläger zur Kürzung der Zuschüsse liege nicht vor, da sie dem Vorschlag der Personalleitung teils widersprochen und teils nicht in der verlangten Form entsprochen hätten.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß es sich bei den Vereinbarungen aus den Jahren 1962 und 1963 um wirksame und zulässige Betriebsvereinbarungen gehandelt habe, die gemäß § 164 Abs 2 ArbVG durch das Arbeitsverfassungsgesetz in ihrer rechtlichen Existenz nicht berührt worden seien. Die Betriebsvereinbarungen seien nunmehr der Bestimmung des § 97 Abs 1 Z 18 ArbVG zu unterstellen. Demnach könnten diese Regelungen durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung nicht mehr generell abgeändert werden. Die Betriebsvereinbarung vom habe daher keinen Einfluß auf die Ansprüche der Kläger nehmen können. Der Betriebsvereinbarung vom sei andererseits kein Widerrufsvorbehalt der beklagten Partei zu entnehmen.

Abgesehen davon verliere eine vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer regelmäßig gewährte Leistung, mit welcher der Arbeitnehmer rechnen könne, den Charakter der Freiwilligkeit und begründe einen Anspruch auf Zuwendung, wenn sie mangels ausdrücklicher Betonung des freiwilligen, unverbindlichen und jederzeit widerruflichen Charakters der Leistung den Willen des Arbeitgebers, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringe und durch die gleichfalls schlüssige Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge werde. Ein solches Verhalten habe die beklagte Partei gesetzt, da sie bis 1992 valorisierte Pensionszuschüsse ungekürzt an eine Vielzahl von früheren Arbeitnehmern ausgezahlt habe, ohne auf die Freiwilligkeit und Widerruflichkeit hinzuweisen. Eine derartige Zusage einer Ruhegeldleistung könne selbst bei einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des ehemaligen Arbeitgebers nicht einseitig abgeändert oder angepaßt werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werden. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Die Weitergeltung von vor dem abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen hat gemäß § 164 Abs 2 ArbVG zur Voraussetzung, daß es sich dabei um nach dem BRG zulässige Betriebsvereinbarungen handelt (vgl Floretta in Floretta/Strasser, HandkommzArbVG § 164 Erl 2; dieselben ArbVG2 § 164 Anm 4; Floretta, Das rechtliche Schicksal der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ArbVG geltenden Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen, DRdA 1974, 245 ff ua). Nun bestand aber im Zeitpunkt der gegenständlichen Vereinbarungen nach den damals geltenden §§ 14 Abs 2 BRG und 22 KVG keine Kompetenz des Betriebsinhabers und des Betriebsrats, eine Betriebsvereinbarung betreffend Betriebspensionen abzuschließen (Floretta/Strasser, Kommz BRG2 236 ff; Strasser, Die Betriebsvereinbarung (1957), 69 ff, 128 ff; Tomandl in ZAS 1989, 103; derselbe: Nochmals, Betriebsvereinbarungen über Betriebspensionen, ZAS 1996 46 ff, 47; Schrammel in DRdA 1994, 318; DRdA 1994/24 [Schrammel]; DRdA 1996/13 [Resch] ua). Daraus folgt, daß den ohne Rechtsgrundlage "abgeschlossenen" (unzulässigen) Betriebsvereinbarungen mangels einer konkreten Regelungsbefugnis weder eine normative noch eine schuldrechtliche Rechtswirkung zukommt (Floretta in Floretta/Strasser, HandkommzArbVG § 164 Erl 2).

Da die Vereinbarungen vom und keine zulässigen Betriebsvereinbarungen sind, wurde ihr Regelungsinhalt Grundlage der einzelvertraglichen Ergänzung der jeweiligen Arbeitsverträge (vgl Strasser in Floretta/Spielbüchler/Strasser, ArbR3 II 389 ff mwH;

Cerny in Cerny/B.Schwarz/Trenner, ArbVG Band 4 § 164 Erl 3; Arb 8820;

DRdA 1992/16; DRdA 1994/24 [Schrammel] mwH; DRdA 1996/13 [Resch] mwH uva). Demgemäß ist nicht nur der die Arbeitnehmer ausschließlich begünstigende, sondern der gesamte Inhalt der Vereinbarungen, auf welche sich die Kläger ansonsten berufen, beachtlich. Auch Punkt 7 der Vereinbarungen ist Inhalt der Einzelverträge geworden, wobei der Umstand, daß der Kürzungs- oder Einstellungsvorbehalt bisher nicht weiter releviert wurde, keine Rolle spielt, zumal sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der beklagten Partei erst in der den Anlaßfällen zugrundeliegenden Zeit verschlechterten. Damit ist aber der beklagten Partei für den Fall, daß sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, daß ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann (vgl § 8 Abs 1 Z 2 BPG: ...... eine Gefährdung des Weiterbestandes des Unternehmens zur Folge hätte .....) ein nach billigem Ermessen auszuübendes Gestaltungsrecht eingeräumt worden, das überdies an die Zustimmung des Betriebsrats gebunden ist (vgl DRdA 1992/16 [Apathy]; DRdA 1996/13 [Resch] mwH).

Entgegen der Ansicht der beklagten Partei begründet der Vorbehalt nach Punkt 7 der Vereinbarungen kein einseitiges Gestaltungsrecht ohne diese Zustimmung. Die diesbezügliche Vereinbarung enthält lediglich die Verpflichtung der Betriebspartner, ernsthaft nach Treu und Glauben über die Kürzung oder Einstellung der Leistungen zu verhandeln (DRdA 1990/35 [ablehnend Strasser]); kommt es zu keiner Einigung, hat es bei den zugesagten Leistungen zu verbleiben. Der Betriebsvereinbarung vom , mit welcher die Valorisierung für das Jahr 1992 ausgesetzt wurde, kommt zwar nicht als normative Betriebsvereinbarung, die nicht verschlechternd auf Einzelarbeitsverträge einwirken könnte, aber insofern Beachtlichkeit zu, als durch die Zustimmung des Betriebsrat zu dieser Maßnahme ein nach Billigkeitsgrundsätzen beschränktes Eingriffsrecht der beklagten Partei ermöglicht wurde. Für die befristete Kürzung der Lebenshaltungskostenzuschüsse um ein Drittel besteht jedoch keine rechtliche Grundlage. Mangels einer vertraglichen Eingriffsmöglichkeit erfordert es der Grundsatz der Vertragstreue, daß selbst bei einer wesentlichen Verschlechterung der Wirtschaftslage eine einseitige Änderung der Pensionsansprüche nicht in Frage kommt (vgl DRdA 1989/30 [zust Rummel, Betriebspension in der Krise - Widerruf wegen Dürftigkeit? DRdA 1989, 366 ff] mwH).

Unabhängig von der Zustimmung des Betriebsrats durfte das vertragliche Gestaltungsrecht der beklagten Partei nur nach billigem Ermessen und unter möglichster Schonung der Pensionsansprüche ausgeübt werden; jede unbillige Leistungsbestimmung wäre als unverbindlich zu qualifizieren. Dafür, daß die beklagte Partei bei Ausübung des vereinbarungsgemäß eingeräumten Gestaltungsrechtes die Grenzen des billigen Ermessens überschritten hat, waren die Kläger behauptungs- und beweispflichtig (vgl DRdA 1990/8 [Grillberger] mwH). Auch wenn die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage auf interne Fehlleistungen, wie die Kläger meinen, zurückzuführen ist, ändert dies nichts daran, daß die festgestellten Verluste einschneidende Maßnahmen bei den aktiven Arbeitnehmern (Personalabbau, Aussetzung des Jahressprunges und der Valorisierung, Aussetzen der Valorisierung der Treueprämie, Streichung der Sozialleistungen udgl) zur Folge hatten. Demgegenüber bildet die Aussetzung der Valorisierung der Lebenshaltungskostenzuschüsse nur für das Jahr 1992 keine so unverhältnismäßige Maßnahme, daß sie als unbillig angesehen werden müßte.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher zwischen der wirksamen Aussetzung der Valorisierung für das Jahr 1992 und der unwirksamen Maßnahme der Kürzung der Zuschüsse um ein Drittel zu differenzieren sein.

Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.