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OGH vom 25.08.2014, 8Ob55/14t

OGH vom 25.08.2014, 8Ob55/14t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach H*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den Revisionsrekurs des E***** H*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 15/14z 24, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom , GZ 3 A 302/12b 15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Der Rechtsmittelwerber ist eines von vier Kindern des Verstorbenen. Es wurden keine Erbantrittserklärungen abgegeben, die Verlassenschaft ist überschuldet.

Bereits vor der Todesfallaufnahme löste der Rechtsmittelwerber ein Sparbuch des Verstorbenen auf und eignete sich das Realisat von 7.024 EUR zu. Mit einem Teil davon, insgesamt 5.717,34 EUR, bezahlte er die Bestattungskosten, offenen Mietzins sowie eine Rechnung für „Essen auf Rädern“ und meldete diese Beträge als Forderung im Verlassenschaftsverfahren an. Die Vermieterin des Verstorbenen machte eine aus Benützungsentgelt und Räumungskosten zusammengesetzte Forderung von 1.968,37 EUR geltend.

Das Erstgericht erklärte, die Verlassenschaft nach § 155 AußStrG den Gläubigern zu überlassen, und zwar dem Gerichtskommissär und der Vermieterin zur gänzlichen, dem Rechtsmittelwerber zur teilweisen Abdeckung seiner Forderung. Es trug dem Rechtsmittelwerber auf, aus dem erblasserischen Sparbuchrealisat die (restliche) Gerichtskommissionsgebühr sowie die Forderung der Vermieterin zu bezahlen.

Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Rekursgericht diesen Beschluss teilweise dahin ab, dass die Forderung des Gerichtskommissärs zur Gänze, jene der Vermieterin und des Rechtsmittelwerbers gleichrangig jeweils mit einer Quote von 84,379 % zu befriedigen seien.

Der nach § 63 Abs 3 AußStrG nachträglich zugelassene Revisionsrekurs strebt an, dem Rechtsmittelwerber den bereits für die Tilgung der Begräbniskosten verwendeten Teil des Sparbuchrealisats zur Gänze zu belassen und ihn nur zur Herausgabe des Überschusses von 601,66 EUR an die Vermieterin zu verpflichten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG abhängt.

Der Revisionsrekurs stellt die Rechtsansicht des Rekursgerichts, die Forderung des Rechtsmittelwerbers auf Ersatz der von ihm bezahlten Bestattungskosten sei mit den weiteren angemeldeten Verwaltungs und und Bewirtschaftungskosten der Verlassenschaft als gleichrangig zu behandeln und mangels hinreichender Aktiva grundsätzlich nur anteilig zu befriedigen, nicht in Frage.

Er vertritt aber die auf § 47 Abs 2 letzter Satz IO iVm § 154 Abs 2 AußStrG gestützte Rechtsansicht, der Rechtsmittelwerber könne deswegen nicht zur Rückzahlung des anteilig zu viel erhaltenen Betrags verpflichtet werden, weil ihm der Gerichtskommissär das Sparbuch zur Begleichung der Bestattungskosten vorweg überlassen habe.

Nach § 148 AußStrG kann der Gerichtskommissär ungeachtet allfälliger Maßnahmen zur Sicherung der Verlassenschaft die zur Berichtigung der Kosten eines einfachen Begräbnisses erforderlichen Beträge ausfolgen oder freigeben.

Die Revisionsausführungen zur „Überlassung“ des erblasserischen Sparbuchs sind jedoch sachverhaltsfremd. Nach dem Aktenstand hat der Rechtsmittelwerber das zur Verlassenschaft gehörige Sparbuch bereits vor der Todesfallaufnahme eigenmächtig aufgelöst und das Realisat einbehalten. Der Gerichtskommissär wurde von ihm vor vollendete Tatsachen gestellt. Eine förmliche Freigabe eines Betrags zur Deckung der Begräbniskosten im Sinn des § 148 Abs 1 AußStrG hat nicht stattgefunden, sodass von einer Zahlung im Sinne des § 47 Abs 2 letzter Satz IO nicht die Rede sein kann.

Die Freigabe von Verlassenschaftsaktiven nach § 148 Abs 1 AußStrG ist nicht der Regelfall, sondern als ultima ratio in jenen Fällen vorgesehen, in denen niemand bereit ist, die Kosten der Bestattung aus eigenen Mitteln zu tragen oder vorzustrecken. Ein subjektiver Rechtsanspruch jener Personen, die das Begräbnis in Auftrag gegeben haben, auf Freigabe der Kosten durch den Gerichtskommissär besteht nicht ( Schatzl/Sprutzina in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 148 Rz 4 f; ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 97). Aus diesem Grund kann aber die eigenmächtige Verfügung eines Gläubigers über einen Bestandteil der Verlassenschaft den Gerichtskommissär keinesfalls verpflichten, dessen förmliche Zustimmung nicht ersetzen und die Rechte der weiteren Verlassenschaftsgläubiger nicht schmälern.

Sonstige Einwände wurden nicht erhoben.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00055.14T.0825.000