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OGH vom 23.07.2019, 11Os64/19z

OGH vom 23.07.2019, 11Os64/19z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Erwin G***** wegen Verbrechen der Nötigung von Mitgliedern einer Regierung nach § 15, 251 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom , GZ 221 Hv 39/17s-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden – Urteil (das verfehlt auch eine Teilaussetzung in Bezug auf mehrere realkonkurrierende Taten enthält – vgl Philipp, WKStPO § 334 Rz 13) wurde Dr. Erwin G***** der Verbrechen der Nötigung von Mitgliedern einer Regierung nach § 15, 251 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von bis in G***** und an anderen Orten Mitglieder der Steiermärkischen Landesregierung, nämlich Landeshauptmann Hermann S***** und Landeshauptmannstellvertreter Mag. Michael Sc*****, durch gefährliche Drohung mit dem Tod (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB) zu nötigen versucht, ihre Befugnisse in einem bestimmten Sinn auszuüben, nämlich in Bezug auf das Bauprojekt ***** Landeshauptmann Hermann S***** „als zuständigen Gemeindereferenten der Stadt G*****“ sowie Landeshauptmannstellvertreter Mag. Michael Sc***** im Rahmen seiner Zuständigkeit für Finanzen zur Abstandnahme von der Gewährung der in Aussicht gestellten finanziellen Förderungen durch das Land Steiermark und Landeshauptmannstellvertreter Mag. Michael Sc***** im Rahmen seiner Zuständigkeit für Beteiligungen zur Abstandnahme von einer das genannte Bauprojekt fördernden Verwaltung der Beteiligung des Landes Steiermark an der E***** AG, indem er ihnen teils mehrere im Zusammenhang mit dem genannten Bauprojekt stehende Briefe mit dem (teils geringfügig abweichenden) Inhalt: „Professor Leuchtentrager. Überall und Nirgendwo! An alle, die es angeht: Wir finden Euch!!! Das Lied von der Mur, von der Laterne und vom Radl der Fortuna! An der Laterne vor dem großen Tor, hängt zwar niemand gerne: DOCH MANCHEM STEHT`S BEVOR! Wenn sich Fortunas Radl dreht, wird manche Macht schnell obsolet (bzw wird Arroganz schnell obsolet. Wenn Macht zugrunde geht, kommt Einsicht schon zu spät)! Zur Umkehr ist es dann zu spät! Ihr erntet, was Ihr habt gesäht!“, postalisch zusendete.

Die Geschworenen haben die entsprechende Hauptfrage 1 bejaht. Eventual oder Zusatzfragen wurden nicht gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 345 Abs 1 Z 6 und 9 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Fragenrüge (Z 6) reklamiert unter Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten, „die Inhalte seiner Briefe würden keine Drohung darstellen; er hätte lediglich seinen Unmut damit zum Ausdruck bringen und Niemanden bedrohen wollen“ „das Unterbleiben der Stellung einer Zusatzfrage in Richtung des § 9 StGB hinsichtlich der Fakten zu Hauptfrage 1“. Sie legt jedoch nicht dar, inwiefern der solcherart in Abrede gestellte Tatvorsatz (§ 5 Abs 1 StGB – zum Bedeutungsinhalt einer Aussage vgl im Übrigen Ratz, WK-StPO § 345 Rz 31) nicht Gegenstand dieser Hauptfrage (vgl § 312 Abs 1 StPOPhilipp, WKStPO § 313 Rz 15; RISJustiz RS0100567 [T3, T 4]; vgl auch Ratz, WKStPO § 345 Rz 33) und daher entgegen dem Wortlaut des § 313 StPO die Stellung einer echten Zusatzfrage erforderlich gewesen sein sollte.

Soweit die Rüge (Z 9) in der unterschiedlichen Beantwortung der auf Verbrechen der Nötigung von Mitgliedern einer Regierung nach § 15, 251 zweiter Fall StGB gerichteten Hauptfrage 1 und der auf Verbrechen der schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB gerichtet gewesenen Hauptfrage 2 (vgl zu deren Inhalt sowie zur Aussetzung [§ 334 Abs 1 StPO] der diesbezüglichen Entscheidung 11 Ns 31/19a) einen Widerspruch erblickt, weil „beide Hauptfragen – mit Ausnahme der Adressaten der Briefsendungen – auf dem selben Sachverhalt beruhen“, verfehlt sie schon angesichts der eine weitere Briefsendung und anders gelagerte Nötigungsziele umfassenden Sachverhaltsannahmen zur Hauptfrage 2 den im gesamten Wahrspruch gelegenen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Im Übrigen wird ein Widerspruch im Sinn logischer Unvereinbarkeit (vgl RISJustiz RS0100971 [T1], RS0101003) nicht angesprochen, wenn die Geschworenen bei realkonkurrierenden strafbaren Handlungen deren Erfüllung aus Gründen der Beweiswürdigung unterschiedlich beurteilen (RISJustiz RS0101010, RS0100971 [T3]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00064.19Z.0723.000

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