VfGH vom 04.10.2012, B563/11

VfGH vom 04.10.2012, B563/11

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Leitsatz

Keine Kompetenzwidrigkeit einer Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes über die Vorzugsentscheidung bei Widerstreit zwischen geplanten Wasserbenutzungen; kein Abspruch über die Genehmigung des Vorhabens; keine Unbestimmtheit der Regelung über die Behördenzuständigkeit im Widerstreitverfahren; Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde im Fall konkurrierender Projekte, zB hinsichtlich der UVP-Pflicht; Durchführung des Verfahrens durch die höchste in Betracht kommende Behörde; Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung von Anträgen der beschwerdeführenden Partei in einem Widerstreitverfahren betreffend konkurrierende Kraftwerksprojekte durch den Bundesminister

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird in den Spruchpunkten A. und B.

aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführende Partei plant einen Ausbau des bestehenden Kraftwerks Kaunertal (AK Kaunertal). Die Genehmigung dieses Projekts ist nur nach positivem Abschluss einer Umweltverträglichkeitsprüfung möglich. Dieses Projekt steht insoweit in Konkurrenz zu einem von der Gemeinde Sölden und dem Elektrizitätswerk Sölden reg. Gen.m.b.H. verfolgten Kraftwerksprojekt an der Gurgler Ache (KW Gurgler Ache), als sich beide Projekte nebeneinander nicht verwirklichen lassen.

2. Mit Schriftsatz vom brachten die Gemeinde Sölden und das Elektrizitätswerk Sölden

reg. Gen.m.b.H. beim Landeshauptmann von Tirol einen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Projekt KW Gurgler Ache ein. Mit Edikt vom wurde vom Landeshauptmann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in dieser Sache kundgemacht. Am brachte die beschwerdeführende Partei beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft einen Antrag auf wasserrechtliche Genehmigung des AK Kaunertal und auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens mit dem KW Gurgler Ache ein. Die beschwerdeführende Partei brachte zugleich inhaltlich gleichlautende Anträge beim Landeshauptmann von Tirol und einen UVP-Antrag bei der Tiroler Landesregierung ein. Daneben richtete die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Aussetzung des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens zur Genehmigung des KW Gurgler Ache an den Landeshauptmann von Tirol.

3. Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Tirol die an ihn gerichteten Anträge der beschwerdeführenden Partei auf wasserrechtliche Bewilligung bzw. auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens als unzulässig zurück und erklärte sich für unzuständig. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei rechtzeitig Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Dem Antrag auf Aussetzung des Bewilligungsverfahrens "KW Gurgler Ache" gab der Landeshauptmann hingegen mit Bescheid vom statt, wogegen die Gemeinde Sölden und das Elektrizitätswerk Sölden reg. Gen.m.b.H. ihrerseits Berufung an den zuständigen Bundesminister erhoben.

4. Mit Bescheid vom wies der Bundesminister die Anträge auf wasserrechtliche Bewilligung und Durchführung eines Widerstreitverfahrens als unzulässig zurück (Spruchpunkt A.) und die Berufung gegen die Zurückweisung des wasserrechtlichen Bewilligungsantrags durch den Landeshauptmann als unbegründet ab. Zugleich behob der Bundesminister die Zurückweisung des Landeshauptmannes bezüglich des Widerstreitverfahrens und verwies die Angelegenheit an diesen zur Erlassung eines neuen Bescheides (Spruchpunkt B.). Der Berufung der Gemeinde Sölden und des Elektrizitätswerks Sölden reg. Gen.m.b.H. wurde stattgegeben und der Bescheid, mit dem das Bewilligungsverfahren "KW Gurgler Ache" ausgesetzt wurde, behoben (Spruchpunkt C.).

5. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei rechtzeitig Beschwerde gemäß Art 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes. Wenngleich die beschwerdeführende Partei den Antrag stellt, "den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben", enthält die Beschwerde nur Ausführungen zur Frage der Zuständigkeit und zu den Prozessvoraussetzungen im Widerstreitverfahren sowie Behauptungen der Verfassungswidrigkeit der dabei anzuwendenden Rechtsvorschriften, wendet sich jedoch mit keinem Wort gegen die den Spruchteil C. des angefochtenen Bescheides allein tragende Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass der erstinstanzliche Aussetzungsbescheid mangels eines subjektiven Rechts der Beschwerdeführerin auf Aussetzung des (das widerstreitende Projekt der Gemeinde Sölden betreffenden) Bewilligungsverfahrens unzulässig und dieser daher ersatzlos zu beheben sei. Ebenso wenig tritt die beschwerdeführende Partei der Rechtsauffassung der belangten Behörde entgegen, dass der im Widerstreitverfahren obsiegenden Partei nur ein Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Falle einer allenfalls zwischenzeitig erteilten Bewilligung zukomme. Die Beschwerde ist daher erkennbar nur gegen die - insoweit untrennbar zusammenhängenden - Spruchpunkte A. und B. des angefochtenen Bescheides gerichtet.

6. Die beschwerdeführende Partei behauptet vor allem die Kompetenzwidrigkeit des § 109 WRG 1959 und begründet dies in ihrer Beschwerde im Wesentlichen wie folgt:

"Wenn Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG bestimmt, dass die 'Genehmigung' von Vorhaben, die einer UVP zu unterziehen sind, durch die Länder zu erfolgen hat, so bedeutet dies, dass nicht bloß eine positive, sondern auch eine negative Entscheidung über einen Genehmigungsantrag durch eine Landesbehörde zu erfolgen hat. Denn die Zuständigkeit zur Erteilung einer Genehmigung schließt eo ipso stets auch die Zuständigkeit ein, eine solche Genehmigung zu verweigern. Es ist daher davon auszugehen, dass zur Entscheidung über Genehmigungsanträge für Vorhaben, die dem UVP-G unterliegen, ausschließlich die Landesregierung zuständig ist. Da aber die Entscheidung im Widerstreitverfahren - zumindest im Regelfall - dazu führt, dass der Antrag betreffend das nicht bevorzugte Projekt abzuweisen ist, zeigt sich, dass aufgrund der Verfassungsbestimmung des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG eine Widerstreitentscheidung betreffend den Widerstreit zwischen einem UVP-pflichtigen Vorhaben und einem nicht UVP-pflichtigen Vorhaben nicht von der Wasserrechtsbehörde getroffen werden kann. Daran vermag auch die in der rechtswissenschaftlichen Literatur vertretene Rechtsauffassung, wonach die Vorzugserklärung im Widerstreitverfahren nicht automatisch die Bewilligung und Zulassung des bevorzugten Vorhabens bilde, nichts zu ändern. Zu beachten ist nämlich, dass im Fall der Bevorzugung des nicht UVP-pflichtigen Projekts die Entscheidung im Widerstreitverfahren eine Abweisung des UVP-pflichtigen Projekts bewirkt. Zu einer solchen Entscheidung ist die Wasserrechtsbehörde aufgrund der Verfassungsbestimmung des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG nicht befugt.

Für den Fall, dass § 109 Abs 1 WRG tatsächlich die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde für die Entscheidung eines Widerstreits zwischen einem UVP-pflichtigen und einem nicht UVP-pflichtigen Projekts begründen sollte (so die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Rechtsauffassung der belangten Behörde), ist § 109 Abs 1 WRG aufgrund des Verstoßes gegen die Kompetenzbestimmung des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG verfassungswidrig."

7. Weiters behauptet die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Gebotes der hinreichenden Bestimmtheit von gesetzlichen Regelungen, da aus § 109 WRG 1959 letztlich nicht abgeleitet werden könne, welche Behörde zur Durchführung eines Widerstreitverfahrens zuständig sei, wenn ein UVP-pflichtiges und ein nicht UVP-pflichtiges Projekt konkurrieren. Darüber hinaus wäre in einem solchen Fall unklar, was unter einem "Ansuchen um Bewilligung einer Wasserbenutzung" iSd § 109 WRG 1959 zu verstehen sei, da ein wasserrechtlicher Bewilligungsantrag bei UVP-Projekten auf Grund der Sperrwirkung des UVP-G grundsätzlich nicht in Betracht käme und das Erfordernis eines UVP-Antrages sachwidrig wäre, da ein solcher nicht nur die wasserrechtlichen, sondern bereits sämtliche materiell-rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu berücksichtigen hätte.

8. Letztlich behauptet die beschwerdeführende Partei eine Verletzung in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter, da - unter der Prämisse, dass § 109 WRG 1959 nicht verfassungswidrig sein sollte - die Behörde ihre Zuständigkeit zur Durchführung des Widerstreitverfahrens zu Unrecht verneint habe. § 109 WRG sei nämlich - im Lichte des § 101 Abs 2 WRG 1959 - so auszulegen, dass bei Konkurrenz zwischen UVP-pflichtigen und nicht UVP-pflichtigen Projekten jene Behörde zuständig sei, die zuständig wäre, wenn für die Bewilligung beider konkurrierender Projekte die Wasserrechtsbehörde zuständig wäre. Diese Auslegung würde eine Zuständigkeit des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft begründen.

9. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die am Verfahren beteiligte Gemeinde Sölden und die Elektrizitätswerk Sölden reg. Gen.m.b.H erstatteten eine Äußerung und beantragten, der Beschwerde keine Folge zu geben.

II. Rechtslage

Die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides

geltenden Bestimmungen des WRG 1959, BGBl. 215 idF

BGBl. I 123/2006, lauten:

"Widerstreit zwischen geplanten Wasserbenutzungen.

§17. (1) Stehen verschiedene Bewerbungen (§109) um geplante Wasserbenutzungen in Widerstreit, so gebührt jener der Vorzug, die dem öffentlichen Interesse (§105) besser dient.

(2) Die Bewilligung des sonach bevorzugten

Unternehmens kann mit einer zeitlichen Beschränkung oder mit Bedingungen verbunden werden, die - ohne seine zweckmäßige Ausführung auszuschließen - eine entsprechende Berücksichtigung anderer Vorhaben ermöglichen.

(3) Gestattet die Beurteilung nach Abs 1 keine Entscheidung, so ist das vorhandene Wasser unter besonderer Bedachtnahme auf die Bedürfnisse der Wasserversorgung nach Rücksichten der Billigkeit, insbesondere durch den Gebrauch regelnde Bedingungen, in der Art zu verteilen, daß alle sich als gleichwertig darstellenden Ansprüche so weit als möglich und zweckmäßig befriedigt werden. Ist dies nicht möglich, so sind vorzugsweise jene Bewerbungen zu berücksichtigen, welche die bessere Erreichung des angestrebten Zweckes oder eine geringere Rückwirkung auf Dritte erwarten lassen."

Das Widerstreitverfahren selbst ist in § 109 WRG 1959 wie folgt geregelt:

"Widerstreitverfahren

§109. (1) Liegen widerstreitende (§17), auf entsprechende Entwürfe (§103) gestützte Ansuchen um Bewilligung einer Wasserbenutzung vor, dann ist auf Antrag eines Bewerbers vorerst darüber zu entscheiden, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt. Sind für die Bewilligung der widerstreitenden Vorhaben sachlich verschiedene Behörden zuständig, so obliegt die Entscheidung über die Frage des Vorzuges der Behörde (§§98, 99 und 100).

(2) Ansuchen, die einer bereits in Behandlung

gezogenen Bewerbung widerstreiten (Abs1), sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie noch vor Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz - wenn jedoch das Verfahren gemäß Abs 1 zunächst auf die Frage des Vorzuges beschränkt war, noch vor Abschluss der mündlichen Verhandlung hierüber - bei der Behörde geltend gemacht werden. Sofern keine mündliche Verhandlung stattfindet, wird auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz abgestellt.

(3) Entscheidungen gemäß Abs 1 treten außer Kraft,

wenn das Vorhaben, dem der Vorzug gebührt, nicht bewilligt wurde oder ein Erlöschenstatbestand gemäß § 27 Abs 1 litf vorliegt."

Die "Behörde" im Sinne des letzten Satzes des § 109 Abs 1 WRG ist - nach Maßgabe der in den Bestimmungen der §§98 bis 100 WRG 1959 getroffenen Zuständigkeitsverteilung je nach dem Gegenstand des Verfahrens die Bezirksverwaltungsbehörde, der Landeshauptmann oder der Bundesminister.

Die genannten Bestimmungen lauten:

"Von den Behörden und dem Verfahren

Zuständigkeit.

§98. (1) Wasserrechtsbehörden sind, unbeschadet der in den einzelnen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgelegten Zuständigkeit des Bürgermeisters, die Bezirksverwaltungsbehörde, der Landeshauptmann und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Sofern in diesem Bundesgesetze keine anderweitigen Bestimmungen getroffen sind, ist in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.

(2) Die Wasserrechtsbehörden haben insbesondere auch darüber zu entscheiden, ob ein Gewässer ein öffentliches oder ein Privatgewässer ist, jedoch mit Ausnahme des Falles, in dem ein Privatrechtstitel (§2 Abs 2) in Frage kommt.

(3) Die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde ist unbeschadet der Zuständigkeit der Bergbehörde auch bei Bergbaubetrieben gegeben, wenn auf die Beschaffenheit fremder Gewässer oder die Wasserführung öffentlicher Gewässer eingewirkt wird oder wenn es sich außerhalb des Werksbereiches um Wasseranlagen oder um erhebliche Veränderungen des Grundwasserstandes handelt.

(4) Die Zuständigkeit der Eisenbahnbehörde in Wasserrechtssachen richtet sich nach den Bestimmungen des § 127.

(5) Wenn in den Fällen des § 7 zur Bewilligung der Holztrift nach den forstrechtlichen Bestimmungen eine Behörde anderer Instanz zuständig wäre als die zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung berufene, so wird die höhere Behörde zur Erteilung beider Bewilligungen zuständig.

Zuständigkeit des Landeshauptmannes.

§99. (1) Der Landeshauptmann ist, sofern nicht § 100 Anwendung findet, in erster Instanz zuständig

a) für Angelegenheiten, die ihm durch besondere Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zugewiesen sind, sowie für Grenzgewässer gegen das Ausland;

b) für Wasserkraftanlagen mit mehr als 500 kW Höchstleistung;

c) für Wasserversorgungsanlagen ausgenommen Bewässerungsanlagen, wenn die höchstmögliche Wasserentnahme aus Grundwasser oder Quellen 300 l/min, oder aus anderen Gewässern 1 000 l/min übersteigt, sowie für Angelegenheiten der Wasserversorgung eines Versorgungsgebietes von mehr als 15 000 Einwohnern;

d) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 65/2002)

e) für die Einleitung von Abwässern aus Siedlungsgebieten einschließlich der durch die Kanalisation miterfaßten gewerblich-industriellen und sonstigen Abwässer, wenn der Bemessungswert der zugehörigen Abwasserreinigungsanlage größer ist als 20 000 EW60;

f) für Materialgewinnungen im Grundwasserbereich (Naßbaggerungen);

g) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 65/2002)

h) für die Angelegenheiten der Wasserverbände und der Zwangsgenossenschaften, in beiden Fällen jedoch ausschließlich der Anlagen.

(2) Die Bestimmung des Abs 1 lita schließt nicht aus, daß Verfügungen, nach den §§8 Abs 4, 15, Abs 2 bis 8, 47, 48 und 49 von der Bezirksverwaltungsbehörde insoweit getroffen werden, als der Landeshauptmann keine Anordnung erlassen hat.

Zuständigkeit des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

§100. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist mit Ausnahme der Gewässeraufsicht in erster Instanz zuständig

a) für Angelegenheiten, die ihm durch besondere Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zugewiesen sind;

b) für Anlagen zur Ausnützung der Wasserkräfte der Donau;

c) für Anlagen zur Ausnützung der Wasserkräfte, die gemäß § 4 Abs 5 des 2. Verstaatlichungsgesetzes, BGBl. Nr. 81/1947, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 321/1987 als Großkraftwerk erklärt wurden;

d) für Sperrenbauwerke, deren Höhe über

Gründungssohle 30 Meter übersteigt oder durch die eine Wassermenge von mehr als 5 Millionen Kubikmeter zurückgehalten wird, einschließlich der mit diesen zusammenhängenden Wasserbenutzungen;

e) für Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf Gewässer anderer Staaten;

f) für Wasserversorgungsanlagen eines Versorgungsgebietes von mehr als 400 000 Einwohnern, jedoch ausschließlich der Verteilungsanlagen;

g) für großräumig wirksame Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes;

h) für die Bildung von Zwangsverbänden (§88), die

sich über zwei oder mehrere Länder erstrecken.

(2) Für Vorhaben, die nach den bis geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes als bevorzugte Wasserbauten erklärt und als solche bewilligt wurden, bleibt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bis zur Rechtskraft des Überprüfungsbescheides zuständig, wenn mit dem Bau vor dem begonnen wurde.

(3) Für die fachliche Begutachtung der auf Staubeckenanlagen und Talsperren sich beziehenden technischen Fragen im Zug oder außerhalb eines wasserrechtlichen Verfahrens wird beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eine Kommission gebildet, deren Zusammensetzung, Bestellung und Tätigkeit durch Verordnung näher zu regeln ist.

Besondere Bestimmungen über die Zuständigkeit.

§101. (1) Erstrecken sich bestehende oder angestrebte Wasserbenutzungsrechte sowie bestehende oder geplante Anlagen, Wassergenossenschaften oder Wasserverbände über den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Behörden und einigen sich diese nicht ohne Zeitaufschub, so hat die gemeinsame Oberbehörde zu bestimmen, welche Behörde im Einvernehmen mit den sonst beteiligten Behörden das Verfahren durchzuführen und die Entscheidung zu fällen hat.

(2) Bezieht sich ein Verfahren auf mehrere Wasserbenutzungen einschließlich widerstreitender Bewerbungen (§17), Anlagen, Wassergenossenschaften oder Wasserverbände, für die sachlich verschiedene Behörden zuständig wären, so ist unbeschadet der Bestimmung des Abs 1 die Behörde der höheren Instanz zuständig. Dasselbe gilt in den Fällen, in denen eine Erweiterung über die Grenze der bisherigen Zuständigkeit stattfindet.

[...]"

III. Erwägungen

1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die -

zulässige - Beschwerde erwogen:

2. Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG überantwortet dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung der "Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist; soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, Genehmigung solcher Vorhaben". Die Vollzugskompetenz in diesen Angelegenheiten liegt gemäß dieser Bestimmung hingegen beim Land.

2.1. Die beschwerdeführende Partei behauptet nun,

dass es sich bei der Entscheidung der Widerstreitbehörde gemäß § 17 Abs 1 WRG 1959, welcher Bewerbung der Vorzug zu geben ist, da sie dem öffentlichen Interesse besser dient, um eine "Genehmigung" eines Vorhabens iSd Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG handle, bei dem mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. Da diese Entscheidung von der Wasserrechtsbehörde im Vollzugsbereich des Bundes getroffen werde, liege ein Verstoß gegen die Kompetenzvorschriften der Bundesverfassung vor.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Ansicht nicht.

2.2.1. Im Rahmen eines Widerstreitverfahrens wird - wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt - nicht über die Genehmigung eines Vorhabens abgesprochen, sondern lediglich die einer Genehmigung vorgelagerte Frage entschieden, welche von mehreren konkurrierenden Bewerbungen sich zulässigerweise um eine Genehmigung bemühen darf (siehe dazu Bumberger, Rechtsprobleme des Widerstreitverfahrens, ecolex 2010, 224 [225], Oberleitner/Berger, WRG3 [2011] § 17 Rz 13, Bumberger/Hinterwirth, WRG [2008] § 17 K1). Dass mit der Erlassung der Vorzugserklärung noch keine Bewilligung (und daher hinsichtlich des nicht bevorzugten Wasserbaus auch noch keine Versagung) verbunden ist, ergibt sich nicht zuletzt aus § 109 Abs 3 WRG 1959, wonach die Vorzugsentscheidung außer Kraft tritt, wenn das Vorhaben, dem der Vorzug gebührt, in der Folge nicht bewilligt wurde.

2.2.2. In diesem Sinne versteht auch der Verwaltungsgerichtshof jene Bestimmungen des UVP-G, die eine Sperrwirkung gegenüber Genehmigungsverfahren entfalten über deren Gegenstand im Rahmen eines UVP-Verfahrens mit abgesprochen wird; er hat dazu im Erkenntnis vom , 2005/04/0044, (darin ging es um das Verhältnis der Sperrwirkung nach dem UVP-G zu einem bestimmten, dem wasserrechtlichen Widerstreitverfahren ähnlichen Verfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz) ausgeführt:

"Trotz der weiten Fassung des Begriffs 'Genehmigung' in § 2 Abs 3 UVP-G sind nicht alle Rechtsakte, die in einem Zusammenhang mit dem Vorhaben stehen, vom Verbot der gesonderten Erlassung vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 3 Abs 6 leg. cit. umfasst. Entscheidendes Kriterium für die Sperrwirkung der letztgenannten Bestimmung ist, ob die Zulassung eines konkreten Vorhabens an einem bestimmten Standort den Gegenstand der Genehmigung darstellt (vgl. Bergthaler/Weber/Wimmer, Die Umweltverträglichkeitsprüfung (1998) S. 50, Rz 9).

Standortbezogene Erlaubnisse ohne Zulassung eines konkreten Vorhabens, wie z.B. Gewinnungsbewilligungen nach § 94 Z. 1 des - gemäß § 194 MinroG mit Ablauf des außer Kraft getretenen - Berggesetzes 1975, sind nicht umfasst. Diese Bewilligungen räumen zwar eine grundsätzliche, andere Bewerber ausschließende Option auf die Gewinnung von Mineralien in einem der Tiefe nach nicht beschränkten Raum ein, enthalten aber keine konkreten, insbesondere Fragen des Umwelt- und Nachbarrechts einschließenden Genehmigungskriterien und erteilen kein Recht auf Beginn des Abbaus (Bergthaler/Weber/Wimmer, a.a.O., S. 51, Rz 11, mit Hinweis auf den Bescheid des Umweltsenats vom , mit dem zur Übergangsbestimmung des § 46 Abs 3 UVP-G ausgesprochen wurde, dass das Verfahren zur Erlangung einer Gewinnungsbewilligung kein 'erforderliches Genehmigungsverfahren' darstellt)."

2.3. Da die Vorzugsentscheidung im Rahmen eines Widerstreitverfahrens keine Genehmigung im Sinne des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG ist, liegt der behauptete Verstoß des § 109 Abs 1 WRG 1959 gegen die Kompetenzbestimmungen der Bundesverfassung nicht vor.

3. Auch die Bedenken bezüglich der Unbestimmtheit des § 109 WRG 1959 teilt der Verfassungsgerichtshof nicht. Gemäß Art 83 Abs 2 B-VG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Diese Verfassungsnorm bindet nicht nur die Vollziehung, sondern auch die Gesetzgebung. Das bedeutet, dass die sachliche Zuständigkeit einer Behörde im Gesetz selbst festgelegt sein muss. Art 18 Abs 1 iVm Art 83 Abs 2 B-VG verpflichtet den Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 9937/1984, 10.311/1984, 13.029/1992, 13.816/1994, 16.794/2003, 17.086/2003, 18.639/2008) gerade in Bezug auf die Behördenzuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung. Zur Ermittlung des Inhalts des Gesetzes sind aber alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. In diesem Sinne ist eine Ermittlung des Inhalts des § 109 WRG 1959 möglich:

3.1. Grundsätzlich richtet sich die Zuständigkeit für die Durchführung eines Widerstreitverfahrens gemäß § 17 WRG 1959 nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln des elften Abschnitts des WRG 1959. Zuständige Wasserrechtsbehörde ist gemäß den in §§98 bis 100 WRG 1959 angeführten Determinanten die Bezirksverwaltungsbehörde, der Landeshauptmann oder der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Ergeben sich aus diesen Bestimmungen für die widerstreitenden Projekte verschiedene sachlich zuständige Behörden, so ist gemäß § 101 Abs 2 WRG 1959 die Behörde der höheren Instanz zuständig.

3.2. § 109 Abs 1 WRG 1959 enthält nun zwar eine die Zuständigkeit zur Durchführung eines Widerstreitverfahrens regelnde Sonderbestimmung für den Fall, dass "für die Bewilligung der widerstreitenden Vorhaben sachlich verschiedene Behörden zuständig" sind. Auf den ersten Blick scheint diese Bestimmung also denselben Fall zu regeln wie § 101 Abs 2 WRG 1959, der ja ebenfalls Vorsorge für das Zusammentreffen der Zuständigkeiten "sachlich verschiedener Behörden" trifft. Ein Blick in die Materialien und auf die in den Bestimmungen jeweils angeordnete Rechtsfolge zeigt jedoch, dass mit den Wendungen "sachlich verschiedene Behörden" jeweils Unterschiedliches gemeint ist:

3.2.1. Die Bestimmung des § 101 Abs 2 WRG 1959 regelt nämlich den Fall, dass mehrere Wasserrechtsbehörden iSd §§98 bis 100 leg.cit. zuständig sind, das heißt Behörden, die alle im Sachbereich Wasserrecht Kompetenzen besitzen, jedoch an unterschiedlicher Stelle in der verwaltungshierarchischen Struktur stehen. Für diesen Fall soll die Behörde der höheren Instanz zuständig sein.

3.2.2. Die Bestimmung des § 109 Abs 1 WRG 1959 hingegen regelt den Fall konkurrierender Projekte, wobei bei einem Projekt eine Wasserrechtsbehörde iSd §§98 bis 100 leg.cit. und bei einem anderen Projekt eine andere Behörde zuständig ist, etwa eine Behörde, die zur Durchführung eines konzentrierten Verfahrens im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung berufen ist. In einem solchen Fall soll aber über den Widerstreit gemäß § 109 Abs 1 letzter Satz WRG 1959 jedenfalls die Wasserrechtsbehörde entscheiden, also die Behörde iSd §§98, 99 und 100 WRG 1959. Dies ergibt sich auch aus den Erläuterungen zur Neufassung des § 109 WRG 1959 durch das Agrarrechtsänderungsgesetz 2001, BGBl. I 109 (EB zu Z 17 und 20 der WRG-Novelle, RV 642 BlgNR XXI. GP 30), welche lauten:

"Neuregelung des Widerstreites, wobei die Lösung über Parteistellung erfolgen soll. Damit soll auch der Fall lösbar werden, wenn ein Widerstreitverfahren (zB im Falle eines UVP-pflichtigen Vorhabens) UVP-pflichtig ist. Für derartige Fälle soll die Behörde (§§98, 99, 100 WRG) zuständig sein."

3.3. Dies erklärt auch, aus welchem Grund § 109 Abs 1 WRG 1959 nur auf die Bestimmungen der §§98, 99 und 100 leg.cit. verweist, nicht jedoch auf die Sonderbestimmungen des § 101 leg.cit. § 109 Abs 1 WRG 1959 will nur den Fall regeln, dass für die Bewilligung der widerstreitenden Projekte nicht nur Behörden nach dem WRG 1959 zuständig sind, etwa weil ein Projekt oder auch weil allenfalls alle widerstreitenden Projekte hinsichtlich des Bewilligungsverfahrens UVP-pflichtig sind. Für diesen Fall wird lediglich angeordnet, dass für das Widerstreitverfahren jedenfalls die Wasserrechtsbehörde zuständig sein soll (so zu verstehen wohl auch Bumberger/Hinterwirth, WRG, § 109 K4; ebenso Bumberger, ecolex 2010, 424 [425 f.]).

3.4. Welche der aufgrund dieser grundsätzlichen Zuordnung des § 109 Abs 1 WRG 1959 für das Widerstreitverfahren in Betracht kommenden Behörden nach den §§98 bis 100 WRG 1959 schließlich die nach dem WRG 1959 zuständige Behörde ist, richtet sich sodann - nach Maßgabe der Art der konkurrierenden Projekte - in einem zweiten Schritt nach § 101 Abs 2 leg.cit., wobei die widerstreitenden Projekte nach den Zuständigkeitsbestimmungen der §§98 bis 100 WRG 1959 einzuordnen sind und die danach höchste Behörde das Widerstreitverfahren durchzuführen hat.

4. Auch die übrigen Bedenken der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Unbestimmtheit des § 109 Abs 1 WRG 1959 teilt der Verfassungsgerichtshof nicht. So gibt es keinen Zweifel daran, dass nur solche Projekte in Widerstreit geraten können, zu denen auf entsprechende Entwürfe gestützte Ansuchen um Wasserbenutzung vorliegen.

5. Vor dem Hintergrund dieser - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Rechtslage erweist sich jedoch die Beschwerde im Ergebnis als begründet:

In Verkennung der soeben dargestellten Rechtslage hat die belangte Behörde den Landeshauptmann als für das Widerstreitverfahren zuständige Behörde bestimmt, obwohl das von der beschwerdeführenden Partei eingereichte Projekt in den Katalog des § 100 WRG 1959 fällt. Die höchste für eines der Projekte zuständige Behörde ist der Bundesminister, der daher auch für das Widerstreitverfahren zuständig ist.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

Der Beschwerdeführer ist somit durch die Spruchpunkte A. und B. des angefochtenen Bescheids im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid war daher in den Spruchpunkten A. und B. aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-

sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.