OGH vom 28.10.2013, 8Ob54/13v

OGH vom 28.10.2013, 8Ob54/13v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers R***** N*****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. M***** F*****, 2. C***** F*****, beide vertreten durch Simma Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, 3. A***** M*****, wegen Abstammung, über den Revisionsrekurs des Erst und der Zweitantragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 3 R 102/13t 46, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom , GZ 9 Fam 23/11t 35, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller wurde im Jahr 1970 als uneheliches Kind in Österreich geboren, ein Jahr später wurde er mit Einwilligung seiner mittlerweile verstorbenen Mutter von einem niederländischen Ehepaar adoptiert. Als leiblicher Vater des Antragstellers gilt aufgrund eines rechtskräftigen Versäumungsurteils der Drittantragsgegner.

Im Zuge von Recherchen nach in Österreich lebenden (Halb )Geschwistern gelangten dem Antragsteller im Jahre 2011 Gerüchte zu Ohren, dass nicht der Drittantragsgegner, sondern S***** F*****, der im Jahr 2007 verstorbene Vater der Erst und Zweitantragsgegner, sein leiblicher Vater sei.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt er die Feststellung, dass er von S***** F***** abstamme und der Drittantragsgegner nicht sein Vater sei.

Nach dem Ergebnis eines im Verfahren eingeholten erbbiologischen Gutachtens ist der Drittantragsgegner als Vater des Klägers ausgeschlossen.

Der Erst und die Zweitantragsgegnerin leisteten der gerichtlichen Aufforderung zur Mitwirkung an der Gutachtenserstellung nicht Folge. Sie wandten ein, dem Antragsbegehren liege nur eine vage Behauptung zugrunde, es sei viel wahrscheinlicher, dass der Antragsteller von einem der unbekannten Väter seiner drei Halbbrüder abstamme. Erst wenn auch diese Männer ausgeforscht, in das Verfahren einbezogen und durch Gutachten als Väter des Antragstellers ausgeschlossen wären, könne eine Mitwirkungspflicht der Erst und Zweitantragsgegner zum Tragen kommen.

Das Erstgericht ordnete mit seinem angefochtenen Beschluss die zwangsweise Vorführung des Erst und der Zweitantragsgegnerin vor den Amtsarzt ihres Wohnbezirks sowie die Anwendung angemessenen unmittelbaren Zwangs zur Gewinnung von Vergleichsproben an, und wies ihren Antrag, zuvor die Väter der Halbbrüder des Antragstellers dem Verfahren beizuziehen, ab.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragsgegner, soweit es sich gegen die Anordnung von Zwangsmaßnahmen richtete, nicht Folge, im Übrigen wies es den Rekurs als unzulässig zurück. Ob konkrete Verdachtsmomente vorlägen, die die Einholung eines Gutachtens erforderlich machen, obliege der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung des Gerichts, eine Fehlbeurteilung sei im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Ein Antragsrecht auf die Einbeziehung weiterer Personen in das Verfahren stehe den Antragsgegnern nicht zu, daher fehle ihnen in diesem Punkt auch die Rekurslegitimation.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur zwangsweisen Durchsetzung der Mitwirkungspflicht nach § 85 Abs 1 AußStrG und darüber, welche Anhaltspunkte für eine mögliche biologische Vaterschaft vorliegen müssen, um die Einbeziehung der Rechtsnachfolger des möglichen Vaters zu begründen, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Erst und der Zweitantragsgegnerin ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, der den Obersten Gerichtshof nicht bindet, unzulässig, weil darin keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG angesprochen wird.

1. Der Revisionsrekurs stellt gar nicht mehr in Frage, dass den Antragsgegnern in Bezug auf die angestrebte Erweiterung des Kreises der Verfahrensparteien auf die unbekannten Väter der Halbbrüder des Antragstellers keine Antrags- und Rechtsmittellegitimation zukam. Eine Einbeziehung der Halbbrüder selbst war nicht Gegenstand des bekämpften Beschlusses. Die Behauptung, die Rechtsmittelwerber hätten in ihrem Schriftsatz vom einen Antrag auf erbbiologische Untersuchung der Halbbrüder gestellt, ist aktenwidrig.

2. Die Feststellung der Abstammung ist ein elementares Grundrecht, das nicht an der ungerechtfertigten Weigerung beteiligter Personen scheitern darf. Der Gesetzgeber hat sich daher entschlossen, in § 85 Abs 3 AußStrG die zwangsweise Vorführung und die Ausübung angemessenen unmittelbaren körperlichen Zwangs zur Gewinnung von Proben für DNA-Tests zuzulassen (ErläutRV 224 BlgNR 22. GP, Fucik/Kloiber , AußStrG § 85 Rz 3).

Die Mitwirkungspflicht der Rechtsmittelwerber an der Feststellung der Abstammung des Antragstellers ergibt sich aus § 85 Abs 1 AußStrG und wird im Revisionsrekurs auch dem Grundsatz nach nicht bezweifelt.

Welche Beweisaufnahmen aber im Einzelfall notwendig sind, obliegt dem Ermessen der Tatsacheninstanzen und ist einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (RIS Justiz RS0043320 [T10]; zur Anfechtbarkeit verfahrensleitender Beschlüsse vgl 8 Ob 117/12g). Auch wenn die Rechtsmittelwerber den Antrag subjektiv als mutwillig empfinden mögen, ändert das nichts daran, dass darüber nicht ohne Durchführung eines Beweisverfahrens entschieden werden kann.

3. Soweit der Erst und die Zweitantragsgegnerin weiterhin meinen, bei der Anordnung von erbbiologischen Untersuchungen sei „abgestuft“ vorzugehen und zunächst der bisherige Giltvater des Antragstellers heranzuziehen, ist auf das bereits vorliegende Gutachten zu verweisen, das den Drittantragsgegner von der Vaterschaft ausschließt.

Weitere Personen, die das Erstgericht noch vor den Rechtsmittelwerbern zur Mitwirkung an der Abstammungsfeststellung heranziehen könnte, gibt es aber nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht.

Eine Untersuchung der Halbbrüder des Antragstellers auf allfällige Vollbürtigkeit wäre für die Sachverhaltsermittlung sinnlos, weil deren Väter ebenfalls unbekannt sind. Auch S***** F***** könnte theoretisch gleich zwei Söhne mit der Mutter des Antragstellers gezeugt haben. Der Nachweis bzw Ausschluss jener Verwandtschaft, die es im Verfahren zu klären gilt, erfordert unter diesen Umständen zwingend die Mitwirkung der leiblichen Nachkommen des verstorbenen behaupteten Vaters (unter der Prämisse der Validität ihrer eigenen Abstammung).

Da der Revisionsrekurs keine Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen vermochte, war er als unzulässig zurückzuweisen.