VfGH vom 25.06.1992, b560/91
Sammlungsnummer
13130
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Entscheidungen des Feststellungssenates der Bundesverteilungskommission beim BMF über das Bestehen angemeldeter Entschädigungsansprüche bzw die Höhe der diese Ansprüche begründenden Verluste aufgrund des VerteilungsG DDR; keine Präjudizialität des Vermögensvertrages DDR mangels Eingriff in die Rechtssphäre der Beschwerdeführer; Anspruch des Staates auf Bezahlung eines Globalbetrages für abgegebenen Interventionsverzicht; kein Entschädigungsanspruch des einzelnen für konkrete Vermögensverluste aufgrund des Vermögensvertrags; Ansprüche nach dem VerteilungsG DDR öffentlich-rechtlicher Natur (keine civil rights);
verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit von Stichtagsregelungen in Verteilungs(Entschädigungs-)gesetzen; kein Verzicht auf - nach deutschem Recht zu beurteilende - Entschädigungsansprüche durch Annahme von Zahlungen nach dem VerteilungsG
Spruch
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Der Feststellungssenat der Bundesverteilungskommission beim Bundesministerium für Finanzen (im folgenden kurz: Feststellungssenat) stellte mit den zu B1395/90 und B1396/90 angefochtenen (gleichlautenden) Bescheiden vom gemäß § 24 des Verteilungsgesetzes DDR, BGBl. 189/1988, fest, daß die von den beiden Beschwerdeführerinnen nach § 20 leg.cit. angemeldeten Entschädigungsansprüche (betreffend den Verlust von Grundvermögen in der ehemaligen DDR) zu Recht bestünden und die die Ansprüche begründenden Verluste nach den §§10 bis 18 leg.cit. jeweils
S 132.300,-- betrügen.
b) Der Feststellungssenat stellte mit dem zu B92/91 angefochtenen Bescheid vom gemäß § 24 des Verteilungsgesetzes DDR fest, daß die von der (mittlerweile verstorbenen) Beschwerdeführerin nach § 20 leg.cit. angemeldeten Entschädigungsansprüche (betreffend Vermögensverluste in der ehemaligen DDR) im Hinblick auf § 9 Z 4 dieses Gesetzes nicht zu Recht bestünden.
c) Der Feststellungssenat stellte mit den zu B212/91 und B308/91 angefochtenen (im wesentlichen gleichlautenden) Bescheiden vom gemäß § 24 des Verteilungsgesetzes DDR fest, daß die von den beiden Beschwerdeführerinnen nach § 20 leg.cit. angemeldeten Entschädigungsansprüche (betreffend Vermögensverluste in der ehemaligen DDR) nicht zu Recht bestünden. Die Beschwerdeführerinnen erfüllten die Stichtagsvoraussetzungen nach § 4 Abs 2 des erwähnten Gesetzes nicht.
d) Der Feststellungssenat stellte mit den zu B557/91, B560/91 und B561/91 angefochtenen (gleichlautenden) Bescheiden vom gemäß § 24 des Verteilungsgesetzes DDR fest, daß die von den beschwerdeführenden Parteien nach § 20 leg.cit. angemeldeten Entschädigungsansprüche (betreffend den Verlust von land- und forstwirtschaftlichem Grundvermögen in der ehemaligen DDR) zu Recht bestünden und die die Ansprüche begründenden Verluste nach den §§10 bis 18 leg.cit. jeweils S 209.630,86 betrügen.
e) Der Feststellungssenat stellte mit dem zu B1023/91 bekämpften Bescheid vom gemäß § 24 des Verteilungsgesetzes DDR fest, daß der von der Beschwerdeführerin nach § 20 leg.cit. angemeldete Entschädigungsanspruch (betreffend den Verlust von Grundvermögen in der ehemaligen DDR) nicht zu Recht bestehe. Die Beschwerdeführerin erfülle die Stichtagsvoraussetzungen nach § 4 Abs 1 des erwähnten Gesetzes nicht.
2.a) Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerden, in denen jeweils die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und (der Sache nach) auch die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
b) Die Einschreiterin, die die unter B92/91 protokollierte Beschwerde eingebracht hatte, verstarb am . Dieses verfassungsgerichtliche Verfahren wird mit ihrem Sohn (dem ihr Nachlaß als Erben eingeantwortet wurde und der erklärte, als Rechtsnachfolger seiner Mutter in das Verfahren einzutreten) als Beschwerdeführer fortgesetzt.
3. Der Feststellungssenat erstattete Gegenschriften, in denen er begehrt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden (mit Ausnahme der zu B1023/91 erhobenen Beschwerde) gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 19 des Verteilungsgesetzes Bulgarien, BGBl. 129/1964, eingeleitet. Mit Erkenntnis vom ,
G 300-307/91, hob er diese Gesetzesbestimmung jedoch nicht als verfassungswidrig auf. Darauf wird unten (III.A.2.) noch näher zurückgekommen.
II. 1. Die Republik Österreich und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) schlossen am den "Vertrag zur Regelung offener vermögensrechtlicher Fragen", BGBl. 188/1988 (im folgenden kurz: Vermögensvertrag DDR).
Art 1 dieses Staatsvertrages lautet:
"Artikel 1
Die Deutsche Demokratische Republik zahlt an die Republik Österreich den Betrag von 136.400.000 (Einhundertsechsunddreißig Millionen Vierhunderttausend) österreichische Schilling zur Abgeltung von vermögensrechtlichen Ansprüchen, die der Republik Österreich, österreichischen Staatsbürgern oder österreichischen juristischen Personen dadurch erwachsen sind, daß ihr Vermögen durch Übernahme in staatliche Verwaltung oder durch sonstige staatliche Maßnahmen der Deutschen Demokratischen Republik in deren ausschließliche Verfügungsgewalt gelangt ist."
Art 4 legt fest, wer als "österreichischer Staatsbürger" oder "österreichische juristische Person" iS des Art 1 anzusehen ist; Art 5 regelt die Rechtsnachfolge von Todes wegen.
Art 6 und 7 bestimmen:
"Artikel 6
(1) Die Verteilung des in Artikel 1 festgesetzten Betrages fällt ausschließlich in die Zuständigkeit der Republik Österreich.
(2) Die Republik Österreich wird nach vollständiger Bezahlung des in Artikel 1 festgesetzten Betrages der Deutschen Demokratischen Republik im Rahmen des Möglichen die Urkunden übergeben, welche die Ansprüche nach Artikel 1 betreffen.
(3) Zur Durchführung der Verteilung des in Artikel 1 festgesetzten Betrages wird die Deutsche Demokratische Republik im Rahmen des Möglichen die zur Prüfung der Begehren der österreichischen Interessenten notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellen.
Artikel 7
Mit vollständiger Bezahlung des in Artikel 1 festgesetzten Betrages sind alle in den Artikeln 1 und 2 genannten vermögensrechtlichen Ansprüche endgültig erledigt. Keiner der beiden Vertragsstaaten wird nach Inkrafttreten dieses Vertrages Ansprüche, die durch diesen Vertrag geregelt sind, gegenüber dem anderen Vertragsstaat erheben oder in irgendeiner Art unterstützen."
Art 8 regelt die näheren Zahlungsmodalitäten hinsichtlich der von der DDR in Art 1 übernommenen Zahlungsverpflichtung (Ratenzahlungen).
2. Wie der nach Art 1 des Vermögensvertrages DDR an Österreich zu zahlende Globalbetrag an die von den Vermögensverlusten Betroffenen zu verteilen ist, wurde innerstaatlich durch das Verteilungsgesetz DDR, BGBl. 189/1988, geregelt.
Dieses Gesetz lautet auszugsweise:
"I. ABSCHNITT
Anspruch
§ 1. Die von der Deutschen Demokratischen Republik auf Grund des Vertrages vom zwischen der Republik Österreich und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener vermögensrechtlicher Fragen zu zahlende Abgeltungssumme von 136,4 Millionen österreichische Schilling ist gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Leistung von Entschädigungen zu verwenden.
§ 2. Entschädigung ist zu leisten:
1. für Vermögensverluste österreichischer physischer oder juristischer Personen, die diesen Personen dadurch erwachsen sind, daß ihr Vermögen durch Übernahme in staatliche Verwaltung oder durch sonstige staatliche Maßnahmen der Deutschen Demokratischen Republik in deren ausschließliche Verfügungsgewalt gelangt ist;
2. . . .
§ 3. - § 9. . . .
II. ABSCHNITT
Ermittlung des zu entschädigenden Verlustes
A. Allgemeine Bestimmungen
§ 10. - § 12. . . .
B. Besondere Bestimmungen
§ 13. (1) Für die Ermittlung der Höhe des Verlustes von land-
und forstwirtschaftlichem Vermögen und von Grundvermögen ist von den in der Deutschen Demokratischen Republik entweder zum oder zum Zeitpunkt einer Maßnahme festgestellten Zeitwerten in Mark auszugehen.
(2) Die Zeitwerte sind mit dem Faktor 3,75 zu vervielfachen. Der so ermittelte, auf Mark lautende Wert ist in der Weise in österreichische Schilling umzurechnen, daß eine Mark sieben Schilling entspricht.
(3) Der in österreichische Schilling umgerechnete Betrag entspricht der Höhe des Verlustes.
(4) - (5) . . .
§ 14. - § 18. . . .
III. ABSCHNITT
Verfahren
§ 19. (1) Zur Entscheidung über Ansprüche auf Entschädigung und
zur Verteilung der im § 1 genannten Mittel ist die nach dem Verteilungsgesetz Bulgarien, BGBl. Nr. 129/1964, errichtete Bundesverteilungskommission berufen. Sie entscheidet in Feststellungssenaten und in einem Verteilungssenat.
(2) Die §§18 bis 24 des Verteilungsgesetzes Bulgarien sind sinngemäß anzuwenden.
§20. (1) Zur Erfassung der Entschädigungswerber hat das Bundesministerium für Finanzen unverzüglich nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes einen Aufruf (zur Anmeldung des Verlustes, für den Entschädigung begehrt wird) im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' zu veröffentlichen.
(2) - (6) . . .
§ 21. . . .
§ 22. Die Finanzlandesdirektion hat die Anmeldungen in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen; . . .
§23. (1) Hält die Finanzlandesdirektion den Anspruch für gegeben, so hat sie die Höhe der den Anspruch begründenden Verluste nach dem II. Abschnitt dieses Bundesgesetzes zu ermitteln und dem Entschädigungswerber einen Vorschlag zur Stellung eines einvernehmlichen Antrages auf Entscheidung der Bundesverteilungskommission über den Anspruch und auf Feststellung der Höhe des diesen Anspruch begründenden Verlustes zu unterbreiten. Bei Zustimmung des Entschädigungswerbers ist der Antrag zusammen mit den Akten von der Finanzlandesdirektion ohne Verzug der Bundesverteilungskommission vorzulegen. Die Zustimmung des Entschädigungswerbers ist aktenkundig zu machen.
(2) Ein Vorschlag oder ein einvernehmlicher Antrag hinsichtlich einzelner Vermögenswerte ist zulässig.
(3) Kommt innerhalb von drei Monaten nach Zustellung eines Vorschlages gemäß Abs 1 ein einvernehmlicher Antrag nicht zustande, so sind die Akten von der Finanzlandesdirektion mit dem Antrag auf Entscheidung der Bundesverteilungskommission vorzulegen.
(4) Hält die Finanzlandesdirektion den Anspruch auf Entschädigung für nicht gegeben, so hat sie dem Anmelder unter Angabe der Gründe mitzuteilen, daß sie die Stellung eines Antrages an die Bundesverteilungskommission ablehnt. Der Anmelder kann innerhalb von drei Monaten ab Zustellung der ablehnenden Mitteilung die Entscheidung der Bundesverteilungskommission beantragen. Versäumt er diese Frist, ist der Anspruch erloschen.
(5) Wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Anmeldefrist von der Finanzlandesdirektion weder ein Vorschlag gemäß Abs 1 gemacht noch die Stellung eines Antrages ausdrücklich abgelehnt, so kann der Anmelder bei der Finanzlandesdirektion die Entscheidung der Bundesverteilungskommission verlangen. Auf diese Frist ist im Aufruf (§20 Abs 1) ausdrücklich hinzuweisen.
(6) Ist die Entscheidung der Bundesverteilungskommission verlangt worden, so hat die Finanzlandesdirektion die Akten ohne Verzug vorzulegen. Über die Rechtzeitigkeit eines Verlangens hat die Bundesverteilungskommission zu entscheiden. Das gleiche gilt für Anmeldungen, die nicht fristgerecht eingebracht worden sind.
§24. (1) Ein Feststellungssenat der Bundesverteilungskommission hat auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über den Anspruch des Anmelders auf Entschädigung zu entscheiden und die Höhe der diesen Anspruch begründenden Verluste festzustellen. Die Entscheidung ist dem Anmelder bekanntzugeben.
(2) Die einem Anmelder zugestellte Entscheidung der Bundesverteilungskommission gemäß Abs 1 ist gegenüber jedem Anmelder wirksam.
(3) Die Höhe der für den einzelnen Entschädigungswerber festgestellten Verluste ist in den Verteilungsplan aufzunehmen.
§ 25. Die Bundesverteilungskommission kann vor ihrer Entscheidung die Finanzlandesdirektion beauftragen, innerhalb angemessener Frist etwa noch erforderliche Erhebungen vorzunehmen.
§ 26. Nach Maßgabe der zugeflossenen Mittel hat die Finanzlandesdirektion innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Feststellungsbescheides 70 vom Hundert der festgestellten Beträge als Vorschuß auf die Entschädigung auszuzahlen und die geleisteten Zahlungen, nach einzelnen Fällen getrennt, der Bundesverteilungskommission bekanntzugeben.
§27. (1) Sobald die Entscheidung und Feststellung gemäß § 24 Abs 1 bei allen als fristgerecht zu behandelnden Anmeldungen vorliegt, ist vom Verteilungssenat der Bundesverteilungskommission der Verteilungsplan zu erstellen.
(2) Zur Erstellung des Verteilungsplanes ist von der im § 1 genannten Abgeltungssumme von 136,4 Millionen Schilling abzüglich der bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Überweisungskosten auszugehen. Zur Ermittlung der Verteilungsquote ist die verbleibende Entschädigungssumme durch die Summe der von der Bundesverteilungskommission festgestellten Verluste bis auf vier Dezimalstellen zu teilen.
(3) Der vom Verteilungssenat erstellte Verteilungsplan ist von der Bundesverteilungskommission als Verordnung im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' kundzumachen. Die Verordnung tritt am Tage ihrer Kundmachung in Kraft; sie hat die maßgebenden Summen und die Verteilungsquote zu enthalten.
§28. (1) Auf Grund des Verteilungsplanes hat der jeweils zuständige Feststellungssenat der Bundesverteilungskommission entsprechend der Verteilungsquote die Höhe der Entschädigung festzusetzen und die abschließende Leistung zuzuerkennen.
(2) Die Leistungsfrist beträgt vier Wochen. Sie beginnt mit dem Tage der Zustellung der Entscheidung gemäß Abs 1 an die Finanzlandesdirektion.
§ 29. Mittel laut § 1, die einem Entschädigungswerber infolge seines Verzichtes nicht ausgezahlt werden, sind nicht zu verteilen.
IV. ABSCHNITT
Weitere Bestimmungen
. . ."
3. Das VerteilungsG DDR regelt die Frage der Zusammensetzung der - zur Entscheidung über die Entschädigungsansprüche berufenen - Bundesverteilungskommission nicht eigenständig, sondern verweist im § 19 auf das VerteilungsG Bulgarien, BGBl. 129/1964, dessen §§18 bis 24 sinngemäß anzuwenden sind.
Die verwiesenen Normen des VerteilungsG Bulgarien lauten auszugsweise:
"§18. (1) Die Bundesverteilungskommission besteht aus einem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und der erforderlichen Anzahl von sonstigen Mitgliedern.
(2) Der Vorsitzende der Bundesverteilungskommission, sein Stellvertreter und die Vorsitzenden der Feststellungssenate und des Verteilungssenates müssen Richter sein.
(3) Feststellungssenate der Bundesverteilungskommission können auch bei einer Finanzlandesdirektion gebildet werden.
(4) Die Mitglieder der Bundesverteilungskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.
(5) Die Entscheidungen der Bundesverteilungskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungsweg.
§19. (1) Die richterlichen Mitglieder der Bundesverteilungskommission werden vom Bundesministerium für Justiz bestellt.
(2) Die nichtrichterlichen Beisitzer der Bundesverteilungskommission sind aus zwei Gruppen von Mitgliedern heranzuziehen, welche je in einer Liste zu vereinigen sind.
(3) Die Mitglieder der ersten Gruppe werden vom Bundesministerium für Finanzen aus solchen Beamten der Verwendungsgruppen A oder B des Dienst- oder Ruhestandes des Bundesministeriums für Finanzen oder der Finanzlandesdirektionen ernannt, die mit der Prüfung oder mit den Erhebungen über die Ansprüche nicht befaßt sind.
(4) Die Mitglieder der zweiten Gruppe sind von den gesetzlichen Berufsvertretungen jedes Bundeslandes zu entsenden. Das Bundesministerium für Finanzen hat nach Anhörung der Berufsvertretungen die Anzahl der von den einzelnen Berufsvertretungen zu entsendenden Mitglieder unter Berücksichtigung der Bedeutung und des Umfanges der für die Angehörigen der einzelnen Berufsgruppen eingetretenen Vermögensverluste zu bestimmen, wobei jede Berufsvertretung eines Bundeslandes mindestens ein Mitglied entsenden kann.
§ 20. . . .
§ 21. (1) Die Feststellungssenate der Bundesverteilungskommission
entscheiden durch einen Richter als Vorsitzenden und durch je ein Mitglied der ersten und der zweiten Gruppe als Beisitzer.
(2) - (4) . . .".
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:
A. Zu den Normbedenken
1.a) aa) Die zu B1395/90 und B1396/90 beschwerdeführenden Parteien machen geltend, die Republik Österreich habe durch Abschluß des Vermögensvertrages DDR, in welchem sie auf private vermögensrechtliche Ansprüche ihrer Staatsbürger verzichtet habe, eine verfassungswidrige (materielle) Enteignung vorgenommen.
Offenbar hilfsweise wird vorgebracht, daß die DDR "als Völkerrechtssubjekt und als zu einer Leistung verpflichteter Vertragspartner zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr existent" gewesen und die von der DDR mit Abschluß des Vermögensvertrages übernommene Zahlungsverpflichtung "erloschen" sei. "Der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik in die Bundesrepublik Deutschland", der das "Erlöschen" des Vermögensvertrages DDR zur Folge gehabt habe, bewirke, daß seither auch das VerteilungsG DDR "totes Recht" darstelle.
bb) Auch in einigen anderen Beschwerden werden ähnliche Bedenken vorgetragen und noch weiter ausgeführt:
Seit der Vereinigung der DDR mit der BRD sei der Wert des Grundvermögens erheblich gestiegen; die vereinbarte Globalsumme sei nicht mehr angemessen; die grundlegende Änderung der bei Vertragsabschluß bestehenden Verhältnisse rechtfertige nach Art 62 der Wiener Vertragsrechtskonvention einen Rücktritt vom Vermögensvertrag DDR. Durch die Änderung der Verhältnisse sei dieser verfassungswidrig geworden (B557/91, B560/91, B561/91).
b) All diese, gegen die Verfassungsmäßigkeit des Vermögensvertrages DDR gerichteten Vorbringen sind nicht zielführend:
aa) Sofern die vorstehenden Beschwerdeausführungen (auch) als Begehren nach Art 145 B-VG, über Verletzungen des Völkerrechtes zu erkennen, gedeutet werden könnten, wäre ein solcher Antrag unzulässig, weil das in dieser Verfassungsnorm vorgesehene Bundesgesetz bisher nicht erlassen wurde. Dem Verfassungsgerichtshof fehlt somit schon deshalb die Zuständigkeit über einen allfälligen Antrag nach Art 145 B-VG zu entscheiden (s. VfSlg. 11874/1988 sowie die dort zitierte Literatur und weitere Vorjudikatur), sodaß nicht erörtert zu werden braucht, ob dann, wenn es das erwähnte Gesetz gäbe, eine auf Art 145 B-VG gestützte Beschwerde dieser Art überhaupt zulässig wäre.
bb) Der Verfassungsgerichtshof sieht sich aber auch nicht in der Lage, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden von Amts wegen gemäß Art 140a Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Bestimmungen des Vermögensvertrages DDR einzuleiten. Dieser Staatsvertrag ist nämlich nicht präjudiziell:
Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist nicht der Vermögensvertrag DDR, sondern das VerteilungsG DDR und das darin verwiesene VerteilungsG Bulgarien.
Der Verfassungsgerichtshof hätte bei Entscheidung über die vorliegenden Beschwerden den Vermögensvertrag DDR keinesfalls unmittelbar anzuwenden.
Er ist aber auch nicht mittelbar Rechtsgrundlage für seine Entscheidung, etwa dadurch, daß seine Verfassungsmäßigkeit Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des VerteilungsG DDR wäre; dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der Vermögensvertrag DDR und das VerteilungsG DDR unterschiedliche Partner oder Normadressaten haben, weshalb denn auch der Vermögensvertrag DDR nicht in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Parteien eingreift: Mit dem in Art 7 des Vermögensvertrages DDR enthaltenen Interventionsverzicht verpflichtete sich lediglich die Republik Österreich gegenüber der seinerzeitigen DDR, keine Ansprüche, die durch den Vermögensvertrag geregelt sind, mehr zu erheben oder zu unterstützen; damit verzichtete der österreichische Staat aber nicht namens seiner Staatsbürger darauf, daß diese allfällige Ansprüche vor deutschen Gerichten oder Verwaltungsbehörden geltend machen (vgl. VfSlg. 9290/1981).
Mit dem Vermögensvertrag DDR machte die Republik Österreich - nach Maßgabe der damaligen Verhältnisse - von ihrer völkerrechtlichen Ermächtigung Gebrauch, von einem anderen Staat (hier der DDR) einen Ausgleich jenes Schadens zu erwirken, den österreichische Staatsbürger durch völkerrechtswidriges Verhalten des anderen Staates (etwa durch entschädigungslose Enteignung österreichischer Staatsbürger) erlitten hatten. Durch Abschluß des völkerrechtlichen Vertrages entsteht ein auf Völkerrecht beruhender Anspruch des Staates auf Bezahlung eines globalen Entschädigungsbetrages, aber noch kein Anspruch des einzelnen auf einen Anteil an diesem Betrag. Erst durch die innerstaatliche Umsetzung, die verfassungsrechtlich geboten ist, wird auch dem einzelnen ein Rechtsanspruch eingeräumt (vgl. zB VfSlg. 7659/1975, 8422/1978, 8786/1980, 9290/1981).
Der im Vermögensvertrag DDR vereinbarte Globalbetrag stellt keine Entschädigung für die erfolgten Vermögensverluste dar, sondern ist eine - nach Maßgabe der damaligen Verhältnisse erreichbare - Leistung des fremden Staates für den österreichischerseits abgegebenen Interventionsverzicht. Für den einzelnen bedeutet die sogenannte "Entschädigung" (ungeachtet dessen, daß im VerteilungsG DDR dieser Ausdruck verwendet wird) keine (eigentliche) Entschädigung für die erfolgte Enteignung oder den sonstigen Verlust einer Rechtsposition, sondern einen Ausgleich für die Schwierigkeit, seinen Anspruch geltend zu machen und durchzusetzen; mit der Annahme der sogenannten "Entschädigung" tritt nicht der Verlust des Rechtsanspruches ein; ob ein solcher besteht und (nunmehr) durchsetzbar ist, richtet sich nach deutschem Recht.
Die Sachgerechtigkeit des Verteilungsgesetzes DDR ist aus sich heraus zu prüfen. Der Vermögensvertrag kann lediglich in bestimmter Hinsicht einer der Maßstäbe bei Beurteilung der Sachgerechtigkeit sein (vgl. zB VfSlg. 7659/1975, 8422/1978, 8786/1980; in diesen Erkenntnissen wird dargetan, daß ein Verteilungsgesetz den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht enger ziehen darf als der entsprechende Vermögensvertrag).
Diesem Ergebnis kann auch nicht das Erk. VfSlg. 8276/1978 entgegengehalten werden. Damals wurde ein gegen Bestimmungen des EntschädigungsG CSSR gerichteter Individualantrag mit der Begründung zurückgewiesen, daß der Antragsteller die Möglichkeit hätte, einen Bescheid der Bundesentschädigungskommission (diese entspricht der Bundesverteilungskommission nach dem VerteilungsG DDR) zu erwirken. In der dagegen zu erhebenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde könnte er die Verfassungswidrigkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Gesetze geltend machen. Von der Möglichkeit, im Rahmen einer solchen Beschwerde auch Bedenken gegen den Staatsvertrag (das war der Vermögensvertrag CSSR) zu erheben, war im gegenständlichen Erkenntnis hingegen nicht die Rede.
Aus all diesen Gründen sind allfällige Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des Vermögensvertrages DDR aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden nicht zu erörtern.
2.a) In einigen Beschwerdefällen (B92/91, B557/91, B560/91, B561/91, B1023/91) werden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zusammensetzung der Bundesverteilungskommission regelnden Vorschriften (s. oben II.3.) vorgebracht:
Zum ersten wird beanstandet, daß die Kommissionsmitglieder, die als "sonstige Bundesfunktionäre" iS des Art 65 Abs 2 lita B-VG zu qualifizieren seien, entgegen dieser Verfassungsvorschrift nicht vom Bundespräsidenten ernannt würden (vgl. § 19 VerteilungsG Bulgarien). Zum zweiten wird ausgeführt, daß die Heranziehung "entsendeter Mitglieder nach berufsständischen Gesichtspunkten" unzulässig sei. Zum dritten wird kritisiert, daß es der Bundesverteilungskommission an der nach Art 6 EMRK für Entscheidungen über zivilrechtliche Ansprüche ("civil rights") erforderlichen Tribunalqualität mangle. Viertens wird bemängelt, daß die Bestellung der richterlichen Mitglieder der Bundesverteilungskommission durch den Bundesminister für Justiz erfolge (§19 Abs 1 VerteilungsG Bulgarien). Diese Regelung verstieße gegen Art 86 Abs 1 B-VG.
b) Zur Widerlegung des erstgenannten Bedenkens ist auf das hg. Erkenntnis vom , G 300-307/91, (s.o. I.4.), hinzuweisen, mit dem das aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden (mit Ausnahme der zu B1023/91 erhobenen Beschwerde) von Amts wegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 19 VerteilungsG Bulgarien abgeschlossen wurde.
Auch das zweitgenannte Bedenken trifft - wie sich aus der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ergibt (zB VfSlg. 9887/1983, S 508; 10530/1985, S 53; 11912/1988, S 564) - nicht zu.
Eine nähere Erörterung des drittgenannten Bedenkens erübrigt sich schon deshalb, weil es sich bei den von der Bundesverteilungskommission nach dem VerteilungsG DDR zu behandelnden Ansprüchen nicht um "civil rights" iS des Art 6 EMRK, sondern um Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur handelt (vgl. die Judikatur zu gleichartigen Verteilungs- bzw. Entschädigungsgesetzen, zB VfSlg. 5340/1966, 6695/1972, 8786/1980, 9291/1981). Bei diesen Zahlungen handelt es sich nicht um Entschädigungen für erfolgte Enteignungen, sondern um vom Staat aus Billigkeitsgründen gewährte Leistungen öffentlichrechtlicher Art (s.o. III.1.b.bb); keinesfalls berühren sie den Kernbereich der "civil rights" (vgl. zB VfSlg. 11500/1987). Eine Konstituierung der Bundesverteilungskommission als Tribunal ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten.
Dem viertgenannten Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß sich die Vorschrift des Art 86 Abs 1 B-VG ausschließlich auf die Ernennung von Richtern in diese Funktion bezieht, nicht aber auf die Kreation sogenannter kollegialer Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag iS der Art 20 Abs 2 und 133 Z 4 B-VG (vgl. VfSlg. 8856/1980, S 540 f.).
3.a) Auf die zu B92/91 vertretene Meinung, die in § 9 Abs 2 der Geschäftsordnung der Bundesverteilungskommission, BGBl. 233/1964, vorgesehene Bindung des Verteilungssenates an die Entscheidung des Feststellungssenates sei verfassungswidrig, ist mangels Präjudizialität nicht einzugehen. Diese Vorschrift wurde nämlich weder von der belangten Behörde bei Erlassung der angefochtenen Bescheide angewendet noch war sie anzuwenden; dementsprechend hat sie auch der Verfassungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegenden Beschwerden nicht anzuwenden:
Die Verteilung der globalen Abgeltungssumme (§1 VerteilungsG DDR) erfolgt in drei Schritten:
Erster Schritt: Der Feststellungssenat entscheidet, ob der angemeldete Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu Recht besteht, sowie über die Höhe der diesen Anspruch begründenden Verluste (Feststellungsbescheid nach § 24 Abs 1 VerteilungsG DDR).
Zweiter Schritt: Sobald die Entscheidungen über alle (fristgerechten) Anmeldungen vorliegen, erläßt der Verteilungssenat - in Bindung an die Feststellungsbescheide des Feststellungssenates (§9 Abs 2 der Geschäftsordnung der Bundesverteilungskommission) - (in Verordnungsform) den Verteilungsplan (§27 Abs 1 VerteilungsG DDR).
Dritter Schritt: Aufgrund des Verteilungsplanes setzt der Feststellungssenat die endgültige Höhe der Entschädigung fest und spricht die abschließende Leistung zu (Leistungsbescheid nach § 28 Abs 1 leg.cit.).
Angefochten sind in den Beschwerdeverfahren die - im ersten Schritt zu erlassenden - Feststellungsbescheide. Normen, die sich mit den erst folgenden Schritten befassen (wie hier das Vorgehen des Verteilungssenates im zweiten Schritt) sind daher in diesen Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung.
b) Zu B557/91, B560/91 und B561/91 wird vorgebracht, § 24 Abs 2 VerteilungsG DDR (wonach die einem Anmelder zugestellte Entscheidung der Bundesverteilungskommission (nämlich des Feststellungssenates) über seinen Entschädigungsanspruch und die Höhe der diesen Anspruch begründenden Verluste gegenüber jedem Anmelder wirksam ist) sei verfassungswidrig.
Auf diesen Einwand ist ebenfalls nicht einzugehen. Auch diese Bestimmung ist im Hinblick auf das soeben Gesagte nicht präjudiziell. Daran ändert nichts, daß in den angefochtenen Bescheiden vermerkt wird, daß diese gemäß § 24 Abs 2 VerteilungsG DDR gegenüber jedem Anmelder wirksam sind. Dieser Hinweis ist als bloße Rechtsbelehrung ohne jede normative Wirkung zu verstehen.
4.a) aa) Die zu B212/91 und B308/91 beschwerdeführenden Parteien bringen Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der im VerteilungsG DDR enthaltenen Stichtagsregelung vor. Diese Regelung ist in ihren Fällen maßgebend, weil die von ihnen angemeldeten Entschädigungsansprüche vom Feststellungssenat mit der Begründung abgelehnt wurden, daß die Beschwerdeführerinnen (als Rechtsnachfolger von Todes wegen nach Personen - hier nach den Eltern -, die Vermögensverluste iS des VerteilungsG DDR erlitten haben) die Stichtagsvoraussetzungen nach § 4 Abs 2 leg.cit. nicht erfüllten. (Die Beschwerdeführerin zu B212/91 habe am die deutsche Staatsangehörigkeit, die Beschwerdeführerin zu B308/91 habe am die US-Staatsangehörigkeit erworben; damit hätten die Beschwerdeführerinnen die österreichische Staatsbürgerschaft verloren.)
Dem § 2 Z 1 VerteilungsG DDR zufolge ist eine Entschädigung für Vermögensverluste nur österreichischen physischen oder juristischen Personen zu leisten. Gemäß § 4 Abs 1 VerteilungsG DDR ist eine österreichische physische Person im Sinne dieses Bundesgesetzes jede physische Person, die sowohl am als auch am die österreichische Staatsbürgerschaft besessen hat.
§ 4 Abs 2 VerteilungsG DDR lautet:
"(2) Ist eine physische Person vor dem verstorben und besaß sie sowohl am als auch im Zeitpunkt ihres Todes die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist die Entschädigung Rechtsnachfolgern von Todes wegen nach ihren Anteilen in der Rechtsnachfolge zu leisten, wenn sie am entweder als physische Personen die österreichische Staatsbürgerschaft besessen oder als juristische Personen ihren Sitz auf dem Gebiet der Republik Österreich gehabt haben."
Die Beschwerdeführerinnen meinen, § 4 leg.cit. bewirke "quasi eine 'Enterbung' von Amts wegen". Die Entschädigungsansprüche seien von ihren Eltern vor deren Ableben gültig angemeldet worden; sie seien auf die Beschwerdeführerinnen als den rechtmäßigen Erbinnen übergegangen; durch § 4 Abs 2 VerteilungsG DDR werde somit (verfassungswidrig) in das Erbrecht eingegriffen.
bb) Auch die zu B1023/91 beschwerdeführende Partei trägt Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung des VerteilungsG DDR vor. In ihrem Fall ist § 4 Abs 1 maßgebend, weil das Bestehen der angemeldeten Entschädigungsansprüche vom Feststellungssenat mit der Begründung verneint wurde, daß die Beschwerdeführerin die Stichtagsvoraussetzungen nach § 4 Abs 1 des VerteilungsG DDR nicht erfülle; sie habe die österreichische Staatsbürgerschaft erst am durch Eheschließung erworben; zuvor sei sie deutsche Staatsangehörige gewesen.
Dem § 2 Z 1 VerteilungsG DDR zufolge ist - wie schon ausgeführt - eine Entschädigung für Vermögensverluste nur österreichischen physischen oder juristischen Personen zu leisten.
§ 4 Abs 1 leg.cit. bestimmt hiezu des näheren:
"§4. (1) Eine österreichische physische Person im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jede physische Person, die sowohl am als auch am die österreichische Staatsbürgerschaft besessen hat."
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, durch diese gesetzliche Regelung werde sie unsachlich von Entschädigungsansprüchen ausgeschlossen; es werde eine unsachliche Differenzierung zwischen Personen vorgenommen, die an den normierten Stichtagen die österreichische Staatsbürgerschaft besessen haben, und Personen, auf die das nicht zutreffe. Das Gesetz verstoße daher gegen den Gleichheitsgrundsatz.
b) Der Verfassungsgerichtshof hat bereits wiederholt (zB VfSlg. 7659/1975, 8422/1978, 8786/1980) ausgesprochen, daß es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn ein Verteilungsgesetz (Entschädigungsgesetz) Stichtagsregelungen enthält; das Gesetz darf nur den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht enger ziehen als der entsprechende Vermögensvertrag. Der Verfassungsgerichtshof rückt von dieser Rechtsprechung nicht ab.
Hier entsprechen § 4 Abs 1 und § 4 Abs 2 des VerteilungsG DDR inhaltlich dem Art 4 Abs 1 und dem Art 5 (1. Halbsatz) des Vermögensvertrages DDR. (Der ist der Tag der Unterzeichnung des Vermögensvertrages DDR.) Demnach besteht auch in dieser Hinsicht keine Veranlassung, ein amtswegiges Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.
5. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof gegen die präjudiziellen generellen Normen weder die von den beschwerdeführenden Parteien vorgebrachten noch sonstige verfassungsrechtliche Bedenken hegt.
Die beschwerdeführenden Parteien wurden nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
B. Zu den Vollzugsbedenken
1.a) Die Beschwerdeführerinnen zu B1395/90 und B1396/90 lasten auch der Vollziehung einen (in die Verfassungssphäre reichenden) Fehler an: Sie hätten ihre Entschädigungsansprüche unter dem ausdrücklichen Vorbehalt angemeldet, daß sie ihre Ansprüche auf Naturalrestitution aufrechterhielten. Der Feststellungssenat wäre daher verhalten gewesen, auch auszusprechen, daß die in den Bescheiden getroffenen Feststellungen (wonach die angemeldeten Ansprüche zu Recht bestünden und die die Ansprüche begründenden Verluste je S 132.300,-- betrügen) "keine Präjudizierung der Geltendmachung weiterer Ansprüche beinhalten".
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß sich die Beschwerdeführerinnen im April 1990 gegenüber der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit der Stellung eines einvernehmlichen Antrages auf Entscheidung der Bundesverteilungskommission gemäß § 23 Abs 1 VerteilungsG DDR einverstanden erklärten. Auf den betreffenden Formularen wird von den Beschwerdeführerinnen auszugsweise folgendes angemerkt:
". . .
Ich behalte mir ausdrücklich vor, die im Rahmen des Vermögensvertrages vorgesehene Entschädigung einseitig zurückzuzahlen, wenn die Eigentumsordnung im Gebiet der mir entzogenen Liegenschaft allgemein die ursprünglichen Eigentumsrechte wieder herstellt.
Mit diesem Vorbehalt nehme ich die im Vermögensvertrag vorgesehene Entschädigung an und widerspreche jeder präjudizierenden Wirkung."
b) Die Beschwerdeführerinnen machen mit dem unter lita erwähnten Beschwerdevorbringen der Sache nach geltend, daß die Erklärungen betreffend die Stellung eines einvernehmlichen Antrages iS des § 23 Abs 1 VerteilungsG DDR an die Bundesverteilungskommission von ihnen nur unter der Bedingung des Rückzahlungsvorbehalts abgegeben worden seien. Die belangte Behörde hätte in ihren Bescheiden auf diesen Vorbehalt eingehen müssen.
Wenn die belangte Behörde dies unterlassen hat, so mag dies einen Verfahrensmangel darstellen. Ein willkürliches Vorgehen der Behörde ist darin jedoch nicht zu erblicken, zumal - wie dargetan (s.o. III.1.b.bb und III.2.b) - durch die Annahme von Zahlungen nach dem VerteilungsG DDR ohnehin auf eine (eigentliche) Entschädigung für die erlittenen Vermögensverluste nicht verzichtet wird.
In Hinblick auf die Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften wurden die Beschwerdeführerinnen sohin nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Da die Ansprüche nach dem VerteilungsG DDR öffentlich-rechtlicher Natur sind (s.o. III.1.b.bb und III.2.b), ist es ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerinnen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurden (vgl. zB VfSlg. 6695/1972, 8786/1980, 9291/1981).
2.a) Die zu B92/91 beschwerdeführende Partei wirft der belangten Behörde vor, sie habe sich bei Vollziehung des Gesetzes Willkür zuschulden kommen lassen:
Nach § 9 Z 4 des VerteilungsG DDR findet dieses Bundesgesetz keine Anwendung auf "Ansprüche aus dem Besitz von Aktien oder aus sonstigen Beteiligungen an Gesellschaften oder aus dem Besitz von Unternehmen, sofern diese Gesellschaften oder Unternehmen kriegswirtschaftlichen Interessen des ehemaligen Deutschen Reiches gedient haben". Diese Bestimmung des VerteilungsG DDR stimmt inhaltlich mit Pkt. 5 des - einen integrierenden Bestandteil des Vermögensvertrages DDR darstellenden - Briefwechsels vom überein.
Die Einschreiterin, von der die gegenständliche Beschwerde eingebracht wurde, hatte die Entschädigung betreffend 12 Kuxe der "Gewerkschaft Deutschland" sowie einen Kux der "Gewerkschaft Burbach" beantragt. Der Feststellungssenat ging davon aus, daß die "Gewerkschaft Deutschland" als Steinkohlenbergbau-Unternehmen kriegswirtschaftlichen Interessen des ehemaligen Deutschen Reiches gedient habe. Die "Gewerkschaft Burbach" habe einen Schacht zu kriegswirtschaftlichen Zwecken (Produktion von Munition), den anderen zur Salzförderung genützt; darauf, in welchem Umfang ein Unternehmen kriegswirtschaftlichen Zwecken gedient hat, komme es nach dem Vermögensvertrag DDR und dem VerteilungsG DDR nicht an.
Die belangte Behörde stützte sich bei ihren Ausführungen auf Auskünfte des seinerzeitigen "Amtes für den Rechtsschutz des Vermögens der DDR"; an diese Auskünfte sei die Bundesverteilungskommission beim Bundesministerium für Finanzen gebunden. Der Beschwerdeführer bemängelt, daß der Feststellungssenat jegliches ordnungsgemäße Ermittlungsverfahren unterlassen und zu Unrecht eine Bindung an die Auskünfte des erwähnten "dubiosen" Amtes angenommen habe. In der Gegenschrift gesteht die belangte Behörde zu, daß dem Gesetz eine Bindung an Mitteilungen der Behörden der ehemaligen DDR zwar tatsächlich nicht entnommen werden könne; die Auskünfte der (seinerzeitigen) zuständigen DDR-Behörden bildeten aber dennoch "ein wesentliches, in aller Regel entscheidendes Beweismittel".
b) Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
Ein solcher Vorwurf kann der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht gemacht werden. Zwar wäre die im angefochtenen Bescheid verbal zum Ausdruck kommende Annahme einer Bindungswirkung an die Auskünfte der (damaligen) DDR-Behörden völlig verfehlt; mit diesen Ausführungen hat sich die Behörde aber offenbar - wie auch aus ihrer Gegenschrift hervorgeht - nur im Ausdruck vergriffen. Der Feststellungssenat ist erkennbar davon ausgegangen, daß die in Rede stehenden Kuxe bei den Verhandlungen zwischen der DDR und Österreich über die Höhe der zu zahlenden Globalsumme nicht in Anschlag gebracht wurden (siehe Pkt. 5 des oben zitierten Schriftwechsels vom ). Er hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Seine Beweiswürdigung und die Schlußfolgerung, daß die beiden Betriebe "kriegswirtschaftlichen Interessen" dienten, sind zumindest nicht derart verfehlt, daß dies Willkür indizieren würde.
3. Die zu B557/91, B560/91 und B561/91 beschwerdeführenden Parteien machen Vollzugsfehler - insbesondere Verfahrensfehler - geltend, durch die die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach Art 6 EMRK und Art 7 B-VG verletzt worden seien.
Diese Fehler greifen - wenn sie überhaupt vorliegen - nicht in die Verfassungssphäre ein.
Vor allem kann der Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, dadurch willkürlich gehandelt zu haben, daß sie den beschwerdeführenden Parteien (entgegen dem § 13a AVG) nicht ausreichende Rechtsbelehrung darüber erteilt habe, daß es vielleicht zweckmäßig wäre, den Entschädigungsantrag zurückzuziehen. Zu einer solchen Belehrung war der Feststellungssenat nicht verpflichtet, zumal die Annahme, von der die beschwerdeführenden Parteien offenbar ausgehen - nämlich, daß nur eine solche Zurückziehung ihnen erlauben würde, nun in Deutschland ihre Ansprüche vor dortigen Gerichten oder Verwaltungsbehörden geltend zu machen -, (wie oben dargetan) unzutreffend ist.
Wenn die beschwerdeführenden Parteien meinen, der Feststellungssenat habe es unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Voraussetzungen des § 2 Z 1 VerteilungsG DDR derzeit überhaupt noch gegeben seien, wo doch die DDR zum Entscheidungszeitpunkt gar nicht mehr bestanden habe, ist ihnen zu erwidern: Zwar ist in dieser Gesetzesstelle davon die Rede, daß Entschädigung für Vermögensverluste zu leisten ist, die dadurch erwachsen sind, daß das Vermögen in die ausschließliche Verfügungsgewalt der DDR gelangt ist. Diese Gesetzesstelle kann aber - ohne daß eine solche Auslegung willkürlich wäre - dahin verstanden werden, es komme nur darauf an, daß das Vermögen seinerzeit der DDR zugekommen ist.
Jedenfalls ginge die Erörterung der von den beschwerdeführenden Parteien relevierten Fragen über künftige mögliche Rechtsfolgen (Fragen, die nach deutschem Recht zu beantworten sind) weit über die gemäß § 13a AVG gebotene Manuduktion hinaus.
4. Die Beschwerdeführerin zu B1023/91 macht in Ansehung des Vollzuges eine überlange Verfahrensdauer geltend, wodurch Art 6 EMRK, der ein Recht auf Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist einräume, verletzt worden sei. Hiezu genügt es darauf zu verweisen, daß Entschädigungsansprüche nach den Verteilungsgesetzen öffentlich-rechtlicher Natur, also keine civil rights iS des Art 6 EMRK sind (vgl. zB VfSlg. 6695/1972, 8786/1980, 9291/1981).
5. Das verfassungsgerichtliche Verfahren hat nicht ergeben, daß die beschwerdeführenden Parteien aus von ihnen nicht geltend gemachten Gründen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wären.
IV. 1. Die Beschwerden waren aus den oben zu III.A. und B. dargelegten Gründen abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.