OGH vom 26.04.2000, 9ObA53/00k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Mag. Dr. Jörg Krainhöfner und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Roland J*****, Schlosser, *****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz ua, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Dr. Walter Anzböck, Rechtsanwalt, 3430 Tulln, Wiener Straße 9, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der J***** GmbH in Liquidation, wegen Feststellung einer Konkursforderung (Feststellungsinteresse S 620.589) und Zahlung von S 18.244,- sA (Revisionsinteresse S 111.127,-), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 259/99f-23, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 33 Cga 15/98k-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in der Stattgebung des Zahlungsbegehrens und in der Abweisung des Feststellungsbegehrens im Umfang von S 509.462,- in Rechtskraft erwachsen sind und von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden im Übrigen - nämlich hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung einer Konkursforderung von S 111.127,- - aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger war seit bei der J***** GesmbH als Schlossermonteur beschäftigt. Ab 1990 war er an der Gesellschaft, deren Geschäftsführer sein Vater war, zu 25 % beteiligt. Er übernahm die Gesellschaftsanteile anlässlich der Scheidung der Ehe seiner Eltern von seiner Mutter. Am wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet; der Beklagte wurde zum Masseverwalter bestellt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete am durch seinen Austritt gemäß § 25 Abs 1 Z 1 KO. Der Kläger meldete im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft eine Konkursforderung von S 620.589,- netto (rückständiges Gehalt seit bis zur Konkurseröffnung, anteilige Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung, Kündigungsentschädigung, Abfertigung, Kilometergeld) und eine Masseforderung von S 18.244,- (Lohnanspruch für die Zeit ab Konkurseröffnung) an. Diese Forderungen wurden vom Beklagten in der Prüfungstagsatzung mit der Begründung bestritten, es handle sich bei den begehrten Beträgen um Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung einer Konkursforderung von S 620.589,- netto und die Zahlung von S 18.244,-
sA. Die Geschäftsführung der von ihnen gegründeten Gesellschaft sei in Händen seines Vaters und seines Onkels gelegen; dem Kläger habe seine Beteiligung faktisch keine Mitspracherechte gebracht. Nachdem es der Gesellschaft bereits längere Zeit wirtschaftlich sehr schlecht gegangen sei, sei es immer wieder zu verzögerten Lohnzahlungen gekommen, wobei vor allem der Kläger als Sohn eines der Geschäftsinhaber besonders "kurz gehalten" worden sei. Er habe zwar aufgrund ständiger Urgenzen immer wieder Zahlungen erhalten, insgesamt seien jedoch die begehrten Beträge offen geblieben. Er habe diese Ansprüche nicht freiwillig "stehen lassen"; Die Gesellschaft seines Vater und seines Onkels zu klagen, sei ihm nicht zumutbar gewesen.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Dem Kläger seien die wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens bekannt gewesen, sodass das Stehenlassen der Gehaltsansprüche als Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen anzusehen sei. Dies gelte auch für Urlaubsentschädigung, Kündigungsentschädigung und Abfertigung sowie für die Lohnforderungen für die Zeit ab Konkurseröffnung. Außerdem seien die auch der Höhe nach bestrittenen Ansprüche teilweise verfristet.
Das Erstgericht wies das Begehren auf Feststellung einer Konkursforderung von S 620.589,- ab und gab dem Zahlungsbegehren - von der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens abgesehen - statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger erhielt schon vor dem Zeitpunkt, an dem er an der Gesellschaft beteiligt wurde, seinen Lohn nur schleppend ausgezahlt. Er wusste, dass nicht mehr Geld vorhanden war. Es wurden regelmäßig Teilbeträge gezahlt, die immer auf die letzten offene Forderungen angerechnet wurden. Der Lohnrückstand hat sich stets vergrößert. Ab November 1995 wurden die geleisteten Zahlungen auf die offenen Löhne der Jahre 1993 und 1994 angerechnet. Ob der Kläger von November 1995 bis zur Konkurseröffnung Lohnzahlungen erhalten hat, ist ebensowenig feststellbar, wie die Höhe des noch ausständigen Lohnes für die Zeit bis zur Konkurseröffnung. Der Kläger wusste, dass die Gesellschaft in einer finanziell angespannten Lage war, ließ sich aber von seinem Vater regelmäßig darauf vertrösten, dass es wieder aufwärts gehen werde. Die anderen Mitarbeiter der Gesellschaft wurden im Vergleich zum Kläger bevorzugt; sie wurden eher befriedigt, als er. Schriftlich urgierte der Kläger die ausstehenden Zahlungen nie, er ersuchte lediglich immer wieder um die Auszahlung von Teilbeträgen. Seine Rechte als Gesellschafter nahm er in keiner Form wahr. Er wollte seinen Vater nicht im Stich lassen, weswegen er offene Lohnforderungen nicht durchsetzte.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass sowohl die rückständigen Lohnforderungen für die Zeit bis zur Konkurseröffnung als auch die anteiligen Sonderzahlungen, die Urlaubsentschädigung, die Kündigungsentschädigung, die Abfertigung und das Kilometergeld als Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen anzusehen seien. Der Kläger habe diese Forderungen freiwillig "stehen gelassen". Dass ihn sein Vater vertröstet habe, sei nicht entscheidend, weil es genüge, dass er den Eigenkapitalcharakter der "stehen gelassenen" Leistungen habe kennen müssen. Dass die Beendigungsansprüche nicht anders zu beurteilen seien, als die rückständigen Lohnforderungen, liege daran, dass der Kläger durch das Nichtausüben seiner arbeitsrechtlichen Möglichkeiten, das Arbeitsverhältnis zu beenden, ebenfalls Forderungen "stehen gelassen" habe. Da der Kläger sofort nach der ersten Besprechung mit dem Masseverwalter (die jedoch erst nach einiger Zeit stattgefunden habe) ausgetreten sei, könne für die Zeit ab Konkurseröffnung aber nicht mehr von einen "Stehenlassen" von Ansprüchen gesprochen werden, sodass der auf die Zeit ab Konkurseröffnung entfallende Lohnanspruch zu Recht bestehe.
Dieses Urteil erwuchs in seinem stattgebenden Teil sowie in der Abweisung des auf die rückständigen Lohnforderungen, auf die Urlaubsentschädigung, auf die anteiligen Sonderzahlungen und auf das Kilometergeld entfallenden Feststellungsbegehrens unangefochten in Rechtskraft. Im Übrigen - nämlich hinsichtlich des Feststellungsbegehrens bezüglich Abfertigung (S 75.952,-) und Kündigungsentschädigung (S 35.175,-) - wurde es vom Berufungsgericht über Berufung des Klägers im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abgeändert. Das Berufungsgericht sprach im Übrigen aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Zwar reiche auch das bloße Stehenlassen von Forderungen durch den Gesellschafter nach Eintritt der Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft zur Annahme einer Eigenkapital ersetzenden Leistung aus. Die Nichtausübung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen, wie dem vorzeitigen Austritt, sei aber keine in diesem Sinn zu beurteilende Finanzierungsentscheidung. Da die Fälligkeit der Beendigungsansprüche erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintrete, könnten sie begrifflich nicht "stehengelassen" werden. Das Rechts auszutreten, impliziere keine Verpflichtung zum Austritt. Auch sei das Verhalten eines Arbeitnehmers, der in Zeiten finanzieller Engpässe an seinem Arbeitsplatz festhalte, nicht mit der Stundung von Gehaltsrückständen vergleichbar. Der Anspruch des Klägers auf Abfertigung und Kündigungsentschädigung bestehe daher zu Recht. Die Entscheidung SZ 70/232 führe zu keiner anderen Beurteilung, weil die dort klagende Partei nicht - wie der Kläger - auf Gehaltszahlungen angewiesen gewesen sei.
Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil angesichts der Entscheidung SZ 70/232 auch eine andere rechtliche Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof möglich erscheine.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung des noch offenen Klagebegehrens abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil zur hier zu entscheidenden Konstellation noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt. Sie ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen berechtigt.
Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind die im deutschen Recht zu § 32a dGmbHG entwickelten Grundsätze über Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen - in Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG - auch im österreichischen Recht anwendbar. Dem Gesellschafter, der der kreditunwürdigen Gesellschaft anstelle der erforderlichen Zuführung von Eigenkapital lediglich ein Darlehen gewährt, soll es nicht ermöglicht werden, dadurch das Finanzierungsrisiko auf die Gläubiger abzuwälzen.
Darlehensgewährungen durch einen Gesellschafter einer kreditunwürdigen GesmbH werden daher dem Rückzahlungsverbot in Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG unterstellt. Solche Darlehen dürfen daher bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft weder mittelbar noch unmittelbar zurückgezahlt werden. Diese Grundsätze gelten auch in der Insolvenz und in der Liquidation der Gesellschaft und führen dazu, dass Ansprüche aus Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger zurückzutreten haben (SZ 64/53; SZ 66/8; SZ 69/208; DRdA 1997, 289; RIS-Justiz RS0054372; RS0060076). Einem im Zeitpunkt der Kreditunwürdigkeit gewährten Gesellschafterdarlehen gleichgestellt sind Finanzplankredite - dies sind Gesellschafterdarlehen, die planvoll als Eigenkapitalersatz gegeben werden - und Kredite zur Sanierungsfinanzierung - die gegeben werden, um eine unmittelbar bevorstehende oder eingetretene Insolvenz abzuwenden (ÖBA 1997, 307; ecolex 1998, 331, DRdA 1997, 289; Reich - Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I**2 325).
Seit der in RdW 1994, 143 veröffentlichten Entscheidung wendet der Oberste Gerichtshof die Regeln über das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen nicht nur auf die Gewährung von Krediten in der Krise, sondern auch auf solche Kredite an, die der Gesellschaft in nicht kritischer Zeit gewährt, aber in der Krise "stehengelassen" worden sind, weil auch in der Stundung von Forderungen eine dem Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen gleichwertige Art der Zuführung von Liquidität an die Gesellschaft liegt (RdW 1994, 143; SZ 70/232).
Überdies werden die dargestellten Überlegungen nicht nur auf die Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft durch den Gesellschafter, sondern auch auf andere Rechtshandlungen des Gesellschafters angewendet, die wirtschaftlich der Darlehensgewährung entsprechen (RdW 1994, 143; SZ 66/8; SZ 70/7 [Gebrauchsüberlassung]).
Für die Qualifizierung eines Darlehens als Eigenkapital ersetzend genügt es, dass der Gesellschafter den Eigenkapitalcharakter der Zuwendung kennen musste; hat er sich über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht hinreichend informiert, soll dies nicht zu Lasten der Gesellschaft gehen (DRdA 1997, 289; SZ 70/232). Eine Mindestbeteiligung des Gesellschafters - etwa von mehr als 20 % - ist für die Qualifikation einer Leistung des Gesellschafters als Eigenkapitalersatz nicht erforderlich (SZ 70/232).
In der vom Berufungsgericht ohnedies zitierten Entscheidung SZ 70/232 wurde auch das Stehenlassen von Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis durch einen Arbeitnehmer der GmbH, der zugleich auch deren Gesellschafter ist und die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft erkennen konnte, als Eigenkapitalersatz qualifiziert (billigend: 8 ObS 69/00f). Allerdings sei dem Gesellschafter aufgrund der im § 69 Abs 2 KO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers eine angemessene, 60 Tagen jedenfalls nicht überschreitende Überlegungsfrist ab Eintritt der für ihn erkennbaren Krise für die Entscheidung zuzubilligen, ob er die Kredithilfe belässt oder durch Abzug der Mittel (bzw. durch Geltendmachung der Forderung) die Liquidation der Gesellschaft beschleunigt (SZ 70/232). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Die dagegen vom Berufungsgericht vorgebrachten Einwände überzeugen nicht. Dass der Kläger - wie das Berufungsgericht meint - auf die Lohnzahlungen angewiesen war, steht zwar nicht fest, mag aber durchaus zutreffen. Dies ändert aber nichts daran, dass er auf die (ungeachtet des familienrechtlichen Naheverhältnisses zu den übrigen Gesellschaftern mögliche) Durchsetzung seiner Forderungen verzichtet und damit der Gesellschaft Liquidität zugeführt hat. Familiäre Beziehungen der Gesellschafter können den durch die geschilderten Grundsätze des Eigenkapitalsersatzes geschützten Gläubigern nicht entgegengehalten werden.
Das Berufungsgericht begründet seine Entscheidung allerdings in erster Linie damit, dass Gegenstand des Verfahrens nur mehr die Ansprüche des Klägers auf Kündigungsentschädigung und Abfertigung sind, die der Kläger begrifflich nicht habe "stehenlassen" können, weil sie ja erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden seien. Diese Meinung verkennt aber den schon vom Erstrichter hervorgehobenen Umstand, dass der Kläger, der ungeachtet der beträchtlichen Lohnrückstände nicht seinen Austritt erklärt, sondern sich entschieden hat, ohne regelmäßige und vollständige Lohnzahlung weiterzuarbeiten, schon damit eine Finanzierungsentscheidung getroffen hat, die bewirkt hat, dass die Gesellschaft von der Notwendigkeit, sofort Lohnzahlungen zu leisten und die beendigungsabhängigen Ansprüche zu befriedigen, befreit wurde. Auch insofern hat er daher der Gesellschaft Liquidität zugewendet, sodass auch hinsichtlich der Beendigungsansprüche die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes zum Tragen kommen können. Diese schließen es aber aus, dass der Arbeitnehmer seine in der Krise zugunsten der Gesellschaft getroffene Finanzierungsentscheidung im Konkurs rückgängig macht. Auch der Umstand, dass die Beendigungsansprüche erst mit der hier während des Konkurses erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden, schließt es daher nicht aus, die dargestellten Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes auch auf solche Ansprüche anzuwenden.
Allerdings ist aufzugreifen, dass bislang jegliche Feststellungen darüber fehlen, wann die Gesellschaft den von den Vorinstanzen implizit unterstellten Zustand der Kreditunwürdigkeit erreicht hat. Zwar ist im Falle eines permanenten Liquiditätsschwierigkeiten folgenden Insolvenzverfahrens prima facie davon auszugehen, dass die Krise der Eröffnung des Konkursverfahrens zeitlich vorangegangen ist (RdW 1994,143). Es wurde aber bereits ausgeführt, dass dem Gesellschafter ab dem für ihn erkennbaren Eintritt der Kreditunwürdigkeit aufgrund der im § 69 Abs 2 KO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers eine angemessene, 60 Tagen jedenfalls nicht überschreitende Überlegungsfrist zuzubilligen ist, ob er die Kredithilfe belässt oder durch Abzug der Mittel (bzw. durch Geltendmachung der Forderung) die Liquidation der Gesellschaft beschleunigt (SZ 70/232). Damit ist es aber auch erforderlich, den Zeitpunkt des Eintrittes der Kreditunwürdigkeit so weit festzustellen, um beurteilen zu können, ob die dem Kläger zuzubilligende Überlegungsfrist überschritten wurde.
Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft ist anzunehmen, wenn sie von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen keinen Kredit mehr erhalten kann und ohne Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen liquidiert werden müsste. Bei der Beurteilung der Kreditfähigkeit kommt es auf die konkrete Finanzierungslage der Gesellschaft (Bilanzansätze, Ertragskraft, noch verfügbare Sicherheiten), aber auch auf das konkrete Darlehen, seine Laufzeit, seinen Umfang und die Art der Besicherung sowie auf die Finanzpläne der Gesellschaft an. Anhand dieser Daten ist zu beurteilen, ob auch die Hausbank oder ein sonstiger, der Gesellschaft nicht als Mitglied verbundener Kreditgeber das fragliche Darlehen gewährt hätte (ÖBA 2000, 246; RdW 1996, 13; SZ 64/53).
Im hier zu beurteilenden Fall liegt nach der Aktenlage die Annahme nahe, dass die Gesellschaft bereits lange Zeit vor der Konkurseröffnung kreditunwürdig war. Feststellungen, aus denen dies mit hinreichender Sicht erschlossen werden kann, fehlen allerdings völlig. Fest steht nämlich lediglich, dass sich die Gesellschaft über längerer Zeit in einer angespannten wirtschaftlichen Situation befand und dass sich der Kläger mit der Nichtzahlung von Lohn abfand, weil er wusste, dass nicht mehr Geld vorhanden war. Damit ist aber nicht gesagt, dass die Gesellschaft zu marktüblichen Bedingungen von dritter Seite keinen Kredit mehr erhalten hätte. Obwohl im Beweisverfahren Hinweise darauf hervorgekommen sind, steht nicht einmal fest, dass auch anderen Arbeitnehmern Lohn vorenthalten werden musste, sodass in Wahrheit Feststellungen über die Finanzlage der Gesellschaft überhaupt nicht vorhanden sind.
Damit erweisen sich aber Verfahren und Feststellungen als ergänzungsbedürftig.
Sollte sich herausstellen, dass die Gesellschaft bereits längere Zeit vor der Konkurseröffnung - länger als die dem Kläger zuzubilligende Überlegungsfrist - kreditunwürdig war, wäre das Klagebegehren im Sinne der dargestellten Rechtslage abzuweisen. Ob der Kläger positiv von der Kreditunwürdigkeit wusste, ist - wie schon ausgeführt - nicht von Belang, weil es nicht zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger gehen kann, wenn er sich über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft, der er durch "Stehenlassen" von Forderungen Liquidität zuführt, nicht hinreichend informiert. Dass die Einholung entsprechender Informationen gerade im vorliegenden Fall, in dem der Kläger jahrelang keine regelmäßigen Lohnzahlungen erhielt, indiziert war, kann nicht zweifelhaft sein.
Da es zur Schaffung einer erforderlichen Tatsachengrundlage offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die § 52 Abs 1 ZPO.