VfGH vom 06.10.1984, b558/81

VfGH vom 06.10.1984, b558/81

Sammlungsnummer

10188

Leitsatz

Bundesgesetz betreffend die Gewährung von Gebührenbefreiungen für Anleihen von Gebietskörperschaften; keine verfassungswidrige Begünstigung derartiger gemeinnütziger Rechtsträger; keine Verletzung des Gleichheitsrechtes durch die Verneinung der Unterstellung eines Kurfonds unter diese Ausnahmeregelung und die Gebührenvorschreibung für ein Darlehen an diesen

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Gegen Schuldschein vom gewährte das bf. Kreditinstitut dem Kurfonds Bad Hofgastein ein Darlehen im Betrag von 4 Millionen Schilling. Die Darlehensaufnahme wurde durch die Aufsichtsbehörde am genehmigt. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom schrieb die Finanzlandesdirektion für Sbg. für dieses Darlehen gemäß § 33 TP8 Abs 1 GebG eine Gebühr in der Höhe von 32000 Schilling vor. Der Kurfonds sei keine Gebietskörperschaft iS des BG vom betreffend die Gewährung von Gebührenbefreiung für Anleihen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz gerügt. Die Behörde unterstelle dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt. Die Anerkennung als Kurort bewirke nach § 17 des Sbg. Heilvorkommen- und KurorteG, LGBl. 39/1960, die Errichtung eines Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit und dem Recht, Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, den Haushalt selbständig zu führen und wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben, soweit diese zur Erfüllung seiner Aufgaben unerläßlich sind. Soweit nicht Organe der Gemeinde zuständig sind, habe der Kurfonds im Kurort alle Angelegenheiten des Kurwesens zu besorgen. Er habe die örtlichen öffentlichen Interessen an der Erhaltung, Weiterentwicklung und Ausgestaltung des Kurortes wahrzunehmen. Nach § 19 fänden auf den Kurfonds weitgehend Bestimmungen der Gemeindeordnung mit der Maßgabe sinngemäß Anwendung, daß an die Stelle der Gemeinde der Kurfonds, an die Stelle der Gemeindevertretung (des Gemeinderates) die Kurkommission und an die Stelle des Bürgermeisters deren Vorsitzender trete; die Rolle des Gemeindeamtes übernehme die Kurverwaltung. Die nach § 21 KurorteG von der Landesregierung erlassene Kurordnung entspreche inhaltlich der Gemeindeordnung, die vom Kurfonds einzuhebende Kurtaxe der sonst von den Gemeinden einzuhebenden Ortstaxe. Anleihen des Kurfonds müßten daher ebenso wie solche der Gemeinden Gebührenbefreiung genießen.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach § 2 GebG sind von der Entrichtung von Gebühren nur der Bund, die von ihm betriebenen Unternehmungen sowie öffentlich-rechtliche Fonds, deren Abgänge er zu decken verpflichtet ist, umfassend befreit (Z1), die übrigen Gebietskörperschaften nur im Rahmen ihres öffentlichrechtlichen Wirkungskreises (Z2) und sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie gewisse Vereinigungen hinsichtlich ihres Schriftenverkehres mit den öffentlichen Behörden und Ämtern (Z3).

§1 des BG vom betreffend die Gewährung von Gebührenbefreiungen für Anleihen von Gebietskörperschaften, BGBl. 24/1949, lautet:

"Anleihen (Darlehen, Kredite), die von Ländern, Bezirken (Gebietsgemeinden, Gemeindeverbänden), Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften aufgenommen werden, sind nach Maßgabe der folgenden Vorschriften von den Stempel- und Rechtsgebühren und von den Gerichtsgebühren befreit".

Nach § 2 des Gesetzes kommt die Befreiung - ua. - hinsichtlich der Stempel- und Rechtsgebühren den beurkundeten Rechtsgeschäften über die Aufnahme und Sicherstellung der in § 1 genannten Anleihen zu.

Die bel. Beh. meint, den Kurfonds einer Gebietskörperschaft nicht gleichhalten zu können. Die Beschwerde hält dies (arg. "anderen Gebietskörperschaften") für möglich und bei verfassungskonformer Auslegung geboten, weil der Kurfonds Aufgaben der Gemeinde besorge und in den von ihm besorgenden Angelegenheiten die Stelle der Gemeinde vertrete.

Ob die Auffassung der Behörde im Hinblick auf die besondere Terminologie des Gesetzes richtig ist, hat der VfGH nicht zu prüfen. Würde die Gebührenbefreiung für Anleihen auf Gebietskörperschaften im eigentlichen Sinn des Wortes - hier also: auf Gemeinden - beschränkt sein, so wäre das jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich.

Die EB der RV zu dem in Rede stehenden Gesetz (728 BlgNR 5. GP) motivieren die Befreiung so:

"Für Anleihen von Gebietskörperschaften bestanden schon zur Zeit der Geltung des Gebührengesetzes vom 9. Februar 1850, RGBl. Nr. 50, Befreiungen von Stempel- und Rechtsgebühren. Zur Zeit der Besetzung Österreichs im Jahre 1938 galt das Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 407. Dieses sah Gebührenbefreiungen für Urkunden über die Aufnahme, die Verzinsung, die Sicherstellung und die Rückzahlung solcher Anleihen vor, es befreite ferner ...

...

Der starke Kreditbedarf der Gebietskörperschaften, der namentlich durch die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges und die Notwendigkeit des Wiederaufbaues ausgelöst wurde, läßt die Wiedereinführung von Gebührenbefreiungen für Anleihen der Gebietskörperschaften geboten erscheinen ..."

Dieses Motiv ist durch den Zeitablauf gewiß überholt. Damit ist die sachliche Rechtfertigung der Regelung aber nicht in Frage gestellt. Es steht dem Gesetzgeber frei - und hat im Gebührenrecht auch lange Tradition -, gemeinnützige Vorgänge von der Abgabe zu befreien. Wenn er diese Befreiung auf die Gebietskörperschaften beschränkt haben sollte, würde er damit (nur) jene gemeinnützigen Rechtsträger begünstigen, deren Aufgaben grundsätzlcih umfassend sind. Es wäre nicht sachfremd, wenn er öffentlich-rechtliche Körperschaften mit mehr oder minder eng begrenztem Aufgabenbereich unberücksichtigt gelassen und daher auch Einrichtungen nicht begünstigt hätte, denen etwa der Landesgesetzgeber unter gewissen Umständen die Besorgung sonst von Gebietskörperschaften wahrgenommener Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung überträgt. Daß eine solche Zurückhaltung zu Härten führen kann, macht sie noch nicht verfassungswidrig. Aus Maß und Art der Übertragung solcher Angelegenheiten ist daher verfassungsrechtlich nichts zu gewinnen.

Es ist eine Frage der Auslegung des einfachen Gesetzes, ob der Ausnahmeregelung auch ein Kurfonds unterstellt werden kann.

Die Behörde hat also ein verfassungsrechtlich unbedenkliches Gesetz in verfassungsrechtlich unangreifbarer Weise ausgelegt. Sie hat das bf. Kreditinstitut nicht im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt. Auch die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ist nicht hervorgekommen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.