OGH vom 08.10.2003, 9ObA52/03t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Mag. Dr. Günther Schön und Gottfried Winkler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der Salzburger Landes-Hypothekenbank AG, Petersbrunnstraße 3, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Salzburger Landes-Hypothekenbank AG, Residenzplatz 7, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Werner Steinwender und Dr. Christian Mahringer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung nach § 54 Abs 1 ArbVG (Streitwert EUR 21.801,85), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 170/02k-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 19 Cga 86/99h-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:
1. Das Klagehauptbegehren, es werde festgestellt, dass die Dienstnehmer der beklagten Partei mit banktechnischer Verwendung, die vor dem in die Dienste der beklagten Partei eingetreten sind, gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf Vorrückung nach Maßgabe des § 14 der Betriebsvereinbarung für vollzeitbeschäftigte Dienstnehmer mit banktechnischer Verwendung in der Fassung von Juli 1990 besitzen, wird abgewiesen.
2. Es wird festgestellt, dass die Dienstnehmer der beklagten Partei mit banktechnischer Verwendung, die vor dem in die Dienste der beklagten Partei eingetreten sind, gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf Vorrückung nach Maßgabe des § 9a Abs 1 bis 4 der Betriebsvereinbarung für Dienstnehmer der Salzburger Landes-Hypothekenbank AG mit banktechnischer Verwendung vom besitzen, dies ohne Maßgabe des bzw ohne die Einschränkung des § 9a Abs 5 Punkt 1. der genannten Betriebsvereinbarung, somit unabhängig davon, ob diese Dienstnehmer zu jenen 25 vH der vor dem eingetretenen Dienstnehmer zählen, bei denen die Differenz zwischen dem tatsächlichen Jahresbruttobezug des Vorjahres (- ohne Überstundenentgelt und Erfolgsprämie -) und dem für das betroffene Jahr festgelegten theoretisch gebührenden Jahresbruttobezug nach dem Hay-Stellenwertschema (Midpoint) prozentual am höchsten ist.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 6.262,96 (darin EUR 1.043,83 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.983,24 (darin EUR 330,54 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit EUR 1.189,44 (darin EUR 198,24 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kollektivvertrag für die Angestellten der österreichischen Landes-Hypothekenbanken vom in der ab geltenden Fassung enthält im § 8 Abs 6 folgende Bestimmung:
"Es steht jeder Bank frei, anstelle des obigen Besoldungsschemas ein nach ihren speziellen Bedürfnissen gewähltes Schema in der Betriebsvereinbarung festzulegen. Auch diesem Schema kommt volle Kollektivvertragswirkung zu, wenn der Gesamtjahresbezug des einzelnen Dienstnehmers mindestens dem Gesamtjahresbezug nach diesem Kollektivvertrag entspricht."
Die zwischen den Streitteilen abgeschlossene Betriebsvereinbarung in der Fassung vom Juli 1990 (im Folgenden kurz: Betriebsvereinbarung 1990) regelt in den §§ 11 bis 24 die innerbetriebliche Besoldungsordnung. Der erste Halbsatz des § 11 BV 1990 lautet: "In Anwendung der Möglichkeit des § 8 Abs 6 KollV gilt für die Dienstnehmer der Bank die nachfolgende Besoldungsordnung."
Die Besoldungsordnung der Betriebsvereinbarung 1990 enthält Bestimmungen über das Gehaltsschema, die Einstufung, die Vorrückung, Bezüge und Zulagen, Umreihungen und Sonderzahlungen. § 14 Betriebsvereinbarung 1990 regelt die Vorrückungsmöglichkeiten:
Abs 1 lautet: "Die ordentliche Vorrückung erfolgt unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 5 Abs 3 KollV bis zur Vollendung von 25 angerechneten Dienstjahren am 1. Jänner eines jeden Jahres. Von der ordentlichen Vorrückung kann ein Dienstnehmer bei Vorliegen einer nicht mindestens guten Gesamtqualifikation gemäß § 43 Punkt 04 Betriebsvereinbarung ausgeschlossen werden".
§ 43 (Qualifikationsordnung) BV 1990 lautet: "Die Qualifikationsordnung wird im Einvernehmen zwischen Vorstand und Betriebsrat festgelegt. Diese Qualifikationsordnung bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung."
Der Kollektivvertrag 1983 erhielt im Februar 1995 eine neue Fassung, welche eine Differenzierung zwischen jenen Arbeitnehmern, welche vor dem in die Bank eingetreten waren und jenen, welche nach dem ein Beschäftigungsverhältnis zur Bank aufgenommen haben, trifft. Die Bestimmung des § 8 Abs 6 KollV blieb im Vergleich zur früheren Fassung ident. Nur für jene Arbeitnehmer, welche nach dem neu eingetreten waren, wurde ein neuer § 8a eingeführt, in dessen Abs 3 es unter der Überschrift "Vorrückung" heißt: "Jeder Dienstnehmer hat bei mindestens zufriedenstellender Dienstleistung Anspruch auf die schemamäßige Vorrückung. Der Anspruch auf die schemamäßige Vorrückung wird durch außertourliche Vorrückungen nicht berührt. Außertourlichen Vorrückungen kommt volle Gehaltswirkung zu".
Im Dezember 1997 erhielt § 8a des Kollektivvertrages mit Wirkung vom einen neuen Abs 6, welcher die "neuen" den "alten" Dienstnehmern insoweit gleichstellt, als den Betriebspartnern die Möglichkeit eingeräumt wurde, mittels Betriebsvereinbarung auch für die erstgenannte Gruppe ein eigenes Gehaltsschema festzulegen.
Mit trat die neu abgeschlossene Betriebsvereinbarung 1998 in Kraft. § 29 Abs 2 derselben lautet: "Es bleiben sämtliche aus dem Dienstverhältnis erworbenen Rechtsansprüche, insbesondere die Gehaltsgruppe, Gehaltsstufe sowie angerechnete Vordienstzeiten, soweit es sich nicht um kollektivrechtliche Ansprüche auf Pensionisten außerhalb der Betriebsvereinbarung über den Beitritt des Arbeitgebers zur BVP-Pensionskassen AG samt Zusatzvereinbarung handelt, erhalten. Die Detailbestimmungen in den Funktionsernennungsschreiben bleiben gültig."
§ 9 Betriebsvereinbarung 1998 regelt das Verfahren zur Stellenbewertung wie folgt:
"Die Stellenwerte und die Äquivalenzmatrix werden jährlich im November mit Wirkung Jänner des Folgejahres auf Konsistenz und im Hinblick auf die laufende organisatorische Entwicklung der Bank überprüft. Diese Überprüfung wird durch eine Arbeitsgruppe , die vom Vorstand einzusetzen ist, vorbereitet. Der Arbeitsgruppe gehört jedenfalls ein Vertreter des Betriebsrates und ein Mitarbeiter einer Beratungsgesellschaft an. Im Einvernehmen zwischen Vorstand und Betriebsrat kann auf den Berater verzichtet werden. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe sind den Bereichsleitern und dem Vorstand unter Beisein des Mitgliedes der Beratungsgesellschaft und des Vertreters des Betriebsrates vorzutragen und in diesem Kreis mit dem Ziel eines einvernehmlichen Ergebnisses zu erörtern. Im Rahmen dieses Prozesses ist auch die Frage der Anpassung der Endbezüge aus den Hochleistungsschemen an den aktuellen Midpoint der Grenzstellenwertgruppe zu lösen. Ohne Einigung gibt die Meinung des Beraters den Ausschlag. Die zu den Stellenwerten festgelegte Gehaltsleiste wird in diesem Fall nach Kollektivvertrag valorisiert.
§ 9a Betriebsvereinbarung 1998 enthält Bestimmungen über die innerbetriebliche Vorrückung der vor dem eingetretenen Arbeitnehmer. Während die Abs 1 und 2 (diese jedoch mit der Einschränkung eines Hinweises auf den Abs 5) bis 4 im Wesentlichen der Regelung des § 14 der früheren Betriebsvereinbarung entsprechen, enthält Abs 5 Punkt 1. folgende Regelung: "Die ordentliche Vorrückung findet jedenfalls bei jenen 25 vH der vor dem eingetretenen Dienstnehmer nicht statt, bei denen die Differenz zwischen dem tatsächlichen Jahresbruttobezug des Vorjahres ohne Überstundenentgelt und Erfolgsprämie und dem für das getroffene Jahr festgelegten theoretisch gebührenden Jahresbruttobezug nach dem Hay-Stellenwertschema (Midpoint) prozentuell am höchsten ist. Die Rundung auf Köpfe erfolgt dabei kaufmännisch."
Dem Abschluss der Betriebsvereinbarung 1998 ging betriebsintern Folgendes voran:
Vom Vorstand der beklagten Partei wurde die Hay-Management Consultants GmbH damit beauftragt, die interne Beschäftigungs- und Stellenstruktur zu analysieren und zu bewerten. Die Hay-Stellenwert-Profilmethode geht von der Überlegung aus, dass jede Stelle einer Organisation dazu da ist, Ergebnisse zu erzielen. Mit der Methode sollen Stellen in verschiedenen Unternehmen differenziert werden können. Im Hintergrund steht der Wunsch, mit Hilfe dieser Differenzierung eine Gehaltssystematik aufzubauen, welche eine anforderungsgerechte Bezahlung für unterschiedliche Stellen ermöglicht. Dabei wird angenommen: Von jeder Funktion wird eine gewisse Form an Output erwartet. Dies erfordert Wissen in bestimmter Form, Art und Abstufung, welches, in einem Denkprozess verarbeitet, zu Handlungen führt, die in einer bestimmten Art und Weise identifizierbare Endergebnisse erbringen oder beeinflussen.
Um eben diese gewünschten Ergebnisse erzielen zu können, ist ein Input im Sinne von Wissen, Können und Erfahrung notwendig, um die entsprechende Stelle auszufüllen. Maßgeblich sind dabei das Wissen, welches notwendig ist, sie auszufüllen, die Denkleistung, die erforderlich ist, um konkret auftretende Probleme zu lösen sowie der Verantwortungswert, also die Auswirkungen der Stelle auf das Endergebnis. Diese drei Kriterien werden in weitere Unterpunkte untergliedert. Die Analyse der einzelnen Punkte ermöglicht es, Rangreihen von Stellen zu bilden, Stelleninhalte zu quantifizieren, Anforderungsprofile für die qualitative Personalplanung zu ermitteln sowie Organisationsstrukturen überprüfbar zu machen. Bei der Bewertung der einzelnen Stellen erhält jedes der drei Kriterien (Wissen, Denkleistung und Verantwortungswert) eine bestimmte Punkteanzahl, die Gesamtsumme ergibt den jeweiligen Stellenwert, somit eine Differenzierung von der kleinsten bis zur größten Stelle. Nach Befragung von Stelleninhaber und Vorgesetzten werden die konkreten Positionen vorbewertet, diese Vorbewertung wird einem Bewertungskomitee präsentiert. Nach Diskussion innerhalb des "Komitees" und allfälligen Abänderungen durch dieses soll als Endergebnis ein zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite abgestimmtes "Ranking" aller Stellen bzw eine abgestimmte Bewertung jeder einzelnen Position herauskommen. Bei der darauffolgenden Erstellung der sogenannten "Midpoint-Liste" werden in einem ersten Schritt Gruppen von Funktionen mit etwa gleicher Wertigkeit gebildet. Stellen mit etwa gleicher Wertigkeit sollen sich an einem ähnlichen Gehaltsniveau orientieren, welches als "Midpoint" definiert wird und das Durchschnittsgehalt einer Gruppe darstellt. In die Erstellung der Stellenbewertung sowie der Midpoint-Liste im Jahr 1998 waren der Betriebsrat und die Unternehmensleitung der beklagten Partei involviert. Auch die jährlichen Anpassungen und Valorisierungen wurden im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite durchgeführt. Unter Zugrundelegung des erarbeiteten Hay'schen Stellenbewertungssystems betrug die Gehaltsdifferenz der vor dem und danach eingetretenen Arbeitnehmer teilweise mehr als 200 %. Ziel der Betriebsvereinbarung 1998 war es auch, eine langfristige Gehaltsanpassung bzw Nivellierung zwischen den "alten" und "neuen" Arbeitnehmern zu erreichen. Dies sollte mit dem schon genannten Vorrückungsausschluss des § 9a Abs 5 Punkt 1 der Betriebsvereinbarung erfolgen.
Der definitiven Endfassung der Betriebsvereinbarung 1998 ging ein langer Diskussionsprozess zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung voran. Auch innerhalb der Belegschaft wurde diese diskutiert. Insbesondere gab es vor Abschluss der neuen Betriebsvereinbarung drei Teilbetriebsversammlungen sowie eine Gesamtbetriebsversammlung. Die (gemeint: damals aktuelle) Midpoint-Liste wurde noch vor Abschluss der Betriebsvereinbarung allen betroffenen Dienstnehmern übermittelt. Nach Abschluss der Betriebsvereinbarung 1998 wurde den Mitarbeitern je ein Exemplar übergeben, wobei die Ausfertigungen dahin differierten, ob es sich um "alte" oder "neue" Mitarbeiter handelte. Diese Unterlagen wurden auch in den Räumlichkeiten des Betriebsrates aufgelegt.
Der klagende Betriebsrat begehrt die Feststellung, dass die Dienstnehmer mit banktechnischer Verwendung, die vor dem in die Dienste der Beklagten eingetreten sind, Anspruch auf Vorrückung nach Maßgabe des § 14 der (früheren) Betriebsvereinbarung für vollzeitbeschäftigte Dienstnehmer mit banktechnischer Verwendung in der Fassung von Juli 1990 besitzen (Klagehauptbegehren). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kollektivvertrag (insbesondere dessen § 8 Abs 6) den Betriebsparteien keine Ermächtigung im Sinn des § 29 ArbVG eingeräumt hatte, auch Vorrückungsrichtlinien (sei es jetzt § 14 der alten Betriebsvereinbarung oder § 9a der neuen Betriebsvereinbarung) festzusetzen. Insoweit handle es sich daher um unzulässige Betriebsvereinbarungsinhalte. § 14 der alten Betriebsvereinbarung sei aber nicht wirkungslos geblieben, sondern durch ständige Übung (Betriebsübung) Inhalt der Einzelvereinbarungen der Arbeitnehmer geworden. In diese Einzelvereinbarungen könne aber mit einer späteren - selbst zulässigen - Betriebsvereinbarung nicht wirksam eingegriffen werden.
Hilfsweise wurde die Feststellung begehrt, dass die vor dem in die Dienste der beklagten Partei eingetretenen Dienstnehmer mit banktechnischer Verwendung Anspruch auf Vorrückung nach Maßgabe des § 9a Abs 1 bis 4 der Betriebsvereinbarung vom besitzen, dies ohne Maßgabe des bzw ohne die Einschränkung des § 9a Abs 5 Punkt 1 der genannten Betriebsvereinbarung, somit unabhängig davon, ob diese Dienstnehmer zu jenen 25 vH der vor dem eingetretenen Dienstnehmer zählen, bei denen die Differenz zwischen dem tatsächlichen Jahresbruttobezug des Vorjahres ohne Überstundenentgelt und Erfolgsprämie und dem für das betroffene Jahr festgelegten theoretisch gebührenden Jahresbruttobezug nach dem Hay-Stellenwertschema (Midpoint) prozentuell am höchsten ist. Das weitere Eventualbegehren (somit auch das dazu erstattete Vorbringen, die hiezu getroffenen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen) ist infolge Stattgebung des ersten Eventualbegehrens nicht mehr Prozessgegenstand.
Der klagende Betriebsrat begründete das erste Eventualbegehren wie folgt: § 9a Abs 5 Punkt 1 Betriebsvereinbarung 1998 enthalte eine für Betriebsvereinbarungen unzulässige dynamische Verweisung und sei daher unwirksam. Abgesehen davon, dass die Betriebsvereinbarung selbst nicht der für ihre Wirksamkeit notwendigen Kundmachung unterzogen worden sei, treffe dies umso mehr auf das Hay-Stellenwertschema zu, welches in der Betriebsvereinbarung 1998 weder enthalten noch erläutert sei. Die Regelung sei überdies völlig unbestimmt, da die Stellenwertgruppen nicht definiert seien und es unklar sei, welche Dienstnehmer bzw wessen Stelle welcher Stellenwertgruppe zugehöre und wie hoch daher das jeweilige Midpointgehalt sei. § 9a Abs 5 Punkt 1. sowie die Wortfolge "nach Maßgabe des Abs 5" in den Abs 1 und 2 des § 9a Betriebsvereinbarung 1998 seien überdies sittenwidrig. Diese Regelung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der "alten" Arbeitnehmer dar, welche mit geringen Anfangsgehältern begonnen und mit höheren Endgehältern gerechnet hätten und nunmehr eine empfindliche Beschränkung ihrer Lebensverdienstsumme in Kauf nehmen müssten.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, dass der Kollektivvertrag den Betriebsparteien wirksam die Möglichkeit eingeräumt habe, auch Vorrückungsrichtlinien festzulegen. § 9a Abs 5 Punkt 1. der neuen Betriebsvereinbarung sei eine zulässige Regelung und zwischen den Betriebsparteien wirksam vereinbart worden. Der Verweis auf eine existierende Stellenbewertung könne nicht als "dynamisch" bezeichnet werden. Die Stellenwertliste sei Voraussetzung für den Abschluss der Betriebsvereinbarung 1998 und nicht weiter erläuterungsbedürftig gewesen. Es sei auch nicht richtig, dass die Partner der Betriebsvereinbarung ihre Rechtsetzungsbefugnis an einen außenstehenden Dritten delegiert hätten, welcher die Vorrückung nach eigenen Vorstellungen gestalten könne. Sowohl die Betriebsvereinbarung 1998 als auch die Ergebnisse der Hay-Gehaltsstrukturanalyse seien allen Mitarbeitern bekannt gewesen und überdies beim Betriebsrat aufgelegt worden. Die mit § 9a Abs 5 Punkt 1. Betriebsvereinbarung 1998 getroffene Vorrückungsregelung sei sachgerecht und ausgewogen. Gegenstand der Regelung seien nur künftige Vorrückungen mit dem Ziel, dadurch eine langfristige Herstellung einer internen Gehaltsgerechtigkeit herbeizuführen. § 9a Abs 5 Punkt 1. Betriebsvereinbarung 1998 verstoße nicht gegen das Gleichheitsgebot.
Das Erstgericht wies das Klagehaupt- und die Eventualbegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass § 8 Abs 6 KollV eine nach § 29 ArbVG kollektivvertraglich zulässige Ermächtigung für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über ein jeweils angepasstes Gehaltsschema darstelle. Der Begriff der Vorrückung sei demjenigen der Besoldung immanent. Die Streitteile hätten daher zulässigerweise auch Vorrückungsrichtlinien in das von ihnen vereinbarte Gehaltsschema aufgenommen. Vorrückungen hätten daher ihre Rechtsgrundlage nicht in einer Betriebsübung (aufgrund einer unzulässigen Betriebsvereinbarung), sondern in der wirksam vereinbarten Bestimmung des § 14 der früheren Betriebsvereinbarung. Diese Bestimmung sei mit der Betriebsvereinbarung 1998 außer Kraft getreten, welche - für die hier betroffenen Arbeitnehmer - die Nachfolgebestimmung des § 9a enthalte. § 9a Abs 5 Punkt 1. Betriebsvereinbarung 1998 sei keine dynamische (unzulässige) Verweisung. Die Erzielung eines Konsenses zwischen Betriebsrat und Vorstand über die einzelnen Funktionen und Positionen der Arbeitnehmer sei eine unabdingbare Voraussetzung der Stellenbewertung nach dem Hay'schen System. Die Endentscheidung über die einzelnen Stellenbewertungen obliege dem Betriebsrat gemeinsam mit dem Vorstand und nicht der Hay-Management Consultants GmbH. Die Midpoint-Liste stelle daher keine von einem Dritten festgesetzte Einstufungs- und Besoldungsrichtlinie dar. Die neue Betriebsvereinbarung sei wirksam, weil es gemäß § 30 ArbVG für die Kundmachung einer Betriebsvereinbarung hinreiche, wenn diese vom Betriebsinhaber oder vom Betriebsrat im Betrieb aufgelegt worden sei. Letzteres sei jedenfalls geschehen. Bei der Stellenbewertung sowie der Midpoint-Liste habe es sich um eine für alle Arbeitnehmer zugängliche Richtlinie gehandelt. Dies ergebe sich schon daraus, dass es bei der Erarbeitung dieser Unterlagen zu einem großen internen Diskussionsprozess gekommen sei, sowie daraus, dass den einzelnen betroffenen Mitarbeitern eine Midpoint-Liste übermittelt worden sei. Diese sei auch im Büro des Betriebsrates aufgelegen. Die Bestimmung des § 9a Abs 5 Punkt 1. der Betriebsvereinbarung halte auch einer Überprüfung unter dem Blickwinkel mittelbarer Grundrechtswirkung statt. Der Eingriff sei verhältnismäßig und von einem sachlichen Rechtfertigungsgrund getragen. Es diene dem Betriebsfrieden, wenn Arbeitnehmer, welche vergleichbare Stellen innehätten, auch gehaltsmäßig einander angenähert würden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es vertrat, wie schon das Erstgericht, die Rechtsauffassung, dass § 8 Abs 6 des Kollektivvertrages ein gemäß § 29 ArbVG zulässige Ermächtigung darstelle, anstelle des Kollektivvertragsschemas ein eigenes betriebsinternes Besoldungsschema mittels Betriebsvereinbarung zu schaffen. Auch könne kein Zweifel daran bestehen, dass von dieser Ermächtigung auch die Vorrückungsregelung umfasst sei. Die Arbeitnehmer könnten daher Vorrückungsansprüche nur aus der Betriebsvereinbarung, nicht jedoch aus einer Betriebsübung ableiten. Im Rahmen kollektiver Rechtssetzung sei es daher den Betriebsparteien eingeräumt, die frühere Betriebsvereinbarung - auch verschlechternd - zu ändern. Das Berufungsgericht erachtete die Betriebsvereinbarung 1998 für ordnungsgemäß kundgemacht und daher wirksam im Sinn des § 30 ArbVG. Die Midpoint-Liste sei ebenfalls im Büro des Betriebsrates aufgelegen und stelle eine nachvollziehbare Richtlinie dar, auf welche die Betriebsvereinbarung zulässig verweise (8 ObA 170/00h). Die Bestimmung des § 9a Abs 5 Punkt 1. Betriebsvereinbarung halte auch einer Sittenwidrigkeitsprüfung stand. Die hier vorliegende Verschlechterung (bei Vorrückungen) sei nicht unsachlich. Die Herstellung von Gleichheit unter den Arbeitnehmern sei als ausreichender sachlicher Rechtfertigungsgrund für Eingriffe anerkannt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagehauptbegehren stattgegeben werde; hilfsweise, dass dem ersten bzw dem zweiten Eventualbegehren stattgegeben werde.
Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist jedenfalls zulässig, da die angefochtene Entscheidung noch vor dem gefällt wurde (§ 46 Abs 3 Z 2 ASGG iVm der Übergangsbestimmung des Art XI Abs 6 Zivilverfahrens-Novelle 2002, BGBl I Nr 76/2002). Sie ist auch berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zunächst die Frage, ob die durch den Kollektivvertrag den Betriebsparteien erteilte Ermächtigung (§ 29 ArbVG), ein eigenes Besoldungsschema zu schaffen, auch die Regelung der Vorrückung umfasst, zutreffend bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die diesbezügliche Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Daraus folgt die Bestätigung der Abweisung des Klagehauptbegehrens.
Für die weiteren Erwägungen ist davon auszugehen, dass den Betriebsparteien, gestützt auf § 8 Abs 6 des Kollektivvertrages, nach wie vor die Kompetenz zukommt, im Rahmen der Besoldungsregelungskompetenz auch die Vorrückungsrichtlinien festzusetzen.
Die Rechtsetzungsbefugnis kommt den im ArbVG genannten Betriebsvereinbarungen bezüglich der dort genannten Angelegenheiten zu; eine Delegierung dieser Rechtsetzungsbefugnis an andere Rechtssubjekte widerspricht der zwingenden Betriebsverfassung (9 ObA 166/95 uva). § 9a Abs 5 Punkt 1 der Betriebsvereinbarung 1998 verfügt eine Vorrückungssperre für den Fall, dass der tatsächliche Jahresbruttobezug des Vorjahres (ohne Überstundenentgelt und Erfolgsprämie) über den für das betroffene Jahr festgelegten theoretisch gebührenden Jahresbruttobezug nach dem Hay-Stellenwertschema (Midpoint) liegt und der Dienstnehmer überdies zu jenen 25 % zählt, deren Bezüge am höchsten abweichen. Damit wird klar, dass die jeweils aktuelle Stellenbewertung heranzuziehen ist. Trotz der scheinbaren Nichtgeltung des § 9 ("...anstelle der §§ 6, 7, 8 und 9 Besoldungsordnung gelten folgende Bestimmungen.....") wird klar, dass, zumindest was die Ausmittlung der Stellenwertliste als Vergleichsgrundlage anlangt, § 9 der Betriebsverfassung diesbezüglich Anwendung finden muss und keineswegs nur auf die historische (das Jahr 1998 betreffende) Stellenbewertung abzustellen ist. Aus § 9 der Betriebsvereinbarung geht zunächst hervor, dass die Vorbereitung der Stellenwerte und der Äquivalenzmatrix für das jeweilige Jahr einer Arbeitsgruppe obliegt, welche vom Vorstand eingesetzt wird und der auch ein Vertreter des Betriebsrates anzugehören hat. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind dann den Bereichsleitern und dem Vorstand unter Beisein des Mitgliedes der Beratungsgesellschaft und des Vertreters des Betriebsrates vorzutragen und mit diesem Kreis mit dem Ziel eines einvernehmlichen Ergebnisses zu erörtern. In § 9 vorletzter Satz heißt es jedoch, dass ohne eine solche Einigung die Meinung des Beraters den Ausschlag gibt. Selbst wenn daher - wie von den Vorinstanzen festgestellt - die Kriterien für die Stellenwert- und Midpoint-Ermittlung seinerzeit festgelegt worden und jederzeit nachvollziehbar seien, ändert dies nicht am Umstand, dass die konkrete Einordnung des einzelnen Arbeitnehmers einem Gremium zukommen soll, welches mit den Betriebsparteien nicht ident ist. Daraus folgt aber, dass mit der Bestimmung des § 9a Abs 5 Punkt 1. der Betriebsvereinbarung in Verbindung mit § 9 der Betriebsvereinbarung die Entscheidung in einem für die Vorrückung und somit für die Entlohnung wesentlichen Bereich unzulässig delegiert wird. Dieser Nichtigkeit kann auch nicht durch geltungserhaltende Reduktion dieser Bestimmungen entgegengetreten werden, weil der Bewertungsmodus als nicht teilbare Einheit zu sehen ist. Weiterhin bestehen können hingegen die Bestimmungen des § 9a Abs 1 bis 4 der Betriebsvereinbarung mit Ausnahme der Hinweise auf dessen Abs 5. Diese Regelungen geben nämlich, wie schon erwähnt, nur den auch bisher im § 14 geregelten Vorrückungsmodus wieder.
Es war daher, ohne dass es eines Eingehens auf weitergehende Argumente bedarf, dem ersten Eventualfeststellungsbegehren stattzugeben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO, diejenige über die Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 Abs 1 ZPO. Da das erfolgreiche Eventualbegehren nicht gesondert bewertet wurde, entspricht es im Streitwert jenem des Hauptbegehrens, welcher in der Klage angegeben wurde (RIS-Justiz RS0109031). Bei Bestimmung der Kosten für das Verfahren erster Instanz war weiters zu beachten, dass in der Summe der Kostennote ein Mehrbetrag von 80 EUR enthalten ist, welcher auf Barauslagen entfallen dürfte, welche aber, wie aus der Durchstreichung ersichtlich, gar nicht mehr begehrt werden.