OGH vom 14.04.2015, 20Os2/15t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Mörth und Dr. Rothner als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Moelle als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Mag. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung wegen Strafe des Kammeranwalts der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom , AZ D 32/13 (DV 37/13, TZ 17), nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer, des Kammeranwalts Mag. Lughofer LL.M. und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und der Strafausspruch dahin abgeändert, dass über den Disziplinarbeschuldigten unter Bedachtnahme gemäß § 16 Abs 5 2. Satz DSt iVm §§ 31, 40 StGB auf das Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom , AZ D 32/12 (DV 7/13), eine Zusatzgeldbuße von 500 Euro verhängt wird.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Mag. ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt.
Danach hat er
durch die Nichtbezahlung der vom fällig gewesenen Krankenversicherungsprämie bei der U***** AG in Gesamthöhe von 1.560,08 Euro, was zur Mahnklage vom , AZ 2 C 693/13a Bezirksgericht Mattighofen führte, eine übernommene Verpflichtung nicht erfüllt (§ 3 RL BA) und nicht dafür gesorgt, dass ein ausreichender Krankenversicherungsschutz bestand (§ 9a RL BA), weiters
eine übernommene Verpflichtung nicht erfüllt, da er im Beschluss der Vollversammlung der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom in der Beitrags und Umlagenordnung 2013 festgesetzte Beträge samt Säumniszuschlag in Gesamthöhe von 3.204,92 Euro trotz Fälligkeit am (Säumniszuschlag am ) nicht fristgerecht, sondern erst am bezahlte (§ 3 RL BA).
Von der Verhängung einer Zusatzstrafe zur Strafe des Verweises des Erkenntnisses des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom , AZ D 32/12, DV 7/13, wurde abgesehen. Diesem lag die um ein halbes Jahr verspätete Bezahlung von Kammerbeiträgen aus 2011 und 2012 zugrunde.
Der Disziplinarrat wertete bei der Strafbemessung als erschwerend keinen Umstand, als mildernd das volle Geständnis des Disziplinarbeschuldigten und dass er sich wegen nicht rechtzeitig bezahlter Honorare in vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten befunden habe. Überdies sei das Verschulden als sehr geringfügig einzustufen, da bei einer kleinen Rechtsanwaltskanzlei eine Liquiditätsplanung sehr schwierig wäre; schließlich seien Zahlungen letztlich zur Gänze erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses richtet sich die Berufung des Kammeranwalts. Der Disziplinarbeschuldigte hat keine Gegenäußerung erstattet.
§ 3 RL BA 1977 normiert die Verpflichtung des Rechtsanwalts, eine übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen, § 4 RL BA 1977 die Verpflichtung des Rechtsanwalts, nur dann eine Verbindlichkeit eingehen zu dürfen, wenn er deren Erfüllung sicher ist. Dazu kommt, dass gemäß § 9a RL BA 1977 jeder Rechtsanwalt verpflichtet ist, die nach der Satzung der Versorgungseinrichtung von ihm gewählte und der Rechtsanwaltskammer gemeldete Krankenversicherung während der Dauer seiner Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltskammer aufrecht zu erhalten und die laufenden Prämien oder Beiträge jeweils pünktlich zu entrichten.
Nach Auffassung des Standes der Rechtsanwälte sind diese im Wirtschaftsleben stehende Unternehmer, die als solche durch geeignete Maßnahmen vorzukehren haben, ihren auf Gesetz beruhenden finanziellen Verpflichtungen pünktlich nachzukommen.
Der Disziplinarbeschuldigte hat über mehr als ein Jahr in mehreren Fällen gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, was ihm als Verletzung von Berufspflichten zum Vorwurf zu machen ist, im Fall der Nichtzahlung der Prämie der U***** AG kommt noch die Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes dazu, da die Gläubigerin zur Einbringlichmachung der Versicherungsprämie gezwungen war, klageweise gegen den Disziplinarbeschuldigten vorzugehen.
Das Nichtvorhandensein einer Finanz bzw Liquiditätsplanung kann den Rechtsanwalt nicht entschuldigen; die gesetzlichen Verpflichtungen setzen eine solche geradezu voraus. Auch eine Unterscheidung zwischen großen und kleinen Rechtsanwaltskanzleien scheint nicht sachgerecht, da die normativen Anforderungen in jedem Fall die gleichen sind. Die Unabwägbarkeit des rechtzeitigen Eingangs von Honorarforderungen muss einkalkuliert werden, beispielsweise durch das Bereitstehen eines ausnützbaren Kreditrahmens.
Zufolge Unrechtsgehalt der Taten und Schuld des Disziplinarbeschuldigten erscheint eine (zusätzliche) Geldbuße von 1.500 Euro angemessen. Dabei wurde der langjährig ordentliche Berufswandel ebenso berücksichtigt wie die umständehalber spezialpräventiv positiv zu bewertende Absicht des Disziplinarbeschuldigten, eine unselbständige Tätigkeit anzustreben. Wegen der überdies zugute zu haltenden, von ihm nicht zu vertretenden unverhältnismäßig langen Dauer des Rechtsmittelverfahrens (§ 34 Abs 2 StGB) die Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof erfolgte erst am war zum Ausgleich für die dadurch bewirkte Grundrechtsverletzung die Geldbuße auf 500 Euro zu reduzieren (RIS Justiz RS0114926).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0200OS00002.15T.0414.000
Fundstelle(n):
AAAAE-03368