VfGH vom 24.06.2010, B552/09
19119
Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch einen den Vorstellungen der Beschwerdeführerin stattgebenden Bescheid mit bindenden Vorgaben für die Entscheidung über die Zulässigkeit der weiteren Verwendung ihrer Wohnung als Freizeitwohnsitz; Beschwerdelegitimation gegeben; denkunmögliche Gesetzesanwendung, keine Auswahlbefugnis der belangten Behörde, einstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümer für die Auswahl bestimmter Wohnungen als Freizeitwohnsitze erforderlich
Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel erteilte
der E. GmbH mit Bescheid vom die Baubewilligung für die Errichtung eines "Wohn- und Geschäftshauses" auf mehreren Grundstücken der KG Kitzbühel-Stadt. Nach der "Baubeschreibung" verfügt dieses Objekt über ein Unter-, ein Erd- und ein erstes und zweites Obergeschoß sowie ein zum Teil ausgebautes Dachgeschoß; im Kellergeschoß und im Erdgeschoß würden Geschäfte untergebracht, in den darüber liegenden Geschoßen würden Wohnungen errichtet. Mit Bescheid vom genehmigte der Bürgermeister über Antrag der E. GmbH eine "Widmungsänderung". Das Haus, auf das sich diese Bewilligungen beziehen, trägt die Adresse "Franz-Reisch-Straße 5-7".
1.2. Die Beschwerdeführerin und die vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien sind jeweils Eigentümer von Wohnungen im Haus "Franz-Reisch-Straße 5-7". Sie alle (und weitere Personen, insbesondere die E. GmbH) meldeten im Laufe des Jahres 1994 mit Eingaben an das Stadtamt Kitzbühel Wohnungen als Freizeitwohnsitze nach § 16 Abs 1 TROG 1994 an; es lagen damit jedenfalls mehr als drei Anmeldungen für Freizeitwohnsitze in diesem Haus vor (zur Zulässigkeit von höchstens drei Freizeitwohnsitzen in - nach der damaligen Rechtslage nicht als Apartmenthaus bewilligten - Gebäuden wie dem hier in Rede stehenden vgl. VfSlg. 17.976/2006 und unten).
Die Behörden der Stadtgemeinde Kitzbühel führten über diese Anmeldungen jeweils getrennte Verwaltungsverfahren durch. Mit jeweils nur an den jeweiligen Wohnungseigentümer adressierten Bescheiden stellte der in zweiter Instanz zuständige Stadtrat insb. für die Wohnung der Beschwerdeführerin fest, dass diese nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe (Bescheid vom , Abweisung der dagegen gerichteten Vorstellung mit Bescheid vom ). Für die drei Wohnungen der mitbeteiligten Parteien stellte der Stadtrat - nachdem die Tiroler Landesregierung als Vorstellungsbehörde frühere, anders lautende Entscheidungen aufgehoben hatte - die Zulässigkeit der Verwendung als Freizeitwohnsitz fest (Bescheide vom ); dabei stellte er - der Ansicht der Vorstellungsbehörde folgend - zur Bestimmung jener drei Wohnungen, die als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürften, auf die Reihenfolge der Anmeldungen ab.
1.3. Die Beschwerdeführerin rief gegen den erwähnten nur an sie selbst adressierten Vorstellungsbescheid vom den Verwaltungsgerichtshof an, der diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufhob (). Aus der Begründung dieses Erkenntnisses:
"Die Beschwerdeführerin ... [meint,] [r]ichtigerweise hätte
sich ... die belangte Behörde bzw. die Unterinstanzen an die
Eigentümergemeinschaft wenden müssen, damit diese eine ... Zuordnung
[der als Freizeitwohnsitze zu nutzenden drei Wohnungen] vornehme, zumal ein Wohnungseigentumsobjekt vorliege. ...
Dazu ist Folgendes auszuführen: ...
Gemäß § 18 Abs 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), BGBl. I Nr. 70/2002, kann die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Dieser Eigentümergemeinschaft kommt nur hinsichtlich der Verwaltung der Liegenschaft als solcher Bedeutung zu, sie betrifft nicht Rechte der Miteigentümer hinsichtlich ihres Anteiles oder der Nutzung des Wohnungseigentumsobjektes sowie Individualrechte des Miteigentümers gegenüber Dritten. Der Wortlaut dieser Bestimmung bietet auch keinerlei Hinweis dafür, dass mit der Einführung der Eigentümergemeinschaft an den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft und an den darauf befindlichen Gebäuden etwas geändert werden sollte (vgl. das zu der nach der früheren Rechtslage in § 13c Abs 1 WEG vorgesehenen, gleichartigen Wohnungseigentümergemeinschaft ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0182). Die Beschwerdeführerin ist somit nicht im Recht, wenn sie meint, dass die Behörden die Eigentümergemeinschaft im Sinne des § 18 Abs 1 WEG mit der Frage der Zuordnung von drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze hätten befassen müssen.
Die entsprechende Befragung des Eigentümers der
verfahrensgegenständlichen Wohnungsanlage hätte im vorliegenden Fall
vielmehr bei allen Wohnungseigentümern als Miteigentümern der
Wohnhausanlage erfolgen müssen. Dabei hätten die Behörden auf die
Auslegung des Baubewilligungsbescheides dahingehend hinweisen müssen,
dass nur für drei der insgesamt elf Wohnungen eine
Freizeitwohnsitznutzung zulässig ist. Weiters hätten die
Wohnungseigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes gefragt
werden müssen, ob sie über diese Zuordnung ein Einvernehmen erzielen
könnten, das den Behörden mitzuteilen wäre. Eine derartige Befragung
sämtlicher Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes hat
im vorliegenden Fall nicht stattgefunden. ... Eine Entscheidung der
Behörde über die Zuordnung jener drei Wohnungen, die in dem
verfahrensgegenständlichen Gebäude als Freizeitwohnsitz genutzt
werden dürfen, kommt ... erst dann in Betracht, wenn eine
entsprechende Anfrage an alle Wohnungseigentümer das Ergebnis gebracht hat, dass über die Festlegung von drei Wohnungen zur Freizeitwohnsitznutzung kein Einvernehmen der Wohnungseigentümer vorliegt.
Allein aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Angemerkt wird für das fortgesetzte Verfahren, dass es der Verwaltungsgerichtshof im Falle der Nichteinigung der Wohnungseigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes für die Entscheidung der Zuordnung der Wohnungen mit Freizeitwohnsitznutzung durch die Behörde für maßgeblich hält, welche drei Wohnungen in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude zeitlich als erste als Freizeitwohnsitz genutzt wurden und ob diese Nutzung auch
kontinuierlich beibehalten wurde. ... Gegen die Heranziehung des
Kriteriums der zeitlichen Rangfolge der rechtzeitigen Anmeldungen (innerhalb offener Frist) spricht zum einen, dass dies gesetzlich nicht vorgesehen ist, zum anderen ist dieses Kriterium als unsachlich zu qualifizieren, weil es nicht angeht, die Anmeldenden nachträglich mit solchen Rechtsfolgen zu konfrontieren, mit denen nicht zu rechnen war.
In diesem Zusammenhang muss auch festgestellt werden, dass bei der vorliegenden besonderen Fallkonstellation jedem Wohnungseigentümer, der im vorliegenden Gebäude eine Freizeitwohnsitznutzung angemeldet hat und diese Anmeldung aufrecht erhalten hat, in den Anmeldeverfahren gemäß § 16 Abs 1 TROG 1997 dieser anderen Wohnungseigentümer Parteistellung über § 16 Abs 3 letzter Satz TROG 1997 hinausgehend zuerkannt werden muss. Es ginge nicht an, dass das Vorliegen von drei positiv entschiedenen Feststellungen die Frage der Auswahl jener drei Wohnungen entschiede, in denen die Freizeitwohnsitznutzung im vorliegenden Fall zulässig wäre, ohne dass die dabei angewendeten Kriterien durch die anderen (auf Grund der vorzunehmenden Auswahl) betroffenen Wohnungseigentümer einer Prüfung unterzogen werden könnten. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass zwar für drei Wohnungseigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes (nämlich für den Zweitmitbeteiligten, die Drittmitbeteiligte und den Fünftmitbeteiligten) ein positiver Feststellungsbescheid, gemäß § 16 Abs 1 TROG 1997 betreffend die Zulässigkeit der Nutzung ihrer Wohnung als Freizeitwohnsitz, vorliegt. Diese Bescheide sind aber u.a. im Hinblick auf die Beschwerdeführerin nicht als bindend zu beurteilen, da sie dem Verfahren nicht als Partei beigezogen war und ihr die Bescheide nicht zugestellt worden waren. Im Hinblick auf die vorliegende ganz besondere Fallkonstellation, an die der Gesetzgeber bei seiner Regelung im § 16 Abs 3 letzter Satz TROG 1997 offensichtlich nicht gedacht hat, kann diese Regelung nicht als abschließende Regelung der Parteistellung verstanden werden. Es ist vielmehr im vorliegenden Auswahlverfahren all jenen Wohnungseigentümern, zwischen denen die Auswahl zu treffen ist, die Parteistellung in Verbindung mit § 8 AVG zuzuerkennen, weil ihre Rechte durch die vorzunehmende Auswahl berührt werden."
1.4. Im fortgesetzten Verfahren gab die Tiroler Landesregierung der Vorstellung der Beschwerdeführerin (gegen die nur an sie selbst ergangene Feststellung, ihre Wohnung dürfe nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden) Folge, behob den Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat zurück (Bescheid vom ). Diese Behörde sei bei der vorzunehmenden Berufungsentscheidung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs und der Tiroler Landesregierung gebunden und habe demzufolge ein ergänzendes Verfahren durchzuführen.
Der Stadtrat entschied daraufhin über die Berufung erneut, indem er den erstinstanzlichen, nur an die Beschwerdeführerin adressierten Bescheid gemäß § 66 Abs 2 AVG behob und die Angelegenheit an den Bürgermeister zurückverwies (Bescheid vom ). In dem von diesem durchzuführenden ergänzenden Verfahren sei - unter Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes und der Vorstellungsbehörde - "sämtlichen beteiligten Wohnungseigentümern, deren Freizeitwohnsitzanmeldung noch aufrecht ist und keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, Parteistellung zuzuerkennen."
Am selben Tag stellte der Stadtrat seine drei Bescheide vom , mit denen er für die Wohnungen der mitbeteiligten Parteien die Zulässigkeit der Verwendung als Freizeitwohnsitz festgestellt hatte (vgl. oben Pkt. I.1.2.), der Beschwerdeführerin zu. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Vorstellungen. Sie brachte vor, dass die Behörden nunmehr an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofs () gebunden seien; demzufolge sei das bloße Abstellen auf die zeitliche Rangfolge der Anmeldungen rechtswidrig.
Über diese Vorstellungen entschied die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom .
Sie gab den Vorstellungen Folge, behob die angefochtenen Bescheide und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat zurück. Aus der Begründung:
"Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis [VfSlg. 17.976/2006] festgestellt, dass eine Behörde dadurch, dass sie unter Berufung auf Bescheide, mit denen sie aufgrund von Anträgen ohne Zustimmung sämtlicher Miteigentümer in 3 Fällen festgestellt habe, dass die Wohnungen weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürften, ohne gesetzliche Grundlage in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer eingegriffen. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz habe keiner der Wohnungseigentümer die Befugnis, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Verfügungsmöglichkeit über das Wohnungseigentum zu beeinträchtigen. Wenn die Inanspruchnahme von 3 Wohnungen als Freizeitwohnsitz die Benützung von Wohnungen als Freizeitwohnsitz durch andere Wohnungseigentümer ausschließe, so sei dafür grundsätzlich ein einstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich. Die Annahme einer Auswahlbefugnis durch die Behörde würde, entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0143, - abgesehen vom Übergehen der betroffenen Miteigentümer - eine gesetzliche Ermächtigung erfordern, die jedoch fehle und für die angesichts der Regelungen über das Wohnungseigentum keine sachliche Rechtfertigung zu finden wäre.
In Anbetracht dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sind daher die angefochtenen Bescheide rechtswidrig ergangen und war den Vorstellungen dementsprechend Folge zu geben.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher die Wohnungseigentümergemeinschaft einen einstimmigen Beschluss über die weitere Verwendung von 3 Freizeitwohnsitzen zu fassen haben, andernfalls die Behörde nicht über die eingebrachten Anträge wird positiv absprechen können."
Gegen diesen Bescheid erhob F. S., hinsichtlich dessen Wohnung zunächst die Zulässigkeit der Verwendung als Freizeitwohnsitz festgestellt worden war, nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligte Partei, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hob mit Erkenntnis vom , Z 2007/06/0048, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Aus der Begründung:
"Der Beschwerdeführer wendet sich insbesondere dagegen, dass mit dem angefochtenen Bescheid seiner Ansicht nach ein rechtskräftiger Bescheid unzulässigerweise ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 68 Abs 3 bzw. Abs 4 AVG aufgehoben worden sei.
Dem ist zu entgegnen, dass ... [d]ie Erstmitbeteiligte ... in
dem Anmeldeverfahren betreffend die im verfahrensgegenständlichen Gebäude befindliche Wohnung des Beschwerdeführers übergangene Partei [war]. Mit dem an den Beschwerdeführer ergangenen Bescheid des Stadtrates vom lag daher noch keine unanfechtbare Entscheidung vor.
Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, er sei unter den ersten drei Antragstellern für die Anmeldung der Wohnung als Freizeitwohnsitz in dem verfahrensgegenständlichen Haus gewesen. Von Beginn an habe er die verfahrensgegenständliche Wohnung ohne Unterbrechung als Freizeitwohnsitz verwendet, was auch von der
belangten Behörde nicht bestritten werde. ... Die belangte Behörde
habe ihre Entscheidung im Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom getroffen.
Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. ...
In dem eine Beschwerde der Erstmitbeteiligten betreffenden
... Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0143, hat der
Verwaltungsgerichtshof ... im Falle eines Gebäudes, das im
Wohnungseigentum mehrerer Personen (u.a. des Beschwerdeführers)
steht, ... ausgesprochen, dass die Eigentümer der
verfahrensgegenständlichen Wohnungsanlage, also im vorliegenden Fall
alle Wohnungseigentümer als Miteigentümer der Wohnhausanlage, dazu,
welche drei Wohnungen in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude als
Freizeitwohnsitze verwendet werden, zu befragen seien. ... Eine
Entscheidung der Behörde über die Zuordnung jener drei Wohnungen, die in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude als Freizeitwohnsitz genutzt werden dürfen, kommt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Erkenntnis aber erst dann in Betracht, wenn eine entsprechende Anfrage an alle Wohnungseigentümer das Ergebnis gebracht hat, dass über die Festlegung von drei Wohnungen zur Freizeitwohnsitznutzung kein Einvernehmen der Wohnungseigentümer vorliegt.
Der Beschwerdeführer wurde in diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Grund der gleichfalls in diesem Erkenntnis vertretenen Auffassung betreffend die Parteistellung in einem solchen Anmeldeverfahren als mitbeteiligte Partei im Anmeldeverfahren der Erstmitbeteiligten beigezogen. Der angefochtene Bescheid ist nun zwar nicht der Ersatzbescheid, der im fortgesetzten, die Anmeldung der Erstmitbeteiligten betreffenden Verfahren zu erlassen war. Im Hinblick auf den im vorliegenden Fall gegebenen untrennbaren Zusammenhang zwischen allen fünf Anmeldeverfahren und den betroffenen fünf Wohnungseigentümern erstreckte sich die Bindungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom auch auf das den Beschwerdeführer und seine Anmeldung betreffende verfahrensgegenständliche Verwaltungsverfahren, in dem der in zweiter Instanz ergangene positive Feststellungsbescheid betreffend die Zulässigkeit der Nutzung der Wohnung des Beschwerdeführers als Freizeitwohnsitz auf grund der nach Erlassung des angeführten Erkenntnisses erhobenen Vorstellung der Erstmitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheid aufgehoben wurde. Die belangte Behörde hat zwar den bekämpften Berufungsbescheid aufgehoben, hat dies aber nicht aus den im hg. Erkenntnis vom ausgesprochenen tragenden Gründen getan, sondern aus anderen, davon abweichenden Gründen, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis [VfSlg. 17.976/2006] zur vorliegenden Problematik vertreten hat. ...
Der Verwaltungsgerichtshof hat der belangten Behörde mit dem bereits mehrfach angeführten hg. Erkenntnis vom in Stattgebung einer Beschwerde der Erstmitbeteiligten in ihrem Anmeldeverfahren, in dem der Beschwerdeführer auch Partei war, die Rechtsauffassung dazu überbunden, wie vorzugehen ist, um in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude jene drei Wohnungen herauszufinden, die umfassend (auch als Freizeitwohnsitz) genützt werden sollen und dürfen.
An diese Rechtsanschauung war die belangte Behörde gemäß § 63 Abs 1 VwGG gebunden. Dies gilt im Übrigen auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes selbst dann, wenn eine solche bindende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes nach der Meinung des Verfassungsgerichtshofes gegen das Gebot einer verfassungskonformen Auslegung verstößt (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 14.071, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/12/0084)."
1.5. Im fortgesetzten Verfahren gab die belangte Behörde mit dem bekämpften Bescheid den Vorstellungen der Beschwerdeführerin neuerlich Folge, behob die Bescheide des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom (Feststellung der Zulässigkeit der Verwendung dreier Wohnungen als Freizeitwohnsitz) und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat zurück.
Aus der Begründung:
"[D]er Vorstellung [war] neuerlich Folge zu geben, wobei sich jedoch die Aufhebung ausdrücklich auf die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2007/06/0048, gestützten Gründe bezieht. Um den Anforderungen des zitierten Erkenntnisses zu entsprechen, ist es daher im fortgesetzten Verfahren erforderlich, dass seitens der betroffenen Gemeindebehörden die beschriebenen Verfahrensschritte nachgeholt werden und abhängig vom Ergebnis dieser Ermittlungen eine neuerliche Entscheidung, welche drei Wohnungen im Objekt Franz Reisch Straße 5-7, 6370 Kitzbühel, weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen, getroffen wird."
2. Die dagegen gerichtete, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.
Durch die Begründung des angefochtenen Bescheides, die der Gemeinde überbunden worden sei, sei für die Beschwerdeführerin zu gewärtigen, dass die Unzulässigkeit der Verwendung ihrer Eigentumswohnung als Freizeitwohnsitz festgestellt werde. Die Beschwerdeführerin laufe also Gefahr, dass ihre Eigentumswohnung eine massive Nutzungseinschränkung erfahre. Daher greife der angefochtene Bescheid in das Eigentum der Beschwerdeführerin ein. Dieser Eingriff sei verfassungswidrig, da die belangte Behörde die Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsrechts in denkunmöglicher Weise angewendet habe. Dies sei eindeutig aus dem Erkenntnis VfSlg. 17.976/2006 abzuleiten. Der Verfassungsgerichtshof sei durch nichts gehindert, Bedenken gegen das angewendete Gesetz aufzugreifen oder die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung wahrzunehmen. Verfassungskonform müssten die anzuwendenden Regelungen des Tiroler Raumordnungsrechts dahingehend ausgelegt werden, dass eben keine Auswahlbefugnis durch die Behörde gegeben ist, wem nun im in Rede stehenden Gebäude eine Freizeitwohnsitznutzung zukommt oder nicht.
Weiters bringt die Beschwerde vor, die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen seien für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes entgegen Art 18 B-VG nicht ausreichend bestimmt. Sie ließen nicht einmal ansatzweise Kriterien erkennen, nach denen entsprechend der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Auswahl der Freizeitwohnsitzberechtigten erfolgen solle. Der Gesetzgeber habe offenkundig an den vorliegenden Sachverhalt nicht gedacht.
3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben. Die belangte Behörde bestreitet insbesondere die Beschwerdelegitimation in folgender Weise:
"Mit der bekämpften Entscheidung wurde der Vorstellung der nunmehrigen Beschwerdeführerin Folge gegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der Stadtgemeinde Kitzbühel verwiesen. In Bindung an die Entscheidung des Zl. 2007/06/0048, sind - wie in der Begründung der bekämpften Entscheidung ausgeführt - im fortgesetzten Verfahren von den Gemeindebehörden die in diesem höchstgerichtlichen Erkenntnis beschriebenen Verfahrensschritte nachzuholen und abhängig vom Ergebnis dieser Ermittlungen eine neuerliche Entscheidung, welche drei Wohnungen im Objekt Franz Reisch Straße 5-7, 6370 Kitzbühel, weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen, zu treffen. Aus dem angefochtenen Vorstellungsbescheid ergibt sich somit auch keinerlei Bindungswirkung hinsichtlich des Inhaltes der neuerlichen Entscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel. Der angefochtene Bescheid greift daher nicht nachteilig in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin ein. Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid somit nicht beschwert ist, ist
gegenständlich keine Beschwerdelegitimation gegeben ... ."
II. Was die maßgebliche Rechtslage betrifft, kann auf deren ausführliche Darstellung im Erkenntnis VfSlg. 17.976/2006 verwiesen werden.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Die Erhebung einer auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat insbesondere zur Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt werden konnte (vgl. etwa VfSlg. 13.837/1993 uvw.).
Mit dem angefochtenen Vorstellungsbescheid hob die belangte Behörde - insoweit dem Begehren der nunmehrigen Beschwerdeführerin in ihren Vorstellungen folgend - die Bescheide des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom auf, mit denen für die drei Wohnungen der mitbeteiligten Parteien die Zulässigkeit der Verwendung als Freizeitwohnsitz festgestellt worden war.
Die belangte Behörde ist jedoch nicht im Recht mit ihrem Vorbringen, mangels nachteiligen Eingriffes in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin sei diese nicht zur Beschwerdeführung gegen diesen Bescheid legitimiert. Aus dem angefochtenen Vorstellungsbescheid ergeben sich nämlich sehr wohl Bindungswirkungen hinsichtlich des Inhaltes der neuerlichen Entscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel. Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausdrücklich auf die Bindungswirkung der Gründe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom , Z 2007/06/0048, für das fortgesetzte Verfahren hingewiesen, wobei sich sowohl die belangte Behörde als auch das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs auch auf die Bindung an die Gründe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom , Z 2004/06/0143, berufen. Daraus ergibt sich insgesamt eine Bindung an eine bestimmte Art der Vorgangsweise und Entscheidung im fortgesetzten Verfahren, durch die die Beschwerdeführerin in einem subjektiven Recht verletzt sein kann.
Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Da der angefochtene Bescheid nach einem stattgebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes iSd § 63 Abs 1 VwGG ergangen ist, hatte die belangte Behörde dem Gesetz den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie in den Erkenntnissen /0143, und , Z 2007/06/0048, zum Ausdruck kommt, entsprechenden Inhalt beizumessen. Von diesem Inhalt hat auch der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Ersatzbescheid auszugehen.
Wie der Verfassungsgerichtshof jedoch in VfSlg. 8536/1979 und 8782/1980 dargetan und seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 14.071/1995) festgehalten hat, ist er durch nichts gehindert, Bedenken gegen das angewendete Gesetz aufzugreifen oder die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung wahrzunehmen und solcherart die den angefochtenen Bescheid tragende Rechtsanschauung auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes. Bereits im Erkenntnis VfSlg. 17.976/2006 hat sich der Verfassungsgerichtshof in einem im Wesentlichen gleich gelagerten Fall wie dem vorliegenden insbesondere mit dem Vorbringen der dortigen Beschwerdeführer auseinandergesetzt, § 16 Abs 1 TROG sei im Hinblick darauf verfassungswidrig, dass er der Problematik nicht gerecht würde, dass in der Baubewilligung für die Errichtung eines einheitlichen Objektes nicht festgelegt wurde, welche drei von insgesamt (dort:) siebzehn Eigentumswohnungen entsprechend der damaligen Flächenwidmung als Freizeitwohnungen benützt werden dürfen.
Aus diesem Erkenntnis:
"Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs davon aus, dass in jenen Fällen, in denen die Baubewilligung keine ausdrückliche Aussage über die Zulässigkeit der Nutzung von Wohnungen als Freizeitwohnsitz trifft, deshalb nicht die Benützung aller Wohnungen als Freizeitwohnsitz zulässig ist. Denn eine Baubewilligung, die zur Freizeitwohnsitznutzung nichts Explizites enthält, muss im Sinne der raumordnungsrechtlichen Vorschriften ausgelegt werden (vgl. Zl. 2005/06/0185, vom , Zl. 2005/06/0262, vom , Zl. 98/06/0135). Der Auslegung des Baubewilligungsbescheides im Lichte der raumordnungsrechtlichen Regelung betreffend Apartmenthäuser in § 16a TROG 1984, wonach nur drei Wohnungen auch als Freizeitwohnsitz genutzt werden dürften, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. ..."
2.3. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmungen durch die belangte Behörde stellt sich hier im Zuge der Prüfung, ob der angefochtene Bescheid das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt, und ist - wie sich ebenfalls aus dem Erkenntnis VfSlg. 17.976/2006 ergibt - zu verneinen:
Der angefochtene Bescheid, mit dem bindende Vorgaben für die Entscheidung über die Zulässigkeit der weiteren Verwendung der Wohnung der Beschwerdeführerin als Freizeitwohnsitz getroffen werden, greift in das Eigentum der Beschwerdeführerin zufolge der Versagung der freien Ausübung des aus dem Eigentum erfließenden Rechtes zur Benützung ihrer Wohnung ein (vgl. VfSlg. 9306/1981 zum Widerruf einer Baubewilligung); sie stellen keine Enteignung, jedoch eine Eigentumsbeschränkung dar.
Dieser Eingriff ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat, ein Fall, der nur dann vorliegt, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist.
Der bekämpfte Bescheid stützt sich auf eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage, die jedoch in denkunmöglicher Weise angewendet wurde. Im Erkenntnis VfSlg. 17.976/2006 hat der Verfassungsgerichtshof eben diesen Befund wie folgt begründet:
"Die Behörde hat dadurch, dass sie unter Berufung auf Bescheide, mit denen sie auf Grund von Anträgen ohne Zustimmung sämtlicher Miteigentümer in drei Fällen festgestellt hat, dass die Wohnungen weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen, den Antrag der Beschwerdeführer [Anm.: auf Feststellung der Zulässigkeit der weiteren Verwendung ihrer Wohnung als Freizeitwohnsitz] abwies, ohne gesetzliche Grundlage in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer eingegriffen. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz hat keiner der Wohnungseigentümer die Befugnis, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Verfügungsmöglichkeit über das Wohnungseigentum zu beeinträchtigen. Wenn die Inanspruchnahme von drei Wohnungen als Freizeitwohnsitz die Benützung von Wohnungen als Freizeitwohnsitz durch andere Wohnungseigentümer ausschließt, so ist dafür grundsätzlich ein einstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich. Die Annahme einer Auswahlbefugnis durch die Behörde würde, entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0143, - abgesehen vom Übergehen der betroffenen Miteigentümer - eine gesetzliche Ermächtigung erfordern, die jedoch fehlt und für die angesichts der Regelungen über das Wohnungseigentum keine sachliche Rechtfertigung zu finden wäre."
Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Behörden der Stadtgemeinde Kitzbühel die im Erkenntnis /0143 (und ebenso im Erkenntnis /0048) enthaltene Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofs betreffend die angesprochene Auswahlbefugnis durch die Behörde überbindet, werden auch im hier angefochtenen Bescheid die Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes denkunmöglich angewendet.
3. Die Beschwerdeführerin ist somit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt worden. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 400,-- und eine Eingabengebühr in Höhe von € 220,-- enthalten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Fundstelle(n):
NAAAE-03355