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OGH vom 06.10.2015, 13Os110/15y

OGH vom 06.10.2015, 13Os110/15y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wüstner als Schriftführer in der Strafsache gegen Chawarz A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 53 Hv 74/15m des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Chawarz A***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , AZ 19 Bs 184/15w (ON 88 der Hv Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Das Landesgericht für Strafsachen Wien verhängte mit Beschluss vom (ON 24) über den am festgenommenen (ON 19 S 5) Chawarz A***** die Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 StPO sowie der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a, b und d StPO und setzte diese nach Durchführung einer Haftverhandlung (ON 34) mit Beschluss vom (ON 35) aus den selben Haftgründen fort. Der gegen letztere Entscheidung erhobenen Beschwerde des Angeklagten (ON 34 S 2) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom (ON 50) nicht Folge. Die diesbezügliche Grundrechtsbeschwerde (ON 57) wies der Oberste Gerichtshof am zurück (ON 83).

Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung wies das Oberlandesgericht Wien den gegen die Anklageschrift vom (ON 74) erhobenen Einspruch (ON 84) ab und setzte im Sinn des § 214 Abs 3 StPO die Untersuchungshaft aus den Gründen des § 173 Abs 2 Z 3 lit a, b und d StPO fort.

Dabei ging das Oberlandesgericht in Übereinstimmung mit der solcherart unter einem rechtswirksam gewordenen Anklageschrift vom dringenden Verdacht (§ 173 Abs 1 erster Satz StPO) aus, Chawarz A***** habe in Wien

(A) vom bis zum gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz den Lokalinhaber Ramiz S***** jedenfalls durch gefährliche Drohung (zur Abgrenzung dieses Tatbestandsmerkmals von jenem der Gewalt siehe Eder Rieder in WK 2 StGB § 144 Rz 7) zu monatlichen Schutzgeldzahlungen von 1.000 Euro zu nötigen versucht, indem er ihm wiederholt physische Repressalien gegen seine Person sowie sein Lokal androhte und dies letztlich durch mehrere Schüsse gegen die Fensterscheibe des Lokals unterstrich, sowie

(B) am und am im Rahmen seiner Vernehmungen als Beschuldigter vor dem Bundeskriminalamt sowie dem Haft und Rechtsschutzrichter Ramiz S***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung, nämlich des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG, wissentlich falsch verdächtigte.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Oberlandesgericht den dringenden Verdacht der Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 StGB (A) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (B).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Chawarz A***** orientiert sich nicht am Gesetz:

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG ist die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof nur nach Erschöpfung des Instanzenzugs zulässig. Dabei ist der Instanzenzug nicht nur vertikal, sondern auch horizontal zu erschöpfen, was bedeutet, dass die argumentative Basis der Grundrechtsbeschwerde bereits im Instanzenzug vorgebracht worden sein muss (13 Os 55/09a, SSt 2009/35; RIS Justiz RS0114487; Kier in WK 2 GRBG § 1 Rz 41).

Das Erfordernis der (vertikalen und horizontalen) Rechtswegausschöpfung resultiert daraus, dass der Oberste Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren als Verfassungsgericht fungiert, womit es zunächst an den hiefür im Instanzenzug zuständigen Gerichten liegen soll, alle für die Haftfrage bedeutsamen Umstände zu erwägen und solcherart effektiven Grundrechtsschutz im Strafverfahren zu gewährleisten ( Kier in WK 2 GRBG § 1 Rz 35 mwN).

Demzuwider hat der Beschwerdeführer seine Freilassung nicht auf dem in der Prozessordnung vorgesehenen Weg begehrt (§ 176 Abs 1 Z 2 StPO,§ 176 Abs 5 StPO) und damit die zuständigen Gerichte gerade nicht in die Lage versetzt, seine diesbezüglichen Argumente zu erwägen. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzugs ist daher nicht erfüllt.

Zum Begehren auf „Durchführung einer mündlichen Verhandlung“ sei wie schon im Beschluss vom (ON 83 S 5) erneut darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof gemäß § 6 GRBG über Grundrechtsbeschwerden in nichtöffentlicher Sitzung entscheidet.

Die Beschwerde war somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRGB) zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00110.15Y.1006.000