OGH vom 29.10.2015, 8ObA68/15f

OGH vom 29.10.2015, 8ObA68/15f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** J*****, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Christian Gepart, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1. Feststellung und 2. 2.000 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 3/15g 12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Text

Begründung:

Die Revision wendet sich gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der besondere gesetzliche Kündigungsschutz nach § 8f VKG beginne auch dann grundsätzlich mit der Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung, wenn das Dienstverhältnis des Vaters noch nicht zu diesem Zeitpunkt, wohl aber gemäß § 8 Abs 1 Z 1 VKG zum Zeitpunkt des Antritts der Teilzeitbeschäftigung ununterbrochen drei Jahre gedauert hat.

Es könne dem Gesetzgeber nach Ansicht der Revisionswerberin nicht die Absicht unterstellt werden, den besonderen Bestandschutz bereits bis zu vier Monate vor Verwirklichung der eigentlichen Anspruchsvoraussetzungen einzuräumen.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen wird keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

Es bedarf keiner Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofs, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage bereits nach dem Wortlaut der anzuwendenden Norm so eindeutig gelöst ist, dass nur die in der angefochtenen Entscheidung erstmals vorgenommene im Schrifttum nicht in Zweifel gezogene Auslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (RIS Justiz RS0042656 [T24]). Dies ist hier, wie das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgesprochen hat, der Fall.

Das VKG unterscheidet ganz klar zwischen den Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (§ 8), zu denen ein ununterbrochenes Dienstverhältnis von drei Jahren zählt, und den Voraussetzungen für das Wirksamwerden des besonderen Bestandschutzes (§ 8f), die das Erfordernis eines drei Jahre dauernden Dienstverhältnisses nicht enthalten. Der Bestandschutz tritt schon mit Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung ein, frühestens vier Monate vor deren Antritt und nicht vor der Geburt des Kindes.

Der Revision ist durchaus beizupflichten, dass die mit dem Anspruch auf Elternteilzeit verbundenen „weiteren Schutzaspekte“ nicht losgelöst und unabhängig von den besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 8 Abs 1 VKG gesehen werden dürfen. Gerade deshalb ist das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen aber völlig zwingend, würde doch der offenkundige Zweck des Kündigungs und Entlassungsschutzes, die praktische Durchsetzbarkeit des Teilzeitanspruchs zu gewährleisten und seine Vereitelung durch Arbeitgeberkündigung zu verhindern, nach der Ansicht der Revisionswerberin in den ersten vier Monaten des Anspruchszeitraums nach § 8 VKG verfehlt.

Gegen die Auffassung der Vorinstanzen kann mangels auch nur ansatzweiser Vergleichbarkeit des Regelungsgegenstands weder die gesetzliche Möglichkeit einer Kündigung nach § 8f Abs 3 VKG (bei Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit während der Teilzeitbeschäftigung ohne Zustimmung des Arbeitgebers), noch die Option des § 8a VKG (freiwillige Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung bei Fehlen eines Anspruchs nach § 8 Abs 1 VKG) ins Treffen geführt werden. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 8 Abs 1 VKG ist hier unstrittig. Die Revisionswerberin vermag auch keine Literaturstelle anzuführen, in der ihre Auslegung vertreten oder auch nur in Betracht gezogen wird.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00068.15F.1029.000