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OGH vom 28.07.2022, 11Os6/22z

OGH vom 28.07.2022, 11Os6/22z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. BachnerForegger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ristic, BA, als Schriftführerin in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens nach § 3b VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom , GZ 24 Hv 51/21p15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * S* des Verbrechens nach § 3b VG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er vom bis zum in L* eine Verbindung der in § 3a VG bezeichneten Art, nämlich die (im Wahrspruch näher beschriebene) „E*“, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben, „indem sie – zumindest auf längere Sicht – die Beseitigung der auf der Verfassung beruhenden demokratischen Rechtsordnung der Republik Österreich, die Einsetzung einer 'Reichsregierung' sowie die Einbindung Österreichs in ein wieder zu errichtendes 'Großdeutsches Reich' anstrebt“, durch Geldzuwendungen unterstützt, indem er monatlich 15 Euro mittels Dauerauftrag auf ein Spendenkonto der genannten Verbindung überwies.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8, 10a und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Sowohl die Fragen- (Z 6) als auch die Instruktions- (Z 8) und die Rechtsrüge (Z 11 lit a) entwickeln ihre Kritik aus der Rechtsbehauptung, es sei „davon auszugehen“, dass § 3b VG eine – wiewohl im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck gebrachte – „Erheblichkeitsschwelle in Bezug auf die Geldzuwendungen vorsieht“.

[5] Durch den von der Beschwerde angestellten Vergleich mit § 279 Abs 1 StGB, dessen Wortlaut – im Gegensatz zu § 3b VG („Geldzuwendungen“) – Unterstützung mit „Geldmitteln oder sonst in erheblicher Weise“ verlangt, wird die Fallnorm jedoch nicht methodengerecht (aus dem Gesetz oder einem von der Judikatur aufgestellten Rechtssatz) abgeleitet (siehe aber RIS-Justiz RS0116569 [zu Z 11 lit a]).

[6] Folgerichtig wird weder prozessförmig dargelegt, weshalb die in der Hauptfrage enthaltene Sachverhaltsschilderung (insoweit: „Spende“ von monatlich 15 Euro vom bis zum ) zur rechtsrichtigen Subsumtion und deren Überprüfbarkeit nicht ausreichen sollte (vgl RIS-Justiz RS0119082; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 616, § 345 Rz 23 [zu Z 6 und zu Überschneidungen derselben mit Z 11 lit a in Bezug auf Rechtsfehler mangels Feststellungen]), noch weshalb die Rechtsbelehrung im angesprochenen Punkt (S 31: „Eine Erheblichkeitsschwelle sieht § 3b nicht vor“) unrichtig sei (siehe aber Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65 [zu Z 8]).

[7] Hinzugefügt sei, dass die finanzielle Unterstützung einer Verbindung der in § 3a VG genannten Art kein Mindestmaß erreichen muss, um nach § 3b VG tatbildlich zu sein (RIS-Justiz RS0109712; Lässig in WK2 VG § 3b Rz 2). Sind Geldzuwendungen an eine solche Verbindung indes mehr als geringfügig, kann dies vielmehr – als „Bereitstellung von Geldmitteln“ – den (noch strenger strafbedrohten) Tatbestand des § 3a Z 3 VG erfüllen (vgl Lässig in WK2 §§ 1–3a Rz 7 f).

[8] Die weitere Fragenrüge (Z 6) moniert, in der Hauptfrage sei nicht konkretisiert worden, „auf welche Art und Weise“ die „Betätigung“ der Mitglieder der betreffenden Verbindung „im nationalsozialistischen Sinn“ „erfolgte“. Sie versäumt schon darzulegen, weshalb zur Tatbestandserfüllung – über den vom Gesetz (§ 3b iVm § 3a Z 2 VG) geforderten Zweck der Verbindung hinaus, „durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn“ bestimmte Ziele zu erreichen – eine tatsächlich „erfolgte“ derartige Betätigung erforderlich sein sollte (zum normativen Tatbestandsmerkmal der „Betätigung im nationalsozialistischen Sinn“ siehe im Übrigen Lässig in WK2 VG § 3g Rz 4 bis 8).

[9] Mit dem (gleichgerichteten) Einwand, der Wahrspruch zur Frage, „auf welche Art und Weise“ eine solche „Tätigkeit“ „erfolgt wäre, bzw. erfolgen hätte sollen“, erschöpfe sich in einer Wiedergabe der verba legalia, setzt sich die Rechtsrüge (Z 11 lit a) – prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0101016) – über die Gesamtheit der (eingangs referierten) diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen hinweg (siehe im Übrigen RIS-Justiz RS0119234).

[10] Inwiefern der Belehrungsinhalt „zur subjektiven Tatseite“ (siehe dazu S 6 f und 32 der Rechtsbelehrung) „ungenügend“ oder „unvollständig“ sein sollte, sagt die weitere Instruktionsrüge (Z 8) nicht (zum diesbezüglichen Anfechtungskalkül RIS-Justiz RS0119549, RS0119071).

[11] Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO zielt darauf, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO iVm § 302 Abs 1 StPO) aufzuzeigen, die nahelegen, dass die Geschworenen das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO iVm § 302 Abs 1 StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben (RIS-Justiz RS0118780 [T13, T16, T17]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 470 und 490).

[12] Soweit die Tatsachenrüge (Z 10a) erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit im Wahrspruch der Geschworenen festgestellter entscheidender Tatsachen nicht aus in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnissen, sondern aus der Begründung der Anklageschrift (§ 211 Abs 2 zweiter Satz StPO), aus der Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) und aus dem angeblichen Fehlen von Beweisen (RIS-Justiz RS0128874 [T1]) abzuleiten versucht, verlässt sie diesen Anfechtungsrahmen.

[13] Die Verantwortung des Beschwerdeführers wiederum, vor der Anklageerhebung nur jene „sieben Ziele“ der in Rede stehenden Verbindung gekannt zu haben, die in einem von ihm in der Hauptverhandlung vorgelegten Papier formuliert sind (ON 14 S 3 f), weckt beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken im dargestellten Sinn (zum Umfang der Eingriffsbefugnisse des Höchstgerichts erneut RIS-Justiz RS0118780 [T17]).

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[15] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i StPO).

[16] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00006.22Z.0728.000

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