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OGH vom 17.10.2002, 8ObA68/02m

OGH vom 17.10.2002, 8ObA68/02m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wilhelm Koutny und Dr. Anton Wladar als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Christholde S*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in Villach, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 224/01t-22, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 35 Cga 149/00w-17 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.049,12 (EUR 341,52 darin USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gem. § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:

Nach aktueller europarechtlicher Rechtsprechung (Danmols-EuGHSlg 1985,2639; Bork-EuGHSlg 1988,3057) ist der Arbeitnehmerbegriff im Rahmen der Betriebsübergangsrichtlinie 77/187/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer bei Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen, die durch die §§ 3 bis 6 AVRAG in das österreichische Recht transferiert wurde, nicht gemeinschaftsrechtlich zu verstehen, sondern nach nationalem Recht auszulegen (so auch RV1077 BlgNR18.GP, 9). Eine besondere Gefahr, dass dadurch in einzelnen Mitgliedstaaten schutzwürdige Personengruppen aus den Umsetzungsvorschriften herausfallen, besteht jedenfalls im Bereich der §§ 3 bis 6 AVRAG nicht, zumal die Anknüpfung im AVRAG im Sinne des auch von der Judikatur geprägten weiten Arbeitnehmerverständnisses alle Personen erfasst, die für Rechnung eines anderen in einem Unterordnungsverhältnis Arbeit gegen Bezahlung verrichten (Binder in DRdA1996,1 [4f]; Holzner/Reissner, AVRAG, 19 und 64).

Die Arbeitnehmereigenschaft eines Geschäftsführers, der gleichzeitig Gesellschafter der GmbH. ist, wird durch das Ausmaß der persönlichen Abhängigkeit bestimmt, die vom Umfang der Beteiligung an der Gesellschaft abhängig ist. Zu prüfen ist, inwieweit die Anteile des Gesellschafter-Geschäftsführers einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ermöglichen. Ein derartiger Einfluss ist nicht nur dann zu bejahen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile verfügt, sondern auch wenn die Beteiligung zwar geringer als 50 % ist, dem Geschäftsführer aber auf Grund des Gesellschaftsvertrages eine Sperrminorität zusteht, die ihn befähigt, Beschlüsse der Generalversammlung in den für seine persönliche Abhängigkeit wesentlichen Angelegenheiten zu verhindern. Die Tatsache, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft hat, schließt seine Qualifikation als Arbeitnehmer aus (Holzer/Reissner, AVRAG, 32 mwH; Pfeil in Schwimann ABGB² § 1151 Rz 35; ecolex 1990, 434; EvBl 1992/104). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist die Klägerin an der ehemaligen Pächterin (einer GmbH) des nun an die Beklagte zurückgefallenen Bades auch noch im Übergabezeitpunkt mit 10% beteiligt gewesen, während ihr Sohn 30 % der Geschäftsanteile hielt (S 11 des Berufungsurteils). Es steht weiters fest, dass der Sohn der Klägerin als deren Strohmann fungierte, sodass die Klägerin einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH ausübte (S 16 des Ersturteils). Da nach dem Gesellschaftsvertrag die Beschlussfassung der Gesellschaft mit einer Mehrheit von 61 % des bei der Generalversammlung vertretenen Stammkapitals zu erfolgen hat, kam der Klägerin und ihrem Sohn insgesamt die Sperrminorität zu. Es ist daher auch nach Auslaufen der zu Gunsten der Klägerin mit der Mehrheitsgesellschafterin getroffenen Stimmrechtsbindungsvereinbarung vom Fehlen persönlicher Abhängigkeit der Klägerin auszugehen, weshalb auf sie mangels Arbeitnehmereigenschaft die Bestimmungen des AVRAG nicht anzuwenden sind.

Mangels Übergangs des Beschäftigungaverhältnisses der Klägerin kommt es daher auf die Berechtigung der von der Beklagten vorsichtshalber ausgesprochenen Kündigung und der nachfolgenden Entlassung nicht an. Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.