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VfGH vom 26.09.1983, B540/80

VfGH vom 26.09.1983, B540/80

Sammlungsnummer

9792

Leitsatz

EStG 1972; keine Bedenken gegen die Sachlichkeit des mit § 18 Abs 1 Z 3 litb verfolgten rechtspolitischen Zieles, die Schaffung neuen Wohnraumes zu fördern; keine gleichheitswidrige Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Der Bf., der als Angestellter Einkünfte aus unselbständiger Arbeit bezieht, stellte am beim Finanzamt Feldkirch den Antrag auf Berücksichtigung erhöhter Sonderausgaben für das Kalenderjahr 1980 durch Eintragung eines steuerfreien Betrages auf seiner Lohnsteuerkarte. Als Sonderausgabe machte er unter anderem die Rückzahlung eines Darlehens (im Jahre 1980 eines Teilbetrages von 25000 S) geltend, das er im Zusammenhang mit der Anbringung eines Innenverputzes im Kellerraum seines Einfamilienhauses aufgenommen hatte. Das Finanzamt berücksichtigte diese Darlehensrückzahlung nicht als Sonderausgabe (Bescheid vom ).

b) Die Finanzlandesdirektion für Vbg. wies die dagegen vom Bf. erhobene Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab.

aa) Die Finanzlandesdirektion ging hiebei offenkundig von folgendem, sich aus den Verwaltungsakten ergebenden, im Verwaltungsverfahren unbestritten gebliebenen und vom Bf. auch in der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde weitestgehend selbst so geschilderten Sachverhalt aus:

Der Bf. errichtete in den Jahren 1960/61 in Dornbirn, Lustenauerstraße 13a, ein Eigenheim. Die baubehördliche Benützungsbewilligung wurde am erteilt. Die Kellerräume wurden erstmals im Jahre 1979 verputzt, und zwar mit einlagigem Grobverputz. Hiefür nahm der Bf. ein Darlehen von 45000 S auf, zu dessen Tilgung er auch im Jahre 1980 einen bestimmten Betrag zu leisten verpflichtet war.

bb) Die Finanzlandesdirektion begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

"Sonderausgaben, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind, sind ua. gemäß § 18 Abs 1 Z 3 litb Einkommensteuergesetz 1972 Beträge, die zur Errichtung von Eigentumswohnungen oder Eigenheimen aufgewendet wurden, sowie gemäß litc der genannten Gesetzesbestimmung Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum im Sinne der litb aufgenommen wurden. Das gleiche gilt für Zinsen für derartige Darlehen.

Für die Berücksichtigung der vom Berufungsführer geleisteten Darlehensrückzahlungen als Sonderausgaben ist nach der vorgenannten Gesetzesbestimmung entscheidend, ob mit den Darlehen, deren Rückzahlungsbeträge er als Sonderausgaben zu berücksichtigen begehrt, Aufwendungen getätigt wurden, die mit der Errichtung seines Einfamilienhauses im Zusammenhang stehen. Dazu ist festzustellen: Zu den Errichtungskosten im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung zählen alle Aufwendungen, die mit der Bauführung einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheimes im Zusammenhang stehen. Nicht als Sonderausgaben abzugsfähig sind nach der Lehre sowie Rechtsprechung des VwGH sogenannte nachträgliche Errichtungskosten, das sind Kosten, deren Rechtsgrund erst nach der baulichen Fertigstellung eines Eigenheimes bzw. Eigentumswohnhauses entstanden sind. Die Errichtung eines Eigenheimes ist mit dem Erreichen der Benützbarkeit abgeschlossen (vgl. Zl. 135/78). Wie die vom Finanzamt durchgeführten Ermittlungen ergeben haben, wurde dem Berufungsführer die Benützungsbewilligung für sein Einfamilienhaus am erteilt. Somit war zu diesem Zeitpunkt nach der Rechtsprechung das Einfamilienhaus des Berufungsführers als errichtet anzusehen. Die fast zwei Jahrzehnte nach Erteilung der Benützungsbewilligung getätigten Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Innenverputz der Kellerräume und der Anbringung eines Estriches in einem Kellerraum können nicht mehr als Errichtungskosten im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung, sondern nur als Aufwendungen für die Verbesserung der baulichen Gestaltung angesehen werden. Da solche Aufwendungen, die zu den sogenannten nachträglichen Errichtungskosten zählen, nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden können, war die Berufung als unbegründet abzuweisen."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet, die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Der Bf. begründet seine Behauptung, im Gleichheitsrecht verletzt worden zu sein, zusammengefaßt damit, daß die Auslegung der bel. Beh. zu einer Begünstigung finanziell kräftiger Bauherren führe. Diese könnten nämlich die Bauführung in einem Zug durchführen oder die Erteilung der Baubewilligung hinauszögern. Finanzschwächere Bauherren - wie der Bf. - hingegen seien gezwungen, ihr Eigenheim in Etappen zu bauen, das Haus also zum ehestmöglichen Zeitpunkt zu benützen, auch wenn es noch nicht völlig fertiggestellt sei. Die bel. Beh. habe den Bf. aus Gründen des Standes und der Klasse ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt.

3. Die Finanzlandesdirektion für Vbg. als bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 18 Abs 1 Z 3 litb des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440 (EStG 1972), sind Sonderausgaben, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind, "Beträge, die zur Errichtung von Eigentumswohnungen oder Eigenheimen aufgewendet wurden". Der folgenden litc zufolge gelten als Sonderausgaben auch "Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum im Sinne der lita oder der litb aufgenommen wurden".

2. Nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 9186/1981) kann das Gleichheitsrecht durch einen Bescheid nur dann verletzt werden, wenn dieser auf einer gleichheitswidrigen Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde Willkür geübt hat oder wenn sie dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat.

Anhaltspunkte dafür, daß die Behörde den Bf. aus unsachlichen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa weil er einem bestimmten Stand oder einer bestimmten Klasse angehört) benachteiligt hat, hat das Verfahren nicht ergeben.

Der Behörde kann auch keineswegs der Vorwurf gemacht werden, sie habe das Gesetz derart verfehlt ausgelegt, daß dies allenfalls Willkür indizieren würde. Die bel. Beh. kann sich bei ihrer Rechtsmeinung auf die Rechtsprechung des VwGH stützen, wonach die "Errichtung eines Eigenheimes" iS des § 18 Abs 1 Z 3 litb EStG 1972 mit der Erreichung der Benützbarkeit abgeschlossen ist, weshalb später getätigte Aufwendungen nicht zu den Errichtungskosten des Eigenheimes zählen und daher auch nicht als Sonderausgaben absetzbar sind (s. , Z 2780/78 und Z 82/14/0037).

Der VfGH teilt auch nicht das vom Bf. angenommene Bedenken, daß das Gesetz dann, wenn es tatsächlich den von der bel. Beh. angenommenen Inhalt hätte, verfassungswidrig wäre, oder aber, daß die Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe:

§18 Abs 1 Z 3 EStG 1972 zielt offenkundig darauf ab, "Leistungen, die mit einer echten Wohnraumbeschaffung im Zusammenhang stehen", steuerlich zu begünstigen (s. die RV zum EStG 1972, 474 BlgNR XIII GP). Es soll sohin die Schaffung neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnraumes gefördert werden (vgl. zB /0037, S 6). Dieses rechtspolitische Ziel ist nicht unsachlich. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er angenommen hat, daß bauliche Maßnahmen, die zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden, in dem das Haus (oder der von der baulichen Maßnahme betroffene Teil des Hauses) bereits längere Zeit (hier: nahezu 20 Jahre) zum Wohnen benützt wurde, nicht dazu dienen, neuen Wohnraum zu schaffen, sondern lediglich dazu, einen bereits vorhandenen Wohnraum zu verbessern. Eine solche bloße Verbesserung aber soll nach den - sachlich begründeten - Intentionen des Gesetzgebers eben gerade nicht zum Genuß der steuerlichen Begünstigung führen.

Der Bf. ist also durch den bekämpften Bescheid im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.

3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.