VfGH vom 24.09.2007, B539/07
Sammlungsnummer
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Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Vorstand des Geschäftsbereiches II der Agrarmarkt Austria hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung als Sonderfall "Langfristige unveränderbare Pacht von Flächen" abgelehnt und Zahlungsansprüche in einer bestimmten Höhe festgesetzt. Die dagegen erhobene Berufung wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ab. Er begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass gemäß § 7 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die einheitliche Betriebsprämie (Betriebsprämie-Verordnung), BGBl. II Nr. 336/2004, (im Folgenden: BP-VO) unter anderem eine Voraussetzung für die Anerkennung dieses Sonderfalls sei, dass die Pachtverträge vergebührt worden seien. Der Beschwerdeführer hätte in seinem Antrag auf Anerkennung als Sonderfall mehrere Grundstücke angeführt und vier Pachtverträge beigelegt, die Vergebührung der Pachtverträge jedoch nicht nachgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung von Rechten wegen Anwendungen einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und u.a. angeregt wird, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten und die gesamte BP-VO idF BGBl. II 336/2004 als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G21/07, V20/07, die BP-VO in ihrer Stammfassung BGBl. II 336/2004 zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art 139 Abs 6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art 139 Abs 6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988). Im Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid, dem ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (). Der Antrag wurde bereits im Jahr 2005 gestellt.
3. Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren begann am . Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass dadurch die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nachteilig beeinflusst wurde. Hiebei wird zu beurteilen sein, ob die mit der Aufhebung der BP-VO entstehende Rechtslücke allenfalls durch gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen ausgefüllt werden kann.
Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten. Die zusätzlich verzeichneten Kopierkosten waren nicht zuzusprechen, da diese bereits im Pauschalsatz enthalten sind.