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OGH vom 01.04.2014, 14Os26/14a

OGH vom 01.04.2014, 14Os26/14a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fellner als Schriftführer in der Strafsache gegen Guelai B***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, AZ 31 Hv 17/13b des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom , GZ 31 Hv 17/13b 17, und einen Vorgang erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Guelai B***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, AZ 31 Hv 17/13b des Landesgerichts Salzburg, verletzen die Durchführung der Hauptverhandlung und die Fällung des Urteils am (ON 17) in Abwesenheit des Angeklagten § 427 Abs 1 StPO.

Dieses Urteil wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 31 Hv 17/13b 17, wurde Guelai B***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er sich im September 2012 in S***** und an anderen Orten ein Gut, das ihm anvertraut worden war, nämlich einen leasingfinanzierten, im Vorbehaltseigentum der M***** GmbH stehenden Personenkraftwagen im Wert von über 3.000 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet hat, indem er das Fahrzeug trotz Vertragsauflösung und Einstellung der Ratenzahlungen in Unkenntnis der Leasinggeberin nach Deutschland und Frankreich verbrachte und nicht zurückstellte.

Die Durchführung der Hauptverhandlung und die Fällung des Urteils erfolgten in Abwesenheit des Angeklagten (ON 16), der in Kenntnis des Termins (ON 1 S 5 ff und ON 11) nicht erschienen war.

Im Zuge der aufgrund einer Anzeige der M***** GmbH von der Landespolizeidirektion Salzburg durchgeführten Erhebungen war Guelai B***** am von Beamten der Polizeiinspektion H***** telefonisch zum Verbleib des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs befragt worden und hatte dazu angegeben, dieses aufgrund erfolgter Bezahlung sämtlicher Leasingraten nicht zurückstellen und auch einer Ladung zur Vernehmung nicht Folge leisten zu wollen.

Der Inhalt des Telefonats wurde in einem Amtsvermerk zusammenfassend festgehalten (ON 2 S 7 und 15). Dass der Beschuldigte vor Beginn der telefonischen Befragung im Sinn des § 164 StPO belehrt und informiert worden wäre, lässt sich dem Vermerk ebenso wenig entnehmen wie die Art der Fragestellung.

Eine förmliche Vernehmung zur Sache (§§ 164, 165 StPO) fand auch in weiterer Folge nicht statt (ON 2 S 7).

Das Abwesenheitsurteil wurde Guelai B***** am eigenhändig zugestellt (vgl den internationalen Rückschein ON 17 S 6 verso). Mit Beschluss vom , AZ 9 Bs 5/14w, wies das Oberlandesgericht Linz seinen dagegen erhobenen Einspruch (§ 427 Abs 3 StPO) sowie die unter einem ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (ON 18) als verspätet zurück.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, stehen die Durchführung der Hauptverhandlung und die Urteilsfällung in Abwesenheit des Angeklagten mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Dies setzt nämlich nach § 427 Abs 1 erster Satz StPO unter anderem den durch Art 6 MRK auf Verfassungsebene gehobenen Grundsatz des beiderseitigen Gehörs Rechnung tragend zwingend voraus, dass der Angeklagte bereits gemäß §§ 164 oder 165 StPO zum Anklagevorwurf vernommen wurde ( Bauer/Jerabek , WK StPO § 427 Rz 8), was vorliegend unterblieben ist.

Neben einer regelmäßig vorzunehmenden schriftlichen Ladung (§ 153 Abs 2 StPO) und der Aufnahme eines bei Suggestivfragen sogar wörtlich zu führenden (§ 164 Abs 4 vierter Satz StPO) Protokolls ( Fabrizy , StPO 11 § 96 Rz 1 und § 164 Rz 13) erfordert eine förmliche Vernehmung (§ 151 Z 2 StPO) eines Beschuldigten nämlich dessen vorhergehende Information über den Tatvorwurf, über die Berechtigung, sich zur Sache zu äußern oder nicht auszusagen und sich zuvor mit einem Verteidiger zu beraten oder einen Verteidiger beizuziehen, sowie über den Umstand, dass eine Aussage seiner Verteidigung dienen, aber auch als Beweis gegen ihn Verwendung finden könne (§ 164 Abs 1 und Abs 2 StPO).

Eine wie hier nach dem Akteninhalt ausschließlich erfolgte bloß informative Befragung ohne Belehrung über die entsprechenden Rechte und Pflichten als Beschuldigter stellt demgegenüber bloß eine Erkundigung im Sinn des § 152 Z 1 StPO dar (17 Os 9/13x; Koller in Schmölzer/Mühlbacher , StPO 11 § 152 Rz 2), deren Ergebnis in einem Amtsvermerk festzuhalten ist (§ 152 Abs 3 StPO).

Diese Gesetzesverletzung gereichte dem Angeklagten zum Nachteil, sodass sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 31 Hv 17/13b 17, aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg zu verweisen.

Einer förmlichen Aufhebung (auch) des von dem zu kassierenden Urteil rechtslogisch abhängigen Beschlusses des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , AZ 9 Bs 5/14w, bedarf es nicht (RIS-Justiz RS0100444; Ratz , WK-StPO § 292 Rz 28).