OGH vom 04.09.2002, 9ObA187/02v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Helmut Szongott und Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter S*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 38.673,70 (= ATS 532.161,75) sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 16/02d-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 46 Cga 59/01d-17, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Ersturteil mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass es zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen EUR 38.673,70 (= ATS 532.161,75) brutto sA samt 10,25 % Zinsen seit zu zahlen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger an anteiligen
Barauslagen EUR 450,64 (= ATS 6.201,--) sowie dem Östereichischen
Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, EUR 210,75 (=
ATS 2.900,--) als Aufwandersatz gemäß § 58a ASGG jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, den mit EUR 310,-- bestimmten Aufwandsersatz nach § 58a ASGG für das Berufungsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.885,92 (darin EUR 293,82 USt und EUR 2.123 Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war ab als Angestellter bei der beklagten Partei beschäftigt, bis er - nach einem seit andauernden Krankenstand - mit Ablauf des als Folge einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurde. Auf das zwischen den Streitteilen begründete Dienstverhältnis sind die Bestimmungen der DO.A anzuwenden. Ab 1994 war der Kläger überwiegend im Außendienst eingesetzt, vor dem zuletzt mit dem Arbeitsbereich "Gesundheitsförderung/Aufklärung" sowie mit der Abhaltung von Sprechtagen vor Ort betraut. Auf Grund seiner damaligen Tätigkeit war er in die Gehaltsgruppe D Dienstklasse II Z 9.6. iVm Z 9.8 eingestuft. Mit Wirksamkeit ab dem wurde er überdies dem Arbeitsbereich
"Unfallverhütungsdienst/Sicherheitsberatung" zugeteilt. Seine zu dieser Zeit bestehende Einstufung blieb aber bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses unverändert.
Der Kläger begehrt zuletzt den Betrag von brutto S 532.161,75 sA mit der wesentlichen Begründung, dass er seit in einem im Sinne des § 36 Abs 2 DO.A erheblichen Ausmaß dem Arbeitsbereich der Unfallverhütung sowie der Sicherheitsberatung zuzurechnende Tätigkeiten verrichtet habe, sodass er gemäß den Bestimmungen der DO.A in die Gehaltsgruppe E Dienstklasse III Z 7.3 einzureihen gewesen wäre; ungeachtet dieser von ihm in einem erheblichen Ausmaß verrichteten höherwertigen Tätigkeit habe die beklagte Partei jedoch zu Unrecht die niedrigere Einstufung beibehalten. Überdies habe die Beklagte für die Zeit von August 2000 bis einschließlich Jänner 2001 eine ihm ungeachtet seines Krankenstandes weiterhin gebührende Außendienstzulage vorenthalten und diese zu Unrecht weder bei der Ermittlung der dem Kläger zustehenden Abfertigung noch bei der Festsetzung der ihm gebührenden Urlaubsentschädigung berücksichtigt; wegen der zu niedrigen Einstufung habe die beklagte Partei dem Kläger auch Überstundenentgelt vorenthalten. Die Gehaltsdifferenz von Februar 1998 bis einschließlich Jänner 2001, die Überstundenentgeltdifferenz aus unrichtiger Einstufung, die vorenthaltene Außendienstzulage bis einschließlich Jänner 2001, die Abfertigungsdifferenz aus unrichtiger Einstufung und die Nichtberücksichtigung der Außendienstzulage sowie die Urlaubsentschädigungsdifferenz (aus unrichtiger Einstufung und Nichtberücksichtigung der Außendienstzulage) ergebe den begehrten Bruttobetrag.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und hielt diesem im Wesentlichen entgegen, dass der Kläger zutreffend in Gehaltsgruppe D II Z 9.6 iVm Z 9.8 eingereiht gewesen sei. Eine Einreihung als fachkundiges Organ des Unfallverhütungsdienstes habe unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 37 DO.A nicht erfolgen können. Die DO.A lege als Kollektivvertrag und Einstufungsnorm die ausschließlichen - keine Analogieschlüsse erlaubenden - Voraussetzungen für die Einreihung in eine bestimmte Gehaltsgruppe und Dienstklasse fest. Zwar sei der Kläger ab dem auch mit Aufgaben des Unfallverhütungsdienstes und der Sicherheitsberatung betraut gewesen, doch sei er ausdrücklich angewiesen worden, dass diese Dienstverrichtung ein erhebliches Ausmaß im Sinn des § 36 Abs 2 DO.A nicht erreichen und daher zu keiner Änderung der Einreihung führen dürfen. Ab dem habe der Kläger Agenden des Unfallverhütungsdienstes und der Sicherheitsberatung lediglich in einem so unerheblichen Ausmaß verrichtet, dass die bisherige Einstufung beizubehalten gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zusätzlich zum unstrittigen Sachverhalt traf es im Wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Die Unfallsverhütung ist in den Regionalbüros der beklagten Partei speziell geschulten und in dafür vorgesehenen Dienstposten eingesetzten Sicherheitsberatern zugeteilt. Im Regionalbüro der beklagten Partei in Tirol bekleidet Ing. Adolf H***** seit den einzig vorgesehenen Dienstposten eines fachkundigen Organs des Unfallverhütungsdienstes/Sicherheitsberaters. De facto standen diesem aber während zumindest der letzten 10 Jahre nahezu regelmäßig weitere Mitarbeiter des Regionalbüros, welches zudem andere Arbeitsbereiche abzudecken hat, bei der Bearbeitung von Unfallverhütungs- und Sicherheitsbelangen zur Seite. Ende 1996/Anfang 1997 wurde überdies von Seiten der beklagten Partei die bundesweite Einführung und Umsetzung eines neuen Projektes mit der Bezeichnung "Aktion Kindersicherheit am Bauernhof" beschlossen. Demnach sollten insbesondere die Wochengeld oder Teilzeitbeihilfe beziehenden Voll- und Nebenerwerbsbäuerinnen über das Thema Kindersicherheit im bäuerlichen Haushalt und im Betrieb informiert, auf bezügliche Gefahrenquellen für ihre Kinder hingewiesen und allgemein eine Verbesserung des Kindersicherheitsstandards erzielt werden. Diese Beratung konnte aber vom schon bestehenden Beratungsbereich betreffend Betriebssicherheit nicht abgegrenzt werden, zumal speziell in bäuerlichen Betrieben Haushalt und Betrieb kaum zu trennen sind. Der einzige Sicherheitsberater, Ing. H*****, war Anfang 1997 mit Unfallverhütungsbelangen mehr als ausgelastet. Es wurde deshalb der Kläger, welcher damals auch Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrates war, dafür vorgesehen, zusätzlich zu den ihm bisher übertragenen Aufgaben der Gesundheitsförderung/Aufklärung mit beratender und unterstützender Hilfe Ing. H***** die Aktion "Kindersicherheit am Bauernhof" für den Raum Tirol zu übernehmen und umzusetzen, den Sicherheitsberater aber auch seinerseits im Unfallverhütungsdienst, bezüglich Unfallerhebungen etc zu entlasten. Gleichzeitig wurde er von seiner Sprechtagstätigkeit entbunden. Mit Schreiben vom erhielt der Kläger folgende Dienstzuteilung:
"Sie werden mit Wirksamkeit ab bis auf weiteres dem Aufgabengebiet "Unfallverhütungsdienst/Sicherheitsberatung" zugeteilt, wobei diese Dienstverrichtung in einem nicht erheblichen Ausmaß (§ 36 Abs 2 DO.A) erfolgt und daher zu keiner Änderung der Einreihung (§ 37 Abs 1 DO.A) führt ...". Dem Kläger waren sowohl die Bestimmungen der DO.A wie der Umstand bekannt, dass Dienstverrichtungen in einem nicht erheblichen Ausmaß solche von weniger als 30 % seines gesamten Arbeitsaufwandes waren. Der Kläger nahm seinen neuen Arbeitsbereich in Angriff, erarbeitete zusammen mit Ing. H***** ein Konzept für die regionale Kindersicherheitsaktion, wurde vom Sicherheitsberater vor Ort in den bäuerlichen Betrieben in Sicherheitsbelangen eingeschult und auf Sicherheitsberatern vorbehaltene Schulungen entsandt. Die Haushalts- und Betriebssicherheitsberatungen vor Ort wurden an Hand einer am Beklagtensitz in Wien erstellten Checkliste, welche in der Folge, auf den Regionalbereich Tirol bezogen, von Ing. H***** und dem Kläger noch weiter ergänzt wurde, vorgenommen. Nachdem eine anfänglich geplante Beratungsgutscheinaktion nicht funktioniert hatte, erfolgte noch 1997 eine Umstellung des Systems dahin, dass dem Kläger die Wochengeld bzw Teilzeitbeihilfe beziehenden Bäuerinnen ständig gemeldet wurden und er mit diesen Beratungstermine vereinbarte. Ing. H***** und der Kläger hatten in ihrer Arbeitsgestaltung im Wesentlichen freie Hand. Schon im Verlaufe des Jahres 1997 kristallisierte sich eine bis März 2000 beibehaltene Arbeitsaufteilung dahin heraus, dass der Kläger, in den Betrieben, die er im Rahmen der Aktion "Kindersicherheit am Bauernhof" aufsuchte, auch die Haushalts- und Betriebssicherheitsberatung vornahm, d.h. hinsichtlich dieser Höfe in sämtlichen Belangen des fachkundigen Unfallverhütungsdienstes Ing. H***** ersetzte. Darüber hinaus übernahm der Kläger aber auch ausschließliche Betriebssicherheitsberatungen, Unfallerhe- bungen etc. Auf diese Weise konnte die Anzahl und Frequenz der Sicherheitsberatungen im Vergleich zu der Zeit, in der Ing. H***** allein gearbeitet hatte, deutlich erhöht werden. Die Betriebssicherheitsberatung/Unfallverhütung durch geschulte Dienstnehmer der Beklagten umfasst unter anderem nachstehend aufgezählte Tätigkeiten:
Unfallerhebungen nach Arbeitsunfällen, präventive Betriebssicherheitsüberprüfungen durch Begehen des landwirtschaftlichen Betriebes, der Tennen, Stallungen, Überprüfung der landwirtschaftlichen Maschinen, der elektrischen Anlagen, der Siloverriegelungen, Güllegrubenabdeckungen, des Vorhandenseins von Warnschildern etc; das Aufzeigen von Gefahrenquellen, wie etwa fehlender Abdeckungen oder Warnschilder, fehlender Handläufe an Treppen, frei hängender oder schlecht abgesicherter Elektrokabel, fehlender Schutzeinrichtungen an den Gelenkswellen landwirtschaftlicher Maschinen sowie entsprechende Verbesserungsvorschläge; die Anfertigung eines Protokolls über Gefahrenquellen und mögliche Verbesserungsmaßnahmen, welches vor Ort vom Sicherheitsberater und dem Landwirt unterfertigt werden; die Vereinbarung eines nach angemessener Zeit stattfindenden Nachberatungstermins zum Zweck der Überprüfung der mittlerweile erwarteten Beseitigung der Gefahrenquellen sowie die Durchführung dieser Nachberatungstermine; die Vergabe von Sicherheitsplaketten an in Sachen Betriebssicherheit vorbildliche Höfe; die regelmäßige Sicherheitsüberprüfung auch derartiger "Plakettenbetriebe"; Vorträge und Kurse in landwirtschaftlichen Fachschulen und vor anderen Gremien; Öffentlichkeitsarbeit im weiteren Sinn wie etwa über Medien und auf Messen. Für jeden Hof, an dem eine Betriebssicherheitsberatung vorgenommen worden war, legten Ing. H***** oder der Kläger einen eigenen Akt an bzw komplettierten einen schon angelegten Akt.
Bis zur krankheitsbedingten faktischen Arbeitseinstellung per zählten noch folgende Agenden der Gesundheitsförderung/Aufklärung zum Tätigkeitsbereich des Klägers:
Planung und Organisation von und Teilnahme an ca einmal jährlich in Tirol oder in einem anderen Bundesland stattfindenden "Gesundheits- und Aktivwochen" für Bauern und Bäuerinnen zum Zwecke der Fortbildung und Erholung, die Zusendung von Broschüren mit vorsorgemedizinischen Inhalten, die Planung, Organisation und Teilnahme an vereinzelt stattfindenden Gesundheitstagen, die Zusendung von Informationen über diverse Seminare in Tirol und anderen Bundesländern an unterschiedliche Interessentenkreise (zB schwer erkrankte oder gebrechliche Familienangehörige pflegende Personen), die Vorbereitung und Abhaltung von Vorträgen zum Thema Gesundheitsförderung, in diesem Zusammenhang auch Vorträge im Rahmen der Aktion "Seniorensicherheit", Öffentlichkeitsarbeit durch Einschalten in die Medien und mediale Bekanntmachungen der diversen Gesundheitsförderungsaktivitäten und -seminarangebote der beklagten Partei. Der Kläger hatte ab bis zur faktischen Arbeitseinstellung - von Zeiten des Seminar- und Messebesuches abgesehen - regelmäßig am Montag und Freitag Innendienst, von Dienstag bis Donnerstag Außendienst zu versehen. Diese Außendienste dienten überwiegend den Haushalts- und Betriebsberatungen auf Höfen vor Ort. Das Vortragswesen zum Thema "Kindersicherheit" nahm zufolge erst langsam steigenden Interesses an diesem Thema dabei eine zeitlich deutlich untergeordnete Rolle ein. Der Kläger erstellte die ihm von der beklagten Partei abverlangten Wochenpläne, welche vom leitenden Direktor des Regionalbüros bzw vom Dienststellenleiter bindend gegengezeichnet wurden. Sämtliche Wochenberichte des Klägers wurden von den Vorgesetzten, die an Hand der detaillierten Terminplanung genau über die Art der vom Kläger verrichteten Außendiensttätigkeiten ins Bild gesetzt waren und im Groben auch erkennen konnten, welche Tätigkeiten auf Vortrags- und Informationswesen und welche auf Unfallerhebungen andererseits entfielen, anstandslos akzeptiert. Wäre der Kläger nicht erkrankt, hätte er bis zu seiner Pensionierung die Arbeiten in gleicher Weise weiter verrichtet wie zuletzt. Vom bis Ende 1999 verwendete der Kläger zumindest 30 % seines zeitlichen Gesamtarbeitsaufwandes für Betriebssicherheitsbelange und Unfallerhebungen, wie sie von fachkundigen Organen des Unfallverhütungsdienstes der beklagten Partei wahrzunehmen sind, bzw auf Sicherheitsschulungen, für Fortbildung in Sicherheitsbelangen. Er hatte nie eine Anweisung erhalten, seine Arbeits- und Fortbildungstätigkeiten in Sicherheits- insbesondere Betriebssicherheitsbelangen zu reduzieren und seine Arbeitskraft auf andere Tätigkeitsbereiche zu konzentrieren. Zu Jahresanfang 2000 erkannte der Kläger, dass er ständig weit mehr als die ursprünglich vorgesehene Sicherheitsberatungstätigkeit verrichtet hatte und dass ihm dafür eine finanzielle Abgeltung durch entsprechende Einstufung in die Gehaltsordnung der DO.A zustehe. Eine solche lehnte die beklagte Partei aber ab.
Ausgehend von diesen Feststellungen vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass der Kläger gemischte Tätigkeiten verrichtet habe, welche von der Einstufung in die Gehaltsgruppe D II allein nicht abgedeckt waren. Zufolge der Tatsache, dass der Kläger in den letzten zwei Jahren vor seiner faktischen Arbeitseinstellung zumindest 30 % seines zeitlichen Arbeitsaufwandes fortlaufend und regelmäßig mit Tätigkeiten verbracht habe, wie sie einem fachkundigen Organ des Unfallverhütungsdienstes der beklagten Partei entsprechen, sei § 36 Abs 2 DO.A anzuwenden, sodass der Kläger Anspruch auf eine höhere Einstufung, nämlich in die Gehaltsgruppe E III Z 7.3 habe. Es sei nicht richtig, dass der Kläger diese Tätigkeiten eigenmächtig ausgedehnt habe, zumal nicht hervorgekommen sei, dass er entweder in der Lage gewesen sei, von sich aus diese Tätigkeiten zu reduzieren und überdies der beklagten Partei auf Grund der Berichte der Umfang der Tätigkeiten des Klägers bekannt gewesen sein musste. (Die Erwägungen des Erstgerichtes zur Außendienstzulage bedürfen keiner weiteren Erörterung, weil die Beklagte in der Rechtsrüge ihrer Berufung dieser Beurteilung nicht mehr entgegentritt.)
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei dahin Folge, dass es das Urteil des Erstgerichtes aufhob und die Arbeitsrechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies. Es teilte grundsätzlich die Rechtsauffassung des Erstgerichtes dahin, dass der Kläger in einem erheblichen Ausmaß ständig höherwertige Tätigkeiten verrichtet habe und daher die Vorausetzungen des § 36 Abs 2 DO.A grundsätzlich zu bejahen seien. Neben dem Einreihungstatbestand der Tätigkeit kenne die DO.A aber auch Einreihungsnormen, die eine höhere Einstufung von der Erfüllung bestimmter Qualifikationen bzw vom Vorhandensein eines bestimmten Postens abhängig machen. Im vorliegenden Fall sei unklar, ob "fachkundige Organe" eine solche Qualifikation bedeuteten bzw eine höherwertige Einstufung selbst bei Erbringung dieser Qualifikation nur in Frage komme, wenn ein entsprechender Dienstposten frei sei. Um dies verlässlich beurteilen zu können, bedürfe es weiterer Feststellungen zur Besetzungspraxis durch die beklagte Partei und dazu, wie die Einreihungsbestimmung bisher angewendet worden sei.
Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil zur konkreten Einreihungsbestimmung "fachkundige Organe des Unfallverhütungsdienstes" der beklagten Partei noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes existiere.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wieder hergestellt werde. Die beklagte Partei beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Der Rekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Da die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung ausdrücklich zuerkennt, dass die Tätigkeit des Klägers eine höherwertige war und in erheblicherem Ausmaß ausgeübt wurde, als es seiner Einstufung entsprach, können sich die weiteren Erwägungen darauf konzentrieren, ob hier die DO.A weitere Voraussetzungen für die Einstufung in die höhere Verwendungsgruppe ausdrücklich festlegt, die durch die erheblich höherwertige Tätigkeit allein nicht ersetzt werden können (RIS-Justiz RS0054625). Solche zusätzlichen Einstufungskriterien sind beispielsweise das Vorhandensein einer bestimmten Fachprüfung (Arb 9510), eines ausdrücklich verlangten Hochschulstudiums (8 ObA 302/94) oder aber, soweit es sich um Leiter- oder Leiterstellvetreterfunktionen handelt, das Bestehen einer entsprechenden Organisationseinheit (14 Ob 2/86; 9 ObA 206/93; 9 ObA 343/93; zuletzt 9 ObA 324/00p). Die vom Kläger angestrebte Einstufungsnorm E/III Z 7 lautet: "7. Fachkundige Organe: 7.1. des Unfallverhütungsdienstes der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, d. s. Angestellte, denen die Unfallverhütung im Sinne des ASVG übertragen ist; 7.2. des Unfallverhütungsdienstes der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen; 7.3. des Unfallverhütungsdienstes der Sozialversicherungsanstalt der Bauern."
Die DO.A unterliegt als Kollektivvertrag den Auslegungsregeln der §§ 6, 7 ABGB. Da die Normadressaten, denen nur der Text des Kollektivvertrages zur Verfügung steht, die Vorstellungen, welche die Kollektivvertragsparteien beim Abschluss vom Inhalt der Normen besessen haben, weder kennen noch feststellen können, müssen sie sich darauf verlassen können, dass die Absicht der Parteien in erkennbarer Weise im Vertragstext ihren Niederschlag gefunden hat (stRsp RIS-Justiz RS0008807; insbesondere WBl 1990, 214). Damit kann es - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes - weder auf die Vorstellungen der beklagten Partei noch auf deren Besetzungspraxis während der letzten Jahre ankommen. Auch eine langdauernde Handhabung einer Kollektivvertragsbestimmung in einer bestimmten Form kann nämlich bei der Auslegung von Kollektivverträgen nicht herangezogen werden (9 ObA 214/88). Der Terminus "fachkundige Organe" ist dem ASVG entnommen, welches schon in seiner Urfassung (BGBl 189/1955) in seinem § 187 Abs 1 davon spricht, dass die "Träger der Unfallversicherung einen Unfallverhütungsdienst einzurichten und die erforderlichen fachkundigen Organe zu bestellen haben". Die Aufnahme der Unfallverhütungsbestimmungen (§§ 185 ff) sollte den Versicherungsträgern die rechtliche Möglichkeit geben, auf dem Gebiet der Unfallverhütung entsprechend tätig werden zu können. Auch sollten diese Bestimmungen keinen Widerspruch zu bestehenden einschlägigen Vorschriften, wie etwa dem Arbeitsinspektionsgesetz, darstellen (ErlBem RV zu 599 der BlgNR VII. GP, S 65). Weder in den Materialien noch anderswo wurde der Begriff des "fachkundigen Organs" näher beschrieben.
Gemäß § 148m Abs 1 BSVG hat der Versicherungsträger eine Sicherheitsberatung einzurichten und die erforderlichen fachkundigen Organe zu bestellen. Gemäß Abs 2 leg cit sind die fachkundigen Organe (Sicherheitsberater) des Versicherungsträgers berechtigt, die Betriebe zu betreten und zu besichtigen, sowie alle erforderlichen Auskünfte einzuholen. Der Betriebsführer oder sein Beauftragter sind berechtigt und auf Verlangen des fachkundigen Organes verpflichtet, an der Betriebsbesichtigung teilzunehmen. Diese mit BGBl I 140/1998 in das BSVG eingeführten Unfallverhütungsbestimmungen sind im Wesentlichen Rezeptionen von ASVG-Bestimmungen, wobei § 148m BSVG mit § 187 Abs 2 ASVG korrespondiert. Um die Unterstützungs- und Beratungssituation bei der Aufgabe Unfallverhütung in den Vordergrund zu rücken, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers die bisherige Bezeichnung "Unfallverhütungsdienst" durch "Sicherheitsberatung" ersetzt werden. Diese Bezeichnungsänderung ist nach den Materialien auch deshalb angebracht, weil die für die Aufgabe Unfallverhütung vorgesehene Einrichtung im Gegensatz zur Land- und Forstwirtschaftsinspektion keinerlei eigenständige behördliche Kompetenzen ausüben kann (ErlBem RV 1236 der BlgNR XX. GP). Die Bezeichnung "fachkundige Organe" der DO.A nimmt daher konkreten Bezug auf idente Bestimmungen des ASVG bzw des BSVG, ohne diesem Begriff eine speziellere oder weitergehende Bedeutung zu verleihen. Insbesondere kann nicht erschlossen werden, dass für die Einstufung als "fachkundiges Organ" über die schon für die Einstufung in die Gehaltsgruppe D vorausgesetzten Dienstprüfungen hinausgehende Fachprüfungen erforderlich sind. Wenngleich sowohl dem Gesetzgeber des ASVG bzw des BSVG als auch den Kollektivvertragsparteien unterstellt werden kann, dass "fachkundige Organe" kein leerer Begriff sein sollte, ist aber nicht darauf zu schließen, dass damit eine Ausbildung gemeint ist, die über eine den Sozialversicherungsträgern selbst mögliche Einschulung hinausgeht. Sehr deutlich kommt dies etwa in dem schon erwähnten Punkt 7.1 zum Ausdruck, wo fachkundige Organe des Unfallverhütungsdienstes der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt als Angestellte, denen die Unfallverhütung im Sinn des ASVG übertragen ist, definiert sind. Da der Kläger von der beklagten Partei einschlägig eingesetzt wurde und theoretische und praktische Schulungen über sich ergehen ließ, darf angenommen werden, dass er über die für die höherwertige Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse verfügte.
Würde man das Vorhandensein eines Planpostens als unabdingbare Voraussetzung für eine Einreihung wegen einer in erheblichem Ausmaß ausgeübten höherwertigen Tätigkeit sehen, wäre der Bestimmung des § 36 Abs 2 DO.A wohl der Boden entzogen. Eines bestimmten Postens und des Akts der Bestellung bedarf es vielmehr dort, wo es um den Leiter bzw den stellvertretenden Leiter einer Organisationseinheit geht (siehe dazu die als einvernehmliche Auslegung durch die Kollektivvertragspartner geltenden Erläuterungen zu § 37 Abs 1 DO.A, Z 2.). Die Funktion eines fachkundigen Organs der Sicherheitsberatung steht aber in keinem zwingenden Zusammenhang mit einer Leiterfunktion, sondern stellt nur eine fachspezifische Tätigkeit dar.
Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes war daher nur mehr eine Rechtsfrage zu lösen, deren Beantwortung von einer Auslegung im Sinne der §§ 6, 7 ABGB abhängt, welche aber nicht durch die Feststellung einer bestimmten Anwendungspraxis gewonnen werden kann.
Damit erweist sich die Rechtssache als im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes entscheidungsreif.
Gemäß § 3 Abs 2 Z 2 Euro-Gesetz war der vom Erstgericht in Schilling zuerkannte Klagebetrag in Euro auszudrücken. Dasselbe gilt für die Kostenentscheidung, wobei überdies zu berücksichtigen war, dass gemäß § 58a Abs 1 nicht die Partei, sondern die Interessenvertretung den Anspruch auf pauschalierten Aufwandersatz hat.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58a Abs 1, 4 ASGG iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.