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OGH vom 26.04.1995, 9ObA48/95

OGH vom 26.04.1995, 9ObA48/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Prohaska und Dr.Gerhard Dengscherz in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter M***** vertreten durch Dr.Charlotte Böhm, Dr.Christine Fädler und Dr.Erika Furgler, Rechtsanwältinnen in Wien, wider die beklagte Partei ***** S*****, vertreten durch Dr.Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 85.842,- S brutto und Ausstellung eines Dienstzeugnisses und 16.800,- S netto (Widerklage - Streitwert im Revisionsverfahren 85.842,- S brutto), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 32 Ra 68/94-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 8 Cga 188/93m-14, bestätigt wurde,

1.) den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung richtet, zurückgewiesen.

2.) zu Recht erkannt

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.605 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.767,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger leitete das erhobene Zahlungsbegehren ursprünglich aus seiner Behauptung ab, er sei als Angestellter bei der beklagten Partei beschäftigt gewesen. Im weiteren machte er geltend, daß er auch dann, wenn er nicht Dienstnehmer gewesen sein sollte, aufgrund seiner dienstnehmerähnlichen Stellung Anspruch auf angemessenes Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB habe; das erhobene Begehren werde auch auf diesen Rechtstitel gestützt, weil die an ihn erbrachten Leistungen unter dem angemessenen Entgelt gelegen seien.

Ausgehend von der getroffenen Feststellung sind die Vorinstanzen zum Ergebnis gelangt, daß der Kläger nicht in einem Angestelltendienstverhältnis stand, sondern für die beklagte Partei als freier Handelsvertreter tätig gewesen sei. Die hiefür gegebene Begründung ist zutreffend, so daß es genügt, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Der Kläger bekämpft dies in der Revision auch nicht mehr. Die Ausführungen der Revision gründen sich dementsprechend nur mehr darauf, daß er nicht das angemessene Entgelt erhalten habe.

Rechtliche Beurteilung

Dienstnehmerähnlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, daß an sich ein

Dienstverhältnis nicht vorliegt, jedoch die Kriterien fremdbestimmter

Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben sind. Es handelt sich um

Personen, die eine Art Mittelstellung zwischen einem rechtlich und

wirtschaftlich unselbständigen Dienstnehmer und einem rechtlich und

wirtschaftlich selbständigen Unternehmer einnehmen. Sie sind trotz

rechtlich vorhandener Selbständigkeit wirtschaftlich unselbständig

(Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht4 147). Dienstnehmerähnlich sind

gemäß § 51 Abs 3 ASGG Personen, die, ohne in einem

Dienstverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter

anderer Personen Arbeit leisten und wegen ihrer wirtschaftlichen

Unselbständigkeit als dienstnehmerähnlich anzusehen sind. Die

Bedeutung der dienstnehmerähnlichen Person ist jedoch nicht auf das

Prozeßrecht beschränkt sondern reicht in das materielle Recht hinein

(Schwarz/Löschnigg aaO). So nehmen etwa § 1 Abs 2 Satz 2 DHG,

§ 2 Abs 2 lit b AuslB, § 2 Z 3 IESG auf die

dienstnehmer(arbeitnehmer)ähnliche Stellung Bezug und normieren die

Anwendung der für Dienstnehmer statuierten Bestimmungen auf die

dienstnehmerähnliche Person. § 1 Abs 4 KSchG räumt der

arbeitnehmerähnlichen Person einen negativen Stellenwert ein, indem

er anordnet, daß das erste Hauptstück der KSchG (das besondere

Bestimmungen für das sog Verbrauchergeschäft enthält) für Verträge,

die jemand als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person mit dem

Arbeitgeber abschließt, nicht gilt (siehe die Zusammenstellung bei

Wachter, Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person 199).

Arbeitnehmerähnliche Personen werden damit in gewissen

Angelegenheiten wie Arbeitnehmer behandelt (sa Spielbüchler in

Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht3 I 51). Die Frage, in

welchem Umfang arbeitsrechtliche Bestimmungen, die eine ausdrückliche

Anwendung auf arbeitnehmerähnliche Personen nicht vorsehen, auf

solche Vertragsverhältnisse analog anzuwenden sind, ist strittig

(siehe die Zusammenstellung bei Wachter, DRdA 1984, 405 ff [410

ff]). Die Anwendbarkeit des § 1152 ABGB wird von Wachter (aaO)

unter Berufung auf die Rechtsprechung bejaht. Eine Auseinandersetzung

mit dieser Frage ist aber hier entbehrlich, weil auch ausgehend von

der Anwendung des § 1152 ABGB für den Kläger nichts gewonnen wäre.

Nach dieser Bestimmung gilt dann, wenn im Vertrag kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen. Hieraus kann aber nach ständiger Rechtsprechung kein Anspruch auf ein bestimmtes Mindestentgelt abgeleitet werden: § 1152 ABGB ist nach seinem Wortlaut nur dann anwendbar, wenn der (Arbeits- oder Werk-) Vertrag selbst keine Entgeltvereinbarung enthält. Haben hingegen die Parteien eine Vereinbarung über die Höhe des (Arbeits- oder Werk-) Lohnes getroffen, dann sind sie an diese Abrede auch dann gebunden, wenn das solcherart vereinbarte Entgelt im Einzelfall nicht angemessen iS des § 1152 ABGB sein sollte (Arb 10.087 mwN). Eine solche Entgeltvereinbarung liegt aber hier vor; unstrittig wurde in dem der Tätigkeit des Klägers für die beklagte Partei zugrunde liegenden Vertrag vereinbart, daß die Leistungen des Klägers erfolgsabhängig in Form von Provisionen entgolten werden sollten. Für eine Anwendung des § 1152 ABGB bleibt daher kein Raum.

Weitere Provisionsansprüche leitet der Kläger daraus ab, daß er für

seine Betreuungstätigkeit Anspruch auf einen Teil der Provision habe,

die seinem Vorgänger ausgezahlt wurde und beruft sich dazu auf § 11

Abs 2 HVertrG. Dem ist vorerst entgegenzuhalten, daß das HVertrgG

1992 erst am in Kraft getreten ist (für bereits bestehende

Verträge blieben die früheren Bestimmungen darüber hinaus in Kraft),

so daß es auf das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht

anzuwenden ist, zumal der Kläger für die beklagte Partei nur in den

Jahren 1990 und 1991 tätig war. Wohl war auch in dem davor in Kraft

gestandenen HVG (dort in § 9) eine Provisionsteilungsregelung

vorgesehen, doch handelte es sich dabei (im übrigen ebenso wie

nunmehr bei § 11 Abs 2 HVertrG 1992) um dispositives Recht; die

Norm war unter den zwingenden Bestimmungen des Gesetzes (§ 28 HVG)

nicht genannt. Die Parteien konnten daher wirksam eine abweichende Vereinbarung treffen.

Die Revision ist daher, soweit sie gegen die Entscheidung über die Klageforderung wendet, nicht berechtigt.

Soweit mit der Revision die Entscheidung im Kostenpunkt bekämpft wurde, war das Rechtsmittel zurückzuweisen. Gemäß § 528 Abs 2 Z 3

ZPO ist die Anfechtung der Kostenentscheidung in dritter Instanz in jedem Fall ausgeschlossen.

Mit Beschluß des Berufungsgerichtes vom , 32 Ra 68/94 wurde das angefochtene Urteil durch den Ausspruch ergänzt, daß die Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage nicht zulässig sei. Die klagende Partei, die das berufungsgerichtliche Urteil ursprünglich auch hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage bekämpft hatte, gab nach Zustellung dieses Beschlusses die Erklärung ab, daß sie eine außerordentliche Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage nicht erhebe. Dieser Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes ist daher nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.