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VfGH vom 26.11.2013, B534/2013

VfGH vom 26.11.2013, B534/2013

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Löschungsantrags des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Wortmarke und Stattgabe des Löschungsbegehrens der Inhaberin prioritätsälterer Marken

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung des Obersten Patent- und Markensenats weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer erwarb mit Kaufvertrag vom den seit 1559 bestehenden Konditorei- und Kaffeehausbetrieb der Familie Kastner in Bad Leonfelden samt den Rechten an der nicht registrierten Wortbildmarke "Konditorei Kastner seit 1559" in Form eines roten Logos mit der genannten Aufschrift.

Am ließ der Beschwerdeführer drei verschiedene Markendarstellungen der oben genannten Wortbildmarke registrieren: Die Wortbildmarke Nr 249 783 mit heller Schrift auf ovalem roten Hintergrund, die Wortbildmarke Nr 249 782 sowie die Wortbildmarke Nr 249 781 mit jeweils schwarzer Schrift auf weißem Hintergrund. Alle Wortbildmarken enthalten die oben zitierte Aufschrift, wobei der im Bild jeweils mittig angeordnete Name "Kastner" auf Grund der Verwendung von Großbuchstaben und einer größeren Schrift besonders hervorsticht. Die Wortbildmarken werden jeweils durch die Darstellung einer Lilie mit drei nach unten weisenden Blüten ergänzt. Alle drei Wortbildmarken sind für Waren der Klassen 29 (konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, usw.) und 30 (feine Backwaren und Konditorwaren, usw.) sowie für Dienstleistungen der Klasse 43 (Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen, Betrieb von Kaffeehäusern und Konditoreien) eingetragen.

2. Die von der Familie Kastner ebenfalls im Jahr 1559 gegründete und ursprünglich gemeinsam mit der Konditorei geführte Lebzelterei wird mittlerweile von der Franz Kastner GmbH betrieben.

Sie ist Inhaberin der Wortmarke Nr 247 464 "Kastner", welche mit Priorität vom für Waren der Klassen 29 und 30 sowie für Dienstleistungen der Klasse 43 geschützt ist. Die Franz Kastner GmbH ist weiters Inhaberin der Wortbildmarke Nr 166 622 mit weißer Schrift auf rechteckigem schwarzen Hintergrund mit der Aufschrift "Kastner seit 1559"; hinsichtlich der Verwendung einer größeren Schrift, der Schriftart und der zentralen Anordnung des Namens "Kastner" stimmt die Wortbildmarke mit den Wortbildmarken des Beschwerdeführers überein, ebenso wird die Wortbildmarke durch die Darstellung einer Lilie jedoch mit drei nach oben weisenden Blüten ergänzt. Diese Wortbildmarke wurde mit Priorität vom für die Waren der Klasse 30 (in Schokolade getunkte und mit Kokos bestreute Waffelprodukte) sowie mit Priorität vom für Waren der Klasse 29 sowie für Dienstleistungen der Klasse 43 registriert. Schließlich ist die Franz Kastner GmbH Inhaberin der Wortbildmarke Nr 220 488 mit heller Schrift auf rechteckigem dunkelblauen Hintergrund mit der Aufschrift "Seit 1559 Franz Kastner Bad Leonfelden"; auch bei dieser Wortbildmarke sticht der Name "Kastner" auf Grund der Verwendung einer größeren mit den anderen Wortbildmarken übereinstimmenden Schriftart sowie von Großbuchstaben hervor, ebenso weist sie eine Lilie mit drei nach unten weisenden Blüten auf. Diese Wortbildmarke wurde mit Priorität vom für Waren der Klasse 30 und Dienstleistungen der Klasse 43 registriert.

3. Am beantragte die Franz Kastner GmbH, die Betreiberin der Lebzelterei, unter Berufung auf ihre prioritätsälteren Marken die Löschung der österreichischen Marken des Beschwerdeführers mit den Nummern 249 783, 249 782 und 249 781 gemäß § 30 Markenschutzgesetz 1970, BGBl 260 idF BGBl I 126/2009 (im Folgenden: MSchG). Ihren Löschungsantrag begründete die Franz Kastner GmbH damit, dass auf Grund der Ähnlichkeit der Marken sowie der Waren und Dienstleistungen Verwechslungsgefahr bestehe. Der Beschwerdeführer bestritt im Löschungsverfahren das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr, da die Marken insbesondere farblich unterschiedlich gestaltet seien. Außerdem sei er mit dem Kauf des Konditorei- und Kaffeehausbetriebes in die Kennzeichenrechte des Unternehmensinhabers eingetreten, weshalb er sich auf den qualifizierten Vorgebrauch der Unternehmenskennzeichen berufe.

Am begehrte der Beschwerdeführer die Löschung der Wortmarke Nr 247 464 gemäß §§33 iVm 4 Abs 1 Z 3 MSchG und begründete diese damit, dass es sich beim Namen "Kastner" um einen "Allerweltsnamen" handle, der als solcher nicht registrierbar sei. Es hätte für die Registrierung ein Verkehrsgeltungsnachweis erbracht werden müssen, was jedoch nicht erfolgt sei. Außerdem habe er den Konditorei- und Kaffeehausbetrieb samt allen mit dem Betrieb verbundenen Kennzeichenrechten erworben. Dieser Betrieb sei in Bad Leonfelden und der weiteren Umgebung unter dem Namen "Kastner" bekannt. Die Franz Kastner GmbH verwende die angegriffene Marke als unstatthaftes Mittel, um bewusst eine Verwechslungsgefahr mit dem vom Beschwerdeführer geführten Konditorei- und Kaffeehausbetrieb herbeizuführen und dadurch vom ausgezeichneten Ruf des Unternehmens des Beschwerdeführers zu profitieren.

4. Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes wies mit Entscheidung vom den Löschungsantrag des Beschwerdeführers ab, gab dem Löschungsantrag der Franz Kastner GmbH statt und löschte die angegriffenen Marken des Beschwerdeführers mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt ihrer Registrierung.

5. Der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde seitens des Obersten Patent- und Markensenats mit der nunmehr bekämpften Entscheidung vom keine Folge gegeben. Begründend führt der Oberste Patent- und Markensenat im Wesentlichen aus, dass die bessere Priorität der Marken der Franz Kastner GmbH außer Streit stehe. Auf Grund der Ähnlichkeit der Marken und Waren bzw. Dienstleistungen bestehe Verwechslungsgefahr iSd § 30 Abs 1 Z 2 MSchG. Daran ändere auch die unterschiedliche Farbgebung der Marken nichts, weil der durchschnittliche Konsument im geschäftlichen Verkehr bei den angefochtenen Marken den Eindruck gewinnen könne, dass lediglich Abwandlungen der Marken desselben Unternehmens vorlägen. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers unterschieden sich eine Konditorei und Lebzelterei nicht soweit, dass die angebotenen Waren und Dienstleistungen nicht ähnlich wären. Der Löschungsanspruch der Franz Kastner GmbH bestehe aus all diesen Gründen zu Recht.

Hinsichtlich des Löschungsantrages des Beschwerdeführers führt der Oberste Patent- und Markensenat aus, dass der Name "Kastner", wie von der Nichtigkeitsabteilung bereits festgestellt worden sei, im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend wirke und daher kennzeichnungskräftig sei. Auf § 31 Abs 1 MSchG könne der Beschwerdeführer sein Löschungsbegehren nicht nur wegen des mangelnden Verkehrsgeltungsnachweises der Marke im gesamten Bundesgebiet nicht stützen, sondern auch wegen der Tatsache, dass beide Streitteile Rechtsnachfolger desselben Unternehmens seien, welches seit 1559 in Bad Leonfelden Backwaren herstelle. Daraus ergebe sich ein gleich weit in die Vergangenheit zurückreichender Vorgebrauch.

Unbestritten sei jedoch, dass der Beschwerdeführer berechtigt sei, die schon bisher verwendeten Unternehmenskennzeichen auf Grund der von ihm mittels Kaufvertrag erworbenen Rechte an der angegriffenen Wortbildmarke weiter zu gebrauchen.

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

7. Der Oberste Patent- und Markensenat legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Rechtslage

Die im Löschungsverfahren beteiligten Streitteile haben ihre Löschungsanträge auf folgende – im vorliegenden Fall daher maßgeblichen – Bestimmungen des MSchG gestützt:

1. Die Franz Kastner GmbH stützte ihr Löschungsbegehren auf § 30 Abs 1 MSchG, der lautet wie folgt:

"§30. (1) Der Inhaber einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke kann die Löschung einer Marke begehren, sofern entweder

1. die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich sind, oder

2. die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde."

2. Der Beschwerdeführer stützte sein Löschungsbegehren auf § 31 Abs 1 MSchG. Dieser lautet:

"§31. (1) Die Löschung einer Marke kann begehren, wer nachweist, daß das von ihm für dieselben oder für ähnliche Waren oder Dienstleistungen geführte nichtregistrierte Zeichen bereits zur Zeit der Anmeldung der angefochtenen, seinem nichtregistrierten Zeichen gleichen oder ähnlichen Marke innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen der Waren oder Dienstleistungen seines Unternehmens gegolten hat, es sei denn, die Marke wurde vom Markeninhaber mindestens ebenso lange unregistriert geführt, wie vom Unternehmen des Antragstellers."

3. Als weitere Rechtsgrundlage für sein Löschungsbegehren machte der Beschwerdeführer die §§33 Abs 1 iVm 4 Abs 1 Z 3 geltend. Diese lauten:

"§33. (1) Aus einem von Amts wegen wahrzunehmenden Grund kann die Löschung einer Marke von jedermann begehrt werden."

" § 4. (1) Von der Registrierung ausgeschlossen sind Zeichen, die

[…]

3. keine Unterscheidungskraft haben; […]"

III. Erwägungen

1. Der Beschwerdeführer macht die Verletzung seines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend, weil die belangte Behörde bei der Erlassung ihrer Entscheidung verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlagen in denkunmöglicher und unionsrechtswidriger Weise angewendet habe. Dies deshalb, weil die Ansicht der Behörde, dass der Familienname "Kastner" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend wirke und daher kennzeichnungskräftig sei, denkunmöglich sei. Außerdem handle es sich bei dem vom Obersten Patent- und Markensenat geforderten Nachweis, dass sich die Verwendung des Unternehmenskennzeichens und dessen Verkehrsgeltung auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken müsse, um einen qualifizierten Vorgebrauch geltend machen zu können, ebenfalls um eine denkunmögliche Auslegung des Gesetzes. Eine Marke sei vielmehr auch dann eintragungsfähig, wenn sie lediglich regional verwendet werde. Die vom Obersten Patent- und Markensenat diesbezüglich vertretene Ansicht widerspreche darüber hinaus Art 111 der Verordnung (EG) Nr 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke, Abl. 2009 L 78, 1 (im Folgenden: GemeinschaftsmarkenVO).

Die Entscheidung greife daher massiv in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums ein.

2. Eine Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen behauptet weder der Beschwerdeführer, noch entstanden dem Verfassungsgerichtshof – aus der Sicht der Beschwerdesache – gegen diese verfassungsrechtliche Bedenken. Der Beschwerdeführer könnte im Eigentumsrecht also nur verletzt sein, wenn dem Obersten Patent- und Markensenat eine – der Gesetzlosigkeit gleichzuhaltende – denkunmögliche Rechtsanwendung zur Last fiele.

Dies ist jedoch nicht der Fall:

Die Beschwerdeausführungen richten sich gegen die vom Obersten Patent- und Markensenat gewählten Auslegungen des MSchG. Diese Auslegungen verstoßen jedoch in keiner Weise gegen die Gesetze des logischen Denkens. Der Oberste Patent- und Markensenat legt nachvollziehbar dar, dass der Löschungsantrag des Beschwerdeführers auf Grundlage des § 31 Abs 1 MSchG schon deshalb scheitern musste, weil sowohl der Beschwerdeführer als auch die Franz Kastner GmbH ihre Rechte vom selben Unternehmen ableiteten und daher die Franz Kastner GmbH den Namen "Kastner" ebenso lang führe wie das Unternehmen des Beschwerdeführers.

Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob ein Verkehrsgeltungsnachweis iSd § 31 Abs 1 MSchG für das gesamte Bundesgebiet erbracht werden müsste oder ob – wie vom Beschwerdeführer u.a. mit Hinweis auf Art 111 der GemeinschaftsmarkenVO behauptet wird – bereits eine regionale Verkehrsgeltung den qualifizierten Vorgebrauch begründen würde.

Auch die Feststellung, dass der Name "Kastner" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend wirke und daher kennzeichnungskräftig sei, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. So beruft sich der Beschwerdeführer selbst auf die Unterscheidungskraft des Namens "Kastner" im Hinblick auf den von ihm geführten Konditorei- und Kaffeehausbetrieb. Dass (nunmehr) zwei Unternehmen unter dem Namen "Kastner" gleiche oder ähnliche Waren und Dienstleistungen anbieten, vermag am Vorliegen der Kennzeichnungskraft des Namens "Kastner" nichts zu ändern. Wie der Oberste Patent- und Markensenat in seiner Gegenschrift unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des EuGH zu Recht feststellt, kann dadurch die Eignung des Namens "Kastner" – jedenfalls nicht in Bezug auf bloß eines der beiden Unternehmen – nicht beseitigt werden, Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen.

Eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung vermag der Beschwerdeführer in seinen Darlegungen daher nicht aufzuzeigen.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Ob die angefochtene Entscheidung in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde – wie im vorliegenden Fall – gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.