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OGH vom 30.06.2022, 9ObA47/22k

OGH vom 30.06.2022, 9ObA47/22k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Veronika Bogojevic (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D* M*, vertreten durch Dr. Christian Puchner und Mag. Martin Streitmayer, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei S*, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 11.435,90 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 6 Ra 2/22v-19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin war bei der Beklagten von bis als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Das Dienstverhältnis war befristet auf sechs Monate abgeschlossen. Es unterliegt dem Steiermärkischen Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1962 (kurz: Stmk GVBG). Im schriftlichen Dienstvertrag vereinbarten die Parteien eine Kündigungsmöglichkeit unter Hinweis auf § 36 Stmk GVBG. Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis zum auf.

[2] Das Berufungsgericht wies das auf den Zuspruch einer Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung für den Zeitraum 16. 1. bis gerichtete Klagebegehren ab.

[3] In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1. Der Abschluss eines befristeten Dienstverhältnisses ist auch nach § 8 Abs 1 Z 4 iVm §§ 33 Abs 1, 34 Stmk GVBG grundsätzlich begründungsfrei zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1159 ABGB, § 19 AngG können die Dienstvertragsparteien auch für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Dienstverhältnis die Möglichkeit einer Kündigung vereinbaren (RS0028428). Dies wird auch durch das Stmk GVBG nicht generell ausgeschlossen.

2. Allgemein ist dabei davon auszugehen, dass eine Kündigung während der Dauer befristeter Dienstverhältnisse nur bei längerer Befristung zuzulassen ist, um die Vorteile der Bestandsfestigkeit des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine Kündigung zu gefährden (RS0028428 [T9]). Die Rechtsprechung geht auch davon aus, dass die Dauer der Befristung und die Möglichkeit einer Kündigung in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen (RS0028428 [T1]). Diese Prüfung wird in der Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der Gründe für die Befristung und der konkreten Ausgestaltung der Kündigungsmöglichkeiten vorgenommen (8 ObA 42/04s; 9 ObA 104/18m [Pkt 2.]; 9 ObA 101/20y [Pkt 1.]). Die Frage, ob ein solches Missverhältnis zwischen Befristung und Kündigungsmöglichkeit besteht, ist eine solche des Einzelfalls (RS0028428 [T7]), die das Berufungsgericht im Rahmen dieser Rechtsprechung vertretbar beurteilt hat:

3. Der sachliche Grund für die sechsmonatige Befristung deshier zu beurteilenden Dienstverhältnisses lag darin, dass für den Abschluss von Dienstverhältnissen bei einer Dauer von mehr als acht Monaten nach der Geschäftsordnung der Beklagten die Verbandsversammlung zuständig ist. Da diese aus organisatorischen Gründen lediglich zweimal im Jahr tagt, schließt die Beklagte Dienstverträge grundsätzlich zunächst auf sechs Monate befristet ab. Dieser Umstand ist per se nicht verwerflich, unterstellt doch auch die Klägerin der Beklagten nicht, dass diese damit generell den Abschluss unbefristeter Dienstverhältnisse umgehen will. Im Hinblick auf die Kündigungsfrist, die nach § 36 Abs 1 Stmk GVBG für beide Teile nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von weniger als sechs Monaten eine Woche beträgt, liegt es im Rahmen der Rechtsprechung (vgl 9 ObA 101/20y mwN), wenn das Berufungsgericht hier ein Missverhältnis zwischen Befristung und vereinbarter Kündigungsmöglichkeit verneinte und von der Zulässigkeit der Kündigung ausging.

[7] Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:009OBA00047.22K.0630.000

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