OGH vom 25.10.2016, 8ObA63/16x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Harald Kohlruss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** H*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei N***** K*****, vertreten durch Dr. Hans Peter Kandler, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 3.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 110/15k 25, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die außerordentliche Revision der Beklagten bezieht sich in erster Linie auf den Grund des von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzanspruchs. Das Berufungsgericht habe keine Abwägung zwischen den Interessen der Arbeitnehmerin, den Arbeitsplatz zu erhalten, und jenen der Arbeitgeberin, das Unternehmen reibungslos weiterzuführen, vorgenommen. Insbesondere sei das arbeitsbezogene Fehlverhalten der Klägerin nicht berücksichtigt worden. Auch auf das Umstrukturierungserfordernis bei der Beklagten sei nicht eingegangen worden.
2.1 Die Beklagte missversteht die Ausführungen des Berufungsgerichts. Dieses geht nicht davon aus, dass bei Beurteilung des von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzanspruchs nach dem Gleichbehandlungsgesetz die in der außerordentlichen Revision angeführte Interessenabwägung vorzunehmen sei. Vielmehr hält das Berufungsgericht einleitend fest, dass auch dann, wenn kein Anspruch auf Elternteilzeit nach § 15h MSchG bestehe, darüber nach § 15i MSchG eine Vereinbarung möglich sei und der Arbeitnehmerin auch in einem solchen Fall bei Verweigerung der Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15 l MSchG die Klagsführung auf Einwilligung in eine Teilzeitbeschäftigung einschließlich Beginn, Dauer, Lage und Ausmaß offenstehe. In einem solchen Gerichtsverfahren nach § 15 l MSchG sei die sachliche Rechtfertigung für die Verweigerung der Teilzeitbeschäftigung zu prüfen und dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Ein vom Berufungsgericht angesprochenes Verfahren nach § 15 l MSchG liegt im Anlassfall aber gerade nicht vor.
2.2 Außerdem lässt die Beklagte im Kern ihrer Ausführungen den Zusammenhang außer Acht, in dem das Erstgericht die Feststellungen zum Verhalten der Klägerin getroffen hat. Sie weicht daher in unzulässiger Weise vom Sachverhalt ab.
Nach den Feststellungen hat die Klägerin im September 2013 eine Mitarbeiterin gefragt, ob es nicht möglich sei, dass diese nur am Nachmittag arbeite. In ähnlicher Weise hat sich zeitlich nach dem Gespräch vom auch die Beklagte bei den beiden Kolleginnen der Klägerin erkundigt. Ein relevantes Fehlverhalten der Klägerin kann daraus nicht abgeleitet werden. Das Gleiche gilt für die von der Klägerin beim Gespräch vom und im Schreiben vom verlangte Arbeitszeit von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr, zumal es zu einem Verhandeln darüber aufgrund der Kündigung durch die Beklagte nicht mehr gekommen ist. Die Kritik der Klägerin an den Textilien und Accessoires der Beklagten war zwar Thema beim Gespräch vom , spielte für die Kündigung durch die Beklagte aber keine Rolle. Letzteres gilt auch für das Nichtsäubern des Arbeitsplatzes und das Nichtentleeren der Müllsäcke durch die Klägerin.
Im gegebenen Zusammenhang liegt auch kein Begründungs- oder sonstiger Verfahrensmangel vor.
2.3 Die Beklagte übersieht, dass ihr nicht angelastet wird, der Klägerin nicht die von dieser gewünschten Arbeitszeiten angeboten zu haben. Das anspruchsbegründende Verhalten liegt vielmehr darin, dass sie auf das Ansuchen der Klägerin auf Elternteilzeit mit der Kündigung reagiert hat. Sie hat der Klägerin daher keine Gelegenheit gegeben, die Frage der Arbeitszeit mit ihr zu verhandeln oder eine gerichtliche Klärung dieser Frage herbeizuführen. Die Beklagte hat der Klägerin auch keine Alternativen angeboten. Die Frage nach einer allenfalls erforderlichen Umstrukturierung im Betrieb der Beklagten stellt sich hier nicht.
2.4 Das Berufungsgericht hat die Ansprüche der Klägerin auch nicht „nach den Maßstäben des Mutterschutzgesetzes“ bewertet, sondern eine Beurteilung nach § 3 Z 7 und § 12 Abs 7 GlBG vorgenommen.
3. Zur Höhe des Anspruchs wird mit der bloßen Erklärung in der außerordentlichen Revision, dass es – mit Ausnahme einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs – keine durchgehenden und gefestigten Richtlinien gebe, keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
4. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00063.16X.1025.000