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OGH vom 06.11.2014, 13Os105/14m

OGH vom 06.11.2014, 13Os105/14m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian S***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom , GZ 9 Hv 11/13v 35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian S***** (richtig) mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in den Jahren 2005 bis 2009 in M***** und K***** wiederholt außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung, nämlich den Handverkehr, von der am geborenen, sohin unmündigen, Sophia T***** an sich vornehmen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider waren allfällige Mängel im Sinn des § 127 Abs 3 erster Satz StPO in Befund oder Gutachten der Sachverständigen Mag. P***** nicht Gegenstand des in der Hauptverhandlung am abgewiesenen (ON 31 S 2) Antrags. Dieser bezog sich vielmehr auf Einwände gegen die Person der Sachverständigen im Sinn des § 126 Abs 3 letzter Satz StPO (ON 30 S 4 iVm ON 28 Punkt 1).

Im Hauptverfahren (§ 210 Abs 2 StPO) ist Bezugspunkt der Prüfung nach § 127 Abs 3 erster Satz StPO der Befund oder das Gutachten eines vom Gericht bestellten Sachverständigen (§ 126 Abs 3 erster Satz StPO). Fallbezogen erstattete die Sachverständige Mag. P***** ihr Gutachten im Rahmen der Hauptverhandlung am (ON 31 S 23 ff), ein darauf bezogener Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen (§ 127 Abs 3 erster Satz StPO) der im Übrigen hätte darlegen müssen, weshalb behauptete Mängel an Befund und Gutachten durch die (hier erfolgte) Befragung der Sachverständigen nicht beseitigt worden wären (12 Os 36/04; RIS Justiz RS0102833 [T2]; Hinterhofer , WK StPO § 127 Rz 16) wurde nach der Aktenlage (ON 31, 34) nicht gestellt.

Dass den Einwänden gegen die Person der Sachverständigen (§ 126 Abs 3 letzter Satz StPO) zu Unrecht nicht Folge gegeben worden wäre, behauptet die Rüge nicht.

Auch durch die Abweisung (ON 34 S 37) des Antrags auf „Ladung der Zeugen Herr und Frau M***** zum Beweis dafür, dass Sophia tatsächlich von ihrer Mutter mehrfach geschlagen worden ist und ausgesperrt bei niedrigen Temperaturen und sohin ihre diesbezüglichen Angaben vor der Behörde richtig sind, nicht jedoch die Anschuldigungen gegenüber dem Angeklagten“ (ON 34 S 37), wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Der Beweisantrag zielte ersichtlich darauf, die Glaubwürdigkeit der Zeugin Sophia T***** zu erschüttern, und war solcherart grundsätzlich auf eine erhebliche Tatsache gerichtet, weil die Beweisführung zur Beweiskraft von wie hier schuldrelevanten Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (13 Os 127/03, RZ 2004, 139; RIS Justiz RS0028345).

Berechtigt ist ein solcher Antrag aber nur dann, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für eine habituelle Falschbezichtigungstendenz des Zeugen oder für einen Zusammenhang früherer falscher Angaben mit dem Verfahrensgegenstand ergeben (15 Os 54/05p, SSt 2005/51; RIS Justiz RS0120109, jüngst 12 Os 28/13d), welchem Erfordernis der gegenständliche Beweisantrag nicht entspricht.

Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Die Mängelrüge (Z 5) geht zwar zu Recht davon aus, dass Stellungnahmen von Privatgutachtern rechtens (durch Verlesung oder durch Vernehmung des Privatgutachters als Zeugen) in der Hauptverhandlung vorkommen (§ 258 Abs 1 StPO) können, übersieht aber, dass eine hiedurch allenfalls unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) entstehende Erörterungspflicht sich nur auf sinnliche Wahrnehmungen (also etwa einen vom Privatgutachter erhobenen Befund), nicht jedoch auf Meinungen oder Schlussfolgerungen beziehen kann (15 Os 86/02, SSt 64/82; RIS Justiz RS0097292 [T17, T 18 und T 21]; Hinterhofer , WK StPO § 125 Rz 27; Kirchbacher , WK StPO § 252 Rz 41; Ratz , WK StPO § 281 Rz 435). Demnach geht der Einwand, die angefochtene Entscheidung sei unvollständig, weil sie die Meinung der Privatgutachterin Mag. Dr. S***** zu der von der gerichtlich bestellten Sachverständigen Mag. P***** angewendeten Befragungsmethode nicht erörtere, ins Leere.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00105.14M.1106.000