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VfGH vom 12.06.2012, B528/11

VfGH vom 12.06.2012, B528/11

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Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zum Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke mangels Landwirteigenschaft des Kaufwerbers und aufgrund der Interessenabwägung zugunsten eines Aufstockungsinteressenten

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde einem vom Beschwerdeführer als Käufer am abgeschlossenen Kaufvertrag über die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke Nrn. 2122, 2123/4, 2123/6, 2606 und .119/15, KG Kirchbach, im Ausmaß von insgesamt 30.624 m² gemäß § 10 Abs 2 litb und l des Gesetzes vom zur Regelung des Grundverkehrs (Kärntner Grundverkehrsgesetz 2002 - K-GVG), LGBl. 9/2004, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere in den Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art 7 Abs 1 B-VG), auf Freiheit des Eigentums (Art5 StGG), auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (jeweils Art 6 StGG), verletzt. Diese Verletzungen begründet er mit der unrichtigen Anwendung von Bestimmungen des K-GVG sowie einer Verletzung von Verfahrensvorschriften.

3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Rechtslage

1. Die §§3, 8 und 10 K-GVG lauten auszugsweise:

"§3

Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke

(1) Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind

a) Grundstücke, die im Flächenwidmungsplan für die Land- und Forstwirtschaft oder als Grünland - Erholung, ohne dass eine spezifische Erholungsnutzung festgelegt ist (§5 Abs 2 litc Gemeindeplanungsgesetz 1995 - K-GplG 1995), bestimmt sind, sofern diese

1. zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder

2. land- oder forstwirtschaftlich genutzt sind oder

3. land- oder forstwirtschaftlich genutzt waren und weiterhin land- oder forstwirtschaftlich nutzbar sind;

b) Grundstücke, die in einem Flächenwidmungsplan als Dorfgebiet (§3 Abs 4 K-GplG 1995) gewidmet sind, sofern sich auf ihnen land- oder forstwirtschaftliche Wohn- oder Wirtschaftsgebäude befinden;

c) nicht unter lita oder b fallende Grundstücke, die zusammen mit Grundstücken nach lita oder b Gegenstand eines Rechtsgeschäftes sind und den Voraussetzungen nach lita Z 1, 2 oder 3 entsprechen.

(2) Keine land- oder forstwirtschaftlichen

Grundstücke sind jedenfalls:

a) Baugrundstücke, und zwar

1. alle bebauten oder in einem Flächenwidmungsplan als zur Bebauung bestimmten Grundstücke, sofern nicht ein Fall nach Abs 1 litb vorliegt, und

2. alle tatsächlich mit Gebäuden, die für Wohnzwecke geeignet sind, bebauten Grundstücke außerhalb des in einem Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Baulandes, soweit es sich nicht um land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke (Abs1) handelt;

b) Grundstücke, die im Eisenbahnbuch eingetragen

sind.

[...]

§8

Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte, Ausnahmen

(1) Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück (§3) betreffen, bedürfen - unbeschadet der Bestimmungen des 3. Abschnittes - der Genehmigung der Grundverkehrskommission, wenn sie zum Gegenstand haben:

a) die Übertragung des Eigentums,

[...]

§10

Genehmigungsvoraussetzungen, besondere Versagungsgründe

(1) Die Grundverkehrskommission hat das Rechtsgeschäft zu genehmigen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen oder wirtschaftlich leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe - und zwar auch in Form wirtschaftlich gesunder mittlerer und kleiner land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe - nicht widerspricht. Ein Widerspruch liegt jedenfalls nicht vor, wenn das Grundstück, auf das sich das Rechtsgeschäft bezieht, nur vorübergehend bergbaulichen Zwecken oder dem Abbau von Sand oder Schotter dienen soll oder für diese Zwecke erforderlich ist.

(2) Ein Rechtsgeschäft widerspricht jedenfalls dem in Abs 1 erster Satz beschriebenen Interesse, wenn

[...]

b) der Rechtserwerber kein Landwirt im Sinne des Abs 4 ist, es sei denn, dass bei einer Beurteilung nach litl kein Versagungsgrund vorliegt;

[...]

l) das Grundstück oder der land- oder forstwirtschaftliche Betrieb zur Vergrößerung oder Verstärkung eines oder mehrerer vergrößerungs- oder verstärkungsbedürftiger bäuerlicher Betriebe notwendig und hiefür, insbesondere im Hinblick auf seine Lage, überhaupt geeignet ist und bei Rechtsgeschäften nach § 8 Abs 1 lita oder b die Eigentümer oder Pächter dieser Betriebe, sofern es sich hiebei um den Ehegatten oder die Nachkommen oder deren Ehegatten des Eigentümers handelt, oder der Landwirtschaftliche Siedlungsfonds für namentlich bestimmte Eigentümer von vergrößerungs- oder verstärkungsbedürftigen Betrieben den Verkehrswert, wenn der Kaufpreis jedoch den Verkehrswert übersteigt, den Kaufpreis, jedoch höchstens den um 10 vH erhöhten Verkehrswert, sowie bei Rechtsgeschäften nach § 8 Abs 1 litc oder d die Inhaber dieser Betriebe den üblichen Pachtzins zur Bezahlung anbieten und auch leisten können; dieser Versagungsgrund darf nur dann herangezogen werden, wenn dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes durch ein abzuschließendes Rechtsgeschäft mit den Eigentümern bzw. Inhabern von vergrößerungs- oder verstärkungsbedürftigen bäuerlichen Betrieben bzw. dem Landwirtschaftlichen Siedlungsfonds besser entsprochen werden könnte als durch die im Rechtsgeschäft vorgesehene Verwendung.

(3) Eine Information über den beabsichtigten Rechtserwerb (Abs2 litl) und die Einladung an Eigentümer von vergrößerungs- oder verstärkungsbedürftigen Betrieben sowie an den Landwirtschaftlichen Siedlungsfonds, entsprechende Anbote (Abs2 litl) bei der Grundverkehrskommission einzubringen, haben durch die Grundverkehrskommission im Wege der Bekanntmachung in der 'Kärntner Landeszeitung' sowie über Aufforderung der Grundverkehrskommission durch die Gemeinden im Wege des Anschlages an der Amtstafel und durch die Landwirtschaftskammer durch Bekanntmachung in ihrem Mitteilungsblatt zu erfolgen. Weiters ist der Landwirtschaftliche Siedlungsfonds zu verständigen. Entsprechende Anbote sind binnen einem Monat nach Aufnahme der Einladung in die 'Kärntner Landeszeitung' zu stellen. Werden Anbote eingebracht, so haben diese Interessenten im weiteren Verfahren die Stellung eines Beteiligten im Sinne des § 8 AVG. Die Grundverkehrskommission ist verpflichtet, einem Interessenten diejenigen Mitteilungen zu machen, die zur Stellung des Anbotes erforderlich sind.

(4) Als Landwirt im Sinne dieses Gesetzes ist

anzusehen, wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit allein oder zusammen mit Familienangehörigen oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern bewirtschaftet und daraus seinen Lebensunterhalt oder den seiner Familie zur Gänze, vorwiegend oder doch zu einem Teil bestreitet (bäuerlicher Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetrieb). Als Landwirt gilt auch, wer nach Erwerb des Betriebes oder von Grundstücken in gleicher Weise tätig sein will, sofern er auf Grund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung die hiezu erforderlichen Fähigkeiten besitzt. Als Landwirt ist auch der Landwirtschaftliche Siedlungsfonds anzusehen."

III. Erwägungen

1.a. Durch die Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zur Übertragung des Eigentums an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken vom bisherigen Eigentümer an den Erwerber wird sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber in der Ausübung privater, den Schutz des Art 5 StGG genießender Rechte beschränkt und somit ein Eingriff in das Eigentum bewirkt (vgl. VfSlg. 11.516/1987). Ebenso liegt ein Eingriff in das durch Art 6 StGG gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs (vgl. VfSlg. 14.701/1996) vor. Ein derartiger Eingriff wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe das angeführte Erkenntnis und die dort angeführte Rechtsprechung) dann verfassungswidrig, wenn der Bescheid entweder ohne jede gesetzliche Grundlage oder unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen worden wäre, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes als Gesetzlosigkeit angesehen wird. Auch eine denkunmögliche Annahme des maßgeblichen Sachverhaltes oder eine denkunmögliche Würdigung des Sachverhaltes ist einer derartigen Gesetzlosigkeit gleichzustellen.

1.b. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

2. Der Verfassungsgerichtshof hegte schon bisher aus der Sicht des innerstaatlichen Verfassungsrechts keine Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Regelung, die für die Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bei Erwerb eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes zur Erreichung des Zieles der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes die weitere land- und forstwirtschaftliche Nutzung voraussetzt (VfSlg. 18.326/2007 mwH).

3. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer in den genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde Rechtsvorschriften denkunmöglich angewendet oder Willkür geübt hätte.

4. Die belangte Behörde hat den angefochtenen

Bescheid zusammengefasst damit begründet, dass der Beschwerdeführer nicht Landwirt im Sinne des § 10 Abs 4 K-GVG sei. Auf Grund der Einladung an Eigentümer von vergrößerungs- oder verstärkungsbedürftigen Betrieben gemäß § 10 Abs 3 leg.cit. habe ein Interessent ein Anbot gestellt. Durch ein von der belangten Behörde eingeholtes Gutachten sei dem eine Fläche von 22 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 35 ha Wald umfassenden Betrieb dieses Interessenten die Aufstockungswürdigkeit zugebilligt und gleichzeitig die Eignung der vom Rechtsgeschäft erfassten Grundstücke (mit Ausnahme von einem) bejaht worden. Gleichzeitig handle es sich beim Beschwerdeführer auf Grund der geringen Flächenausstattung nicht um den Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, er würde auch durch den beabsichtigten Zukauf nicht zu einem solchen, so dass durch die Verwendung der Grundstücke zur Aufstockung des bestehenden Betriebes den vom Gesetz verfolgten Interessen besser entsprochen werden könne. Daher seien die Tatbestände des § 10 Abs 2 litb und l K-GVG erfüllt, weshalb das Rechtsgeschäft dem allgemeinen Interesse an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen oder wirtschaftlich leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe widerspreche und die Genehmigung zu versagen sei.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, derzeit nicht Landwirt im Sinn des § 10 Abs 4 K-GVG zu sein. Den durch das Gutachten belegten Feststellungen, wonach auch durch den beabsichtigten Erwerb kein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb entstünde, der Beschwerdeführer also auch nach dem Erwerb kein Landwirt wäre, tritt er nur pauschal und unsubstantiiert entgegen. Er übersieht bei seinen Ausführungen, dass die bloße fachliche Eignung des Beschwerdeführers zu einer land- oder forstwirtschaftlichen Berufsausübung sowie die faktische bzw. beabsichtigte land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken nicht ausreicht, ihn als Landwirt im Sinne der vorzitierten Bestimmung zu qualifizieren. Die Behauptung, im Gutachten würde ein Aufstockungswert für den Betrieb des Interessenten generell verneint, widerspricht der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussage des Gutachtens. Um den Tatbestand des § 10 Abs 2 litl K-GVG als erfüllt anzusehen und damit nach § 10 Abs 1 leg.cit. die Genehmigung zu versagen, genügt es, wenn nur eines der vom genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäft umfassten Grundstücke für die Aufstockung notwendig und geeignet ist. Den Vertragspartnern steht es frei, über die Grundstücke, die die Voraussetzung nicht erfüllen (im vorliegenden Fall das Grundstück Nr. 119/5), einen neuen Vertrag abzuschließen.

Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde Bestimmungen des K-GVG willkürlich oder denkunmöglich angewendet bzw. dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte.

5. Auf den Antritt bzw. die Ausübung einer Erwerbstätigkeit hat die Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung allenfalls faktische Auswirkungen, es kommt jedoch zu keiner unmittelbaren rechtlichen Beschränkung, sodass der angefochtene Bescheid nicht in das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art 6 StGG eingreift (s. wiederum VfSlg. 11.516/1987).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.