OGH vom 15.11.1979, 13Os104/79
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am
unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführers in der Strafsache gegen Günther A und andere wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Günther A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichts vom , GZ. 22 Vr 1.699/78-57, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Galvanek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichtes wurden der beschäftigungslose Günther B und der beschäftigungslose Günther A des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. (Punkt I des Urteilssatzes), des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (Punkt II des Urteilssatzes), des Vergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. (Punkt III des Urteilssatzes) und des Vergehens der (vorsätzlichen) Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. (Punkt IV des Urteilssatzes) schuldig erkannt, weil sie zu
I.):
vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, und zwar Heroin in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen kann, 1.) Günther B und Günther A in Gesellschaft des gesondert verfolgten Alexander C anfangs Juli 1978 von Amsterdam über Frankreich und die Schweiz nach Österreich 28 Gramm Heroin einführten, 2.) Günther B im Juli 1978 in Linz und anderen Orten Oberösterreichs durch Verkauf in zahlreichen kleinen Einzelportionen an Unbekannte mindestens 4 Gramm Heroin in Verkehr setzte und 3.) Günther A in der Zeit von Ende April 1978 bis Ende Oktober 1978 in Linz mindestens 4 Gramm Heroin in zahlreichen kleinen Portionen an unbekannte Süchtige weitergab, mithin (gleichfalls) in Verkehr setzte;
zu II.): 1.) Günther B in der Zeit von Herbst 1977
bis September 1978 in Linz und anderen Orten Österreichs unberechtigt in zahlreichen Fällen für den Eigenverbrauch bestimmtes Haschisch, Rohopium und Heroin erwarb und besaß bzw. Heroin verarbeitete und 2.) Günther A in der Zeit von Ende April 1978 bis wiederholt, und zwar wöchentlich etwa zweimal unberechtigt Heroin erwarb, verarbeitete und besaß; sowie beide zu III.): durch die zu Punkt I/1 genannten Taten eingangsabgabenpflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen und zu IV.): durch die zu II genannten Taten, soweit sie die im Inland erworbenen Suchtgiftmengen betreffen, in einem Zeitraum bis Juli 1978 Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an sich brachten.
Rechtliche Beurteilung
Dieses - in Ansehung des Angeklagten Günther B unangefochtene - Urteil bekämpft der Angeklagte Günther A (der Sache nach nur in den Schuldsprüchen laut den Punkten I und III des Urteilssatzes) mit einer lediglich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Zu Unrecht bezeichnet der Beschwerdeführer seine Schuldsprüche deshalb als mangelhaft begründet, weil das Erstgericht seine entscheidungswesentlichen Annahmen, insbesondere zur Einfuhr von Heroin nach Österreich und Weitergabe an unbekannte Abnehmer im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Günther B und dem gesondert verfolgten Alexander C, lediglich auf seine ihn und den Mitangeklagten B belastenden Angaben im Vorverfahren stütze. Nach dem Unmittelbarkeitsprinzip (§ 258 Abs. 1 StPO.) hatte das Erstgericht bei der Urteilsfällung zwar nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Hauptverhandlung vorkam. Es blieb ihm dabei jedoch unbenommen, die ersichtlich gemäß dem § 252 Abs. 2 StPO. in der Hauptverhandlung verlesenen (vgl. dazu auch S. 390 f. und 401 d.A.) Angaben des Angeklagten Günther A vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter als Beweismittel zu verwerten und seinen Feststellungen zugrundezulegen. Denn nach dem Gesetz (§ 258 Abs. 2 StPO.) hat das Gericht über die Frage, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei, nach seiner freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnenen Überzeugung zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall begründete das Erstgericht eingehend und denkrichtig, warum es die Darstellung des Angeklagten Günther A im Vorverfahren für glaubwürdig erachtete. Das Beschwerdevorbringen, mit dem dieser Angeklagte nunmehr die mangelnde Beweiskraft der im Urteil bezogenen Beweisergebnisse darzutun sucht, erschöpft sich sohin in einem unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, es wäre durch polizeiliche Erhebungen (über das beim Suchtgifttransport verwendete Fahrzeug) und durch Einsichtnahme in seinen Reisepaß hervorgekommen, daß die Reise nach Holland gar nicht stattgefunden habe, und es hätte sich dabei die Unrichtigkeit seiner Darstellung vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter ergeben, ist schließlich entgegenzuhalten, daß die Unvollständigkeit von Erhebungen keinen Begründungsmangel darzustellen und nur unter den formellen - hier jedenfalls nicht gegebenen - Voraussetzungen eines in der Hauptverhandlung gestellten, auf die Vornahme dieser Beweisaufnahmen gerichteten, vom Gericht nicht oder abschlägig erledigten Antrages eine Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. zu begründen vermag.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther A war darum zu verwerfen.
Zu einer Maßnahme gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. in Ansehung der Schuldsprüche der Angeklagten Günther B und Günther A wegen der Finanzvergehen des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. und der (vorsätzlichen) Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. (Punkte III und IV des Urteilssatzes) besteht aus nachstehenden Gründen kein Anlaß:
Gemäß dem § 53 Abs. 4 FinStrG. ist ein Strafverfahren gegen den Täter, gegen andere vorsätzlich an der Tat Beteiligte und gegen Hehler bei Gericht durchzuführen, wenn auch nur bei einer dieser Personen sich die gerichtliche Zuständigkeit aus den Abs. 1 bis 3 ergibt. Nach dieser - vom Gesetzgeber aus verfahrensökonomischen Gründen getroffenen - Bestimmung zieht daher die gerichtliche Zuständigkeit für einen von mehreren Tätern, Tatbeteiligten oder Hehlern die gerichtliche Zuständigkeit auch für alle übrigen Täter, Tatbeteiligten und Hehler nach sich.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. SSt. 37/22, JBl. 1975/213, EvBl. 1976/260, 13 Os 91/78) kommt es dabei nicht auf die prozessuale Stellung dieser Personen als im selben Verfahren Beschuldigte und mit demselben Urteil Verurteilte, sondern nur auf die materiellrechtliche Position als Täter und Beteiligte an, sodaß durch eine getrennte Führung oder einen getrennten Abschluß des Strafverfahrens die gerichtliche Zuständigkeit nicht verloren geht. Gleichgültig ist hiebei ferner, ob die gerichtliche Zuständigkeit für eine der im § 53 Abs. 4 FinStrG. genannten Personen auf dem strafbestimmenden Wertbetrag (Abs. 1 lit. b und Abs. 2) beruht oder die Tat wegen erschwerender Umstände nach dem § 38 FinStrG. - insbesondere wegen gewerbsmäßiger Begehung - bzw. wegen Rückfalls im Sinn der §§ 41 oder 47 FinStrG. (Abs. 1 lit. a) als gerichtlich strafbares Finanzvergehen qualifiziert ist.
Inhaltlich der Schuldsprüche führten die Angeklagten Günther B und Günther A in Gesellschaft des gesondert verfolgten Alexander C Anfang Juli 1978
von Amsterdam über Frankreich und Schweiz nach Österreich 28 Gramm Heroin ein und entzogen damit eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren. Das Erstgericht nahm mithin als erwiesen an, daß die Angeklagten (auch) beim Schmuggel von Suchtgift im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Alexander C handelten und demnach Mittäterschaft vorliege. Überdies stellte das Erstgericht fest, daß der gesondert verfolgte Alexander C noch weitere Fahrten mit seinem PKW. nach Amsterdam zum Zweck des Suchtgiftimportes (und des Inverkehrsetzens von Suchtgift zu eigenem Vorteil) unternahm. Gegen ihn wurde daher, wie sich aus dem im kurzen Weg beigeschafften Akt AZ. 17 Vr 1.409/79 des Landesgerichtes Linz ergibt, Anklage u.a. wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. erhoben.
Die gerichtliche Zuständigkeit für den gewerbsmäßigen Schmuggel des Alexander C hat demnach gemäß § 53 Abs. 3 FinStrG. die gerichtliche Zuständigkeit für die Angeklagten Günther B und Günther A zur Folge. Dem steht nicht entgegen, daß über die Tat des Alexander C selbst noch nicht urteilsmäßig erkannt wurde. Der Fall liegt nicht anders, als wenn gegen alle drei Angeklagte gemeinsam die Anklage erhoben worden wäre (vgl. Fellner, § 53 FinStrG., RN. 26 und Dorazil-Harbich, § 53, S. 25). Würde allerdings C letztlich nicht wegen gewerbsmäßigen Schmuggels verurteilt werden, sodaß sich erweist, daß eine in die gerichtliche Zuständigkeit fallende strafbare Handlung auch den Angeklagten B und A nicht zur Last fällt, so wäre dies ein Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten dieser beiden Angeklagten nach den §§ 353 StPO., 221 FinStrG.
Ist das Gericht aber zur Ahndung des von Günther B und Günther A begangenen Finanzvergehens des Schmuggels zuständig, so unterfällt gemäß dem § 53 Abs. 3
FinStrG. auch das weitere ihnen zur Last fallende Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. seiner sachlichen Zuständigkeit. Denn wenn auch im § 53 Abs. 3 FinStrG. nur auf die gerichtliche Zuständigkeit nach den Abs. 1 und 2 und nicht ausdrücklich auch auf jene nach dem Abs. 4 verwiesen wird, so ergibt sich doch aus dem Sinn dieser Bestimmung, daß bei subjektiver Konnexität dem Gericht unter der Voraussetzung, daß es für eines der einem Angeklagten angelasteten Finanzvergehen zuständig ist und für alle zusammenfallenden Finanzvergehen die örtliche und sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde gegeben wäre, die Ahndung aller derselben Person ein- oder mehrtätig zur Last fallenden Finanzvergehen zukommt. Es ist demnach unerheblich, ob die Voraussetzungen für die gerichtliche Zuständigkeit nach den Abs. 1 und 2 des § 53 FinStrG. in der Person des betreffenden Angeklagten selbst oder aber nur bei einem anderen Täter, Tatbeteiligten oder Hehler vorliegen.
Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten Günther A gemäß dem Strafsatz des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. unter Anwendung der Bestimmung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten, gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG. und dem § 19 Abs. 1 FinStrG. zu einer Wertersatzstrafe von 34.419 S, im Nichteinbringungsfall 35 Tage Freiheitsstrafe, sowie gemäß dem § 35 Abs. 4
FinStrG. unter Anwendung der §§ 21, 22 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 20.000 S, im Nichteinbringungsfall zu 25 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe.
Bei der Strafbemessung waren erschwerend mehrere Verfehlungen gegen das Suchtgiftgesetz, das Zusammentreffen zweier Verfehlungen gegen das Finanzstrafgesetz und eine die Grenzmenge weit überschreitende Heroinmenge, ferner einschlägige Vorstrafen, mildernd hingegen kein Umstand.
Die Berufung des Angeklagten Günther A richtet sich gegen das Strafausmaß.
Sie ist unbegründet.
Die hier gegebenen Strafzumessungsgründe wurden bereits vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollzählig festgestellt, aber - im Ergebnis - auch zutreffend gewürdigt: Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes entsprechen die verhängten Strafen sowohl dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen als auch dem Verschuldensgrad des Angeklagten, zumal in Betracht zu ziehen war, daß der Rechtsmittelwerber bereits einschlägig, und zwar empfindlich, vorbestraft ist.
Aus diesen Erwägungen konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.