OGH vom 27.05.2015, 8Ob44/15a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des K***** P*****, geboren am *****, vertreten durch Mag. Gerhard Moser, Rechtsanwalt in Murau, wegen Sonderbedarf, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 37/15p 100, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Murau vom , GZ 3 PU 121/10f 78, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
K***** ist der zwischenzeitlich volljährige außereheliche Sohn von A***** P***** und F***** G*****. Aufgrund der Unterhaltsvereinbarung vom ist der Vater zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 420 EUR verpflichtet; dieser Beitrag wurde in der Folge jeweils befristet erhöht und herabgesetzt (zuletzt ON 56). Dem Kind wurden auch Unterhaltsvorschüsse (insgesamt bis ) gewährt, die ebenfalls erhöht und wieder herabgesetzt wurden (zuletzt ON 95). Da der Vater auf verschiedenen Baustellen im Ausland arbeitet und seine Zusagen gegenüber dem Erstgericht nicht eingehalten hat, wurde Dr. Edmund Thurn, Rechtsanwalt in Murau, für ihn zum Zustellkurator bestellt (zuletzt ON 106).
Am beantragte das Kind, den Vater zusätzlich zum festgesetzten Unterhalt zur Leistung eines Sonderbedarfs von 1.824 EUR für eine Zahnregulierung zu verpflichten. Er stehe seit in kieferorthopädischer Behandlung. Aus dem laufenden Unterhalt könnten diese Kosten (für das erste Behandlungsjahr) nicht gedeckt werden. Der Vater sei als Elektriker im Tunnelbau in Deutschland tätig. Sein monatliches Nettoeinkommen belaufe sich auf 3.300 EUR inklusive Sonderzahlungen und 50 % der Diäten.
Der Vater wurde gemäß § 17 AußStrG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Wochen zu diesem Antrag zu äußern, widrigenfalls angenommen werde, dass er den Angaben im Antrag keine Einwendungen entgegensetze. Eine Äußerung des Vaters zum Antrag erfolgte nicht.
Das Erstgericht gab dem Antrag des Kindes zur Gänze statt. Der Vater sei der Aufforderung zur Äußerung zum vorliegenden Antrag nicht nachgekommen. Es sei daher anzunehmen, dass der Vater keine Einwendungen gegen die Angaben des Kindes im zugrunde liegenden Antrag erhebe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und verpflichtete diesen, einen einmaligen Betrag von 500 EUR aus dem Titel des Sonderbedarfs für die kieferorthopädische Behandlung seines Sohnes im ersten Behandlungsjahr zu zahlen. Der Vater habe sich zur Beteiligung an den in Rede stehenden Kosten in diesem Umfang bereiterklärt. Ein darüber hinausgehender Deckungsmangel liege nicht vor. Der Anlassfall weise die Besonderheit auf, dass der Unterhaltsberechtigte ab August 2013 ein Eigeneinkommen von monatlich 750 EUR (zuvor 661 EUR) beziehe. Der Geldunterhaltsanspruch des Kindes errechne sich nach der Prozentsatzmethode (unter Außerachtlassung seiner Einkünfte) mit monatlich 762 EUR sowie sein restlicher Geldunterhaltsanspruch unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens nach der dafür entwickelten Berechnungsmethode mit monatlich 290 EUR. Dem Kind stünden daher finanzielle Mittel von monatlich 1.170 EUR zur Verfügung. Dabei sei zu beachten, dass der Unterhaltsberechtigte die Finanzierung eines Sonderbedarfs grundsätzlich aus seinen eigenen Einkünften zu bestreiten habe. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Berücksichtigung von Eigeneinkommen bei der Ermittlung von Sonderbedarf höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Kindes, der auf eine gänzliche Stattgebung seines Antrags abzielt.
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
1. Trotz Zulässigerklärung des ordentlichen Revisionsrekurses durch das Rechtsmittelgericht muss der Rechtsmittelwerber den Revisionsrekurs ausführen und eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel zurückzuweisen. Dieser Grundsatz gilt auch im Verfahren außer Streitsachen (10 Ob 103/11m).
2. Das Kind stützt sein Rechtsmittel hauptsächlich auf eine angebliche Aktenwidrigkeit, die allerdings nicht vorliegt.
Zu dem im Revisionsrekurs für die Höhe der Unterhaltsverpflichtung des Vaters ins Treffen geführten Beschluss des Erstgerichts vom (ON 64) samt Berichtigungsbeschluss vom (ON 67) hat das Rekursgericht zutreffend festgehalten, dass damit der Unterhaltsvorschuss zu Gunsten des Kindes mit Ablauf des Monats August 2013 bis infolge Eigeneinkommens in Höhe von monatlich 750 EUR (von 420 EUR) auf monatlich 290 EUR herabgesetzt wurde. An der Festsetzung des monatlichen Unterhaltsbeitrags in Höhe von 420 EUR (zuletzt seit : ON 56) hat sich dadurch nichts geändert.
Das Kind gesteht unter Bezugnahme auf die Kontoverdichtung des Kinder und Jugendhilfeträgers selbst zu, dass der Vater im relevanten Zeitraum monatlich 420 EUR zur Anweisung gebracht hat. Die Art der Verbuchung durch den Kinder und Jugendhilfeträger vermag an der Unterhaltsverpflichtung des Vaters nichts zu ändern. Bei dem im Revisionsrekurs genannten Betrag von 290 EUR handelt es sich um den monatlichen Unterhaltsvorschussbetrag. Angemerkt wird, dass auch ein solcher Betrag zur Bestreitung der Lebensbedürfnisse des Kindes zur Verfügung steht.
Mit den wiederholten Hinweisen auf eine angeblich aktenwidrige Tatsachengrundlage zeigt das Kind somit keine erhebliche Rechtsfrage auf.
3.1 Der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts hält das Kind im Revisionsrekurs nur die pauschalen Behauptungen entgegen, dass der Antragsgegner keine über den Durchschnittsbedarfssatz hinausgehenden Unterhaltsbeiträge geleistet habe, sondern der „Mehrbetrag“ lediglich die Rückzahlung des Unterhaltsvorschusses darstelle, sowie dass Eigeneinkommen in Form einer Lehrlingsentschädigung bei der Finanzierung des Sonderbedarfs nicht zu berücksichtigen sei. Der Rechtsmittelwerber unterlässt es damit, sich mit den rechtlichen Erwägungen des Rekursgerichts inhaltlich auseinanderzusetzen, weshalb er mit seinen Ausführungen ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.
3.2 Das Vorliegen eines echten Sonderbedarfs (vgl RIS Justiz RS0047560; 8 Ob 50/10a) sowie eines Deckungsmangels (vgl RIS Justiz RS0047564; 1 Ob 150/08b) hat das Rekursgericht bejaht. Dazu hat es seine Beurteilung auf die Besonderheit gestützt, dass das Kind ab August 2013 (im zweiten Lehrjahr) ein Eigeneinkommen von monatlich 750 EUR bezogen hat.
Der Berechnung seines restlichen Geldunterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens durch das Rekursgericht tritt der Rechtsmittelwerber nicht entgegen (siehe dazu Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 7 151 f; vgl auch 8 Ob 38/12i und 10 Ob 22/14d). Zudem entspricht es der Rechtsprechung, dass der Unterhaltsberechtigte die Finanzierung des Sonderbedarfs grundsätzlich aus seinen eigenen Einkünften zu bestreiten hat (RIS Justiz RS0047440 [T11]). Daraus folgt ohne Klarstellungsbedarf, dass Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten, das sich unterhaltsmindernd auswirkt (RIS Justiz RS0047440; vgl auch RIS-Justiz RS0047573), auch bei der Finanzierung von Sonderbedarf zu berücksichtigen ist.
4. Insgesamt zeigt das Kind mit seinen Ausführungen im Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00044.15A.0527.000